Normen
ArbIG 1993 idF 1995/871 §9 Abs1;
ArbIG 1993 idF 1995/871 §9 Abs3;
ASchG 1994 §130 Abs1;
BArbSchV 1994 §87 Abs2;
VStG §22 Abs1;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
ArbIG 1993 idF 1995/871 §9 Abs1;
ArbIG 1993 idF 1995/871 §9 Abs3;
ASchG 1994 §130 Abs1;
BArbSchV 1994 §87 Abs2;
VStG §22 Abs1;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird im Ausspruch über die verhängte Strafe sowie die Verpflichtung des Beschwerdeführers zum Ersatz von Kosten des (erstinstanzlichen) Strafverfahrens wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im übrigen - sohin in Ansehung des Schuldspruches - wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.010,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 1. Oktober 1996 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen Berufener der P. GesmbH mit dem Sitz in Wien zu verantworten, daß diese Gesellschaft am 22. November 1995 an einer örtlich umschriebenen Baustelle (in Kärnten) in Ansehung von acht (namentlich angeführten) Arbeitnehmern (unter näher angeführten Umständen) gegen § 87 Abs. 2 der Bauarbeiterschutzverordnung verstoßen habe. "Wegen dieser Verwaltungsübertretung" wurden über den Beschwerdeführer acht Geldstrafen zu je S 5.000,-- und acht Ersatzfreiheitsstrafen von je drei Tagen verhängt.
Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit der Maßgabe keine Folge, daß anstelle der acht Geldstrafen "eine Gesamtstrafe in der Höhe von S 20.000,--" verhängt und die acht Ersatzfreiheitsstrafen "auf eine Gesamt-Ersatzfreiheitsstrafe" von insgesamt 12 Tagen herabgesetzt wurden. Gleichzeitig wurde festgestellt, daß der erstinstanzliche Kostenbeitrag demnach S 2.000,-- betrage.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Zu Recht ist die belangte Behörde davon ausgegangen, daß die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Bestellung des Ing. Karl L. zum verantwortlichen Beauftragten die Verantwortung des Beschwerdeführers im Beschwerdefall nicht zu beseitigen vermochte. Die Z. 4 der diesbezüglichen Bestellungsurkunde lautet: "Räumlicher Zuständigkeitsbereich:
Alle Baustellen im Arbeitsbereich der "Filiale Wien" in Wien, N.Ö., nördl. Burgenland." Da sich die gegenständliche Baustelle in Kärnten befunden hat, scheidet ein Verantwortungsbereich des Ing. Karl L. schon aus örtlichen Gründen aus. Im Hinblick auf diesen eindeutigen Inhalt der Bestellungsurkunde vom 9. Februar 1994 gehen die diesbezüglichen weitwendigen Ausführungen des Beschwerdeführers ins Leere; auch ist auf die weiteren Ausführungen des Beschwerdeführers, welche insoweit von einer verfehlten Prämisse ausgehen, nicht weiter einzugehen.
Weiters entspricht es der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 29. Oktober 1996, Zl. 96/11/0227), daß bei einer Mehrzahl von zur Vertretung nach außen berufenen Organen einer juristischen Person diese die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit kumulativ zu tragen haben und eine bloß interne Aufgaben- und Verantwortungsaufteilung irrelevant ist (sie haben lediglich die Möglichkeit, verantwortliche Beauftragte gemäß § 9 Abs. 2 VStG zu bestellen). Mit dem Vorbringen, er sei auf Grund einer "internen Vereinbarung" für die Filiale in Graz zuständig, verkennt der Beschwerdeführer daher die Rechtslage.
