VwGH 96/18/0350

VwGH96/18/035022.1.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des D in Wien, vertreten durch Dr. Josef Ebner, Rechtsanwalt in Wien I, Mahlerstraße 7, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 14. März 1996, Zl. SD 1216/95, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

61991CJ0237 Kazim Kus VORAB;
ARB1/80 Art6 Abs1;
AsylG 1991 §7 Abs1;
AsylG 1991 §7 Abs3;
FrG 1993 §17 Abs1;
61991CJ0237 Kazim Kus VORAB;
ARB1/80 Art6 Abs1;
AsylG 1991 §7 Abs1;
AsylG 1991 §7 Abs3;
FrG 1993 §17 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 14. März 1996 wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Nach Hinweis darauf, daß auch für ihre Entscheidung die Gründe des erstinstanzlichen Bescheides maßgebend gewesen seien, führte die belangte Behörde im wesentlichen folgendes aus: Der Beschwerdeführer sei am 27. Juni 1991 von Ungarn kommend mit Hilfe eines Schleppers über die grüne Grenze nach Österreich eingereist. Aufgrund des von ihm am 1. Juli 1991 gestellten Asylantrages sei dem Beschwerdeführer eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz "zuerkannt" worden. Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. Dezember 1994, rechtswirksam erlassen am 17. Dezember 1994, sei der Asylantrag im Instanzenzug abgewiesen worden. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. September 1995 (Zlen. 94/20/0892, 0893), sei die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen worden, sodaß die durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an die Beschwerde noch immer bestehende vorläufige Aufenthaltsberechtigung erloschen sei. Da sich der Beschwerdeführer somit jedenfalls seit 20. September 1995 illegal im Bundesgebiet aufhalte, sei die Voraussetzung des § 17 Abs. 1 erster Halbsatz gegeben.

Was die Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG betreffe, so bestehe kein Zweifel, daß diese Maßnahme einen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers bewirke, weil sich seine Gattin und seine zwei Kinder in Österreich aufhielten. Dessen ungeachtet sei aber die Ausweisung zum Schutz der öffentlichen Ordnung, im besonderen auf dem Gebiet des Fremdenwesens, dringend geboten, komme doch den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch die Normadressaten aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Darüber hinaus sei zu beachten, daß dem Beschwerdeführer mangels Erfüllung der in § 6 Abs. 2 erster Satz AufG normierten Voraussetzung die erforderliche Bewilligung nach diesem Gesetz nicht erteilt werden dürfe.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen. Der Beschwerdeführer replizierte auf die Gegenschrift und hielt seinen Antrag aufrecht.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde bleiben die maßgeblichen Feststellungen der belangten Behörde, daß der Asylantrag des Beschwerdeführers mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. Dezember 1994 (erlassen am 17. Dezember 1994) - laut Ausweis der Verwaltungsakten: im zweiten Rechtsgang - abgewiesen, daß der dagegen erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof von diesem - nach der Aktenlage mit Beschluß vom 11. April 1995, AW 94/20/0529, 0530 - die aufschiebende Wirkung zuerkannt und daß diese Beschwerde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 20. September 1995, (Zlen. 94/20/0892, 0893), als unbegründet abgewiesen worden sei, unbestritten. Auf dem Boden dieses Sachverhaltes im Zusammenhalt mit der im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellung, daß dem Beschwerdeführer aufgrund seines Asylantrages eine "vorläufige Aufenthaltsbewilligung nach dem Asylgesetz zuerkannt worden ist" - damit wird offensichtlich auf die von der Bezirkshauptmannschaft Baden ausgestellte "Bescheinigung über die vorläufige Aufenthaltsberechtigung" vom 5. November 1991 Bezug genommen -, bestehen gegen die Rechtsansicht der belangten Behörde, daß jedenfalls mit Erlassung des besagten Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisses die bis dahin bestehende vorläufige Aufenthaltsberechtigung (gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz 1968) weggefallen sei und sich der Beschwerdeführer jedenfalls seit diesem Zeitpunkt unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, keine Bedenken.

