VwGH 97/07/0061

VwGH97/07/006111.9.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Rose, über die Beschwerde

1. des Franz Reiter und 2. der Irmgard Reiter, beide in Rangersdorf, beide vertreten durch Dr. Heinz Walther, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Alter Platz 23/I, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 27. Februar 1997, Zl. 411.331/05-I4/96, betreffend Abweisung eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §38;
AVG §73 Abs2;
VwGG §27;
WRG 1959 §109;
WRG 1959 §111 Abs1;
WRG 1959 §17;
AVG §38;
AVG §73 Abs2;
VwGG §27;
WRG 1959 §109;
WRG 1959 §111 Abs1;
WRG 1959 §17;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 13. Dezember 1993 beantragten die Beschwerdeführer beim Landeshauptmann von Kärnten (LH) die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb eines Kleinwasserkraftwerkes am Zleinitzbach.

Da der LH nicht über diesen Antrag entschied, stellten die Beschwerdeführer am 30. Juni 1994 bei der belangten Behörde einen Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht und erhoben, da auch die belangte Behörde untätig blieb, in der Folge Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Das Säumnisbeschwerdeverfahren wurde, nach dem die belangte Behörde mit Bescheid vom 27. Februar 1997 die ausständige Entscheidung nachgeholt hatte, mit hg. Beschluß vom 8. April 1997 eingestellt.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 27. Februar 1997 wurde der Antrag der Beschwerdeführer auf Übergang der Entscheidungspflicht gemäß § 73 Abs. 2 AVG abgewiesen.

In der Begründung heißt es, nach § 73 Abs. 2 WRG (richtig: AVG) sei die Säumnisbeschwerde (richtig: der Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht) abzuweisen, wenn die Säumnis nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Erstinstanz zurückzuführen sei. Im Gegenstand hätten sowohl die Kärntner Elektrizitäts-AG als auch die Gemeinde Rangersdorf beim LH Anträge auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für den Betrieb von Kraftwerken am Zleinitzbach eingebracht, die im Widerstreit zum Projekt der Beschwerdeführer stünden.

Nach § 109 Abs. 2 WRG 1959 sei über mehrere Anträge um wasserrechtliche Bewilligung ein Widerstreitverfahren einzuleiten, wenn diese sich widerstreitenden Anträge vor Abschluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz eingebracht worden seien. Dies sei im Gegenstand der Fall, da eine mündliche Verhandlung über den Antrag der Beschwerdeführer bisher nicht stattgefunden habe. Da sohin eine Entscheidung über den Widerstreit noch nicht erfolgt sei, könne ein Verschulden der Erstinstanz an der Säumnis nicht gegeben sein.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 73 Abs. 1 AVG ist die Behörde verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.

Wird der Bescheid der Partei nicht innerhalb dieser Frist zugestellt, so geht nach § 73 Abs. 2 leg. cit. auf ihren schriftlichen Antrag die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über. Ein solcher Antrag ist unmittelbar bei der Oberbehörde einzubringen. Der Antrag ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Liegen widerstreitende (§ 17), auf entsprechende Entwürfe (§ 103) gestützte Bewerbungen um wasserrechtliche Bewilligung vor und gebührt keiner offenkundig der Vorzug, so ist nach § 109 Abs. 1 WRG 1959 das Verfahren nach Durchführung der Amtshandlung im Sinne der §§ 104 und 106 vorerst auf die Frage des Vorzuges zu beschränken.

Nach § 109 Abs. 2 leg. cit. sind Ansuchen, die einer bereits in Behandlung gezogenen Bewerbung widerstreiten (Abs. 1), nur dann zu berücksichtigen, wenn sie noch vor Abschluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz - wenn jedoch das Verfahren gemäß Abs. 1 zunächst auf die Frage des Vorzuges beschränkt war, noch vor Abschluß der mündlichen Verhandlung hierüber - bei der Wasserrechtsbehörde geltend gemacht werden.

Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides liegen rechtzeitig eingebrachte, mit dem Antrag der Beschwerdeführer in Widerstreit stehende Anträge anderer Bewerber um eine wasserrechtliche Bewilligung vor. Dies wird auch von den Beschwerdeführern nicht bestritten. Durch diese Anträge wurde kraft Gesetzes ein Widerstreitverfahren ausgelöst, in das auch die Bewerbung der Beschwerdeführer einbezogen ist. Das Widerstreitverfahren ist ein eigenes, vom Bewilligungsverfahren getrenntes Verfahren, welches mit Bescheid abzuschließen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 1962, Slg. N.F. 5.831/A). Jedes vorzeitige Eintreten in das Bewilligungsverfahren wäre unzulässig (vgl. Grabmayr-Rossmann, Das Österreichische Wasserrecht2, 518, Anm. 6). Die Entscheidung darüber, welchem Vorhaben der Vorzug gebührt, ist demnach eine Vorfrage für das Bewilligungsverfahren (vgl. Mayer, Wasserkraftwerke im Verwaltungsrecht 20).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine schuldhafte Verzögerung der Entscheidungspflicht der Behörde dann nicht vor, wenn die säumige Behörde gemäß § 38 AVG berechtigt war, das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage auszusetzen und die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Behörde bildet, und zwar auch in dem Fall, als über die Vorfrage dieselbe Behörde, jedoch in einem anderen Verfahren, zu entscheiden hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 1969, Slg. N.F. 7632/A). Dies gilt auch dann, wenn die Behörde keinen Aussetzungsbescheid nach § 38 AVG erläßt, sondern das Verfahren bloß tatsächlich aussetzt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. September 1983, 83/11/0087).

Im Beschwerdefall war der LH nicht nur berechtigt, sondern nach § 109 WRG 1959 verpflichtet, auf Grund des Vorliegens widerstreitender Bewerbungen das Bewilligungsverfahren betreffend den Antrag der Beschwerdeführer auszusetzen bis zur Entscheidung, welchem Vorhaben der Vorzug gebührt. Bevor diese Entscheidung vorlag, durfte das Bewilligungsverfahren nicht weitergeführt werden. Der LH konnte daher auch in bezug auf das Bewilligungsverfahren bis zum Vorliegen der Entscheidung über den Vorzug nicht säumig werden. Die belangte Behörde hat daher zu Recht den auf Übergang der Entscheidungspflicht bezüglich ihres Bewilligungsantrages gerichteten Antrag der Beschwerdeführer abgewiesen.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte