VwGH 96/09/0242

VwGH96/09/024218.2.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des Gerald F in W, vertreten durch Dr. Margit Kaufmann, Rechtsanwalt in Wien VIII, Florianigasse 7, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission, Senat 3, des Magistrates der Stadt Wien vom 11. Juni 1996, Zl. MA 2/17/96, betreffend Verhängung der Disziplinarstrafe der Geldbuße, zu Recht erkannt:

Normen

DO Wr 1994 §31 Abs1;
DO Wr 1994 §31 Abs2;
EMRK Art6;
VwGG §39 Abs2 Z6;
DO Wr 1994 §31 Abs1;
DO Wr 1994 §31 Abs2;
EMRK Art6;
VwGG §39 Abs2 Z6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Stadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1946 geborene Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Wien. Er war im beschwerdegegenständlichen Zeitraum als Protokollführer des Rettungs- und Krankenbeförderungsdienstes, MA 70, tätig.

Im Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission des Magistrates der Stadt Wien vom 20. Dezember 1995 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe

"1. am 22. Jänner 1993 um ca. 8 Uhr als Protokollführer in der Leitstelle des Rettungsdienstes in 1030 Wien, Radetzkystraße 1, die Anruferin Karin M unhöflich gefragt, ob sie die Temperatur ihres erkrankten Kindes geschätzt oder gemessen habe und auf die Verneinung seiner Frage, ob der Ärztenotdienst bei ihr gewesen sei, der Anruferin unwirsch erklärt, sie hätte die ganze Nacht einen Arzt zur Verfügung gehabt und der Ärztenotdienst sei ja dazu da, daß er in der Nacht Hausbesuche mache, sowie weiters auf die Bitte der Anruferin, einen Arzt zu schicken, in präpotentem Ton erwidert: "Sagen Sie einmal, wie reden Sie mit mir?" Anläßlich eines zweiten Anrufes hatte er - nachdem ihm Frau

M mitgeteilt hat, daß ihr Kind 40,3 Grad Fieber habe und nur mehr zuckte - zu dieser gesagt, sie solle nicht so einen Unsinn erzählen, daß sie in einer Minute 40,3 Grad Fieber gemessen habe;"

und er habe es

"obwohl seine Dienstverhinderung länger als drei Tage gedauert hat, in der Zeit vom 5. Februar 1993 bis 28. Februar 1993 unterlassen, den Grund für seine Dienstverhinderung für den Zeitraum vom 28. Jänner 1993 bis 24. Februar 1993 zu bescheinigen.

Hiedurch hat der Beschuldigte die in den nachfolgend zitierten Rechtsvorschriften normierten Dienstpflichten verletzt:

ad 1. § 18 Abs. 2 DO 1994

ad 2. § 31 Abs. 1 zweiter Satz DO 1994

Gemäß § 76 Abs. 1 Z 2 i.V.m. § 103 Abs. 3 DO 1994 wird wegen dieser Taten eine Geldbuße im Ausmaß von 10 % des Monatsbezuges unter Ausschluß der Haushaltszulage verhängt."

Zu Punkt 1 begründete die Behörde erster Instanz, daß der Gesprächsinhalt, d.h. welche Worte zwischen dem Beschuldigten und der Familie M verwendet worden seien, durch ein Tonbandprotokoll erwiesen sei und vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten werde. Hingegen bestreite er, daß seine Worte unhöflich, unwirsch bzw. präpotent, oder seine Fragestellungen und Belehrungen unangebracht gewesen seien. Die Wertung als unhöflich, unwirsch bzw. präpotent beruhe einerseits auf dem durch das Tonband erwiesenen unangenehmen Tonfall des persönlichen Auftretens des Beschwerdeführers, andererseits auf der für die Situation unpassenden Wortwahl. Unangebracht und eine Quälerei sei die Belehrung der durch den schlechten Zustand des Kindes geängstigten Mutter, der zu dieser Zeit noch kein Rettungseinsatz zugesagt gewesen sei, daß sie in der vergangenen Nacht den Ärztenotdienst hätte rufen können. Völlig unangebracht sei die Bemerkung "Sagen Sie einmal, wie reden Sie mit mir?", zumal der Beschwerdeführer selbst die Mutter durch überflüssige Fragen und Belehrungen aus der Fassung gebracht habe. Ebenso der Vorwurf an die Mutter, die verzweifelt gebeten habe "Kommen Sie, das Kind rührt sich nicht mehr", sie könne bis zum zweiten Anruf nicht das Fieber gemessen haben bzw. sie solle nicht so einen Unsinn erzählen. Erschwerend seien noch weitere durch das Tonband dokumentierte Entgleisungen.

