Normen
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid stellte die belangte Behörde über Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 54 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, fest, es bestünden keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, daß der Beschwerdeführer in Liberia gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sei.
Begründend führte die belangte Behörde - deren weitwendigen und sich wiederholenden Ausführungen zusammengefaßt - aus, der Beschwerdeführer, ein liberianischer Staatsangehöriger, sei am 22. Juli 1993 zu Fuß "illegal" über die "Grüne Grenze" von Slowenien kommend in das Bundesgebiet gelangt und habe einen Asylantrag gestellt. Am 24. August 1993 sei er vom Bundesasylamt niederschriftlich vernommen worden. Dabei habe er angegeben, daß es am 21. März 1991 bei seinem Haus in Greenville eine Schießerei gegeben hätte. Dies wäre der Grund gewesen, warum er zusammen mit seinem Onkel BF das Land verlassen hätte. Es wäre nicht auf ihn selbst, sondern auf bzw. in seinem Haus geschossen worden. Mit seinem Onkel wäre er am 22. März 1991 mit dem Autobus nach Abidjan geflüchtet. Diese Stadt hätte er verlassen, nachdem sein Onkel ermordet worden wäre. Aufgrund eines Zettels, den er bei seinem Onkel gefunden hätte, hätte er vermutet, daß dieser von den Mitgliedern der INPF-Partei getötet worden wäre. Auf diesem Zettel wäre gestanden, daß alle Personen, welche Samuel Doe unterstützten, dasselbe Schicksal erleiden würden. Sein Onkel wäre Militärführer in Liberia gewesen. Nach seiner Flucht aus Abidjan hätte sich der Beschwerdeführer ca. einen Monat in Tunis aufgehalten und wäre dann weiter nach Griechenland gefahren. Zu diesem Zeitpunkt wäre er noch im Besitz seines Reisepasses gewesen. In Athen hätte er das Schiff verlassen, um mit dem Zug weiter nach Belgrad zu reisen. Im Zug wären ihm sein Reisepaß und eine kleine Tasche gestohlen worden. Sein Geld hätte er in der Hosentasche versteckt gehabt, weshalb dieses nicht gestohlen worden wäre. Am 17. Juni 1992 wäre er von der Polizei in Subotica festgenommen und ca. zehn Tage im Polizeigefängnis eingesperrt worden. Danach wäre er in ein Flüchtlingslager nach Belgrad überstellt worden. Am 22. Juli 1993 wäre er jedoch aus dem Lager nach Österreich geflüchtet.
Daran anschließend - so begründete die belangte Behörde weiter - habe der Beschwerdeführer angegeben, daß er aus Liberia geflüchtet wäre, weil sein Bruder am 1. Dezember 1990 ermordet worden wäre. Dies hätte er von Einwohnern erfahren. Er wäre der Meinung, daß sein Bruder von den Mitgliedern der INPF-Partei getötet worden wäre. Er selbst wäre Mitglied der ULIMO-Partei, könne jedoch eine Bestätigung darüber nicht vorweisen. Er wäre für die Öffentlichkeitsarbeit der bis zum September 1990 legalen Partei zuständig gewesen. Im September 1990 wäre der Präsident seiner Partei ermordet worden. Seit dieser Zeit wäre die Partei illegal. Mitglieder der Partei wären in der Regierung. Die Partei wäre jedoch nicht verboten worden. Von den Mitgliedern der INPF-Partei wäre er verfolgt worden, weil er Plakate mit dem Text "Stoppt die Ermordung Unschuldiger" beschriftet hätte. Zur Zeit der Verteilung dieser Plakate hätte es in seinem Heimatland keine Schwierigkeiten gegeben und es wären nur wenige Morde erfolgt. In seinem Heimatland wäre er nicht direkt bedroht worden. Als jedoch sein Bruder ermordet worden wäre, hätte auf einem Zettel gestanden, daß alle Personen, die mit Samuel Doe sympathisierten, dasselbe Schicksal erleiden würden. Aus diesem Grund hätte er sich verfolgt gefühlt. Im Februar 1990 hätte ihm ein Mann beim Verteilen von Plakaten erklärt, daß dies die letzten Plakate wären, die er verteilt hätte, sonst wäre jedoch nichts passiert. Vom Zeitpunkt der Ermordung seines Bruders bis einschließlich 22. März 1991 hätte er zu Hause in seinem Heimatdorf gewohnt.
