Normen
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §24 Abs1;
VwGG §29;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §46 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §24 Abs1;
VwGG §29;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §46 Abs1;
Spruch:
Der Antrag wird gemäß § 46 Abs. 1 VwGG abgewiesen.
Begründung
Mit hg. Beschluß vom 11. Dezember 1996, 96/13/0075, hat der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren über die Beschwerde des Antragstellers gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 2. April 1996, Zl. GA 10 - 290/1/96, betreffend Finanzvergehen der fahrlässigen Abgabenverkürzung, im Grunde des § 34 Abs. 2 VwGG gemäß § 33 Abs. 1 VwGG wegen nur teilweiser Erfüllung des mit Verfügung vom 13. August 1996 erteilten Mängelbeseitigungsauftrages eingestellt. Der vom bestellten Rechtsanwalt des Antragstellers vorgelegte Ergänzungsschriftsatz war nämlich entgegen dem Inhalt der Verfügung vom 13. August 1996 nur in zweifacher, anstatt in dreifacher Ausfertigung überreicht und auch die zurückgestellte Beschwerdeschrift erneut nur in zweifacher Ausfertigung ohne die ausdrücklich aufgetragene dritte Ausfertigung wieder vorgelegt worden.
Mit dem vorliegenden Antrag wird die Bewilligung der Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur vollständigen Behebung der Mängel der zu 96/13/0075 protokollierten Beschwerde unter gleichzeitiger Nachholung der versäumten Prozeßhandlungen fristgerecht mit folgendem Vorbringen begehrt:
Die mit der Verfügung vom 13. August 1996 im eingestellten Beschwerdeverfahren gesetzte Frist sei im Hinblick auf die Schwierigkeit der Materie extrem kurz gewesen. Der Verfahrenshelfer, welchem das komplexe Aktenmaterial unbekannt gewesen sei, habe unter großen Schwierigkeiten die erforderlichen Unterlagen und die tatsächlichen und rechtlichen Informationen beschaffen müssen. Hiefür seien nicht nur die Einholung einer Information seitens des der deutschen Sprache nur eingeschränkt mächtigen Antragstellers, sondern auch die Kontaktaufnahme mit dessen außerhalb Wiens wohnhaften, zu dieser Zeit aber bei einem Seminar abwesenden Steuerberater notwendig gewesen sowie eingehende Recherchen über die den Beschwerdegrund bildende Rechtsfrage. Im Hinblick auf die Komplexheit und Schwierigkeit der Materie habe sich der Verfahrenshelfer des Antragstellers zur Verfassung eines neuen Schriftsatzes gemäß Art. 11 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes unter Wiedervorlage der zugestellten Beschwerde entschlossen. Auf Grund des großen Druckes, der auf dem Verfahrenshelfer in diesem Zusammenhang gelastet habe, habe er es übersehen, daß dieser Schriftsatz dreifach einzubringen sei, und habe er die Beschwerde "wie normalerweise" zweifach in der Überzeugung eingebracht, daß dieser Schriftsatz - unter Wiedervorlage der zurückgestellten Beschwerde - diese gemäß Art. 11 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes ersetze. Dieses Versehen des bestellten Verfahrenshelfers sei auch dadurch eingetreten, daß der Hinweis auf die Möglichkeit, einen ergänzenden Schriftsatz in dreifacher Ausfertigung vorzulegen, erst auf einem zweiten Blatt des Mängelbehebungsauftrages vom 13. August 1996 aufgeschienen sei, obwohl auf der ersten Seite desselben noch ein großer freier Raum offengeblieben sei, wodurch der Eindruck entstanden sei, daß der Verbesserungsauftrag vom 13. August 1996 mit der Einräumung der dreiwöchigen Frist geendet habe. Der Verfahrenshelfer des Antragstellers sei damit versehentlich der Auffassung gewesen, daß die fristgerechte Einbringung eines die Qualität einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde aufweisenden Schriftsatzes in zweifacher Ausfertigung dem erteilten Auftrag entspreche. Daß der Verfahrenshelfer des Antragstellers bei der Wahrnehmung seiner Tätigkeit im höchsten Maße genau vorgegangen sei, ergebe sich aus dem Inhalt des von ihm eingebrachten Schriftsatzes, wobei er sogar noch eine (wenn auch nicht handschriftlich unterfertigte) weitere (sohin dritte) Ausfertigung (Rubrik) angeschlossen habe. Das Unterlassen einer Beibringung einer zusätzlichen dritten unterfertigten Ausfertigung stelle ein einmaliges und geringgradiges Versehen im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG des sonst im höchsten Maße genauen Verfahrenshelfers des Antragstellers dar. Der Antragsteller habe durch die weitgehende Erfüllung des Auftrages des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls gezeigt, daß er seine Beschwerde nicht zurückziehe, sondern vielmehr aufrechterhalte. Das einmalige (und auch unter Mitberücksichtigung des Erscheinungsbildes des Mängelbehebungsauftrages) geringgradige Vesehen des Verfahrenshelfers des Antragstellers stelle für diesen ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis dar, welches ihn ohne sein Verschulden daran gehindert habe, sämtliche Mängel auftragsgemäß und fristgerecht zu beheben.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gibt ein einem Rechtsanwalt widerfahrenes Ereignis einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei nur dann ab, wenn dieses Ereignis für den Rechtsanwalt selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich hiebei nur um einen minderen Grad des Versehens handelt (vgl. für viele etwa die hg. Beschlüsse vom 23. März 1994, 94/13/0006, 0052, und vom 11. Dezember 1996, 96/13/0173, 0174).
Das dargestellte Antragsvorbringen erlaubt es dem Gerichtshof nicht, das in dem darin beschriebenen Vorgehen des im Rahmen der Verfahrenshilfe bestellten Rechtsanwaltes des Antragstellers zuzurechnende Verschulden an der Versäumung der Mängelbeseitigungsfrist noch als ein Versehen minderen Grades anzusehen. Der bestellte Rechtsanwalt hatte den vom Gerichtshof erteilten Mängelbehebungsauftrag vom 13. August 1996 in zweifacher Hinsicht mißachtet. Entgegen den ausdrücklichen Inhalten dieses Mängelbeseitigungsauftrages wurde nicht bloß der Ergänzungsschriftsatz in nur zweifacher Ausfertigung überreicht, sondern unterblieb auch die Vorlage einer weiteren Ausfertigung der ursprünglichen Beschwerde für den Bundesminister für Finanzen. Die Berufung auf die Bestimmung des Art. 11 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes entlastet den Rechtsanwalt des Antragstellers nicht. Abgesehen davon, daß diese Bestimmung nur die Gestalt eines zu erteilenden Mängelbehebungsauftrages regelt, welcher der ergangene Mängelbehebungsauftrag ohnehin entsprochen hatte, hatte der Rechtsanwalt des Antragstellers auch im Fall der Verbesserung der Mängel auf dem Wege der Erstattung eines neuen Schriftsatzes die Bestimmung des § 29 VwGG zu beachten. Die Kenntnis des Inhaltes dieser Vorschrift und jener des § 24 Abs. 1 VwGG war ihm als Rechtsanwalt zuzusinnen; er war auf diese Vorschriften im Mängelbehebungsauftrag - und dies auf der ersten Seite der ihm zugegangenen Ausfertigung - zudem noch ausdrücklich aufmerksam gemacht worden. Die Lektüre eines aus zwei Seiten bestehenden Mängelbeseitigungsauftrages nach der ersten Seite zu beenden, wäre im übrigen eine Vorgangsweise, die auch dann nicht mehr als Versehen bloß minderen Grades beurteilt werden könnte, wenn auf der ersten Seite der Ausfertigung dieses Mängelbeseitigungsauftrages noch freier Platz verblieben war.
