VwGH 97/08/0016

VwGH97/08/001611.2.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der G GesmbH in P, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 9. Dezember 1996, Zl. SV(SanR)-907/1-1996-Ru/Ma, betreffend Beitragsnachverrechnung (mitbeteiligte Partei:

Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, 4010 Linz, Gruberstraße 77), zu Recht erkannt:

Normen

ARG 1984 §9;
ASVG §49;
ARG 1984 §9;
ASVG §49;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der vorliegenden Beschwerde und der ihr beigeschlossenen Ablichtung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat der Beschwerdeführerin als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG mit Bescheid vom 16. Jänner 1996 allgemeine Beiträge in der Höhe von S 6.938,70 zur Zahlung vorgeschrieben und einen Beitragszuschlag in der Höhe von S 1.100,-- verhängt. Der gegen diesen Bescheid erhobene Einspruch wurde mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid abgewiesen.

Nach der Begründung dieses Bescheides handelt es sich bei der vorgenommenen Beitragsnachverrechnung, soweit diese überhaupt strittig ist, um Beiträge für das den Arbeitnehmern gemäß § 9 Arbeitsruhegesetz gebührende Feiertagsentgelt. Nach Hinweisen auf die genannte Gesetzesvorschrift begründet die belangte Behörde ihren Bescheid damit, daß nach herrschender Lehre und Rechtsprechung Provisionen zum Entgelt zählten und somit bei der Ermittlung von Urlaubs-, Feiertags- und Krankenentgelt in voller Höhe zu berücksichtigen seien. Das Feiertagsentgelt sei nach dem Ausfallsprinzip zu berechnen. Es sei völlig klar, daß der Arbeitnehmer am Feiertag Umsätze getätigt und folglich Provisionen erworben hätte, wenn der betroffene Feiertag ein Arbeitstag gewesen wäre. Er hätte also Provisionen erworben, die zunächst nach dem Ausfallsprinzip in das Feiertagsentgelt einzurechnen seien. Wenn nun das Feiertagsentgelt nicht nach dem Ausfallsprinzip ermittelt werden könne, wie dies bei Verkaufsprovisionen regelmäßig der Fall sei, müsse es hilfsweise nach dem Durchschnittsprinzip berechnet werden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 5. März 1991, Zl. 88/08/0239 (= Slg. Nr. 13.397/A)) komme es nur darauf an, daß in einem bestimmten Zeitraum vor Beginn der Ausfallzeit (Feiertag) regelmäßig solche Leistungen angefallen seien, wobei als Beobachtungszeitraum grundsätzlich ein Zeitraum von dreizehn Wochen heranzuziehen sei. Wie anläßlich der Beitragsprüfung festgestellt worden sei, habe der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin jene Provisionen, die er bei Urlaub und Krankenstand eines Vertreters selbst erwirtschaftet habe, den Vertretern zukommen lassen und in das Urlaubs- und Krankenentgelt des im Urlaub oder Krankenstand befindlichen Vertreters eingerechnet. Auch daraus sei zu ersehen, daß die Beschwerdeführerin die Vertreter für die Zeit des Urlaubes (Krankenstandes) letztlich so gestellt habe, als ob sie in dieser Zeit gearbeitet hätten. Zum Einwand, die bei der Beitragsprüfung angewendete Rechenmethode führe zur Verprovisionierung fiktiver Umsätze bzw. zur Doppelverprovisionierung treffe daher nicht zu.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende - der Sache nach ausschließlich Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende - Beschwerde. Darin führt die Beschwerdeführerin - sinngemäß und zusammengefaßt - aus, daß - ungeachtet des Auftretens von Feiertagen - die Gebietsvertreter eine Provision erhielten, die bedeutend höher sei als der kollektivvertragliche Anspruch. Es sei vereinbart, daß mit dieser Provision alle Ansprüche, auch der 13. und 14. Bezug abgedeckt seien. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin hätte im Zuge der Beitragsprüfung ein Teil der laufenden Bezüge als Sonderzahlung abgerechnet gehört, statt wie bisher nur als Fixum. Dies hätte zu einer Reduktion der Beiträge führen müssen. Es stehe nicht im Widerspruch zu gegebenen Rechtsnormen, Sonderzahlungen monatlich laufend zur Auszahlung zu bringen, wie dies im Falle des Beschwerdeführers zutreffe.