Das in der im Asylverfahren aufgenommenen Niederschrift enthaltene Vorbringen des Beschwerdeführers erscheine größtenteils unlogisch und auch widersprüchlich, sodaß von einer - auch nur annähernden - Glaubwürdigkeit nicht ausgegangen werden könne. Vorerst habe der Beschwerdeführer angegeben, daß er sein Heimatland aus dem Grund verlassen hätte, weil es in seinem Haus in Greenville eine Schießerei gegeben hätte. Zu einem späteren Zeitpunkt habe er jedoch angegeben, sein Heimatland verlassen zu haben, weil sein Bruder am 1. Dezember 1990 ermordet worden wäre. Aus seinen Angaben gehe jedoch hervor, daß er in der Zeit vom 1. Dezember 1990 bis 21. März 1991 noch sehr wohl in seinem Heimatdorf in Liberia aufhältig gewesen wäre. Dies im Haus seiner Eltern, wo angeblich am 21. März 1991 Schießereien stattgefunden hätten. Weiters habe er einerseits angegeben, daß er gemeinsam mit seinem Onkel geflüchtet wäre, andererseits habe er jedoch ausgesagt, daß seine Verwandten nicht aus seinem Heimatland geflüchtet wären. Für seine Behauptung, Mitglied der ULIMO-Partei zu sein, habe der Beschwerdeführer keine Bestätigungen bzw. Beweismittel vorbringen können. Diese Partei wäre illegal tätig, jedoch würden sich Mitglieder dieser Partei in der Regierung befinden und die Partei wäre auch nicht verboten worden. Eine konkrete Verfolgung des Beschwerdeführers habe dieser mit stichhaltigen Gründen nicht glaubhaft machen können, weil er laut eigenen Angaben nur ein einziges Mal von einem Mann beim Verteilen von Plakaten angesprochen worden wäre und ihm dieser erklärt hätte, daß dies die letzten Plakate wären, die er verteilt hätte. Sonst wäre jedoch nichts passiert.
Signifikant sei, daß der Beschwerdeführer auf die Frage, ob er in seinem Heimatland verfolgt wäre, lediglich angegeben habe, daß er dort keiner direkten Bedrohung ausgesetzt gewesen wäre. Die Angaben zu einer angeblichen Schießerei in seinem "Heimathaus" am 21. März 1991 habe der Beschwerdeführer nicht näher ausgeführt.
Weiters seien auch die Angaben des Beschwerdeführers über den Verlust des Reisepasses im Zug unglaubwürdig, weil ihm angeblich nur sein Reisegepäck samt Reisepaß, nicht jedoch seine Ersparnisse gestohlen worden wären.
Aus sämtlichen Angaben des Beschwerdeführers seien derart gravierende und zahlreiche Widersprüche abzuleiten, sodaß seinem Vorbringen hinsichtlich seiner Verfolgung und auch seiner Beweggründe für die Flucht aus Liberia über die Elfenbeinküste nach Tunesien und weiter nach Griechenland und Jugoslawien jegliche Glaubwürdigkeit abzusprechen sei.
Bei seiner Vernehmung durch die Fremdenpolizei habe der Beschwerdeführer angegeben, daß er während seines Aufenthaltes in Gambia am 20. Februar 1992 von vier liberianischen Staatsangehörigen, die mit Gewehren bewaffnet und vermutlich Angehörige der INPF-Partei gewesen wären, aufgesucht worden wäre. Diese Männer hätten ihm mitgeteilt, daß sie ihn nach Liberia zurückbringen und dort umbringen würden. Einer dieser Männer hätte ihn mit dem Gewehrkolben bewußtlos schlagen wollen, weil dieser aber nur sein linkes Ohr getroffen hätte, hätte er ihn in die Hand beißen und davonlaufen können.
