Normen
ARB1/80 Art6;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20;
EMRK Art8 Abs2;
ARB1/80 Art6;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20;
EMRK Art8 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen einen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 7. Jänner 1997, mit welchem gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsbürger, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 und §§ 19 und 20 des Fremdengesetzes (FrG) ein bis zum 28. Juni 2006 befristetes Aufenthaltsverbot für das österreichische Bundesgebiet erlassen wurde. Der angefochtene Bescheid wurde im wesentlichen damit begründet, daß der Beschwerdeführer am 5. Juli 1991 vom Landesgericht Salzburg wegen des Vergehens des Raufhandels nach § 91 Abs. 1 zweiter Deliktsfall StGB zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt worden sei, weil er am 9. Dezember 1990 in Salzburg an einem Angriff von drei weiteren namentlich genannten Männern gegen vier namentlich genannte Männer teilgenommen habe, wobei dieser Angriff eine an sich schwere Körperverletzung, nämlich einen Unterkieferbruch sowie eine Gehirnerschütterung, verbunden mit Bewußtlosigkeit bei einem Angegriffenen zur Folge gehabt habe, multiple Prellungen mit Blutunterlaufungen im Bereich des Gesichts bei einem weiteren Angegriffenen, eine Prellung der Nase sowie geringfügige Prellungen bei den beiden weiteren Angegriffenen.
Am 7. April 1994 sei der Beschwerdeführer vom Landesgericht Salzburg wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und 2 StGB zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen verurteilt worden, weil er am 9. April 1993 in Salzburg seine Lebensgefährtin durch die Äußerung "Ich schwöre dir bei meinen Eltern, bevor ich in die Türkei abgeschoben werden, bringe ich dich um", mit dem Tod gefährlich bedroht habe, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen.
Am 17. November 1994 sei der Beschwerdeführer vom Landesgericht Salzburg wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt worden, weil er am 21. Februar 1994 einen namentlich genannten Mann durch das Versetzen von mehreren Faustschlägen gegen den Kopf in Form einer Nasenprellung, einer linksseitigen Jochbeinprellung sowie einer Hautabschürfung im Bereich der rechten Augenbrauenregion vorsätzlich am Körper verletzt habe.
Am 8. März 1995 sei gegen den Beschwerdeführer vom Bezirksgericht Salzburg wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB eine Geldstrafe von 70 Tagessätzen verhängt worden, weil er am 11. Dezember 1994 in einem näher genannten Lokal in Salzburg einen Mann dadurch, daß er ihm zwei Faustschläge ins Gesicht versetzt habe, in Form einer blutenden Verletzung und Nasenschmerzen am Körper verletzt habe.
Am 9. Juni 1995 sei gegen den Beschwerdeführer vom Bezirksgericht Salzburg gemäß § 83 Abs. 1 StGB eine Geldstrafe von 70 Tagessätzen verhängt worden, weil er am 9. April 1995 in Salzburg eine Frau dadurch, daß er ihr zweimal mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen habe, am Körper mißhandelt und sie dadurch in Form von Kratzern im Gesicht fahrlässig verletzt habe.
Habe der Beschwerdeführer bei der ersten Verurteilung noch seine bisherige Unbescholtenheit und eine gewisse Provokation durch ausländerfeindliche Bemerkungen seitens eines der Verletzten als mildernd ins Treffen führen können, so seien in weiterer Folge seine einschlägigen Verurteilungen als erschwerend zu werten gewesen. Als mildernd habe weiters ein offenes und reumütiges Geständnis sowie der Umstand, daß er sich durch Eifersucht zur Tat habe hinreißen lassen, gewertet werden können.
