VwGH 96/09/0187

VwGH96/09/018721.10.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde des I S in W, vertreten durch Dr. Thomas Prader und Mag. Georg Bürstmayr, Rechtsanwälte in Wien VII, Seidengasse 28, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 3. Mai 1996, Zl. LGS/13115/591216/1996, betreffend Versagung eines Befreiungsscheines nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §15 Abs1 Z1 idF 1992/475;
AuslBG §15 Abs1 Z1 idF 1992/475;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 3. Mai 1996 wurde der am 22. Jänner 1996 gestellte Antrag des Beschwerdeführers, ihm einen Befreiungsschein gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) auszustellen, gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Z. 1 AuslBG abgewiesen.

Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensverlaufes und der maßgebenden Rechtslage aus, dem Beschwerdeführer sei im Berufungsverfahren zu dem Sachverhalt, es seien für die angegebenen Beschäftigungsverhältnisse bei der Firma F (1. Jänner 1992 bis 20. Mai 1992) sowie bei der Firma F und V (15. Februar 1994 bis 30. April 1994) keine Beschäftigungsbewilligungen erteilt worden, die Beschäftigung bei der Firma S seit 18. Oktober 1995 sei unrechtmäßig erfolgt und diese unerlaubten Beschäftigungszeiten seien daher nicht berücksichtigungswürdig, Parteiengehör gewährt worden. Der Beschwerdeführer habe in seiner schriftlichen Stellungnahme dazu lediglich vorgebracht, er habe nicht gewußt, daß für diese Beschäftigungszeiten Beschäftigungsbewilligungen nicht erteilt worden seien. Für die Ausstellung des beantragten Befreiungsscheines seien aber nur erlaubte Beschäftigungsverhältnisse des Beschwerdeführers im Gesamtausmaß von 1668 Tagen heranzuziehen. Seinem Vorbringen, er habe von den fehlenden Beschäftigungsbewilligungen keine Kenntnis gehabt, könne "nicht gefolgt werden, da ein solcher Gedankenansatz dem Gesetzgeber fremd ist". Im Verlauf der Rahmenfrist liege somit nur eine Beschäftigungszeit von insgesamt 1668 Tagen, da Beschäftigungszeiten ohne entsprechende Bewilligung nicht zu berücksichtigen seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Ausstellung eines Befreiungsscheines gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1 AuslBG verletzt. Er beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

In der Beschwerde wird vom Beschwerdeführer geltend gemacht, das AuslBG stelle nicht auf die Anmeldung zur Krankenkasse ab. Daß er bei der F-Ges.m.b.H. bzw. bei der Firma F und V keine Beschäftigungsbewilligungen gehabt habe, habe er nicht gewußt und auch nicht annehmen können. Er habe vielmehr annehmen müssen, daß die Behauptungen des Dienstgebers, er hätte eine Beschäftigungsbewilligung, zutreffe. Die belangte Behörde vermeine, daß jene Zeiten, für welche sie keine Beschäftigungsbewilligung feststellen habe können, nicht anzurechnen seien. Sie habe jedoch übersehen, daß er als türkischer Staatsangehöriger nach Art. 6 des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80 einen Rechtsanspruch auf Verlängerung der Beschäftigungsbewilligung gehabt habe. Wenn die belangte Behörde vermeine, daß die Voraussetzungen von 1825 Beschäftigungstagen nicht gegeben seien, so seien jedenfalls die Voraussetzungen der Sonderregelung für türkische Staatsangehörige nach dem Art. 6 des Beschlusses Nr. 1/80 gegeben, da eine festgestellte Beschäftigungsdauer von vier Jahren vorliege.

Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1 AuslBG (in der Fassung BGBl. Nr. 475/1992) ist einem Ausländer auf Antrag ein Befreiungsschein auszustellen, wenn der Ausländer während der letzten acht Jahre mindestens fünf Jahre im Bundesgebiet im Sinne des § 2 Abs. 2 mit einer dem Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Tätigkeit erlaubt beschäftigt war.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. September 1992, Zl. 92/09/0107, und vom 1. Juli 1993, Zl. 92/09/0296) dargelegt hat, kann nur eine behördlich genehmigte Beschäftigung die Grundlage für die Erteilung eines Befreiungsscheines gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1 AuslBG sein.

Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid davon aus, daß die Beschäftigungszeiten des Beschwerdeführers bei der F-Ges.m.b.H. und bei dem Arbeitgeber F und V behördlich nicht genehmigt waren. Der Beschwerdeführer bestreitet diese den angefochtenen Bescheid tragende Sachverhaltsannahme nicht, meint aber, er habe davon keine Kenntnis gehabt. Daß für die von der belangten Behörde nicht zugrunde gelegten Beschäftigungszeiten eine behördliche Genehmigung erteilt worden sei, wurde vom Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren behauptet noch wird dies in der Beschwerde vorgebracht. Es ist daher auch vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall davon ausgegangen ist, daß nur erlaubte Beschäftigungszeiten Tatbestandsvoraussetzung des §15 Abs. 1 Z. 1 AuslBG für die Ausstellung des beantragten Befreiungsscheines ist. Daran vermag der Einwand des Beschwerdeführers, er habe die von der belangten Behörde nicht anerkannten Beschäftigungszeiten für erlaubte Beschäftigungen gehalten bzw. dies nach den Behauptungen der Arbeitgeber annehmen dürfen, nichts zu ändern, da nach den anzuwendenden Bestimmungen des AuslBG unerlaubte Beschäftigungszeiten nicht maßgebend sind und erlaubte Beschäftigungszeiten auch nicht gutgläubig oder durch fehlendes Verschulden des Dienstnehmers erworben werden können.

Insoweit der Beschwerdeführer auf das Assoziationsrecht mit der Türkei verweist, verletzt dies das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG). Eine Verletzung des in der Beschwerde geltend gemachten subjektiv-öffentlichen Rechts auf Ausstellung eines Befreiungsscheines nach dem AuslBG vermag der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen schon deshalb nicht aufzuzeigen, weil sich der Beschwerdeführer vor dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union (1. Jänner 1995) jedenfalls auf einen aus Art. 6 des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80 abgeleiteten "Rechtsanspruch" nicht hat berufen können (vgl. insoweit etwa das hg. Erkenntnis vom 15. April 1998, Zl. 98/09/0044, u.a.; die von der belangten Behörde nicht angerechneten, vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde jedoch als anrechenbar eingestuften Beschäftigungen erfolgten in den Jahren 1992 und 1994).

Bei diesem Ergebnis mangelt es der in der Beschwerde behaupteten Verletzung von Verfahrensvorschriften schon aus den dargelegten Gründen an der erforderlichen Relevanz, da die belangte Behörde auch bei deren Vermeidung zu keinem anderen Bescheid hätte kommen können.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 21. Oktober 1998

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