Für die im § 34 Abs. 2 VwGG ermöglichte Behebung von Mängeln einer Beschwerde sieht das Gesetz ausdrücklich die Anberaumung einer kurzen Frist vor. Daß die dem im Rahmen der Verfahrenshilfe bestellten Rechtsanwalt gemäß § 34 Abs. 2 VwGG gesetzte Frist von drei Wochen nach der im Wiedereinsetzungsantrag dargestellten Lage des Falles den bestellten Rechtsanwalt in erhebliche Bedrängnis für sein Bemühen bringen konnte, sich die Informationen zu verschaffen, welche er zur Erfüllung des Mängelbehebungsauftrages auch im Umfang der fehlenden Angaben nach § 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG benötigte, ist gewiß zuzugestehen. Der Antragsteller übersieht mit diesem seinem Vorbringen allerdings zum einen die durch § 33 Abs. 4 AVG i.V.m. § 62 Abs. 1 VwGG nicht ausgeschlossene Möglichkeit einer Antragstellung auf Fristverlängerung und zum anderen den Umstand, daß der Druck, unter dem der bestellte Rechtsanwalt zur Beschaffung der erforderlichen Informationen gestanden hatte, mit dem durch die Abfassung des Ergänzungsschriftsatzes dokumentierten Einlangen dieser Informationen weggefallen sein mußte. War der Rechtsanwalt nach mühseliger Beschaffung der Informationen in die Lage versetzt, dem Mängelbehebungsauftrag in seinen inhaltlichen Anforderungen an das zu erstattende Vorbringen zu entsprechen, dann kann der vorangegangene Zeitdruck keinen tauglichen Entlastungsgrund mehr für jene Versäumnisse darstellen, welche dem Rechtsanwalt in der Folge zur Frage der Anzahl der Ausfertigungen des erstatteten Ergänzungsschriftsatzes und der Ausfertigungen der ursprünglichen Beschwerde unterliefen.
Läßt sich aus der Vorschrift des zweiten Satzes der Bestimmung des § 46 Abs. 1 VwGG auch deutlich das gesetzgeberische Anliegen entnehmen, den Rechtsschutz nicht aus formellen Gründen im Ergebnis von Ereignissen scheitern zu lassen, die nach statistischer Wahrscheinlichkeit menschlichen Fehlerkalküls im Drange der Geschäfte auch einem berufsmäßigen Parteienvertreter unterlaufen können und verstehbar sind, so setzen doch die dem bestellten Rechtsanwalt in der Beachtung der formellen Inhalte des Mängelbehebungsauftrages vom 13. August 1996 unterlaufenen Versäumnisse den Verwaltungsgerichtshof nach den in seiner Judikatur zu den an die anwaltliche Sorgfaltspflicht zu stellenden Anforderungen (vgl. neben dem bereits zitierten hg. Beschluß vom 23. März 1994, 94/13/0006, 0052, etwa auch den eine ähnliche Fallkonstellation behandelnden hg. Beschluß vom 15. März 1995, 94/13/0205, sowie die hg. Beschlüsse vom 22. Mai 1996, 96/14/0029, 0054, und vom 31. Juli 1996, 96/13/0092) im vorliegenden Fall außerstande, die Fristversäumung mit einem Verschulden des Parteienvertretes belastet zu sehen, welches einen minderen Grad des Versehens nicht überstiege. Die dem Verwaltungsgerichtshof in der Bestimmung des § 46 Abs. 1 VwGG eröffnete Möglichkeit stößt an ihre Grenze nämlich dort, wo nicht mehr ein nachvollziehbares und verstehbares Mißgeschick behauptet, sondern ein Sachverhalt geltend gemacht wird, dessen Anerkennung als Wiedereinsetzungsgrund auf das Ergebnis einer materiellen Bedeutungslosigkeit gesetzlicher Fristen und gerichtlicher Aufträge und der Obliegenheit zu ihrer Wahrung hinausliefe (vgl. hiezu den bereits zitierten hg. Beschluß vom 11. Dezember 1996, 96/13/0173, 0174).
Es mußte dem Wiedereinsetzungsantrag ein Erfolg daher versagt bleiben.
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