Die belangte Behörde sei an die Feststellungen des Gerichtes nicht gebunden. Ausgehend vom Grundsatz der Unbeschränktheit der Beweismittel dürften diese Ergebnisse jedoch für die Beurteilung des Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers herangezogen werden. Die Behörde komme daher zum Ergebnis, daß der Beschwerdeführer mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen - nämlich wegen Angriffe gegen die körperliche Unversehrheit anderer Menschen - rechtskräftig verurteilt worden sei. Damit sei der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt, ohne daß es dazu noch weiterer Erhebungen bedürfe. Der Hinweis des Beschwerdeführers, daß er durch seine Tätigkeit im genannten Lokal in Salzburg (als Türsteher) gegen seinen Willen manchmal in Tätlichkeiten hineingezogen würde, vermöge daran nichts zu ändern. Auf dem Boden der den Verurteilungen zugrundeliegenden Sachverhalte sei vielmehr anzunehmen, daß der Beschwerdeführer die körperliche Integrität anderer Personen nicht hoch genug achte und sich auch durch einschlägige Verurteilungen nicht von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abhalten ließe. Seinem Verhalten scheine eine gewisse Agressionstendenz zugrundezuliegen.
Aus der Aktenlage sei ersichtlich, daß der Beschwerdeführer sich seit dem Jänner 1989 im österreichischen Bundesgebiet aufhalte, wobei ihm mehrmals ein Sichtvermerk erteilt worden sei. Zuletzt sei jedoch sein am 14. Dezember 1993 gestellter Antrag auf Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz abgewiesen worden. Da der Beschwerdeführer mit seiner Lebensgefährtin ein gemeinsames Kind habe, sei von einem relevanten Eingriff in sein Privat- und Familienleben im Sinne des § 19 FrG zu sprechen. Auch unter diesem Gesichtspunkt sei die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten, da diese Maßnahme zur Wahrung der öffentlichen Ordnung, zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen durch ihn erforderlich sei.
Für die Interessenabwägung gemäß § 20 FrG sei zu berücksichtigen, daß der Beschwerdeführer am 30. Juli 1996 ergänzend zu seiner Berufung ein Kurzgutachten eines "praktischen Arztes, Psychotherapeuten" vorgelegt habe, aus dem sich im wesentlichen ergebe, daß der Nachteil der Trennung seines Sohnes vom Vater schwerer wiegen würde als die Aufrechterhaltung eines zum Teil schlechten Vatervorbildes. Die belangte Behörde vertrete dazu die Ansicht, daß die Trennung des Beschwerdeführers von seinem Sohn zweifellos einen gravierenden Eingriff in die Lebenssituation seiner Familie darstelle. Den Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf seine Lebenssituation und die seiner Familie - auch unter Bedachtnahme auf seine gewichtigen privaten und familiären Interessen - stehe jedoch der strafrechtliche Werdegang des Beschwerdeführers gegenüber. Seine Angriffe hätten sich wiederholt gegen die körperliche Integrität anderer Menschen und damit gegen eines der am höchsten geschützten Rechtsgüter gerichtet. Schon aus diesem Grunde könne von einem sehr hohen öffentlichen Interesse an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gesprochen werden. Daß sich die Angriffe des Beschwerdeführers zum Teil gegen seine Lebensgefährtin gerichtet hätten, verringere das Ausmaß seiner Integration erheblich.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 18 Abs. 1 FrG ist gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt 1. die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder
2. anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG u.a. insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist. Gemäß § 19 FrG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, welches in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingreift, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist. Gemäß § 20 Abs. 1 FrG darf ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden, wenn seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen: 1. die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen; 2. die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, jene Straftaten begangen zu haben, aus denen die belangte Behörde den Schluß gezogen hat, daß er die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Sinne des § 18 Abs. 1 FrG gefährde. Er versucht aber, die von ihm begangenen Straftaten gegen die körperliche Integrität von anderen Personen einerseits damit zu relativieren, daß er durch ausländerfeindliche Bemerkungen, durch die Drohung, durch seine Abschiebung von seinem Sohn getrennt zu werden, sowie durch die gezielte Erregung seiner Eifersucht durch seine Lebensgefährtin hiezu provoziert worden sei; jenes Lokal, in welchem er als Kellner arbeite, sei dadurch bekannt, daß dort öfters Raufereien stattfänden, das Körperverletzungsdelikt am 11. Dezember 1994 habe der Beschwerdeführer somit in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit als Kellner begangen.
