Normen
61989CJ0192 Sevince VORAB;
61991CJ0237 Kazim Kus VORAB;
61993CJ0355 Hayriye Eroglu VORAB;
61993CJ0434 Ahmet Bozkurt VORAB;
ARB1/80 Art6 Abs1;
ARB1/80 Art6;
ARB1/80 Art7 Abs1;
AsylG 1968 §5;
AsylG 1991 §7;
AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992;
AuslBG;
FrG 1993 §10 Abs1 Z6;
FrG 1993 §15 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §5;
FrG 1993 §7;
61989CJ0192 Sevince VORAB;
61991CJ0237 Kazim Kus VORAB;
61993CJ0355 Hayriye Eroglu VORAB;
61993CJ0434 Ahmet Bozkurt VORAB;
ARB1/80 Art6 Abs1;
ARB1/80 Art6;
ARB1/80 Art7 Abs1;
AsylG 1968 §5;
AsylG 1991 §7;
AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992;
AuslBG;
FrG 1993 §10 Abs1 Z6;
FrG 1993 §15 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §5;
FrG 1993 §7;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die vorliegende Beschwerde ist gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 12. August 1996 gerichtet, mit dem der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsbürger, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen wurde. Diese Entscheidung wurde im wesentlichen damit begründet, daß der Beschwerdeführer am 11. Februar 1991 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet gelangt sei. Er sei im Besitz eines Reisedokumentes gewesen, nicht jedoch einer Aufenthaltsberechtigung. Er habe einen Asylantrag eingebracht und ihm sei die vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 5 Abs. 1 des Asylgesetzes aus 1968 bescheinigt worden. Das Asylverfahren sei mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. März 1993, rechtswirksam erlassen am 29. März 1993, abgeschlossen worden. Der Beschwerdeführer habe erst am 15. Oktober 1993 einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz eingebracht. Dieser Antrag sei zurückgewiesen worden; einer dagegen eingebrachten Berufung des Beschwerdeführers sei keine Folge gegeben und die dagegen beim Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde mit Erkenntnis vom 31. August 1995 als unbegründet abgewiesen worden. Der bisherige Aufenthalt des Beschwerdeführers sei überwiegend rechtswidrig, er halte sich seit dem 30. März 1993 ohne Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet auf. Die Rechtsordnung messe der Beachtung der fremdengesetzlichen Vorschriften ein solches Gewicht bei, daß selbst bei Einmaligkeit von Verfehlungen gegen diese Normen ein schwerwiegender Verstoß gegen erhebliche öffentliche Interessen des österreichischen Staates vorliege. Der Schwiegervater und der Neffe des Beschwerdeführers lebten in Österreich; seine Ehegattin, seine Kinder sowie seine Brüder und seine Mutter lebten jedoch in der Türkei. Nähere Bindungen zu im Inland aufhältigen Personen seien nicht ersichtlich. Durch die Ausweisung habe der Beschwerdeführer die Möglichkeit, neuerlich rechtmäßig in das Bundesgebiet einzureisen. Die belangte Behörde gehe von überwiegend familiären Bindungen zu den im Heimatland des Beschwerdeführers aufhältigen Personen aus. In Anbetracht des hohen Stellenwertes, den die österreichische Rechtsordnung einem geordneten Fremdenwesen beimesse, sei die Erlassung der Ausweisung nicht nur zulässig, sondern dringend geboten.
Mit der vorliegenden Beschwerde wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit beantragt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 17 Abs. 1 FrG sind Fremde mit Bescheid auszuweisen, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten; hiebei ist auf § 19 Bedacht zu nehmen. Letztere Bestimmung sieht vor, daß ein durch eine Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 oder ein Aufenthaltsverbot bewirkter Entzug der Aufenthaltsberechtigung, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, nur zulässig ist, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil er nach Beendigung seiner asylrechtlichen vorläufigen Aufenthaltsberechtigung einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz sowie einen Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes gestellt habe. Im Hinblick darauf hätte die belangte Behörde seinen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht als rechtswidrig ansehen dürfen.