Zu Punkt 2 führte die Behörde erster Instanz aus, daß gemäß § 31 Abs. 1 zweiter Satz Dienstordnung 1994 (DO 1994) der Beamte den Grund für seine Dienstverhinderung u.a. dann zu bescheinigen habe, wenn diese länger als drei aufeinanderfolgende Kalendertage dauere. Die Verwendung eines bestimmten Formulars sei für diese Bescheinigung nicht vorgeschrieben, sodaß darin, daß der Beschuldigte über kein solches Formular verfügt habe, kein Hindernis dafür erblickt werden könne, seiner Verpflichtung zur Bescheinigung seiner länger als drei Kalendertage dauernden Dienstverhinderung nachzukommen. Zur Verschuldensfrage sei auszuführen, daß von einem Bediensteten, der die Krankenbescheinigung mittels Formular durchführen wolle, erwartet werden müsse, daß er sich neue Formulare besorge, sobald ihm die vorhandenen ausgingen und nicht erst dann, wenn er wieder krank werde. Habe er dies versäumt, so sei er umso mehr verpflichtet, die Bescheinigung ohne Formular beizubringen, wenn die von ihm angeforderten Formulare nicht rechtzeitig bei ihm einträfen.

Bei der Strafbemessung seien die Unbescholtenheit des Beschuldigten sowie die Tatsache als mildernd berücksichtigt worden, daß er die aus dem Spruch ersichtlichen Taten im Hinblick auf seine zwischenzeitige Pensionierung nicht mehr wiederholen könne. Zu Punkt 1 seien erschwerend die Notsituation der von der Tat Betroffenen in Verbindung mit der beruflichen Hilfeleistungspflicht des Beschuldigten und zu Punkt 2 die auffallende und langdauernde Sorglosigkeit, die der Beschuldigte bezüglich der erforderlichen Bescheinigung seiner Dienstverhinderung an den Tag gelegt habe, zu berücksichtigen. Eine bedingte Strafnachsicht könne aus generalpräventiven Erwägungen nicht in Betracht gezogen werden.

In der dagegen erhobenen Berufung wendete sich der Beschwerdeführer gegen die Wertung seiner auf Tonband enthaltenen Aussagen gegenüber der Anruferin am 22. Jänner 1993. Es sei außer acht gelassen worden, daß der Tonfall des Beschwerdeführers in einem falschen Licht erschienen sei, weil er die Anruferin schlecht verstanden habe, denn im Raum, in dem er das Telefonat entgegengenommen habe, habe große Unruhe geherrscht und die Telefonverbindung sei nicht optimal gewesen. Die schlechte Gesprächsverbindung sei dem schriftlichen Tonbandprotokoll zu entnehmen. Die Fragestellungen des Beschwerdeführers seien gerechtfertigt, weil ein Beamter gemäß § 18 Abs. 1 DO 1994 die ihm übertragenen Geschäfte auch nach den Grundsätzen größtmöglicher Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis zu erledigen habe. Er habe keinen Notfall erblickt, wenn der von der Anruferin zuvor angerufene Kinderarzt ihr keine Anweisungen gegeben habe und es möglicherweise nicht notwendig sei, zu einem kleinen Kind, das Fieber habe, einen Notarztwagen zu schicken, dessen Ausfahrt mit erheblichen Kosten verbunden sei. Seine Bemerkung "Sagen Sie einmal, wie reden Sie mit mir?" sei aus dem Zusammenhang gerissen. Diese Frage sei die Antwort auf den lauten und hysterischen Befehl der Anruferin gekommen, einen Arzt zu schicken. Zudem habe er während des Gesprächs einen Notarztwagen zur Anruferin geschickt, sodaß durch das Telefongespräch keine unnötige Zeit verstrichen sei. Der Beschwerdeführer sei großem Streß ausgesetzt. Die unhöflich erscheinende Tonart sei durch die Tonart der Anruferin veranlaßt worden.

