Normen
AsylG 1968 §1;
AsylG 1997 §7;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1968 §1;
AsylG 1997 §7;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der "Jugosl. Föderation", der am 24. Mai 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist, beantragte am 25. Mai 1992 die Gewährung von Asyl. Er wurde am 27. Mai 1992 niederschriftlich einvernommen.
Dabei gab er an, er sei nie Mitglied einer politischen Partei oder Organisation gewesen und hätte auch nie politische Probleme in seinem Heimatland gehabt. Der Beschwerdeführer gehöre der albanischen Volksgruppe im Kosovo an. Als solcher sei er von der serbisch dominierten "Jugoregierung" benachteiligt worden. Man habe der albanischen Volksgruppe die Autonomie genommen. Ausschlaggebend für seine Ausreise aus dem Heimatland sei die Mobilmachung der serbisch dominierten Bundesarmee im Kosovo für den Krieg in Bosnien und Kroatien gewesen. Die Armee nehme die Leute "gleich von der Straße" ohne Einberufungsbefehl mit und verwende sie für den Kriegseinsatz in den Kampfgebieten. Jeden Tag verschwänden auf diese Weise im Kosovo einige Personen. Er habe Angst gehabt, daß es ihm auch so ergehen könnte, weil er nicht für die "Jugoarmee" kämpfen wolle. Er wolle nicht in dem sinnlosen Krieg der Serben sterben. Am 22. Mai 1992 sei er mit einem Linienflug nach Lubljana geflogen und dann am 24. Mai 1992 über Spielfeld nach Österreich eingereist.
Die Behörde erster Instanz stellte fest, daß die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention auf den Beschwerdeführer nicht zuträfen.
In der dagegen erhobenen Berufung verwies der Beschwerdeführer auf die Angaben, die er bei seiner ersten Einvernahme in Österreich gemacht habe. Die belangte Behörde erließ daraufhin den Bescheid vom 8. Februar 1994, den sie ausschließlich darauf stützte, daß beim Beschwerdeführer der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 gegeben sei. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, welcher den Bescheid mit Erkenntnis vom 14. Dezember 1994, Zl. 94/01/0639, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufhob. Die belangte Behörde hatte in Verkennung der Rechtslage bereits das Asylgesetz 1991 angewendet und sich nicht mit der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers auseinandergesetzt.
Im fortgesetzten Verfahren hielt die belangte Behörde dem Beschwerdeführer vor:
"Nunmehr hat das Parlament der Jugoslawischen Föderation am 18. Juni 1996 ein Amnestiegesetz erlassen, das am 21. Juni 1996 im Amtsblatt der Jugoslawischen Föderation Nr. 28/96 verlautbart und somit am 22. Juni 1996 in Kraft getreten ist.
'Amnestiert werden Personen, die bis zum 14.12.1995 Straftaten begangen haben, indem sie ihre Einberufung in die Armee vermieden haben (Art. 214 des Strafgesetzes der Jugoslawischen Föderation) oder aus der jugoslawischen Armee desertiert sind (Art. 217 des Strafgesetzes der Jugoslawischen Föderation).'
Die Amnestie umfaßt die Befreiung von strafrechtlicher Verfolgung, die Befreiung von der Ableistung einer Strafe und die Streichung der Verurteilung.
Soferne bisher kein strafrechtliches Verfahren eingeleitet worden ist, wird ein derartiges auch nicht mehr eingeleitet. Bereits anhängige strafrechtliche Verfahren werden eingestellt. Bereits Verurteilten wird die Strafe erlassen bzw. werden sie unverzüglich aus dem Gefängnis entlassen.
Die Amnestie wird vom zuständigen Militärgerichtshof erster Instanz von Amts wegen ausgesprochen, kann aber auch auf Antrag einer interessierten Person gefaßt werden.
Die Streichung der Verurteilung für Straftaten aus Artikel 214 und 217 des Strafgesetzes der Jugoslawischen Föderation aus der Strafevidenz ist von Amts wegen innerhalb von drei Tagen nach Inkrafttreten durchzuführen, kann aber auch auf Antrag einer interessierten Person gefaßt werden."
Der Beschwerdeführer nahm dazu mit Schriftsatz vom 31. Oktober 1996 Stellung. Darin führte er im wesentlichen aus:
"Richtig ist, daß der Asylwerber im Mai 1992 seine Heimat fluchtartig verlassen hat, um der Einberufung zur jugoslawischen Volksarmee zu entgehen.
Nunmehr ist offensichtlich nach außen hin am Balkan wiederum Frieden eingekehrt und wurde auch schließlich das Amnestiegesetz erlassen. Nach außen hin ergibt dies den Anschein, daß nunmehr Ruhe und Frieden im Gebiet des ehemaligen Jugoslawien eingetreten ist. Dem gegenüber kann ausgeführt werden, daß sich an den tatsächlichen Verhältnissen im ehemaligen Jugoslawien nichts geändert hat. Die albanische Minderheit im Kosovo wird nach wie vor von den Serben auf das Brutalste und Ärgste unterdrückt. Auch stehen sich die Volksgruppen im ehemaligen Jugoslawien feindselig gegenüber, sodaß jederzeit nach Abzug der ausländischen Truppen mit einem Krieg wiederum in Bosnien zu rechnen ist und sohin wieder sämtliche wehrfähige Männer eingezogen werden. Würde sich nunmehr der Asylwerber wiederum in seine Heimat begeben, so müßte er bzw. könnte er bei Verschärfung der Lage wiederum mit einem Einberufungsbefehl seitens der jugoslawischen Volksarmee rechnen. Leistet er aber der Einberufung nicht Folge, so würde er entsprechend nach dem in Jugoslawien geltenden Strafgesetzbuch sich wiederum strafbar machen.
