VwGH 97/06/0080

VwGH97/06/008024.4.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde 1. des F und 2. der H, beide in O, beide vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 7. Februar 1997, Zl. 03-12.10 O 19-97/8, betreffend Kanalanschlußverpflichtung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde O, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
KanalG Stmk 1988 §4 Abs1;
KanalG Stmk 1988 §4 Abs5;
WRG 1959 §32;
AVG §56;
KanalG Stmk 1988 §4 Abs1;
KanalG Stmk 1988 §4 Abs5;
WRG 1959 §32;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und des dieser angeschlossenen angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom 12. Juni 1996 wurden die Beschwerdeführer als Grundeigentümer des Grundstückes Nr. 376, KG G, mit den darauf errichteten Objekten verpflichtet, die Schmutzwässer über die Kanalanlage der mitbeteiligten Partei abzuleiten. Weiters wurde angeordnet, daß die Beschwerdeführer binnen einer Frist von drei Monaten nach Rechtskraft des Bescheides einen Bauentwurf über die Errichtung der Hauskanalanlage und deren Anschluß an den Schacht Nr. B 1 zur Genehmigung einzubringen und binnen drei Monaten nach Rechtskraft der Genehmigung des Bauentwurfes die Hauskanalanlage zu errichten und an die öffentliche Kanalanlage der mitbeteiligten Partei anzuschließen hätten.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung und führten aus, daß die Errichtung einer Pflanzenkläranlage beabsichtigt sei.

Mit Eingabe vom 27. November 1996 beantragten die Beschwerdeführer die amtswegige Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides vom 12. Juni 1996 gemäß § 68 Abs. 2 AVG sowie die Aussetzung des Verfahrens bis zum Inkrafttreten des neuen Steiermärkischen Abwasser(wirtschafts)gesetzes.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Partei vom 2. Jänner 1997 wurde die Berufung der Beschwerdeführer gegen den erstinstanzlichen Kanalanschlußbescheid als unbegründet abgewiesen sowie die Anträge auf Aussetzung des Verfahrens sowie auf amtswegige Aufhebung des Bescheides als unzulässig zurückgewiesen.

Die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Die Entscheidung wird nach Anführung des § 4 Abs. 5

Stmk. Kanalgesetz im wesentlichen damit begründet, daß gemäß dieser Bestimmung der Nachweis über die tatsächlich schon vorhandene schadlose Schmutzwasserentsorgung zum Zeitpunkt der Entscheidung der Gemeindebehörde über die beantragte Ausnahmebewilligung vorliegen müsse und dieser Nachweis vom Ausnahmewerber zu erbringen sei (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1993, Zl. 93/06/0248). Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfüllten erst geplante und in der Zukunft zu errichtende Abwasserbeseitigungsanlagen diese Voraussetzung nicht, sodaß für die Beschwerdeführer aus ihrer Ankündigung, die Entsorgung der Abwässer über eine Pflanzenkläranlage zu planen, hinsichtlich der Frage des Vorliegens eines Ausnahmetatbestandes gemäß § 4 Abs. 5 Stmk Kanalgesetz nichts zu gewinnen sei. In diesem Zusammenhang sei es auch nicht wesentlich, ob die Errichtung einer Pflanzenkläranlage im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren betreffend die Kanalanlage der mitbeteiligten Partei berücksichtigt worden sei oder nicht. Die Berücksichtigung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren der Kanalanlage der Gemeinde könne eine wasserrechtliche Bewilligung der Pflanzenkläranlage selbst nicht ersetzen. Von den Beschwerdeführern sei nie behauptet worden, daß die Pflanzenkläranlage tatsächlich bereits errichtet worden sei. Im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren sei als Hauptfrage die Übereinstimmung des Kanalprojektes der mitbeteiligten Partei mit den wasserrechtlichen Bestimmungen geprüft worden. Gegenstand dieses Verfahrens sei nicht die Genehmigung der Pflanzenkläranlage der Beschwerdeführer. Die Entsorgung der Abwässer in eine Jauchengrube sowie über eine Dreikammerfaulgrube mit anschließender Versickerung auf eigenem Grund könne nicht als adäquate Abwasserentsorgung im Sinne des § 4 Abs. 5 Stmk Kanalgesetz angesehen werden. Darüber hinaus führten die Beschwerdeführer selbst aus, daß für die zukünftige ordnungsgemäße, umweltverträgliche Abwasserentsorgung eine dem Stand der Technik entsprechende projektierte Pflanzenkläranlage in Eigenbauweise sorgen solle, für die bereits ein genehmigungsfähiger Antrag bei der zuständigen Wasserrechtsbehörde aufliege. Fragen der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Errichtung und des Betriebes einer Kanalanlage stellten keine maßgeblichen Kriterien für das Bestehen der Anschlußverpflichtung dar. Die Anträge auf Aussetzung des Verfahrens und auf amtswegige Aufhebung des Bescheides gemäß § 68 Abs. 2 AVG seien zu Recht als unzulässig zurückgewiesen worden. Das Aussetzen des vorliegenden Verfahrens bis zum Inkrafttreten eines neuen Steiermärkischen Abwassergesetzes rechtfertige jedenfalls keine Vorgangsweise gemäß § 38 AVG. § 68 Abs. 2 AVG könne wiederum nur bei bereits rechtskräftig abgeschlossenem Verfahren angewendet werden. Da zum Zeitpunkt der Einbringung des Antrages das Verfahren betreffend die Anschlußverpflichtung noch anhängig gewesen sei, sei der diesbezügliche Antrag als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Darüber hinaus bestehe kein Rechtsanspruch auf Aussetzung des Verfahrens oder auf Aufhebung eines Bescheides gemäß § 68 Abs. 2 AVG.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 Stmk. Kanalgesetz, LGBl. Nr. 79/1988, sind die Eigentümer von bebauten Grundstücken in Gemeinden, in denen öffentliche Kanalanlagen betrieben oder errichtet werden, verpflichtet, die Schmutz- und Regenwässer ihrer bestehenden oder künftig zu errichtenden Bauwerke auf eigene Kosten über die öffentliche Kanalanlage abzuleiten, sofern die kürzeste Entfernung eines Bauwerkes von dem für den Anschluß in Betracht kommenden Kanalstrang nicht mehr als 100 m beträgt. Gemäß § 4 Abs. 5 Stmk. Kanalgesetz sind Ausnahmen von der Verpflichtung nach Abs. 1 von der Baubehörde für Bauten vorübergehenden Bestandes, für untergeordnete Nebengebäude und Bauteile sowie für Bauten mit einer nach den Erfahrungen der technischen Wissenschaften, den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene entsprechenden Schmutzwasserentsorgung zu erteilen, wenn dadurch eine schadlose Entsorgung der Abwässer nach § 1 Abs. 1 gewährleistet ist und eine Schädigung öffentlicher Interessen sowie ein Nachteil für die Nachbarschaft nicht entsteht. Der Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen für die Ausnahme von der Verpflichtung nach Abs. 1 obliegt dem Ausnahmewerber. Die Ausnahmen sind mit Beschränkung auf eine bestimmte Zeitdauer oder gegen Widerruf zu erteilen.