Im konkreten Falle verlagere sich der Bedarf von Kunden an Feiertagen entweder auf den nachfolgenden Arbeitstag und der Umsatz werde nachgeholt und daher an diesem Tag verprovisioniert, möglicherweise gehe aber auch die Bestellung zum Beispiel per Fax am Feiertag ein und der Gebietsvertreter erhalte daher auch von Bestellungen an diesem Tag sein ihm gebührendes Entgelt. Keinesfalls entgehe ihm durch seine nach dem Arbeitsruhegesetz erzwungene Untätigkeit ein Entgelt. Die Auffassung der belangten Behörde könne dazu führen, daß im konkreten Fall die Provision nicht nur höher werden könne als der Umsatz, sondern Doppelverprovisionierungen stattfänden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 44 Abs. 1 erster Satz ASVG ist Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) für Pflichtversicherte, sofern im folgenden nichts anderes bestimmt wird, der im Beitragszeitraum gebührende auf volle Schilling gerundete Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2. Als Arbeitsverdienst in diesem Sinne gilt nach § 44 Abs. 1 Z. 1 ASVG bei den pflichtversicherten Dienstnehmern und Lehrlingen das Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1, 3, 4 und 6. Gemäß § 49 Abs. 1 (eine Anwendung der Abs. 3, 4 und 6 steht im Beschwerdefall nicht in Rede) sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus aufgrund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

Für die Bemessung der Beiträge ist demnach nicht lediglich das tatsächlich gezahlte Entgelt (Geld- und Sachbezüge) maßgebend, sondern, wenn es das tatsächlich bezahlte Entgelt übersteigt, jenes Entgelt, auf dessen Bezahlung bei Fälligkeit des Beitrages ein Rechtsanspruch bestand. Ob aber ein Anspruch auf einen Geld- oder Sachbezug besteht, ist nach zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Grundsätzen zu beurteilen (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 3. Juli 1990, Zl. 88/08/0138, mit weiteren Judikaturhinweisen, vor allem auf das ausführlich begründete Erkenntnis vom 26. Jänner 1984, Zl. 81/08/0211).

Was zunächst den Beschwerdeeinwand anlangt, da mit der Provision auch die Sonderzahlungen abgegolten seien, müsse ein Teil der laufenden Bezüge "als Sonderzahlung abgerechnet" werden (woraus sich die Beschwerdeführerin offenbar eine Reduktion der Beiträge erwartet), ist zu entgegnen, daß gemäß § 49 Abs. 2 ASVG Sonderzahlungen nur jene Bezüge im Sinne des Abs. 1 sind, die in größeren Zeiträumen als den Beitragszeiträumen gewährt werden, wie zum Beispiel ein 13. oder 14. Monatsbezug, Weihnachts- oder Urlaubsgeld, Gewinnanteile oder Bilanzgeld. Wurden daher die Sonderzahlungen - wie im vorliegenden Fall behauptet - nicht in größeren Zeiträumen gewährt, sondern durch ein höheres laufendes Entgelt abgegolten, so sind dafür nicht Sonderbeiträge im Sinne des § 54 Abs. 1 ASVG, sondern allgemeine Beiträge im Sinne des § 51 ASVG zu entrichten.

Die übrigen Einwände der Beschwerdeführerin laufen letztlich darauf hinaus, daß bei Provisionsvertretern in Wahrheit durch den Arbeitsausfall an einem Feiertag kein Entgeltausfall eintritt, da die diesbezüglichen Umsätze nachgeholt und dementsprechend jedenfalls verprovisioniert werden.

Der bei der Prüfung im Beschwerdefall strittige, mit "Entgelt für Feiertage und Ersatzruhe" überschriebene § 9 ARG lautet:

"(1) Der Arbeitnehmer behält für die infolge eines Feiertages oder der Ersatzruhe (§ 6) ausgefallene Arbeit seinen Anspruch auf Entgelt.

(2) Dem Arbeitnehmer gebührt jenes Entgelt, das er erhalten hätte, wenn die Arbeit nicht aus den in Abs. 1 genannten Gründen ausgefallen wäre.

