Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. Juni 1994 wurde dem Beschwerdeführer "gemäß § 17 Abs. 1 und 3 NÖ Kanalgesetz 1977, LGBl. 8230 in der geltenden Fassung, und § 56 der NÖ Bauordnung 1976, LGBl. 8200 in der geltenden Fassung" für sein Grundstück Melkerstraße 49 in der KG Kirchberg an der Pielach "der Anschluß an den in der Melkerstraße neu gelegten Mischwasserkanal aufgetragen".
In der dagegen erhobenen Berufung wies der Beschwerdeführer darauf hin, daß der Anschluß an den öffentlichen Mischwasserkanal technisch sehr schwierig und aufwendig sei, der Anschlußstrang unter dem bestehenden Mühlbachbett geführt werden müßte und sein Wohnhaus im untersten Niveau unter dem öffentlichen Kanal liege. Auf seinem Grundstück befinde sich eine sehr aufwendige moderne Dreikammer-Kläranlage.
In dem von der Berufungsbehörde eingeholten Sachverständigengutachten des Dipl.Ing. Wolfgang Radlegger vom 23. August 1994 wurde der Anschluß als technisch möglich angesehen. Weiters wird in diesem Gutachten ausgeführt:
"Die Unterquerung des Mühlbaches erfolgt in geringer Tiefe (46 cm unter Sohle) und es könnte die linke Ufermauer anstandslos unterminiert werden. Ansonsten sind keine besonderen technischen Probleme vorhanden.
Das Wohnhaus liegt - entgegen der Befürchtung von Herrn Fink - mit dem EG nicht unter dem Kanalniveau sondern nur etwa 30 cm unter dem Niveau der B 39. Das bestehende Kellergeschoß ist derzeit nicht kanalmäßig entwässert und kann auch künftig nicht an den öffentlichen Kanal mit freiem Gefälle angeschlossen werden."
Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 30. Juli 1996 wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung wurde die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Eine Befreiung von der Anschlußverpflichtung wegen wirtschaftlicher Unzumutbarkeit sehen das NÖ Kanalgesetz und die NÖ Bauordnung 1976 nicht vor. Dem schlüssigen und widerspruchsfreien Gutachten des Sachverständigen sei zu entnehmen, daß ein Kanalanschluß "anstandslos ohne besondere technische Vorkehrungen möglich wäre". Der Beschwerdeführer sei diesem Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Beim Ortsaugenschein am 18. August 1994 sei festgestellt worden, daß die einzige Ausnahmebestimmung für den Beschwerdeführer, nämlich das Erfordernis eines Pumpvorganges, nicht vorliege.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem Recht, nicht an den derzeit bestehenden Kanal anschließen zu müssen, verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die mitbeteiligte Gemeinde erstattete ebenfalls eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 56 Abs. 1 der im Beschwerdefall anzuwendenden NÖ Bauordnung 1976 in der Fassung LGBl. 8200-6 ist für jedes Gebäude Vorsorge zur Beseitigung der Abwässer (Niederschlags- und Schmutzwässer) zu treffen.
Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle sind in Gemeinden mit öffentlichen Kanälen zur Beseitigung der Abwässer die Abwässer unter Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften durch flüssigkeitsdichte, entsprechend bemessene und in frostfreier Tiefe verlegte Rohrleitungen in diese Kanäle abzuleiten, wenn jeweils
1. die Anschlußleitung (§ 17 Abs. 2 des NÖ Kanalgesetzes 1977, LGBl. 8230-2) nicht länger als 50 m und
2. die Ableitung in den öffentlichen Kanal ohne Pumpvorgang möglich ist.
Nach § 17 Abs. 1 des NÖ Kanalgesetzes 1977 haben die Eigentümer von Liegenschaften oder Bauwerken oder Bauwerber, die zum Anschluß an die öffentliche Kanalanlage verpflichtet sind, Gebäude gemäß § 3 Abs. 2 erster Satz mit der öffentlichen Kanalanlage in Verbindung zu bringen. Der Hauskanal mitsamt dem Anschluß an die Anschlußleitung (Abs. 2) ist auf Kosten des Liegenschaftseigentümers (Bauwerbers) nach den näheren Bestimmungen der NÖ Bauordnung und den Anordnungen in der baubehördlichen Bewilligung und innerhalb der in derselben vorgeschriebenen Frist herzustellen. Die Liegenschaftseigentümer der im Zeitpunkt des Eintrittes der Anschlußverpflichtung bereits bestehenden Gebäude sind verpflichtet, die Aborte und sonstigen Abwasseranlagen einschließlich der Regenwasserableitungen auf ihre Kosten nötigenfalls derart umzubauen, daß ein Anschluß an die Hausentwässerungsanlage (Hauskanal) möglich ist. Bei Neubauten ist im vorhinein auf die Anschlußmöglichkeit Bedacht zu nehmen.
Der Beschwerdeführer erblickt eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, daß die belangte Behörde eine Anschlußverpflichtung nach § 56 der NÖ Bauordnung 1976 trotz des Umstandes angenommen hat, daß ein Anschluß des Kellergeschosses des auf der beschwerdegegenständlichen Liegenschaft errichteten Gebäudes wegen des tiefen Niveaus nur über eine Pumpe an das öffentliche Kanalnetz möglich wäre. Die Anschlußverpflichtung hinsichtlich der gesamten Liegenschaft, welche naturgemäß auch das Kellergeschoß umfasse, entspreche sohin nicht den im § 56 der NÖ Bauordnung 1976 normierten Voraussetzungen. Eine Teilbarkeit des Anschlußzwanges sei nicht möglich.