Mit solchen Ausführungen wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides im Grunde des § 18 Abs. 1 FrG nicht aufgezeigt. Der Beschwerdeführer neigt offensichtlich - dies gesteht er auch in der Beschwerde geradezu ein - dazu, sich durch Provokation zu Delikten gegen die körperliche Integrität anderer hinreißen zu lassen. Dies wird durch seine mehrmalige Verurteilung wegen derartiger Straftaten auch dokumentiert. Die belangte Behörde konnte daher zu Recht davon ausgehen, daß im Falle des Beschwerdeführers die Voraussetzungen sowohl des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG als auch jene des § 18 Abs. 1 FrG erfüllt waren.
Der Beschwerdeführer, der seit dem Jahre 1989 in Österreich lebt, hält das gegen ihn erlassene Aufenthaltsverbot auch im Grunde der §§ 19 und 20 FrG für rechtswidrig. Durch die Vorlage eines "Kurzgutachtens" eines "praktischen Arztes, Psychotherapeuten" hat der Beschwerdeführer schon im Verwaltungsverfahren darzulegen versucht, daß die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes angesichts der intensiven Bindungen zwischen ihm und seinem bei seiner österreichischen Lebensgefährtin lebenden Sohn nicht zulässig sei. Die Trennung von seinem Sohn würde für diesen zu einer "Katastrophe" führen, sie würde eine Gefährdung des Kindeswohles darstellen. Allerdings wird im genannten "Kurzgutachten" eingeräumt, daß das Verhältnis des Beschwerdeführers mit der Mutter seines Kindes ein "konfliktgeladenes" sei. Zwar habe der Vater, wenn er provoziert werde, die Neigung zu agressiven Handlungen. Der Beschwerdeführer würde sich jedoch nie zu einer Gewalttätigkeit gegenüber seinem fünfjährigen Sohn hinreißen lassen.
Der Beschwerdeführer verweist weiters auf die Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in den Rechtssachen Beldjoudi, Moustaquim, Nasri sowie Berrehab.
Mit diesen Ausführungen kann der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen. Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides 31 Jahre alt und hatte sich etwa seit sieben Jahren im Bundesgebiet aufgehalten. Er hat eine beträchtliche Anzahl von stets gegen die körperliche Integrität von anderen Personen gerichteten Straftaten begangen, daraus durfte die belangte Behörde zu Recht die Prognose stellen, daß sich der Beschwerdeführer auch in Hinkunft derartig verhalten werde. Auch die belangte Behörde ist von einer intensiven Beziehung des Beschwerdeführers zu seinem nunmehr fünf-jährigen Sohn und ebenso von einer intensiven Beziehung seines Sohnes zum Beschwerdeführer ausgegangen. Der Beschwerdeführer behauptet aber gar nicht, mit der Mutter seines Kindes sowie mit diesem in einem gemeinsamen Haushalt zu leben, nach der Aktenlage lebt der Sohn des Beschwerdeführers bei seiner Mutter, diese ist für ihn auch offensichtlich obsorgeberechtigt. Die belangte Behörde hat bei diesem Sachverhalt daher nicht rechtswidrig gehandelt, wenn sie das gegen den Beschwerdeführer erlassene Aufenthaltsverbot im Sinne des § 19 FrG als zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dringend geboten erachtete und auch dessen Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie nicht als schwerer wiegend wertete als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes.
Die vom Beschwerdeführer genannten Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte betrafen durchwegs Fremde, die im Gebiet des betroffenen Mitgliedsstaates der MRK aufgewachsen waren; dies ist beim Beschwerdeführer bezüglich Österreich aber nicht der Fall.
Soweit der Beschwerdeführer das Aufenthaltsverbot im Grunde des § 20 Abs. 2 FrG für rechtswidrig hält, ist er darauf hinzuweisen, daß diese Bestimmung schon aufgrund seines bisher bloß siebenjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet auf ihn nicht anwendbar ist.
Soweit der Beschwerdeführer meint, bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes seien rechtswidrig Anwartschaftsrechte nach Art. 6 Abs. 3 dritter Gedankenstrich des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80 nicht in die Entscheidung miteinbezogen worden, ist zu bemerken, daß bloße "Anwartschaftsrechte" durch den genannten Beschluß nicht geschützt werden.
Die geltend gemachten Verfahrensmängel (Unterlassung der Beischaffung von Strafakten; behauptete Unterlassung der Würdigung des genannten "Kurzgutachtens") sind nicht relevant.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
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