Gegen Punkt 2 wendete der Beschwerdeführer ein, daß er seine Krankheit bescheinigt habe. Er habe bei Dienstantritt eine ärztliche Bescheinigung darüber vorgelegt, daß er in der angegebenen Zeit dienstunfähig gewesen sei. Der in der Verhandlung einvernommene Zeuge habe bestätigt, dem Beschwerdeführer sei seitens der Dienststelle zugesichert worden, daß ihm Formulare zur Krankmeldung übermittelt würden. Daß die Dienststelle Krankenstandsformulare nicht dem Beschwerdeführer nach Hause geschickt, sondern am Arbeitsplatz des Beschwerdeführers deponiert habe, sei ein eindeutiges Indiz für die Schuldlosigkeit des Beschwerdeführers. Er sei sowohl der Melde- als auch der Bescheinigungspflicht gemäß § 31 DO 1994 nachgekommen. Er habe der Dienststelle seine Krankheit unverzüglich gemeldet und aufgrund der Tatsache, daß er länger als drei Tage krank gewesen sei, seine Krankheit bei Dienstantritt durch Vorlage einer ärztlichen Bestätigung auch bescheinigt.

Die Disziplinarstrafe sei im Hinblick auf das Verhalten des Beschwerdeführers überhöht, aber auch deshalb, weil er für den Monat Februar 1993 keine Bezüge erhalten habe.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Nach Wiedergabe des Berufungsinhaltes führte die belangte Behörde zur Begründung aus, sie schließe sich den Ausführungen der ersten Instanz hinsichtlich der Dienstpflichtverletzung gemäß § 18 Abs. 2 DO 1994 im wesentlichen an. Darüber hinaus begründete sie, daß dem Beschwerdeführer aufgrund seiner langjährigen Berufserfahrung bekannt habe sein müssen, daß bei der plötzlichen Erkrankung eines Kleinkindes mit angsterregenden Symptomen die Eltern aufgeregt agierten. Gerade in einer solchen Situation sei aber die Beachtung der von der Dienstordnung geforderten Hilfsbereitschaft und Höflichkeit im besonderen Maß geboten, um die Hilfesuchenden nicht noch mehr zu verunsichern und zu verängstigen. Somit sei der Disziplinarbehörde erster Instanz beizupflichten, wenn diese das Verhalten des Beschwerdeführers am 22. Jänner 1993 aufgrund der dokumentierten unwirschen und anmaßenden Bemerkungen sowie der unsachlichen und unangebrachten Äußerungen als unhöflich und nicht hilfsbereit qualifiziert habe. Entgegen dem Berufungsvorbringen vermögen die schlechte Telefonverbindung, die Unruhe im Einsatzraum und die Streßsituation das unwirsche Verhalten und die unqualifizierten Äußerungen in keiner Weise zu entschuldigen. Selbst ein als hysterisch oder befehlend empfundener Tonfall der Anruferin habe den Beschwerdeführer nicht zu seinen Äußerungen berechtigt. Wenn der Beschwerdeführer auch seine Aufgabe des Einsatzes des Notarztwagens nach den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis zu erfüllen gehabt habe, rechtfertige dies nicht die Mißachtung der in § 18 Abs. 2 DO 1994 festgelegten Pflichten.