Daß der Beschwerdeführer anläßlich seiner "Asylersteinvernahme" den Vorfall in Gambia nicht erwähnt habe, verstärke keineswegs die Glaubwürdigkeit seiner Aussage.
Die belangte Behörde teile die Auffassung der erstinstanzlichen Behörde, daß die vom Beschwerdeführer gemachten Angaben unglaubwürdig wären und nicht als stichhaltig bezeichnet werden könnten. Konkrete Hinweise darauf, daß der Beschwerdeführer in Liberia tatsächlich von der staatlichen Autorität oder doch mit deren "Bewilligung" gesucht werde und er dort Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden, sei der Beschwerdeführer schuldig geblieben. Dem Beschwerdeführer sei es nicht gelungen, mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung im Sinn des § 37 Abs. 1 und/oder 2 FrG glaubhaft zu machen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof, der diese mit Beschluß vom 25. September 1995, B 2841/95, nach Ablehnung ihrer Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren beantragt der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten unter Verzicht
auf die Erstattung einer Gegenschrift vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren gemäß § 54 Abs. 1 FrG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 25. September 1998, Zl. 95/21/0229) vom Antragsteller mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben das Bestehen einer aktuellen, also im Fall seiner Abschiebung in den im Antrag genannten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Gefährdung und/oder Bedrohung im Sinn des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen. Ebenso wie im Asylverfahren ist auch im Verfahren nach § 54 Abs. 1 FrG die konkrete Einzelsituation in ihrer Gesamtheit, gegebenenfalls vor dem Hintergrund der allgemeinen Verhältnisse, in Form einer Prognose für den gedachten Fall der Abschiebung des Antragstellers in diesen Staat zu beurteilen.
Der Beschwerdeführer bekämpft in keiner Weise die Beweiswürdigung der belangten Behörde und deren Ansicht, daß die Angaben des Beschwerdeführers unglaubwürdig seien. Er verweist lediglich darauf, daß die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht nicht entsprochen habe, zeigt jedoch nicht auf, anhand welcher Ermittlungsergebnisse die belangte Behörde zu welchen Feststellungen gelangen hätte können, die zu einem für ihn günstigen Ergebnis in der Sache geführt hätten. Die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels wird somit nicht dargetan. Die Behauptung, daß in Liberia aufgrund des Bürgerkriegs "unbeschreibliche Zustände" herrschten, vermag eine Verfolgung im genannten Staat nicht glaubhaft zu machen, weil die Tatsache eines Bürgerkriegs in dem vom Antrag erfaßten Staat für sich allein noch keinen Grund darstellt, darin eine Gefährdung und/oder Bedrohung iSd § 37 Abs. 1 und/oder 2 FrG zu erblicken (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 27. November 1998, Zl. 95/21/0344).
Zur behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit bringt der Beschwerdeführer lediglich vor, die belangte Behörde gehe fälschlicherweise davon aus, daß zu Verfolgungshandlungen oder möglichen Beeinträchtigungen im Sinn des § 37 FrG "eine staatliche Gewalt erforderlich sei bzw. daß eine solche von einer staatlichen Gewalt ausgehen muß". Demgegenüber stelle § 37 FrG auch eine Schutzmaßnahme vor Verfolgung durch Einzelpersonen in den betreffenden Zielstaaten dar.
Dem Beschwerdeführer ist insoweit zuzustimmen, als - wie oben ausgeführt - eine Verfolgung auch dann dem § 37 FrG unterstellt werden kann, wenn sie zwar nicht von der Staatsgewalt ausgeht, durch diese aber nicht abgewendet werden kann. Dieser Hinweis verhilft der Beschwerde jedoch nicht zum gewünschten Erfolg, weil auch in einem solchen Fall die Tatsache einer konkreten und individuellen Verfolgung glaubhaft gemacht werden muß.
Nach dem Gesagten ist die Ansicht der belangten Behörde, es liege kein Grund für die Annahme vor, daß der Beschwerdeführer in seinem Heimatstaat gemäß § 37 FrG verfolgt werde, nicht als rechtswidrig zu erkennen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der beantragten Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 18. Dezember 1998
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