VwGH 96/03/0130

VwGH96/03/013017.6.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Grubner, über die Beschwerde des HS in N, vertreten durch Dr. Rudolf Gürtler, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilergasse 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 25. März 1996, Zl. UVS 30.6-103/95-21, betreffend Übertretung des Stmk. Jagdgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

JagdG Stmk 1986 §1 Abs1;
JagdG Stmk 1986 §50 Abs1;
JagdG Stmk 1986 §50 Abs4;
JagdRallg;
VwGG §42 Abs2 Z1;
JagdG Stmk 1986 §1 Abs1;
JagdG Stmk 1986 §50 Abs1;
JagdG Stmk 1986 §50 Abs4;
JagdRallg;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er sei "als beeidetes Jagdaufsichtsorgan = Jagdschutzorgan des Reviers "S" Besitzer GL, Hegegebiet I/10, im Gemeindegebiet M dafür verantwortlich, daß am 23.09.1993 im angeführten Revier auf Höhe der H-Wiese ca. 50 m neben dem dort befindlichen Wochenendhaus eine Lockfütterung mit Äpfel und Rüben durchgeführt worden ist". Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß "§ 77 i.V.m. § 50 Abs. 4 i.V.m.

§ 35 Abs. 2" Stmk. Jagdgesetz 1986 begangen, weshalb über ihn gemäß § 77 Stmk. Jagdgesetz eine Geldstrafe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: drei Tage) verhängt wurde.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es (u.a.), die Behörde gehe davon aus, daß die ausgelegten Äpfel und Rüben zweifellos geeignet gewesen seien, Wild, insbesondere Rotwild und Rehe, anzukirren. Weiters folge die Behörde den Ausführungen des Sachverständigen, wonach es Aufgabe des Beschwerdeführers gewesen wäre, dafür zu sorgen, daß die dargelegte Form des Auslegens von Äpfeln und Rüben sofort abgestellt bzw. rückgängig gemacht werde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in dem nach § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Fünfersenat erwogen:

§ 50 Abs. 4 Stmk. Jagdgesetz 1986, LGBl. Nr. 23, hat folgenden Wortlaut:

"Jedes Füttern von Rotwild außerhalb genehmigter Fütterungsanlagen, das Betreiben von Lockfütterungen sowie das Füttern von Gamswild ist verboten; Rehwildfütterungen sind, wo erforderlich, rotwildsicher einzuzäunen. In Notfällen können von der Bezirksverwaltungsbehörde Ausnahmen genehmigt werden."

§ 77 leg. cit. lautet:

"Übertretungen dieses Gesetzes und der auf Grund desselben erlassenen Vorschriften oder besonderen Anordnungen werden von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis 30.000 S bestraft. Der Versuch ist strafbar."

In der Beschwerde wird (u.a.) geltend gemacht, Adressat des § 50 leg. cit. sei einwandfrei der Jagdberechtigte und nicht das Jagdschutzorgan. Tatsache sei, daß der Beschwerdeführer nicht Grundeigentümer und Jagdberechtigter, sondern lediglich Abschußnehmer sei, sohin den Verpflichtungen des § 50 leg. cit. nicht unterliege.

Schon mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht.

Wenn der mit "Wildfütterung" überschriebene § 50 Stmk. Jagdgesetz 1986 in dessen Abs. 4 (u.a.) das Verbot des Betreibens einer Lockfütterung normiert, so wird damit näher (negativ) bestimmt, in welcher Form Wildfütterungen durchzuführen sind (vgl. auch die übrigen Tatbestände des § 50 Abs. 4 Stmk. Jagdgesetz 1986). Verpflichtet (und berechtigt) zur Wildfütterung ist aber der Jagdberechtigte, wie der § 50 Abs. 1 erster Satz leg. cit. zeigt, der die grundsätzliche Anordnung enthält, daß der Jagdberechtigte verpflichtet ist, für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Wildstand und natürlichem Nahrungsangebot zu sorgen. Damit steht im Einklang, wenn im § 1 Abs. 1 zweiter Satz Stmk. Jagdgesetz 1986 bestimmt wird, daß das Jagdausübungsrecht (u.a.) in der ausschließlichen Berechtigung besteht, innerhalb des zustehenden Jagdgebietes Wild unter Beobachtung der gesetzlichen Bestimmungen in der im weidmännischen Betrieb üblichen Weise zu hegen; das Recht zu hegen also nur dem zur Jagdberechtigten zukommt. Für diese dem Jagdberechtigten zustehende Jagdausübung stellt die hier in Frage stehende Regelung des § 50 Abs. 4 leg. cit. ein sachliches Verbot dar (vgl. auch Abart/Lang/Obholzer - Tiroler Jagdrecht, Anm. 1 zu § 40, in der von einer gleichartigen systematischen Überlegung ausgegangen wird).

Ist Normadressat des Verbotes des Betreibens von Lockfütterungen der Jagdberechtigte - der Beschwerdeführer ist unbestritten nicht Jagdberechtigter -, so ändert auch nichts, wenn die belangte Behörde spruchgemäß davon ausging, der Beschwerdeführer sei als Jagdschutzorgan für die Lockfütterung verantwortlich gewesen.

§ 76 Abs. 1 Stmk. Jagdgesetz 1986 bestimmt:

"Die Bezirksjägermeister und Hegemeister sowie das Jagdschutzpersonal sind verpflichtet, die Einhaltung der Bestimmungen dieses Gesetzes zu überwachen und wahrgenommene Übertretungen der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen."

§ 35 Abs. 2 Stmk. Jagdgesetz 1986 hat folgenden Wortlaut:

"Das Jagdschutzpersonal ist zum Schutz des Lebensraumes des Wildes verpflichtet, schädigende Einflüsse durch unsachgemäßen Jagdbetrieb oder durch das Wild selbst auf seinen Lebensraum tunlichst zu vermeiden und festgestellte Wildschäden unverzüglich dem Jagdberechtigten (Eigenjagdbesitzer oder Jagdpächter) bzw. dem Jagdverwalter zu melden."

§ 35 Abs. 2 leg. cit. regelt (eigenständig) die vom Jagdschutzorgan zu erfüllenden Pflichten, ist aber keine (allgemeine) Norm über einen Wechsel bzw. eine Erweiterung im Adressatenkreis einer Norm in dem Sinne, daß die den Jagdberechtigten treffenden Pflichten (auch) das Jagdschutzorgan zu erfüllen habe. Schon der Wortlaut der Regelung des § 35 Abs. 2 leg. cit. läßt einen Schluß im

letztgenannten Sinn nicht zu ("... schädigende Einflüsse ... tunlichst zu vermeiden und ... Wildschäden ... zu melden"). Es

bedurfte daher keiner weiteren Erwägungen, inwiefern eine gegenteilige Sicht mit dem Prinzip des Schuldstrafrechtes in Einklang zu bringen wäre, weil ein positiv-rechtlicher Anhaltspunkt für ein allgemeines Recht des Jagdschutzorgans, für den Jagdausübungsberechtigten zu handeln, fehlt (vgl. dazu auch Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts6, Rz 770).

Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grund wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß noch auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Die Kostenentscheidung beruht - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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