Auch hinsichtlich der Dienstpflichtverletzung gemäß § 31 Abs. 1 zweiter Satz DO 1994 schloß sich die belangte Behörde im wesentlichen den Ausführungen der ersten Instanz an. Darüber hinaus begründete sie, daß die länger als drei Tage dauernde Dienstverhinderung unverzüglich zu bescheinigen sei. Bei Vorliegen einer derart langen Zeitspanne der Unterlassung der Bescheinigungsvorlage (5. Februar 1993 bis 28. Februar 1993) sei die danach erfolgte Bescheinigung jedenfalls verspätet und eine Dienstpflichtverletzung gegeben. Das Berufungsvorbringen könne kein mangelndes Verschulden aufzeigen. Dem Beschwerdeführer habe auffallen müssen, daß er nach der telefonischen Anforderung das Krankenbestätigungsformular nicht umgehend erhalten habe. Sein Verschulden sei dadurch gegeben, daß er nicht ausreichend bemüht gewesen sei, seiner Verpflichtung zur Bescheinigung des Grundes für die Dienstabwesenheit mit oder ohne Formular unverzüglich nachzukommen.

Zur Strafhöhe habe die Behörde erster Instanz die Milderungs- und Erschwerungsgründe ausreichend berücksichtigt. Der Verlust auf den Anspruch auf das Diensteinkommen für den Monat Februar 1993 stelle eine sich aus der Dienstordnung ergebende Rechtsfolge dar und stehe mit der Verhängung der Disziplinarstrafe in keinem Zusammenhang.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Gesetz über das Dienstrecht der Beamten der Bundeshauptstadt Wien (Dienstordnung 1994 - DO 1994), LGBl. Nr. 56 i.d.F. vor der Novelle

LGBl. Nr. 33/1996, anzuwenden. Die im Beschwerdefall maßgeblichen bzw. von der belangten Behörde bezogenen Bestimmungen lauten auszugsweise:

"Allgemeine Dienstpflichten

§ 18. (1) Der Beamte hat die ihm übertragenen Geschäfte unter Beachtung der bestehenden Rechtsvorschriften mit Sorgfalt, Fleiß und Unparteilichkeit zu besorgen. Er hat sich hiebei von den Grundsätzen größtmöglicher Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen.

(2) Der Beamte hat gegenüber den Vorgesetzten, den Mitarbeitern, den Parteien und Kunden ein höfliches und hilfsbereites Verhalten an den Tag zu legen. Er hat im Dienst und außer Dienst alles zu vermeiden, was die Achtung und das Vertrauen, die seiner Stellung entgegengebracht werden, untergraben könnte.

Abwesenheit vom Dienst

§ 31. (1) Ist der Beamte durch Krankheit, Unfall oder einen anderen wichtigen, seine Person betreffenden Grund verhindert, den Dienst zu versehen, so hat er dies dem Vorgesetzten unverzüglich zu melden. Der Beamte hat den Grund für die Dienstverhinderung zu bescheinigen, wenn es der Vorgesetzte verlangt oder wenn die Dienstverhinderung länger als drei aufeinanderfolgende Kalendertage dauert.

Disziplinarstrafen

§ 76. (1) Disziplinarstrafen sind:

  1. 1. der Verweis,
  2. 2. die Geldbuße bis zu 20 % des Monatsbezuges unter Ausschluß der Haushaltszulage,
  3. 3. die Geldstrafe bis zu 5 Monatsbezügen unter Ausschluß der Haushaltszulage,
  4. 4. die Versetzung in den Ruhestand,
  5. 5. die Versetzung in den Ruhestand mit geminderten Ruhebezügen,
  6. 6. die Entlassung.

(2) In den Fällen des Abs. 1 Z. 2 und 3 ist die verhängte Strafe in einem Prozentsatz oder einem Vielfachen des Monatsbezuges anzugeben. Dabei ist vom Monatsbezug auszugehen, der der besoldungsrechtlichen Stellung entspricht, die der Beamte im Zeitpunkt der mündlichen Verkündung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses oder im Zeitpunkt der Zustellung der Disziplinarverfügung erreicht hat.

Strafbemessung

§ 77. (1) Maßgebend für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist insbesondere Rücksicht zu nehmen,

1. inwieweit das Vertrauen des Dienstgebers in die Person des Beamten durch die Dienstpflichtverletzung beeinträchtigt wurde,

2. inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist und den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten,

3. sinngemäß auf die gemäß §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches, BGBl. Nr. 60/1974, für die Strafbemessung maßgebenden Gründe.

(2) Hat ein Beamter durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen und wird über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt, so ist nur eine Strafe zu verhängen. Diese Strafe ist nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind."

