Normen
AVG §66 Abs4;
AVG §71 Abs1 lita;
AVG §71 Abs1 Z1;
ZustG §17 Abs2;
ZustG §17 Abs3;
ZustG §21 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §71 Abs1 lita;
AVG §71 Abs1 Z1;
ZustG §17 Abs2;
ZustG §17 Abs3;
ZustG §21 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (die belangte Behörde) die Berufung des Beschwerdeführers vom 9. Juni 1995 gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 19. April 1995, mit dem der Beschwerdeführer gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen worden war, als verspätet zurück.
Die Berufungsfrist betrage im Verwaltungsverfahren zwei Wochen. Darauf sei der Beschwerdeführer in der Rechtsmittelbelehrung des Erstbescheides ausdrücklich hingewiesen worden. Die Berufungsfrist beginne für die Partei mit der an sie bzw. an einen Vertreter erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides zu laufen (§ 63 Abs. 5 AVG). Im vorliegenden Fall sei der Bescheid der (namentlich genannten) Tochter des Beschwerdeführers als seiner Vertreterin zugestellt worden. Die Zustellung des Erstbescheides sei im Wege der Hinterlegung, nach einem ersten Zustellversuch am 10. Mai 1995 und einem zweiten am 11. Mai 1995, durch Bereitstellung des Schriftstückes zur Abholung am 12. Mai 1995 auf dem Postamt erfolgt. An der Gültigkeit des Zustellvorganges vermöge auch der vom Beschwerdeführer in seinem Wiedereinsetzungsantrag - den er gleichzeitig mit der Berufung eingebracht habe - geltend gemachte Umstand, daß sich die genannte Vertreterin vom 11. Mai 1995 bis 28. Mai 1995 auf einem Auslandsurlaub befunden hätte und daher den angefochtenen Bescheid erst am 29. Mai 1995 von der Post hätte beheben können, nichts zu ändern. Die Erstbehörde habe nämlich zu Recht darauf hingewiesen, daß der erste Zustellversuch am 10. Mai 1995 stattgefunden habe. Daß die Zustellbevollmächtigte schon an diesem Tag ortsabwesend gewesen sei, sei nicht geltend gemacht worden. Wenn aber der Empfänger auch nur am Tag des ersten Zustellversuches nicht ortsabwesend gewesen sei, sei die Zustellung - entgegen der Meinung des Beschwerdeführers - durch Hinterlegung bewirkt worden, zumal die Vertreterin den Zustellversuch hätte wahrnehmen und für die Empfangnahme hätte Sorge tragen können. Hinterlegte Sendungen gälten mit dem ersten Tag der Bereitstellung zur Abholung als zugestellt (§ 17 Abs. 3 dritter Satz des Zustellgesetzes). Der erste Tag der Berufungsfrist sei somit der 12. Mai 1995 gewesen. Da die Berufung aber erst am 9. Juni 1995 eingebracht worden sei, sei sie verspätet und daher zurückzuweisen gewesen.
Der Vollständigkeit halber sei anzumerken, daß der Berufung gegen den abweisenden Bescheid der Erstbehörde über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist keine Folge gegeben worden sei.
Aus den genannten Gründen sei es der belangten Behörde verwehrt, auf das Vorbringen in der Sache selbst einzugehen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, mit der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer wendet gegen den angefochtenen Bescheid ein, daß sich seine Vertreterin, an die der Bescheid adressiert gewesen sei, nachweislich vom 11. Mai 1995 bis zum 28. Mai 1995 im Ausland befunden habe und daher von der Anzeige der Hinterlegung des angefochtenen Bescheides erst nach ihrer Rückkehr Kenntnis erlangen habe können und er ohne unnötigen Aufschub und innerhalb von 14 Tagen danach Berufung gegen den Erstbescheid erhoben habe. Die belangte Behörde habe übersehen, daß im Fall eines Zustellversuches dieser Versuch nicht als Beginn der Hinterlegungsfrist zu werten sei; letztere habe vielmehr erst mit Hinterlegung beim örtlich zuständigen Postamt begonnen. Die Berufung gegen den Erstbescheid sei entgegen der belangten Behörde auch deswegen rechtzeitig erhoben worden, weil der Erstbescheid der genannten Vertreterin und nicht dem Beschwerdeführer selbst zugestellt worden sei und die belangte Behörde daher "das Risiko der ordnungsgemäßen Zustellung" trage. Der Beschwerdeführer habe durch die von der Behörde gewählte Vorgangsweise keine Kenntnis davon gehabt, daß sich in der in Rede stehenden Postsendung ein Schriftstück für ihn befunden habe, da als Adressat eindeutig seine Vertreterin aufgeschienen sei, und auch nur sie berechtigt gewesen sei, den Bescheid unter Vorlage eines "geeigneten Ausweisdokumentes" zu beheben. Die Berufungsfrist habe daher für den Beschwerdeführer ab der Behebung der Postsendung zu laufen begonnen.
2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
2.1. Entgegen der Beschwerde konnte die belangte Behörde zu Recht die Auffassung vertreten, daß die Zustellung des in Rede stehenden Erstbescheides an die Vertreterin des Beschwerdeführers wirksam war, hatte doch der Beschwerdeführer dieser die - dem Verwaltungsakt einliegende (vgl. Aktenblatt 169) - Vollmacht im Sinn des § 10 AVG erteilt, ihn "in jedweder Angelegenheit" zu vertreten. Die solcherart umfassend eingeräumte Vollmacht beinhaltete auch eine Ermächtigung zur Empfangnahme von Schriftstücken, weshalb der angefochtene Bescheid an diese Vertreterin zuzustellen war (vgl. § 9 Abs. 1 Zustellgesetz).
2.2. Die belangte Behörde hat weiters zutreffend die Auffassung vertreten, daß bei einer Zustellung zu eigenen Handen die Hinterlegung des behördlichen Schriftstückes die Wirkung einer Zustellung hat, wenn der Empfänger auch nur am Tag des ersten Zustellversuches (unbestritten hier: am 10. Mai 1995) nicht ortsabwesend war, nicht jedoch am Tag des zweiten Zustellversuches (unbestritten hier: am 11. Mai 1995). Bereits durch die Verständigung vom erfolglosen ersten Zustellversuch und die Aufforderung, in der für die Vornahme des zweiten Zustellversuches bestimmten Zeit zur Annahme des Schriftstückes anwesend zu sein, kann der Adressat Kenntnis davon erlangen, daß ihm ein behördliches Schriftstück zugestellt werden soll. Erfährt demnach eine Person durch das Vorfinden einer Verständigung vom erfolglosen ersten Zustellversuch und der Aufforderung zur Anwesenheit bei dem gleichzeitig angekündigten zweiten Zustellversuch, daß die Behörde ihr ein Schriftstück zustellen will, so hat sie sich durch entsprechende Dispositionen primär in die Lage zu versetzen, das Schriftstück beim angekündigten zweiten Zustellversuch zu übernehmen; sollte es im Einzelfall unmöglich oder unzumutbar erscheinen, solche Dispositionen zu treffen, so hätte sie die Möglichkeit, allfällige für sie durch die erfolgte Zustellung eingetretene Säumnisfolgen mit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beseitigen. Es würde zweifellos dem Sinn des Gesetzes widersprechen, hätte der Adressat die Möglichkeit, die Rechtswirksamkeit einer Zustellung dadurch hinauszuschieben, daß er die Abgabestelle am Tag des zweiten Zustellversuches verläßt und auf diesem Weg etwa die Rechtmäßigkeit des zuzustellenden Verwaltungsaktes in Frage stellt. (Vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1990, Zl. 90/02/0036, mwH; vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 9. Juli 1998, Zl. 95/03/0092, mwH.)
Vor diesem Hintergrund kann daher keine Rechtswidrigkeit darin erblickt werden, daß die belangte Behörde die Wirksamkeit der in Rede stehenden Zustellung mit dem 12. Mai 1995 als dem ersten Tag der Bereitstellung zur Abholung annahm (s. § 17 Abs. 3 dritter Satz Zustellgesetz) und die erst mit 9. Juni 1995 datierte und nach Ausweis des Aktes am 12. Juni 1995 bei der Erstbehörde eingelangte Berufung (vgl. Aktenblatt 182) als verspätet ansah.
3. Dem bekämpften Bescheid haftet somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht an, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 15. Oktober 1998
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