2.1. An diesem Ergebnis ändert auch die Beschwerdebehauptung nichts, daß auf den Beschwerdeführer als türkischen Staatsangehörigen "die Bestimmungen des Assoziationsratsbeschlusses EWG - Türkei Nr. 1/80 zur Anwendung kommen, insbesondere Artikel 6 und 7". Da der Beschwerdeführer - so die Beschwerde - seit 17. April 1992 über eine ordnungsgemäße Beschäftigungsbewilligung verfüge, entspreche die von ihm seit April 1992 ausgeübte Beschäftigung "jedenfalls den Voraussetzungen der genannten Artikel des Assoziationsratsbeschlusses".

2.2. Zunächst ist festzustellen, daß sachverhaltsbezogen nicht erkennbar ist - das Beschwerdevorbringen enthält dazu keinerlei Anhaltspunkte -, inwiefern vorliegend Art. 7 des Beschlusses Nr. 1/80 des durch das Assoziierungsabkommen zwischen der EWG und der Türkei geschaffenen Assoziationsrates (ARB) zum Tragen kommen könnte. Hinsichtlich der Anwendbarkeit des Art. 6 des ARB wird auf das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 1997, Zl. 97/18/0150, verwiesen, demzufolge die in dieser Bestimmung vorgesehene Voraussetzung "ordnungsgemäßer Beschäftigung" (während einer bestimmten Zeit) nicht erfüllt ist, wenn der Fremde die Beschäftigung im Rahmen eines Aufenthaltsrechtes ausgeübt hat, das ihm nur aufgrund einer nationalen Regelung eingeräumt war, nach welcher der Aufenthalt während des Verfahrens zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Aufnahmeland erlaubt ist. Da der Beschwerdeführer seine Beschäftigung (gleich, welche Dauer man annimmt) lediglich im Rahmen einer bis zum rechtskräftigen Abschluß des Asylverfahrens und während der Anhängigkeit des diesbezüglichen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bestehenden vorläufigen Aufenthaltsberechtigung ausgeübt hat, ist es ihm somit nicht möglich, sich mit Erfolg auf Art. 6 des ARB und ein damit verknüpftes Aufenthaltsrecht zu berufen.

2.3. Im Hinblick darauf, daß die genannte Bestimmung des ARB dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltsrecht zu verschaffen vermochte, ist auch der in bezug darauf erhobenen Verfahrensrüge (Fehlen von Ermittlungen zur Dauer der Beschäftigung, Nichtbeachtung der Manuduktionspflicht, Nichtgewährung des Parteiengehörs) der Boden entzogen.

3. Schließlich liegt auch die vom Beschwerdeführer in Ansehung der Abwägung nach § 19 FrG behauptete Rechtswidrigkeit nicht vor. Aufgrund des etwa vierdreivierteljährigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers sowie des Aufenthaltes seiner Gattin und seiner zwei Kinder in Österreich hat die belangte Behörde zu Recht einen mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers i.S. des § 19 FrG angenommen. Dazu ist allerdings - das Gewicht der für einen Verbleib im Bundesgebiet sprechenden Interessen deutlich mindernd - zu berücksichtigen, daß dem mehrjährigen Aufenthalt des Beschwerdeführers lediglich eine vorläufige Berechtigung nach dem Asylgesetz zugrundelag, die zudem auf einem ungerechtfertigten Antrag beruhte. Den somit entgegen der Beschwerdemeinung nicht allzu stark ausgeprägten privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers war das öffentliche Interesse an der Beendigung seines Aufenthaltes im Bundesgebiet gegenüberzustellen. Diesem in der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens begründeten Interesse hat die belangte Behörde der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entsprechend (vgl. etwa das Erkenntnis vom 4. Dezember 1997, Zl. 95/18/1448, mwN) einen hohen Stellenwert beigemessen. Wenn sie zu dem Ergebnis gelangt ist, daß § 19 FrG der Ausweisung nicht entgegenstehe, so stößt diese Ansicht angesichts der durch den etwa neunmonatigen unrechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers bewirkten Beeinträchtigung des maßgeblichen öffentlichen Interesses, wozu noch - im angefochtenen Bescheid zutreffend festgehalten - kommt, daß der Beschwerdeführer rechtens nicht in der Lage ist, seinen Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren, auf keine Bedenken. Da die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib jedenfalls nicht schwerer wiegen als das durch sein Fehlverhalten beeinträchtigte öffentliche Interesse wurde das Dringend-geboten-sein der Ausweisung (§ 19 FrG) in unbedenklicher Weise bejaht.

4. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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