§ 103 Abs. 3 DO 1994 bestimmt den Inhalt des Spruches des Disziplinarerkenntnisses.

Insoweit sich der Beschwerdeführer gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung wendet, ist ihm entgegenzuhalten, daß die Beweiswürdigung ein Denkprozeß ist, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges handelt, bzw. darum, ob der Sachverhalt, der in diesem Denkvorgang gewürdigt wurde, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist. Die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes, nicht aber deren konkrete Richtigkeit (vgl. dazu die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 549 ff, wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Die Beschwerdeausführungen lassen aber Zweifel an der Schlüssigkeit der von der belangten Behörde dargelegten Erwägungen zur Beweiswürdigung nicht aufkommen. Die belangte Behörde hat nicht nur die Tonbandaufzeichnung der Gespräche zwischen der Anruferin und dem Beschwerdeführer ihrer Beweiswürdigung zugrundegelegt (der Inhalt der Gespräche bleibt auch vom Beschwerdeführer unbestritten), sondern auch die vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren bereits vorgebrachten Umstände der Unruhe im Raum, der schlechten Telefonverbindung, und des Verhaltens der Anruferin. Wenn der Beschwerdeführer in der Beschwerde behauptet, die belangte Behörde wäre auf diese Umstände nicht eingegangen, steht diese Behauptung mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides im Widerspruch, weil die belangte Behörde ausdrücklich auf dieses Vorbringen des Beschwerdeführers Bedacht genommen hat.

Insoferne der Beschwerdeführer durch neuerlichen Hinweis auf die genannten Umstände auch die rechtliche Wertung der belangten Behörde bekämpft, ist ihm zu entgegnen, daß eine schlechte Telefonverbindung nur die erhobene Lautstärke des davon Betroffenen zu rechtfertigen vermag, nicht jedoch - wie die belangte Behörde dem Beschwerdeführer vorwirft - das aus dem Tonfall und dem Inhalt der Äußerungen des Beschwerdeführers festgestellte "unwirsche Verhalten und die unqualifizierten Äußerungen". Der Beschwerdeführer fordert von Anrufern, die als Angehörige von Patienten "ein Problem haben und sich möglicherweise in einer Ausnahmesituation befinden", ein "ebenso" höfliches Verhalten, wie es vom Beschwerdeführer selbst verlangt wird. Er selbst aber billigt sich in einer für ihn alltäglichen beruflichen (Streß-)Situation das von der belangten Behörde festgestellte Verhalten - nicht in der beschönigenden Weise, wie es in der Beschwerde darzustellen versucht wird - als "nicht unhöfliches" Verhalten zu. Dazu ist dem Beschwerdeführer zu entgegnen, daß ein Verhalten, welches in einer Ausnahmesituation (Mutter eines erkrankten Kindes) gesetzt wird, keinesfalls ein gleichartiges Verhalten eines Beamten, der sich nicht in einer solchen Ausnahmesituation befindet, und zu dessen Berufspflicht die Hilfeleistung im Krankheitsfall zählt, rechtfertigen kann. Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich den Ausführungen der belangten Behörde an, daß gerade in einer solchen Situation die Beachtung die von der Dienstordnung geforderte Hilfsbereitschaft und Höflichkeit im besonderen Maße geboten ist, um die Hilfesuchenden nicht noch mehr zu verunsichern und zu verängstigen.

Sollten die gerade behandelten Beschwerdeausführungen dahingehend zu verstehen sein, daß den Beschwerdeführer kein Verschulden träfe, so weist die belangte Behörde zu Recht auf die langjährige Berufserfahrung des Beschwerdeführers hin, aufgrund der ihm bekannt sein mußte, daß bei der plötzlichen Erkrankung eines Kleinkindes mit angsterregenden Symptomen die Eltern aufgeregt agieren können.

Die in der Berufung vorgebrachten Gründe, daß der Beschwerdeführer nach den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis zu Fragestellungen berechtigt gewesen wäre, wird in der Beschwerde nicht wiederholt. Auch der Verwaltungsgerichtshof kann in der Ansicht der belangten Behörde, daß dieser Hinweis nicht die Mißachtung der in § 18 Abs. 2 DO 1994 festgelegten Pflichten rechtfertige, keine Rechtswidrigkeit erkennen.

Im Hinblick auf die vorgeworfene Verletzung der Dienstpflicht gemäß § 31 Abs. 1 zweiter Satz DO 1994 bringt der Beschwerdeführer vor:

"Es ist aktenkundig, daß der BF seine Dienstverhinderung bescheinigte. Die belangte Behörde geht rechtlich unrichtig davon aus, daß der Gesetzgeber eine unverzügliche Bescheinigung verlangt. Dies ist nicht richtig. In der Wiederverlautbarung der Dienstordnung 1966 - die übrigens auch keine unverzügliche Bescheinigung einer Dienstverhinderung verlangte - ist wieder nur eine Bescheinigung der Dienstverhinderung verlangt. Wenn die belangte Behörde der Meinung ist, daß auf Grund des Dienstbetriebes nur eine unverzügliche Bescheinigung sinnvoll ist, dann hat die belangte Behörde die Möglichkeit, das erlaßmäßig zu regeln und wenn sich dann ein Beamter, der den Erlaß nachweislich zur Kenntnis genommen hat, nicht danach hält, kann dieser Umstand möglicherweise als Dienstpflichtverletzung gewertet werden. Im gegenständlichen Fall gibt es aber weder eine Weisung, noch einen Erlaß, das den BF verpflichtet hätte, auch seine Dienstverhinderung unverzüglich zu bescheinigen.

Daß er seiner Dienstpflicht, die Dienstverhinderung unverzüglich zu melden, nachgekommen ist, ist aktenkundig und wurde er von diesem Vorwurf sogar freigesprochen."

Darüber hinaus bringt er aktenwidrig vor, die angefochtene Entscheidung führe aus, daß er "den Grund für seine Dienstverhinderung für den Zeitraum vom 28.1.1993 bis 24.2.1993 nicht bescheinigte". Der Beschwerdeführer reißt diesen Nebensatz nämlich aus dem Zusammenhang und übersieht dabei, daß die Anlastung nicht die Unterlassung der Bescheinigung an sich beinhaltet, sondern nur "in der Zeit vom 5. Februar 1993 bis 28. Februar 1993".

