Normen
EMRK Art6 Abs1;
VStG §51e Abs1;
EMRK Art6 Abs1;
VStG §51e Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde die Berufung gegen ein Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vom 24. August 1994, Zl. 3-9833-92, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) insoweit, als sie die erstinstanzlich verhängten Geldstrafen von zweimal S 30.000,-- auf zweimal S 10.000,-- (im Falle der Uneinbringlichkeit auf zweimal ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe) herabsetzte. Der Beschwerdeführer habe es als das gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der Firma M-GmbH als Arbeitgeber mit Sitz in P, S-Straße, zu verantworten, daß am 14. Juli 1992 zwei näher genannte ungarische Staatsangehörige auf einer Baustelle in Wien, Ecke Franz Hauer-Straße/Erdbergerlände, beschäftigt worden seien, obwohl hiefür keine entsprechenden Bewilligungen nach den Bestimmungen des AuslBG bestanden hätten.
Vor der belangten Behörde fand keine öffentliche mündliche Verhandlung nach § 51e Abs. 1 VStG statt. Dies wird im angefochtenen Bescheid nicht weiter begründet. Die belangte Behörde erachtete den von ihr der Bestrafung zugrundegelegten Sachverhalt "aufgrund der vorgelegten Verwaltungsstrafakte als erwiesen".
In der Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer beruft sich dabei u.a. darauf, daß er in seinem Recht auf ein gesetzmäßiges Verfahren verletzt worden sei, wobei die belangte Behörde durch die Nichtdurchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 53e VStG "einen schweren Verfahrensmangel" zu verantworten habe.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 51e Abs. 1 VStG (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung - Bescheiderlassung durch Zustellung nach dem 1. Juli 1995 - des BGBl. Nr. 620/1995) ist, wenn die Berufung nicht zurückzuweisen ist oder nicht bereits aus der Aktenlage (oder aufgrund ergänzender Erhebungungen) ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen. Zu dieser sind die Parteien und die anderen zu hörenden Personen, insbesondere Zeugen und Sachverständige zu laden. Wenn in der Berufung ausdrücklich nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird, die Berufung einen verfahrensrechtlichen Bescheid bekämpft, sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder wenn im bekämpften Bescheid eine S 3.000,-- nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, kann nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle eine Verhandlung unterbleiben, es sei denn, daß eine Partei die Durchführung einer Verhandlung ausdrücklich verlangt.
Gemäß § 51i leg. cit. ist, wenn eine Verhandlung durchgeführt wurde, bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist. Auf Aktenstücke ist nur insoweit Rücksicht zu nehmen, als sie bei der Verhandlung verlesen wurden, es sei denn, der Beschuldigte hätte darauf verzichtet.
Gemäß § 51e Abs. 3 VStG kann eine Verhandlung auch dann unterbleiben, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichtet haben.
Die Bestimmung des § 51e VStG entspricht der Anforderung des Art. 6 Abs. 1 der EMRK, daß über die Stichhältigkeit einer strafrechtlichen Anklage in einem öffentlichen Verfahren zu entscheiden ist.
Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren wurde weder in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet (auch in der Beschwerde werden wiederum verschiedene Beweiswürdigungsfragen aufgegriffen und das "rein willkürliche" Übernehmen von Feststellungen der ersten Instanz durch die belangte Behörde gerügt), noch sind die weiteren im § 51e Abs. 2 erster Satz leg. cit. genannten Voraussetzungen für das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung gegeben. Nach der Aktenlage lag auch kein Verzicht auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor. Die belangte Behörde wäre daher verpflichtet gewesen, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen, wobei die Beschwerde mit der wiederholten Bestreitung des Sachverhalts die Relevanz des Verfahrensmangels auch aufzeigt (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. März 1997, 95/09/0207, vom 9. September 1997, 96/09/0200, und vom 24. November 1997, 96/09/0028).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994.
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