VwGH 97/06/0215

VwGH97/06/021520.11.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schrefler-König, über die Beschwerde des A in P, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 22. August 1997, Zl. 03-12.10 L 107-97/1, betreffend baupolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde St. Lorenzen i.M., vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauG Stmk 1995 §33 Abs6;
BauG Stmk 1995 §41 Abs1 Z2;
BauG Stmk 1995 §41 Abs3;
BauRallg;
VVG §10 Abs2 Z1;
BauG Stmk 1995 §33 Abs6;
BauG Stmk 1995 §41 Abs1 Z2;
BauG Stmk 1995 §41 Abs3;
BauRallg;
VVG §10 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 5. Mai 1994 wurde dem Beschwerdeführer die Baubewilligung für die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses mit Garage erteilt. Nach Durchführung einer örtlichen Begehung wurde dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 21. Mai 1997 die Baueinstellung sowie die Beseitigung der im Widerspruch zum rechtskräftigen Baubewilligungsbescheid vorgenommenen Anschüttungen und Geländeveränderungen sowie der südseitigen Einfriedungs- bzw. Stützmauer auf dem Grundstück Nr. 1339/52, KG R, aufgetragen.

Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 24. Juni 1997 abgewiesen.

Die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung ist nach Anführung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen im wesentlichen damit begründet, daß die Baubehörde hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. Baugesetz einen Beseitigungsauftrag zu erlassen habe. Dieser Auftrag sei ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung oder einer Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 leg. cit. zu erteilen. Vorschriftswidrig sei jede bauliche Anlage, für die sowohl im Zeitpunkt ihrer Errichtung als auch im Zeitpunkt der Auftragserteilung eine baubehördliche Bewilligung bzw. Genehmigung der Baufreistellung erforderlich gewesen sei bzw. erforderlich sei, eine solche aber nicht vorliege. Darunter fielen somit die vorschriftswidrigen (unbefugten) Bauten, für die keine Baubewilligung oder Genehmigung der Baufreistellung gegeben sei, aber auch jede bauliche Anlage, die nicht hätte errichtet werden dürfen, weil sie gegen gesetzliche Bestimmungen verstoße, und vorschriftswidrige Abweichungen (sog. Konsenswidrigkeiten bzw. konsenslose Planabweichungen) von einer erteilten Baubewilligung oder Genehmigung einer Baufreistellung. Im erstinstanzlichen Bescheid sei die Baueinstellung verfügt und andererseits die Herbeiführung des mit Baubewilligungsbescheid vom 5. Mai 1994 genehmigten Bauzustandes aufgetragen worden. Ob die Abweichungen vom bewilligten Zustand (nachträglich) bewilligungsfähig seien, sei im Baubewilligungsverfahren (ein solches sei bislang noch nicht anhängig), nicht aber in einem baupolizeilichen Verfahren zu prüfen. Gemäß § 20 Z. 3 lit. c Stmk. Baugesetz seien Einfriedungen gegen Nachbargrundstücke oder öffentliche Verkehrsflächen sowie Stützmauern, jeweils bis zu einer Höhe von 1,5 m, anzeigepflichtig. Des weiteren unterliege gemäß § 20 Z. 4 Stmk. Baugesetz auch die Veränderung der natürlichen Höhenlage einer nach dem Flächenwidmungsplan im Bauland gelegenen Grundfläche der Anzeigepflicht. Dies bedeute, daß diese bauliche Maßnahme vor ihrer Ausführung der Baufreistellung durch die Baubehörde bedurfte. Da im Baubewilligungsbescheid vom 5. Mai 1994 eine Stützmauer überhaupt nicht und die Vornahme von Schüttungen in anderer als der tatsächlich ausgeführten Weise bewilligt worden sei, sei der baupolizeiliche Auftrag zu Recht ergangen. Rechte des Beschwerdeführers seien somit durch den bekämpften Berufungsbescheid nicht verletzt.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 41 Abs. 1 Stmk. Baugesetz, LGBl. Nr. 59/1995 (Stmk. BauG), hat die Behörde die Baueinstellung zu verfügen, wenn Vorhaben gegen Bestimmungen dieses Gesetzes verstoßen, insbesondere wenn

  1. 1. bewilligungspflichtige Vorhaben ohne Bewilligung,
  2. 2. anzeigepflichtige Vorhaben ohne Genehmigung im Sinne des § 33 Abs. 6

    ausgeführt werden.

Gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG hat die Behörde hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Der Auftrag ist ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung oder einer Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 zu erteilen.

Vom Beschwerdeführer ist unbestritten, daß die angeführte Stützmauer ohne Bewilligung und die tatsächlich vorgenommene Aufschüttung abweichend von der in der angeführten Baubewilligung genehmigten Aufschüttung vorgenommen wurde. Wie sich aus § 41 Abs. 3 Stmk. Baugesetz letzter Satz ausdrücklich ergibt, ist der im ersten Satz vorgesehene Beseitigungsauftrag ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung oder einer Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 zu erteilen. Selbst wenn es - wie der Beschwerdeführer in der Beschwerde ausführt - zutreffen sollte, daß er im Mai 1997 bei der mitbeteiligten Gemeinde ein Bauansuchen betreffend die verfahrensgegenständliche Stützmauer und Aufschüttung gestellt hat (das als Beilage übermittelte Bauansuchen betreffend die bereits errichtete Stützmauer ist allerdings mit 8. September 1997 datiert und bei der mitbeteiligten Gemeinde am 10. September 1997 eingelangt), macht dies einen baupolizeilichen Auftrag gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG nicht rechtswidrig. Gemäß § 41 Abs. 1 Z. 2 dürfen anzeigepflichtige Vorhaben nicht ohne Genehmigung im Sinne des § 33 Abs. 6 Stmk. BauG (sog. Baufreistellung) ausgeführt werden. Eine vorschriftswidrige bauliche Anlage im Sinne des § 41 Abs. 3 Stmk. BauG liegt daher immer solange vor, bis eine rechtskräftige Baubewilligung oder das Bauvorhaben gemäß § 33 Abs. 6 Stmk. BauG als genehmigt gilt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 25. Oktober 1977, Zl. 2139/77, und vom 24. Jänner 1991, Zl. 88/06/0067) ist während der Anhängigkeit eines Ansuchens um Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung ein Abtragungsauftrag nicht zu vollstrecken. Dies muß ebenso während der Anhängigkeit des mit Stmk. BauG eingeführten Anzeigeverfahrens bis zur Baufreistellung gemäß § 33 Abs. 6 Stmk. BauG gelten.

Aus dem allfälligen Umstand, daß die Baubehörden in bezug auf andere Bauführungen auf anderen Grundstücken, die nicht bewilligt oder angezeigt wurden, keine Maßnahmen gemäß § 41 Stmk. BauG gesetzt haben, kann der Beschwerdeführer für die Frage der Rechtmäßigkeit der gegen ihn ergangenen Aufträge der Baueinstellung bzw. der Beseitigung nichts gewinnen.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Es erübrigte sich daher eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Stichworte