VwGH 96/20/0225

VwGH96/20/022510.7.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Nowakowski und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 7. Februar 1996, Zl. III-4603-1/95, betreffend Ausstellung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:

Normen

WaffG 1967 §17;
WaffG 1967 §18;
WaffG 1967 §17;
WaffG 1967 §18;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen die Entscheidung der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 4. Mai 1995, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Waffenpasses gemäß § 17 Abs. 2 iVm § 18 Waffengesetz 1986 (im folgenden: WaffG) abgewiesen worden war, gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge.

Die belangte Behörde begründete dies im wesentlichen damit, daß gemäß § 17 Abs. 2 WaffG einer verlässlichen Person der Waffenpaß auszustellen sei, wenn sie einen Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen nachweise. Ein solcher Bedarf sei gemäß § 18 WaffG insbesondere als gegeben anzunehmen, wenn eine Person glaubhaft mache, daß sie außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder ihrer eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt gewesen sei, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könne. Der Beschwerdeführer sei grundsätzlich als eine verlässliche Person im Sinne des Waffengesetzes zu bezeichnen. Vom Vorliegen besonderer Gefahren im Sinne der vorangeführten Bestimmungen könne aber nur dann die Rede sein, wenn diese Gefahren das Ausmaß der für jedermann bestehenden Gefahren erheblich überstiegen. Zudem setze die Bejahung der Bedarfsfrage auch voraus, daß die Gefahr eine solche sei, der unter Berücksichtigung aller im Einzelfall maßgebenden Umstände am zweckmäßigsten nur mit dem Einsatz von Faustfeuerwaffen wirksam begegnet werden könne. Der Beschwerdeführer mache geltend, daß er Prokurist der Firma B-GesmbH in L sei. Er müsse öfters während der Nacht und an den Wochenenden arbeiten und Kontrollen durchführen. In einer weiteren Stellungnahme habe der Beschwerdeführer ausgeführt, daß das Betriebsgebäude gerade "in letzter Zeit immerwieder zu den betriebsarmen Zeiten, also vor allem in der Nacht und am Wochenende, von zwielichtigem Gesindel umstrichen worden" sei. Demgemäß habe sich die Betriebsführung mit einer Firma in Verbindung gesetzt, eine entsprechende Alarmanlage zu beschaffen. Im Bereich des Betriebsgeländes seiner Firma seien große Bargeldbeträge vorhanden, die den Fahrern gerade bei Schwer- und Ferntransporten in den europäischen Osten mitzugeben seien.

Dem hielt die belangte Behörde entgegen, daß der Beschwerdeführer damit noch keinen Bedarf zum Führen einer Faustfeuerwaffe dargetan habe. Die Behauptung, daß das Gebäude von "zwielichtigem Gesindel" umstrichen worden sei, habe der Beschwerdeführer nicht näher ausgeführt bzw. entsprechend untermauert. Auch die Lage des Betriebsgeländes im Bereich des Güterbahnhofs Wolfurt lasse das Gefährdungspotential nicht bereits höher erscheinen, weil derartige Gewerbebetriebe in der Regel abseits der Wohngebiete gelegen seien. Der Gendarmerieposten Lauterach habe berichtet, daß seit 1981 bei der Firma B-GesmbH in den letzten Jahren wohl mehrere Einbruchsdiebstähle und Diebstähle aus vor dem Betriebsgelände abgestellten Lkw angefallen seien, jedoch keine Einbruchsdiebstähle in das Betriebsgebäude selbst zu verzeichnen gewesen seien. Aus diesem Grunde habe die Firma bislang auch keine Alarmanlage installiert; das Areal der Firma B-GesmbH sei nicht eingezäunt.

Mit der Installierung einer entsprechenden Alarmanlage sei jedenfalls eine Maßnahme getroffen, die die Gefahrenlage des Beschwerdeführers innerhalb des Betriebsgebäudes keineswegs mehr als erhöht erscheinen lasse. Es stehe dem Beschwerdeführer auch frei, eine Waffenbesitzkarte zu beantragen, die es ihm ermöglichen würde, Waffen innerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen zu tragen. Da die Übergabe größerer Geldbeträge an die Fernfahrer in den Betriebsräumlichkeiten selbst stattfinde, ergebe sich auch aus diesem Umstand keine besondere Gefahrenlage.