Mit diesen Ausführungen verkennt der Beschwerdeführer die Rechtslage. Der Verwaltungsgerichtshof hat vielmehr bereits mit Erkenntnis vom 30. September 1993, Zl. 93/18/0386, ausgeführt, daß durch die bloße Stellung eines Antrages auf Erteilung eines Sichtvermerkes der Aufenthalt eines Fremden nicht zu einem rechtmäßigen wird. Dies gilt auch hinsichtlich der Stellung eines Antrages auf Erteilung einer erstmaligen Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz. Die Beschwerde geht fehl, soweit darin aus dem genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Unterschiedliches abgeleitet wird.
Der Beschwerdeführer beruft sich auch auf den Beschluß Nr. 1/80 des nach dem Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei vom 12. September 1963 eingerichteten Assoziationsrates vom 19. September 1980. Er weist darauf hin, in Österreich in einem langjährigen Beschäftigungsverhältnis zu stehen, und meint, aufgrund des genannten Beschlusses einen unmittelbaren Rechtsanspruch auf Ausstellung einer Aufenthaltsbewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz zu haben.
Gemäß Art. 6 des genannten Assoziationsratsbeschlusses haben türkische Arbeitnehmer, die dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehören, nach einem, drei bzw. vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung das Recht, auf bestimmte Weise weiterhin auf dem Arbeitsmarkt zu verbleiben. Art. 6 Abs. 1 regelt zwar lediglich die beschäftigungsrechtliche und nicht auch ausdrücklich die aufenthaltsrechtliche Stellung von türkischen Arbeitnehmern, jedoch sind beide Aspekte der persönlichen Situation von diesen eng miteinander verknüpft. Indem die fraglichen Bestimmungen diesen Arbeitnehmern nach einem bestimmten Zeitraum ordnungsgemäßer Beschäftigung in dem betreffenden Mitgliedstaat das Recht auf Verlängerung einer Arbeitserlaubnis bzw. auf Zugang zu jeder von ihnen gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis beim gleichen Arbeitgeber, im gleichen Beruf oder auf dem gesamten Arbeitsmarkt gewähren, implizieren sie zwangsläufig, daß den türkischen Arbeitnehmern zumindest zu diesem Zeitpunkt ein Aufenthaltsrecht zusteht; andernfalls wäre das Recht, das sie diesen Arbeitnehmern zuerkennen, völlig wirkungslos (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1997, Zl. 95/21/0515).
Auf das Aufenthaltsrecht gemäß Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 können sich jedoch nur solche türkische Arbeitnehmer berufen, die zunächst während der in dieser Bestimmung angeführten Zeiträume von ein, drei oder vier Jahren auf die dort näher umschriebene Weise ordnungsgemäß beschäftigt waren. Dies setzt - wie der EuGH in seinem Urteil vom 20. September 1990 in der Rechtssache C-192/89 , Sevince, Slg. 1990, I-3461, Randnr. 30, ausgeführt hat - "eine gesicherte und nicht nur vorläufige Position des Betroffenen auf dem Arbeitsmarkt voraus" (vgl. etwa auch das Urteil des EuGH vom 6. Juni 1995 in der Rechtssache C-434/93 , Bozkurt, Slg. 1995, I-1492, Randnr. 26). Während der in Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 genannten Zeiträume muß somit sowohl die Beschäftigung des betroffenen türkischen Arbeitnehmers in Einklang mit den arbeitserlaubnisrechtlichen, als auch sein Aufenthalt in Einklang mit den nicht nur eine vorübergehende Position sichernden aufenthaltsrechtlichen Vorschriften des jeweiligen Mitgliedstaats gestanden haben. Erst wenn dann der betreffende türkische Arbeitnehmer im Anschluß an einen derartigen Zeitraum ordnungsgemäßer Beschäftigung auf dem Arbeitsmarkt verbleibt, kann er sich hinsichtlich des Rechts zur Fortsetzung dieser ordnungsgemäßen Beschäftigung sowie des diesem Zweck dienenden Rechts auf Aufenthalt auf Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 berufen.