Die Beschwerdeführer machen geltend, daß sie mit Antrag vom 20. Mai 1996 bei der Bezirkshauptmannschaft J um die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung einer Pflanzenkläranlage ersucht hätten. Weiters hätten sie mit Schreiben vom Februar 1995 die Zustimmung der Gemeinde zum Bau einer Pflanzenkläranlage beantragt. Dieser Antrag sei bis zum heutigen Tage unerledigt. Die belangte Behörde stelle zu Unrecht auf den Nachweis einer tatsächlich schon vorhandenen schadlosen Schmutzwasserentsorgung zum Zeitpunkt der Entscheidung der Gemeindebehörde über die Ausnahmebewilligung ab. Voraussetzung gemäß § 4 Abs. 5 Stmk. Kanalgesetz sei die schadlose Entsorgung der Abwässer und die Schonung der öffentlichen Interessen sowie jene Dritter. Der Nachweis einer schadlosen Entsorgung von Abwässern und die Interessenwahrung könne selbstverständlich auch anhand von Gutachten über die Wirkungsweise und Auswirkungen von Technologien geführt werden. Nach Auffassung der Behörde scheine die Möglichkeit der Verwirklichung einer solchen Anlage anstelle des Kanalanschlusses allerdings für immer verwirkt, weil seit der Anschlußpflicht die Fertigstellung jedenfalls zu spät käme.

Gemäß der hg. Judikatur (vgl. u.a. das hg.Erkenntnis vom 16. Dezember 1993, Zl. 92/06/0208) muß der Nachweis für die tatsächlich schon vorhandene schadlose Schmutzwasserentsorgung im Sinne des § 4 Abs. 5 Stmk. Kanalgesetz schon zum Zeitpunkt der Entscheidung der Gemeindebehörde über die beantragte Ausnahmebewilligung vorliegen. Demnach erfüllen erst geplante und in der Zukunft zu errichtende Kläranlagen diese Voraussetzung nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1993, Zl. 92/06/0248), sodaß für die Beschwerdeführer aus dem von ihnen erwähnten Antrag vom Mai 1996 betreffend die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung einer Pflanzenkläranlage nichts zu gewinnen ist. Die belangte Behörde hat somit zu Recht das Nichtvorliegen dieser Voraussetzung im vorliegenden Fall festgestellt.

Das hg. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Februar 1994, Zl. 93/07/0131, steht mit dieser Auffassung der belangten Behörde nicht im Widerspruch. Auch für die Beschwerdeführer gilt, daß nach einer allfälligen wasserrechtlichen Bewilligung der beantragten Pflanzenkläranlage der eine Ausnahmegenehmigung abweisende Bescheid einem neuerlichen Antrag um Ausnahmebewilligung nicht entgegensteht und einem solchen Antrag die Gemeindekanalanlage nicht entgegengehalten werden darf. Auch ein vollzogener Anschluß steht der Gewährung einer Ausnahme vom Anschluß bei Vorliegen einer entsprechenden Abwasserentsorgungsanlage nicht entgegen. Mit der Gewährung der Ausnahme wird die Anschlußverpflichtung aufgehoben, was technisch in bezug auf den bestehenden Anschlußkanal durch dessen Außerbetriebsetzen umgesetzt werden muß.

Weiters hat der Umstand, daß die wasserrechtliche Bewilligung der Kanalanlage der Gemeinde Grundstücke nicht betrifft, keine normative Wirkung für die Kanalanschlußpflicht bzw. eine allfällige Ausnahme davon.

Was die Ausführungen der Beschwerde zur Zurückweisung des Antrages auf Aussetzung des Verfahrens betrifft, genügt es darauf hinzuweisen, daß den Parteien eines Verfahrens kein Recht auf Aussetzung gemäß § 38 AVG zusteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1996, Zl. 96/06/0254). Es war daher auf die weiteren Ausführungen dazu (insbesondere das von den Beschwerdeführern relevierte Argument der Wirtschaftlichkeit der Gemeindekanalanlage) nicht näher einzugehen.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von den Beschwerdeführern geltend gemachten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Es erübrigte sich daher eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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