Aber auch mit dem Hinweis auf § 9 Abs. 3 des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993 ist für den Beschwerdeführer nichts gewonnen:
Die insoweit interessierenden Bestimmungen des § 9 des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 871/1995 lauten:
§ 9 Abs. 1 erster Satz:
"Stellt die Arbeitsinspektion die Übertretung einer Arbeitnehmerschutzvorschrift fest, so ist der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin oder die gemäß § 4 Abs. 7 beauftragte Person nach Möglichkeit im erforderlichen Umfang mit dem Ziel einer möglichst wirksamen Umsetzung der Arbeitnehmerschutzvorschriften zu beraten und hat das Arbeitsinspektorat den Arbeitgeber/die Arbeitgeberin formlos schriftlich aufzufordern, innerhalb einer angemessenen Frist den den Rechtsvorschriften und behördlichen Verfügungen entsprechenden Zustand herzustellen."
§ 9 Abs. 2:
"Wird der Aufforderung nach Abs. 1 innerhalb der festgelegten Frist nicht entsprochen, so hat das Arbeitsinspektorat Anzeige an die zuständige Verwaltungsstrafbehörde zu erstatten."
§ 9 Abs. 3:
"Das Arbeitsinspektorat hat auch ohne vorausgehende Aufforderung nach Abs. 1 Strafanzeige wegen Übertretung einer Arbeitnehmerschutzvorschrift zu erstatten, wenn es sich um eine schwerwiegende Übertretung handelt."
Es kann dahingestellt bleiben, ob § 9 Abs. 3 leg. cit. dem Arbeitsinspektorat bei Vorliegen lediglich einer "nicht schwerwiegenden" Übertretung einer Arbeitnehmerschutzvorschrift die Erstattung einer Strafanzeige ohne vorausgehende Aufforderung nach Abs. 1 verbietet. Denn selbst wenn dies zu bejahen wäre, könnte sich der Beschwerdeführer bei allfälliger Mißachtung dieses Verbotes durch das Arbeitsinspektorat - mangels entsprechender Vorschrift - auf kein subjekives Recht auf Nichtbestrafung berufen. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers brauchte sich die belangte Behörde daher nicht mit der Frage auseinanderzusetzen, ob eine "schwerwiegende" Übertretung einer Arbeitnehmerschutzvorschrift vorliegt oder nicht. Auf das sohin von einer verfehlten Prämisse abgeleitete diesbezügliche Beschwerdevorbringen war nicht näher einzugehen.
Der Beschwerde ist dennoch - teilweise - ein Erfolg beschieden:
Es entspricht der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 30. Mai 1997, Zl. 97/02/0096), daß mehrere Straftaten vorliegen, wenn sich die rechtswidrigen Angriffe - wie im Beschwerdefall - gegen die Gesundheit mehrerer Dienstnehmer richten.
Bei verständiger Gesamtbetrachtung des Spruchinhaltes (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 9. Juni 1995, Zl. 95/02/0042) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ist davon auszugehen, daß die Behörde erster Instanz den Beschwerdeführer ungeachtet der Worte "Wegen dieser Verwaltungsübertretung" - wie sich aus der Verhängung von acht Geldstrafen und acht Ersatzfreiheitsstrafen ergibt - nicht wegen "einer", sondern wegen "acht" Verwaltungsübertretungen für schuldig gesprochen hat.
Da die belangte Behörde das erwähnte Straferkenntnis in der Schuldfrage bestätigt, jedoch "eine Gesamtstrafe" sowie "eine Gesamt-Ersatzfreiheitsstrafe" verhängt hat, hat sie die Rechtslage verkannt (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Aufl., S. 1014, zitierte hg. Vorjudikatur).
Der angefochtene Bescheid war daher im Ausspruch über die verhängte Strafe sowie die damit im Zusammenhang stehende Verpflichtung des Beschwerdeführers zum Ersatz der Kosten des erstinstanzlichen Strafverfahrens gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Hingegen war die Beschwerde, soweit sie sich gegen den Schuldspruch richtet, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren betreffend Ersatz von Stempelgebühren war mangels Erforderlichkeit des Aufwandes zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung abzuweisen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)