(3) Bei Akkord-, Stück- oder Gedinglöhnen, akkordähnlichen oder sonstigen leistungsbezogenen Prämien oder Entgelten ist das fortzuzahlende Entgelt nach dem Durchschnitt der letzten dreizehn voll gearbeiteten Wochen unter Ausscheidung nur ausnahmsweise geleisteter Arbeiten zu berechnen. Hat der Arbeitnehmer nach Antritt des Arbeitsverhältnisses noch keine dreizehn Wochen voll gearbeitet, so ist das Entgelt nach dem Durchschnitt der seit Antritt des Arbeitsverhältnisses voll gearbeiteten Zeiten zu berechnen.

(4) ...

(5) ..."

Bei Provisionsansprüchen, wie den hier in Rede stehenden, handelt es sich um nicht nach Zeitabschnitten ausbezahlte, leistungsbezogene Entgelte im Sinne des § 9 Abs. 3 ARG. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 5. März 1991, Slg. Nr. 13.397/A, mit einer gleichgelagerten Rechtslage in bezug auf Überstundenentgelte befaßt und die in einem früheren Erkenntnis vom 23. Februar 1984, Zl. 82/08/0248, bei der Berechnung des Anspruches auf Urlaubsentgelt nach § 6 Urlaubsgesetz gewonnenen Grundsätze auch auf § 9 des Arbeitsruhegesetzes übertragen. Mit zahlreichen Hinweisen und in Übereinstimmung mit der Lehre und Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis ausgeführt, daß in jenen Fällen, in denen nicht zweifelsfrei feststeht, welche Arbeiten erbracht und welches Entgelt hiefür gebührt hätte, sich das Schrifttum und die Judikatur von einer Beweisregel des Inhaltes leiten lasse, es seien solche Arbeitsleistungen dann zu berücksichtigen, wenn sie in einem bestimmten Zeitraum vor Beginn der Ausfallszeit in einer Weise geleistet worden seien, aus der sich ein regelmäßiger Charakter erkennen lasse. Stehe zwar dem Grunde nach fest, daß solche Arbeitsleistungen in der Ausfallszeit zu erbringen gewesen wären, unterliege aber das hiefür gebührende Entgelt Schwankungen, so sei, sofern keine andere bindende Regelung (insbesondere durch Kollektivvertrag) bestehe, wiederum in Anlehnung an die Regelung für Leistungslöhne ein aus dem genannten Beobachtungszeitraum bezogener Durchschnittswert zu bilden. Der Gesetzgeber gebe zu erkennen, daß er spekulativen Einzelfallberechnungen ablehnend gegenüberstehe, und zwar - wie § 9 ARG zeige - trotz des Umstandes, daß Feiertage von vornherein feststünden und in der Regel nicht länger als einen Tag dauerten. Auf die nähere Begründung dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

Gerade den zuletzt genannten Gesichtspunkt übersieht die Beschwerdeführerin in ihrer Argumentation: Gerade weil die einzelfallbezogene Prüfung, ob eine durch den Feiertag entfallene Arbeitsleistung auch zum Entfall von Provisionen führt oder durch Bestellungen an anderen Tagen ausgeglichen wird, rein spekulativ wäre, soll es gemäß § 9 Abs. 3 ARG in solchen Fällen eben nicht auf das Ausfallsprinzip ankommen (von dem die Beschwerdeführerin ausgeht), sondern auf das Durchschnittsprinzip. Es ist daher für einen Feiertag das auf einen Tag entfallende durchschnittliche Entgelt der letzten dreizehn voll gearbeiteten Wochen zu ermitteln, wie dies die belangte Behörde der Begründung des angefochtenen Bescheides nach getan hat. Dieses Entgelt gebührt dem Arbeitnehmer gemäß § 9 Abs. 2 und 3 ARG. Dieser Rechtsanspruch des Arbeitnehmers führt - gleichgültig, ob er von der Beschwerdeführerin erfüllt wurde oder nicht - zur Beitragspflicht gemäß § 49 Abs. 1 iVm § 51 ASVG, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat.

Da somit bereits die vorliegende Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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