Mit diesem Vorbringen befindet sich der Beschwerdeführer im Recht.
Schon in seinem Erkenntnis vom 11. Dezember 1990, Zl. 87/05/0078, zur hier insoweit vergleichbaren Rechtslage der NÖ Bauordnung 1976, LGBl. 8200-1, hat der Verwaltungsgerichtshof darauf hingewiesen, daß für eine Möglichkeit des Anschlusses lediglich einzelner Geschosse ausschließlich die - nur für die Berechnung der Kanaleinmündungsabgabe gedachte - Vorschrift des § 3 Abs. 2 des NÖ Kanalgesetzes 1977 spricht. In der Folge wird hiezu weiters ausgeführt:
"Nach § 56 Abs. 1 BO ist für jedes GEBÄUDE Vorsorge für die Beseitigung der Abwässer zu treffen. Auch § 17 des Kanalgesetzes normiert Pflichten von Eigentümern der Liegenschaft hinsichtlich ihrer Gebäude, ohne daß sich aus dem Gesetz ein Anhaltspunkt für eine Teilung des Auftrages zum Anschluß ableiten läßt. Nach § 56 Abs. 4 der NÖ Bauordnung (nunmehr § 56 Abs. 2) besteht weiters eine Anschlußverpflichtung nur dann, wenn die Ableitung in den öffentlichen Kanal ohne besondere technische Vorrichtungen möglich ist. Unter diesen Voraussetzungen ist aber für die anschließenden Gebäude im Hinblick auf die Lage des Straßenkanals ein Anschluß nicht möglich, sodaß eine dennoch ausgesprochene Anschlußverpflichtung dem Sinn der Regelung zuwiderläuft, ja ein solcher Auftrag dem Sinn und Zweck des Gesetzes widersprechen würde."
Diesem Erkenntnis lag, wie dem gegenständlichen Beschwerdefall, der Sachverhalt zugrunde, daß die Entsorgung der Abwässer der Liegenschaft unter Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften in das öffentliche Kanalnetz nur bezüglich des Erd- und Obergeschosses, nicht jedoch hinsichtlich des Kellergeschosses des auf der Liegenschaft befindlichen Gebäudes ohne Pump- oder Hebewerk ordnungsgemäß möglich gewesen wäre. Aus dem der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverständigengutachten ergibt sich - auch von der belangten Behörde festgestellt -, daß die Abwässer aus dem Kellergeschoß des hier zu beurteilenden Gebäudes nicht ohne Pumpvorgang in den öffentlichen Kanal abgeleitet werden könnten. Schon der Spruch im Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. Juni 1994, welcher vom Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde in dem auf § 66 Abs. 4 AVG gestützten, die Berufung des Beschwerdeführers abweisenden Berufungsbescheid vom 30. Juli 1996 übernommen worden ist, in welchem die Anschlußverpflichtung bezüglich des gesamten Grundstückes Melkerstraße 49 der KG Kirchberg an der Pielach angeordnet wurde, widerspricht somit der Rechtslage, weil - abgesehen von dem Umstand, daß eine Teilung der Anschlußverpflichtung bezüglich mehrerer Geschosse eines Gebäudes gesetzlich nicht vorgesehen ist - im Hinblick auf die Lage des Straßenkanals im vorliegenden Fall die für das gesamte Gebäude ausgesprochene Anschlußverpflichtung dem § 56 Abs. 2 Z. 2 der NÖ Bauordnung 1976 widerspricht. Es kommt auch nicht darauf an, ob in dem Geschoß, für welches die Ableitung der Abwässer in den öffentlichen Kanal ohne Pumpvorgang nicht möglich ist, tatsächlich solche Abwässer anfallen. Der Keller des von der Anschlußverpflichtung betroffenen Gebäudes besteht neben einem Heiz- und Tankraum aus zwei Kellerräumlichkeiten in der Größe von mehr als 51 m2 und 35 m2. Schon allein aufgrund der in den vorliegenden Verwaltungsakten ersichtlichen Ausgestaltung dieser Räumlichkeiten (zwei als "Keller" ausgewiesene, mit Estrich versehene Räumlichkeiten, ein Tank- und ein Heizraum) und der damit verbundenen Nutzungsmöglichkeit derselben kann dort ein Anfall von Abwässern nicht ausgeschlossen werden. Im Hinblick auf die im Gesetz nicht vorgesehene Möglichkeit der Teilung der Anschlußverpflichtung auf verschiedene Geschosse des Gebäudes reicht daher die Möglichkeit des Abwasseranfalles in Räumlichkeiten - ungeachtet ihrer zulässigen und tatsächlichen Nutzung und losgelöst von vorhandenen Abwasserentsorgungseinrichtungen - aus, um diese bei Beurteilung der Frage, ob eine Anschlußverpflichtung nach § 56 NÖ Bauordnung 1976 besteht, miteinbeziehen zu müssen.
Schon aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.
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