VwGH 96/21/0767

VwGH96/21/07675.11.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ungersböck, über die Beschwerde des (am 18. Jänner 1973 geborenen) HA, vertreten durch Dr. Werner Thurner und Dr. Peter Schaden, Rechtsanwälte in Graz, Sporgasse 2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 20. August 1996, Zl. Fr 1727/1995, betreffend Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §26;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §26;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark (der belangten Behörde) wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines libanesischen Staatsbürgers, vom 11. Mai 1995 auf Aufhebung des gegen ihn im Jahre 1990 erlassenen Aufenthaltsverbotes gemäß § 26 FrG abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges und Wiedergabe der anzuwendenden Gesetzesbestimmungen aus, daß im Jahre 1990 das Aufenthaltsverbot wegen der illegalen Einreise des Beschwerdeführers und dem damit verbundenen Verstoß gegen das Grenzkontroll- und Paßgesetz, des anschließenden rechtswidrigen Aufenthaltes (Verletzung des Fremdenpolizeigesetzes) und der völligen Mittellosigkeit des Beschwerdeführers erlassen worden sei. Der Beschwerdeführer habe damals eine Nahebeziehung zu einer im Bundesgebiet lebenden Person oder einem nahen Angehörigen nicht nachweisen können.

Nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei der Beschwerdeführer bereits am 16. November 1990 von den deutschen Grenzbehörden bei Salzburg den österreichischen Behörden übergeben worden. Der Beschwerdeführer habe gemeinsam mit einem weiteren libanesischen Staatsangehörigen versucht, illegal von Österreich nach Deutschland zu gelangen. Der Beschwerdeführer sei wegen dieses Vorfalles gemäß § 16a Grenzkontrollgesetz und § 40 Abs. 1 i.V.m. § 22 Abs. 1 Paßgesetz bestraft worden.

Am 29. März 1992 habe sich der Beschwerdeführer als Schlepper betätigt und einen libanesischen Staatsangehörigen von Österreich nach Deutschland geschleppt. Die deutschen Behörden hätten den Beschwerdeführer festgenommen und sei er zu einer Freiheitsstrafe wegen entgeltlicher Schlepperei verurteilt worden. Nach Verbüßung eines Teiles der Freiheitsstrafe sei er nach Österreich abgeschoben worden.

Am 30. November 1992 sei der Beschwerdeführer von den Behörden in Liechtenstein festgenommen worden, weil er versucht habe, mit einem durch Auswechslung des Lichtbildes verfälschten österreichischen Reisepaß nach Liechtenstein einzureisen. Aufgrund dieses Sachverhaltes sei gegen den Beschwerdeführer beim Landesgericht für Strafsachen Graz ein Verfahren eröffnet und ein Haftbefehl erlassen worden. Der Beschwerdeführer sei am 5. November 1993 aufgrund dieses Haftbefehles festgenommen worden. Am 13. Dezember 1993 sei er vom Landesgericht für Strafsachen Graz wegen des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach § 223 Abs. 2 sowie § 224 StGB zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt worden. Der Vollzug dieser Freiheitsstrafe sei auf eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden.

Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes am 6. Dezember 1990 habe somit den Beschwerdeführer nicht daran gehindert, weitere Rechtsverletzungen zu begehen.

Der Beschwerdeführer halte sich seit seiner rechtswidrigen Einreise am 3. September 1990 unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, weil er nie im Besitze einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz gewesen sei und ihm weder ein Sichtvermerk nach dem Fremdengesetz noch eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz erteilt worden sei.

Der Beschwerdeführer habe am 3. September 1990 einen Antrag auf Asylgewährung eingebracht und diesen am 5. September 1990 zurückgezogen. Am 10. September 1990 habe er neuerlich einen Asylantrag eingebracht, welcher mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 2. August 1993 abgewiesen worden sei. Nach Aufhebung dieses Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof sei auch im zweiten Rechtsgang der Asylantrag mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 26. April 1995 abgewiesen worden. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde sei mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. April 1996 als unbegründet abgewiesen worden. Es stehe somit eindeutig fest, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne der Genfer Konvention sei und er sich seit seiner illegalen Einreise in das Bundesgebiet keinen legalen aufenthaltsrechtlichen Status verschaffen habe können.

Bei Beurteilung des gegenständlichen Antrages auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes seien auch die nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes sprechenden Umstände zu beachten. Die genannte rechtskräftige gerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers aus dem Jahre 1993 verwirkliche den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 und rechtfertige die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme. Die im Grunde des § 18 Abs. 1 FrG für die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes sprechenden maßgeblichen öffentlichen Interessen seien demnach nicht nur gleich groß geblieben, sondern hätten noch an Gewicht zugenommen. Die seit der genannten gerichtlichen Verurteilung verstrichene Zeit von nicht einmal drei Jahren sei noch zu kurz, um die durch das Verhalten des Beschwerdeführers herbeigeführte massive Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit als weggefallen ansehen zu können.

Der Beschwerdeführer sei vom 1. Mai 1994 bis zum 25. Juni 1995 einer Tätigkeit als Kellner nachgegangen. Seit 6. November 1995 sei er als Kraftfahrer bei einer Großhandelsfirma beschäftigt. Am 4. März 1995 habe er eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet und lebe mit ihr im gemeinsamen Haushalt.