Diese Voraussetzungen erfüllt der Beschwerdeführer deswegen nicht, weil eine - wenn auch allenfalls in Einklang mit den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes stehende - Beschäftigung eines Fremden, dessen Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet bloß aufgrund einer asylrechtlichen vorläufigen Aufenthaltsberechtigung besteht, nicht als "eine gesicherte und nicht nur vorläufige Position des Betroffenen auf dem Arbeitsmarkt" im Sinn des genannten Urteiles des EuGH in der Rechtssache Sevince angesehen werden kann. Das asylrechtliche vorläufige Aufenthaltsrecht hört nämlich sowohl nach den Vorschriften des Asylgesetzes aus 1968 als auch jenen des Asylgesetzes 1991 mit der - zu einem ungewissen Zeitpunkt eintretenden - Beendigung des Asylverfahrens auf. Im Fall der Abweisung eines Asylantrages ist angesichts des § 5 Abs. 1 AufG und des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG die Begründung eines Aufenthaltsrechts vom Inland aus regelmäßig nicht möglich. Sein asylrechtliches vorläufiges Aufenthaltsrecht konnte dem Beschwerdeführer, dessen Asylantrag abgewiesen wurde, daher eine gesicherte Position auf dem Arbeitsmarkt nicht verschaffen. Schon deswegen kann der Beschwerdeführer aus Art. 6 ARB Nr. 1/80 ein Recht auf Aufenthalt oder ein solches auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nicht ableiten. (Vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 5. August 1998, Zl. 97/21/0480.)
Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid auch im Grunde des § 19 FrG für rechtswidrig und weist darauf hin, daß sich nicht nur seine Schwiegereltern und sein Neffe im Bundesgebiet aufhielten, sondern auch seine Ehegattin gemeinsam mit seinem Sohn von der Türkei aus einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gestellt hätten, nachdem seine Gattin - die ihre gesamte Schulzeit in Österreich verbracht habe - vor zwei Jahren infolge einer Fristversäumung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung aus Österreich habe ausreisen müssen. Er halte sich bereits seit dem Jahr 1991 in Österreich auf und habe seither durchwegs aufgrund eigener Erwerbstätigkeit für sein Einkommen gesorgt und sich stets wohlverhalten.
Auch mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die belangte Behörde ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß die gegen den Beschwerdeführer verfügte Ausweisung angesichts des Umstandes, daß er weder mit seinem in Österreich lebenden Schwiegervater und Neffen im gemeinsamen Haushalt lebt noch eine wirtschaftliche Abhängigkeit besteht, keinen relevanten Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers bewirkt. Allerdings war die Ausweisung des Beschwerdeführers angesichts des Umstandes, daß er seit dem Jahr 1991 in Österreich lebt (und seinen Behauptungen zufolge auch arbeitet) als ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers zu qualifizieren. Dem daraus erfließenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Weiterverbleib in Österreich steht jedoch das maßgebliche öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften entgegen. Das Gesetz mißt dem Interesse der Allgemeinheit an der Einhaltung dieser Vorschriften durch die Normadressaten aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) einen hohen Stellenwert bei. Dieses maßgebliche öffentliche Interesse wird überdies dadurch gefährdet, daß der Beschwerdeführer trotz rechtskräftiger Abweisung seines Antrages auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz in Österreich geblieben ist, wobei es keines zusätzlichen, andere öffentliche Interessen gefährdenden rechtswidrigen Verhaltens bedarf, um die Ausweisung im Hinblick auf das besagte öffentliche Interesse als dringend geboten anzusehen. Die belangte Behörde durfte daher die Ausweisung des Beschwerdeführers als dringend geboten im Sinn des § 19 FrG erachten.
Da die Ausweisung keine Trennung des Beschwerdeführers von seiner Ehegattin und dem gemeinsamen Sohn bewirkt, spricht schließlich auch der in der Beschwerde geltend gemachte Umstand, daß die im Ausland lebende Ehegattin des Beschwerdeführers aus ihrem seinerzeitigen Aufenthalt im Bundesgebiet resultierende enge Beziehungen zu Österreich habe, nicht gegen die Ausweisung des Beschwerdeführers.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 6. November 1998
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