Es ist zwar richtig, daß die Disziplinarbehörden davon ausgingen, daß die Ehegattin des Beschwerdeführers unverzüglich seine Dienstverhinderung wegen Krankheit gemeldet und der Beschwerdeführer daher der Dienstpflicht des § 31 Abs. 1 erster Satz DO 1994 entsprochen habe. Bei der in § 31 Abs. 1 zweiter Satz DO 1994 enthaltenen Bescheinigungspflicht handelt es sich jedoch um eine davon unabhängige Dienstpflicht. Die Bescheinigungspflicht gilt unterschiedslos für alle Arten der Dienstverhinderung im Sinne des ersten Satzes. Dem Gesetz ist auch nicht zu entnehmen, daß im Falle einer krankheitsbedingten Dienstverhinderung diese Bescheinigung nur in Form eines von der belangten Behörde zur Verfügung gestellten "Krankmeldeformulares" erfolgen könnte. Vielmehr wird keine bestimmte Form der Bescheinigung vorgeschrieben. Der Beschwerdeführer wäre - wie die belangte Behörde durch Hinweis auf die Ausführungen der Behörde erster Instanz zutreffend vermerkt - verpflichtet gewesen, die Bescheinigung auch ohne Formular beizubringen, wenn er sich nicht im Besitz solcher Formulare befand bzw. die angeforderten Formulare nicht rechtzeitig bei ihm eintrafen. Denn wenngleich das Gesetz auch nicht ausdrücklich bestimmt, wann der Beamte seiner Bescheinigungspflicht nachzukommen hat, wird doch aus dem Sinnzusammenhang eine zeitliche Nähe zur (behaupteten) Dienstverhinderung zu fordern sein, um es der Dienstbehörde (beispielsweise) zu ermöglichen, bei gegebenen Bedenken gegen die vom Beamten angebotenen Bescheinigungsmittel (etwa eine ärztliche Bestätigung) oder sonst aus Anlaß dieser Bescheinigung umgehend eine ärztliche Untersuchung im Sinne des § 31 Abs. 2 DO 1994 anzuordnen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1996, Zl. 96/12/0068). Der Beschwerdeführer befand sich seit 28. Jänner 1993 im Krankenstand. Die belangte Behörde warf ihm eine Verletzung der Bescheinigungspflicht erst ab 5. Februar 1993 vor. Der Beschwerdeführer hat aber nach seiner Ausführung in der Stellungnahme vom 28. Juni 1995 erst nach Erhalt der Aufforderung seiner Dienststelle vom 10. Februar 1993, eine Krankmeldung an die Personalstelle zu schicken, in der Personalstelle angerufen und um Zusendung der Krankmeldeformulare ersucht. Ausgehend vom erforderlichen zeitlichen Naheverhältnis zwischen Beginn der Dienstverhinderung infolge einer länger als drei Tage dauernden Krankheit und der Erfüllung der Bescheinigungspflicht ist der belangten Behörde zu folgen, daß der Beschwerdeführer schon zu Beginn des angelasteten Tatzeitraumes (5. Februar 1993) seiner Bescheinigungspflicht hätte nachkommen müssen, weshalb eine erst nach dem 10. Februar erfolgte telefonische Anforderung von vom Gesetz zur Erfüllung der Bescheinigungspflicht nicht verlangten "Krankmeldeformularen" auf das bereits bestehende Fehlverhalten des Beschwerdeführers keinen Einfluß hat. Dennoch kam er unbestrittenermaßen bis zum Ende des angelasteten Tatzeitraumes (28. Februar 1993) der Bescheinigungspflicht nicht nach. Hierin unterscheidet sich das Verhalten des Beschwerdeführers von dem dem hg. Erkenntnis vom 30. September 1996, Zl. 96/12/0068, zugrundeliegenden Sachverhalt, da die dortige Beschwerdeführerin nach Erfüllung der Meldepflicht im Sinne des § 31 Abs. 1 erster Satz DO 1994 ihre Dienststelle fernmündlich davon verständigte, daß sie voraussichtlich bis zu einem konkreten Zeitpunkt krank sein werde, wohingegen der Beschwerdeführer seine Dienstbehörde nach Meldung seiner Dienstverhinderung durch Krankheit über den weiteren Verlauf im unklaren gelassen hat.

Die mit LGBl. Nr. 33/1996 vom 24. Juli 1996 vorgenommene Änderung des § 31 Abs. 1 zweiter Satz DO 1994 durch Einfügung des Wortes "unverzüglich" brachte somit keine Änderung der bereits zuvor bestehenden Rechtslage, sondern diente lediglich zur ausdrücklichen Normierung dessen, was nach dem Sinn des Gesetzes bereits zuvor rechtens war.

Gegen die Bemessung der Strafe bringt der Beschwerdeführer in der Beschwerde nichts vor. Auch der Verwaltungsgerichtshof kann im Hinblick auf die bereits von der Behörde erster Instanz bedachten Strafbemessungsgründe, auf welche die belangte Behörde verweist, und die Bestimmungen der §§ 76 und 77 DO 1994 hierin keine Rechtswidrigkeit erkennen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten steht dem nicht entgegen, zumal es sich im gegenständlichen Fall nicht um eine Sache handelt, welche zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen oder die Stichhaltigkeit einer gegen den Beschwerdeführer erhobenen strafrechtlichen Anklage betrifft (vgl. die Entscheidung der Europäischen Kommission für Menschenrechte vom 7. Dezember 1981, Beschwerde-Nr. 9501/81 mwN., EuGRZ 1982, 60, unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung der Kommission). Danach ist bei Streitigkeiten über Entlassung aus dem öffentlichen Dienst nicht über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen zu entscheiden. Dies trifft - argumentum a maiori ad minus - umso mehr auf die bloße Verhängung einer Geldbuße zu, welche weniger schwerwiegend in die Rechtssphäre des davon Betroffenen eingreift als eine Entlassung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1997, Zl. 96/09/0266).

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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