Die bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes berücksichtigte Mittellosigkeit sei nicht mehr gegeben. Dessen ungeachtet sei weiterhin die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt.

Die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes bewirke einen relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers. Aufgrund des beharrlichen rechtswidrigen Verhaltens des Beschwerdeführers sei die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes im Interesse der öffentlichen Ordnung, insbesondere im Interesse eines geordneten Fremdenwesens, nach wie vor als dringend geboten anzusehen.

Die Interessenabwägung im Sinne des § 20 Abs. 1 FrG gehe zu Ungunsten des Beschwerdeführers aus. Das dargestellte Verhalten des Beschwerdeführers seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes habe die für die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes sprechenden öffentlichen Interessen erhöht. Der Beschwerdeführer habe gezeigt, daß ihn selbst die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes nicht von der Begehung strafbarer Handlungen abhalten könne. Bei der Beschäftigung des Beschwerdeführers und seiner Eheschließung handle es sich um Tatsachen, die während eines unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet geschaffen worden seien. Die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes wögen daher weitaus schwerer als die Interessen des Beschwerdeführers an der Aufhebung dieser Maßnahme.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Abstandnahme von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 26 FrG ist das Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Nach dieser Bestimmung, die ihren Inhalt nur aus dem Zusammenhalt mit den §§ 18 bis 20 FrG gewinnt, hat sich die Behörde mit der Frage auseinanderzusetzen, ob eine Gefährlichkeitsprognose im Sinn des § 18 Abs. 1 FrG gegen den Fremden weiter getroffen werden kann und ob allenfalls ein relevanter Eingriff im Sinne des § 19 FrG vorliegt und - gegebenenfalls - die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten ist und

- bejahendenfalls - ferner, ob sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes jene Umstände, die zur Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen andererseits maßgebend sind, zugunsten des Fremden geändert haben. Diese Interessen sind gegeneinander abzuwägen (vgl. etwa aus der ständigen Rechtsprechung das hg. Erkenntnis vom 13. November 1996, Zl. 95/21/0153, m.w.N.).

Ausgehend von dieser Rechtslage erweist sich die vorliegende Beschwerde als nicht berechtigt. Die belangte Behörde ist zwar zugunsten des Beschwerdeführers davon ausgegangen, daß dieser nunmehr über eine Beschäftigung und somit über die notwendigen Mittel zur Bestreitung seines Unterhaltes verfüge. Sie hat zutreffend hervorgehoben, daß die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblich auch auf die illegale Einreise des Beschwerdeführers und die dazu ergangenen rechtskräftigen Bestrafungen des Beschwerdeführers wegen Übertretung des Grenzkontroll- und des Paßgesetzes sowie den von Beginn an illegalen Aufenthalt des Beschwerdeführers und die damit einhergehende Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes gestützt worden war. Der Beschwerdeführer bestreitet darüber hinaus nicht die Auffassung der belangten Behörde, daß ihm eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nie zugekommen ist und darüber hinaus das Asylverfahren rechtskräftig negativ abgeschlossen wurde. Dazu kommt, daß der Beschwerdeführer seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes neuerlich wegen des Versuches eines illegalen Grenzübertrittes und einer Schlepperei rechtskräftig bestraft und wegen des Vergehens der Urkundenunterdrückung und der Fälschung besonders geschützter Urkunden rechtskräftig verurteilt wurde. Zutreffend hat die belangte Behörde auch die nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes vom Beschwerdeführer begangenen strafbaren Handlungen in ihre Überlegungen miteinbezogen. Es kann der belangten Behörde daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausging, daß die für die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes sprechenden Umstände sich zu Lasten des Beschwerdeführers geändert haben. Zu Recht hat die belangte Behörde weiters hervorgehoben, daß der Beschwerdeführer der mit dem Aufenthaltsverbot ausgesprochenen Ausreiseverpflichtung auch nach rechtskräftiger Beendigung des Asylverfahrens nicht entsprochen hat und auf der illegalen Fortsetzung seines Aufenthaltes beharrt. Wenn daher die belangte Behörde die Auffassung vertrat, daß dieses Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes wegen Bestehenbleibens der Gefährlichkeitsprognose gemäß § 18 Abs. 1 FrG rechtfertigt sowie im Grunde des § 19 FrG dringend geboten erscheinen läßt, kann ihr nicht mit Erfolg entgegengetreten werden (vgl. auch hiezu das oben zitierte hg. Erkenntnis vom 13. November 1996).

Die belangte Behörde hat bei der gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmenden Interessenabwägung auch die von der Beschwerde hervorgestrichenen Umstände berücksichtigt. Die belangte Behörde hat diesen Umständen (Beschäftigung, Verehelichung mit einer österreichischen Staatsbürgerin) zu Recht kein besonderes Gewicht beigemessen, weil der Beschwerdeführer zufolge des aufrechten Bestehens des Aufenthaltsverbotes von vornherein nicht mit der Erlangung der Berechtigung zu einem längeren Aufenthalt im Bundesgebiet rechnen konnte. Gegen das von der belangten Behörde erzielte Ergebnis der Interessenabwägung bestehen daher keine Bedenken.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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