VwGH 97/13/0134

VwGH97/13/013417.9.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Anträge des F in W, vertreten durch Dr. Christian Hauser, Rechtsanwalt in Wien IX, Prechtlgasse 9, ihm gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerden gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VI) jeweils vom 13. Dezember 1996, 1) Zl. GZ. 16-96/3179/01, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 1990 bis 1992 und Gewerbesteuer 1990 (97/13/0134), 2) Zl. GZ. 16-96/3396/01, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer 1987 bis 1989 (97/13/0135), und

3) Zl. GZ. 16-96/3396/01, betreffend Wiederaufnahme der Verfahren über Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer 1987 bis 1989 (97/13/0136), den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

Den Anträgen wird gemäß § 46 Abs. 1 VwGG stattgegeben.

Begründung

Mit Beschluß vom 28. Mai 1997, 97/13/0016, 0017, 0018, hat der Verwaltungsgerichtshof die am 27. Jänner 1997 zur Post gegebenen Beschwerden des Antragstellers gegen die oben genannten Bescheide der belangten Behörde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückgewiesen, weil nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde hervorgekommen war, daß die mit 13. Dezember 1996 datierten Bescheide entgegen dem Vorbringen in den Beschwerdeschriften tatsächlich schon am Tag ihrer Datierung, nämlich am 13. Dezember 1996, zugestellt worden waren.

In den fristgerecht nach Zustellung des genannten Beschlusses erstatteten Wiedereinsetzungsanträgen wird unter Vorlage von Bescheinigungsmitteln folgendes Vorbringen erstattet:

Der Rechtsvertreter des Antragstellers habe von dessen steuerlichem Vertreter mit den anzufechtenden Bescheiden Rückscheinkuverts übermittelt erhalten, welche den Posteingangsstempel des steuerlichen Vertreters vom 16. Dezember 1996 getragen hätten. Angesichts des Datums der erlassenen Bescheide vom 13. Dezember 1996 (einem Freitag), sei das solcherart dem Rechtsvertreter des Antragstellers bekanntgegebene Zustelldatum 16. Dezember 1996 (ein Montag) unauffällig gewesen und der Fristberechnung somit zugrundegelegt worden. Über die Besonderheit der Zustellung der am 13. Dezember 1996 erlassenen Bescheide noch an diesem Tage sei folgendes ermittelt worden:

Die Vorsitzende des Berufungssenates der belangten Behörde, Frau Hofrätin W., welche auch als Sachbearbeiterin für die drei angefochtenen Berufungsbescheide verantwortlich zeichne, habe diese Bescheide noch am 13. Dezember 1996 abfertigen lassen und habe mit den Bescheidausfertigungen gegen 14 Uhr desselben Tages die Kanzlei des steuerlichen Vertreters des Antragstellers aufgesucht. Diese Kanzlei, welche an Freitagen nur bis 13 Uhr geöffnet habe, sei zum Zeitpunkt ihres Aufsuchens durch die Vorsitzende des Berufungssenates nicht mehr besetzt gewesen; durch einen Zufall habe sich ein Lehrling des Steuerberaters, die 16-jährige Daniela F., die zur Postannahme nicht bevollmächtigt sei, jedoch noch in den Büroräumlichkeiten aufgehalten. Dieser Lehrling habe auf Ersuchen der Hofrätin die Rückscheine unterfertigt und die Kuverts ungeöffnet in das Postfach gelegt, in dem üblicherweise die Eingangspost verwahrt werde. Am Montag, dem 16. Dezember 1996, sei die Tagespost ebenfalls in diesem Postfach abgelegt und erst dann von der für die Post- und Fristenbearbeitung einzig zuständigen Mitarbeiterin der Steuerberatungskanzlei bearbeitet worden. Mangels Durchdruck des Datums auf den Rückscheinen sei dabei nicht aufgefallen, daß es sich bei den Kuverts mit den anzufechtenden Berufungsentscheidungen um Eingangspost vom 13. Dezember 1996 gehandelt habe. Derlei sei in der fast 20-jährigen Zeit des Bestehens der Steuerberatungskanzlei noch nie vorgekommen.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Der vom Antragsteller vorgetragene und durch Bescheinigungsmittel glaubhaft gemachte Sachverhalt stellt ein für die Partei und ihre Vertreter unvorhergesehenes Ereignis dar, mit dem ein Irrtum über den Beginn des Laufes der Beschwerdefrist hervorgerufen wurde, der zur Versäumung dieser Frist geführt hat. Das Vorliegen eines den Vertretern des Antragstellers und damit diesem zuzurechnenden Verschuldens an der Fristversäumung ist bei der dargetanen Sachverhaltskonstellation nicht zu erkennen.

Den Anträgen war somit stattzugeben.

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