Normen
VwGG §27;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §47;
VwGG §58 Abs2 idF 1997/I/088;
VwGG §27;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §47;
VwGG §58 Abs2 idF 1997/I/088;
Spruch:
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin brachte in ihrer am 2. Juni 1995 zur Post gegebenen Säumnisbeschwerde vor, daß sie mit der an das österreichische Generalkonsulat in Instanbul gerichteten Eingabe vom 26. Februar 1993 die Erteilung eines Sichtvermerkes (Familienzusammenführung) beantragt habe. Dieser Antrag sei in der Folge von diesem Generalkonsulat an die österreichische Botschaft in Ankara weitergeleitet worden. Der ablehnende Bescheid dieser Botschaft vom 21. April 1993 sei mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. März 1994, an die österreichische Botschaft zugestellt am 22. Mai 1994, aufgehoben worden. Da die Botschaft in Ankara nicht innerhalb von sechs Monaten über die Erteilung des Sichtvermerkes neuerlich entschieden habe, habe die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 23. November 1994 einen Devolutionsantrag an die belangte Behörde gestellt. Darüber sei bisher nicht entschieden worden. Es werde daher der Antrag gestellt, der Verwaltungsgerichtshof möge in der Sache selbst entscheiden.
Über diese Beschwerde wurde am 29. Juni 1995 das Vorverfahren eingeleitet und die belangte Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG aufgefordert, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege, und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.
Die belangte Behörde ließ diese Frist ungenützt verstreichen. In ihrer Stellungnahme vom 17. November 1995 trat sie dem Beschwerdevorbringen nicht entgegen, brachte jedoch vor, daß die Entscheidungsfrist nicht habe eingehalten werden können, weil sich die bezughabenden Verwaltungsakten beim Verfassungsgerichtshof befunden hätten.
Am 30. Jänner 1997 teilte die belangte Behörde mit, daß der Beschwerdeführerin - nicht aufgrund des gegenständlichen Sichtvermerksantrages - mittlerweile eine Aufenthaltsbewilligung für die Zeit vom 22. April 1996 bis 18. August 1997 erteilt worden sei. Der Beschwerdevertreter habe in Aussicht gestellt, die Säumnisbeschwerde zurückzuziehen. Es werde daher "bis zur Klärung des Sachverhaltes" von einer Entscheidung über den Sichtvermerksantrag Abstand genommen. Die Säumnisbeschwerde wurde in der Folge nicht zurückgezogen.
Über Anfrage gab der Beschwerdevertreter am 6. April 1998 bekannt, daß der Beschwerdeführerin eine Aufenthaltsbewilligung bis 15. Mai 1999 erteilt worden sei.
Da die Aufenthaltsbewilligung nicht aufgrund des verfahrensgegenständlichen Sichtvermerksantrages erteilt wurde, liegt keine Nachholung des versäumten Bescheides im Sinne von § 36 Abs. 2 VwGG idF BGBl. I Nr. 88/1997 vor.
Wird im Verfahren über eine Säumnisbeschwerde der vom Beschwerdeführer angestrebte Zustand nicht durch die Erlassung des versäumten Bescheides, sondern auf andere Weise hergestellt, so ist das Verfahren gemäß § 33 Abs. 1 VwGG, welche Bestimmung auch im Verfahren über Säumnisbeschwerden anzuwenden ist, einzustellen (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 319 angeführte hg. Judikatur). Da der Beschwerdeführerin das, was sie mit dem Sichtvermerksantrag erreichen wollte, nämlich die Berechtigung zum Aufenthalt in Österreich, durch die Erteilung der Aufenthaltsbewilligung gewährt wurde, war das vorliegende Verfahren gemäß § 33 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat einzustellen.
Die Bestimmung des § 56 VwGG, wonach die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz bei Klaglosstellung des Beschwerdeführers so zu beurteilen ist, wie wenn der Beschwerdeführer obsiegt hätte, kommt nur bei einer formellen Klaglosstellung zur Anwendung. Wird die Klaglosstellung hingegen dadurch bewirkt, daß dem Begehren des Beschwerdeführers auf andere Weise voll entsprochen wird, kommt § 56 VwGG nicht zu Anwendung (vgl. die bei Dolp, a.a.O., S. 715 wiedergebene hg. Judikatur). Bei einer Bescheidbeschwerde kann die formelle Klaglostellung nur durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides, im Säumnisbeschwerdeverfahren nur durch Nachholung des versäumten Bescheides bewirkt werden (Dolp a. a.O., S. 41 f, Anm. 1 zu § 33 VwGG), wobei für den Fall der Klaglosstellung im Säumnisbeschwerdeverfahren die Frage des Zuspruches von Aufwandersatz in § 55 Abs. 1 zweiter Satz VwGG gesondert geregelt ist.
Da im vorliegenden Fall keine formelle Klaglosstellung durch Nachholung des versäumten Bescheides erfolgt ist, sondern dem Begehren der Beschwerdeführerin auf andere Weise voll entsprochen wurde, ist die Frage des Aufwandersatzes nicht nach § 56 VwGG, sondern nach § 58 leg. cit. zu beurteilen.
Da die belangte Behörde unstrittig den versäumten Bescheid nicht fristgerecht erlassen hat und sie mit ihrem Vorbringen, die Verwaltungsakten hätten sich beim Verfassungsgerichtshof befunden, angesichts der Möglichkeit, die Akten zur Anfertigung einer Kopie kurzfristig anzufordern, keinen Grund aufzeigt, der sie an der rechtzeitigen Bescheiderlassung gehindert hätte, war sie gemäß § 58 Abs. 2 VwGG idF BGBl. I Nr. 88/1997 i.V.m. § 47 VwGG zum Aufwandersatz zu verpflichten. Die Entscheidung über die Höhe dieses Ersatzes gründet sich auf § 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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