Außerdem kann gesagt werden, daß sich die politischen Verhältnisse im Kosovo nicht geändert haben. All jene Personen, die wie der Asylwerber, negativ gegenüber den jugoslawischen Behörden in Erscheinung getreten sind, unterliegen bei Rückkehr in die Heimat der genauesten Beobachtung und Überprüfung durch diese Behörden und ist aufgrund der im Kosovo herrschenden politischen Verhältnisse davon auszugehen, daß auch diese Personen in jeglicher Hinsicht von den Behörden verfolgt, inhaftiert, gefoltert und sogar getötet werden.
Es ist zwar die Optik des Friedens und der Amnestie durch das Amnestiegesetz nach außen hin gewahrt bzw. wieder hergestellt, de facto hat sich aber tatsächlich im ehemaligen Jugoslawien nichts geändert, zumal auch das gleiche Regime in Belgrad die Macht ausübt."
Die belangte Behörde erließ sodann den nunmehr angefochtenen (Ersatz)Bescheid vom 8. November 1996, mit welchem sie der Berufung des Beschwerdeführers erneut keine Folge gab. Sie stützte den Bescheid auf das Asylgesetz 1968.
Sie begründete den Bescheid damit, daß die Zugehörigkeit des Asylwerbers zu einer bestimmten Volksgruppe allein nicht als Grund für seine Anerkennung als Konventionsflüchtling dienen könne. Er habe die von ihm behauptete Benachteiligung durch die serbische Regierung aufgrund seiner albanischen Volksgruppenangehörigkeit nicht näher ausführen können. Zum Vorbringen, der Beschwerdeführer habe sein Heimatland verlassen, weil er Angst vor einer Einziehung zur Armee gehabt habe und nicht in dem sinnlosen Krieg der Serben hätte sterben wollen, führte die belangte Behörde aus, daß sich aus der Erlassung des Amnestie-Gesetzes ergebe, daß der Beschwerdeführer keine Verfolgung aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu gewärtigen habe bzw. derzeit für den Fall einer etwaigen Rückkehr in seine Heimat zu befürchten habe. Die Stellungnahme vom 31. Oktober 1996 beziehe sich nahezu ausschließlich auf die allgemeine Lage im Kosovo, ohne daß hiebei ein konkreter Zusammenhang mit den früheren vom Beschwerdeführer genannten Ausreisegründen bestehe. Bei der Angabe, daß sich de facto im ehemaligen Jugoslawien nichts geändert habe, handle es sich um eine bloß unsubstantiiert gebliebene Annahme des Beschwerdeführers ohne objektiv nachvollziehbare Grundlage. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß in der Jugoslawischen Föderation in Kraft getretene Gesetze nicht auch vollzogen würden. Es sei dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen, den von der Behörde bezüglich der effektiven Geltung des Amnestie-Gesetzes angenommenen und zur Kenntnis gebrachten Sachverhalt in Zweifel zu ziehen. Zur Furcht vor einer eventuellen (neuerlichen) Einberufung zum Militärdienst sei auszuführen, daß sich die Jugoslawische Föderation derzeit nicht im Kriegszustand befinde. Die Befürchtung des Beschwerdeführers sei nicht nachvollziehbar. Überdies stelle zur Einberufung zur Militärdienstleistung keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention dar, wenn die staatlichen Maßnahmen der Durchsetzung staatsbürgerlichen Pflichten dienten, weil dann die erforderliche Verfolgungsmotivation nicht gegeben sei. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers seien keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, daß mit der Einberufung etwa eine asylrelevante Verfolgung beabsichtigt gewesen wäre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend machende Beschwerde.
Der Beschwerdeführer wiederholt in der Beschwerde im wesentlichen sein Vorbringen vom 31. Oktober 1996 und ergänzt es durch das Vorbringen, die albanische Minderheit sei "extremem psychischen Terror seitens der serbisch dominierten jugoslawischen Behörden ausgesetzt", die Minderheit werde "seit Jahren auf jede erdenkliche Weise unterdrückt".
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Zentraler Aspekt der dem § 7 AsylG 1997 zugrundeliegenden, in Art. 1 Abschnitt A Z. 2 Genfer Flüchtlingskonvention definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1995, Zl. 94/20/0858).
Die belangte Behörde ist damit im Recht, daß der Beschwerdeführer weder die Benachteiligungen, welche der albanischen Volksgruppe drohten, konkret bezeichnet noch - abgesehen von der drohenden Einberufung in den Krieg in Bosnien und Kroatien - einen Bezug auf seine individuell konkrete Situation hergestellt hat. Die Furcht des Beschwerdeführers, in den genannten Krieg einberufen zu werden, entbehrt aber schon deshalb der Grundlage, weil - wie die belangte Behörde zu Recht und unwidersprochen ausführt - der Krieg gegen Bosnien bzw. Kroatien schon vor dem Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides beendet war.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er könnte aufgrund seines Alters sogleich zur jugoslawischen Volksarmee eingezogen werden und würde sohin auch "in den besetzten Gebieten stationiert" werden sowie es sei nicht absehbar, ob nicht bereits in einem Jahr oder in einem halben Jahr abermals ein Krieg ausbreche, ist zu unsubstantiiert, um daraus Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit ersehen zu können.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 16. Dezember 1998
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