Lediglich der Aufenthalt auf dem Betriebsgelände (außerhalb der Betriebsgebäude) selbst, vor allem in den späten Abendstunden, könne eine Gefahrenlage darstellen, die sich von dem Sicherheitsrisiko, dem jeder außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen ausgesetzt sei, abhebe. Diesbezüglich sei dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, daß es jedenfalls zweckmäßiger wäre, das Betriebsgelände einzufrieden, um damit unbefugten Personen den Zutritt zu verwehren. Weiters wäre es zweckmäßiger, die Kontrolltätigkeit auf dem Betriebsgelände durch ein Sicherheitsunternehmen durchführen zu lassen, dessen Personal entsprechend ausgebildet sei und über die erforderliche Routine verfüge.

Zusammenfassend komme die Berufungsbehörde somit zu dem Ergebnis, daß der Beschwerdeführer insgesamt keinen besonderen Gefahren ausgesetzt sei, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könnte. Dem Beschwerdeführer sei auch im Rahmen einer Ermessensentscheidung kein Waffenpaß auszustellen, weil der Einsatz von Faustfeuerwaffen stets mit einem besonderen Maß an Gefährdung für etwaige unbeteiligte Personen verbunden sei. Der Gebrauch einer Faustfeuerwaffe stelle für den Schützen eine besondere Streßsituation dar. Die Möglichkeit einer Fehlleistung bei der Handhabung der Waffe könne sogar für einen geübten Schützen nicht ausgeschlossen werden. In der Regel komme bei Angriffen auf Personen dem Täter das Überraschungsmoment zugute, weshalb das Opfer gar nicht in die Lage komme, seine Waffe zu benutzen. Es sei auch häufig der Fall, daß die Situation durch das Vorhandensein einer Waffe erst recht eskaliere. Damit kam die belangte Behörde auch nach Abwägung der privaten mit den öffentlichen Interessen zu dem Ergebnis, daß dem Antrag nicht stattzugeben sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den bekämpften Bescheid aufzuheben.

In der Beschwerde wird im wesentlichen geltend gemacht, die Argumentation der Behörde gehe an dem maßgeblichen Umstand vorbei, daß der Beschwerdeführer zur Bewältigung seines hohen Arbeitspensums bis etwa 22.00 Uhr sowie am Wochenende im Betriebsgebäude anwesend sein müsse. Demgemäß könnten zwar seine Kontrollgänge auf dem Betriebsgebäude durch ein Bewachungsunternehmen ersetzt werden, nicht jedoch seine arbeitsbedingt notwendige Anwesenheit im Betriebsgebäude. Auch die Einfriedung des Betriebsgebäudes sei keine Alternative zur Bewaffnung des Beschwerdeführers, weil eine den Betriebsabläufen angepaßte Einfriedung des Betriebsgeländes nicht dazu geeignet sei, den Zutritt krimineller Elemente während der betriebsfreien Zeiten abzuwehren. Der Beschwerdeführer habe die Ausstellung eines Waffenpasses deshalb beantragt, um sich während jener Zeiten, die er berufsbedingt allein im Betriebsgebäude der Firma B-GesmbH zubringe, schützen zu können. Unbeteiligte Personen hielten sich während der Nachtstunden grundsätzlich nicht in den Büroräumlichkeiten dieser Firma auf. Solche, die sich unberechtigter Weise Zutritt verschafften, seien bei richtiger Anwendung des Gesetzes nicht als schützenswert anzusehen. Demgemäß müßte dem Beschwerdeführer bei richtiger Ermessensübung jedenfalls der Waffenpaß ausgestellt werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer fristgerecht erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 18 WaffG ist ein Bedarf an der Ausstellung eines Waffenpasses insbesondere dann als gegeben anzusehen, wenn eine Person glaubhaft macht, daß sie AUßERHALB von Wohn- oder Betriebsräumen oder ihrer eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann.

Ausgehend von dieser Rechtslage ist es allein Sache des Waffenpaßwerbers, das Vorliegen eines Bedarfes zum Führen von Faustfeuerwaffen nachzuweisen und im Anwendungsbereich des § 18 WaffG die dort geforderte besondere Gefahrenlage glaubhaft zu machen. Demgemäß hat der Beschwerdeführer konkret und in substantieller Weise im einzelnen darzutun, woraus er für seine Person die geforderte besondere Gefahrenlage ableitet. Weiters ist darzutun, daß diese Gefahr für ihn gleichsam zwangsläufig erwächst und daß es sich hiebei um eine solche qualifizierte Gefahr handelt, der am zweckmäßigsten durch den Gebrauch einer Faustfeuerwaffe entgegengetreten werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Mai 1996, Zl. 94/01/0182). Daß der Beschwerdeführer den Gefahren bei Inspektionen auf dem Betriebsgelände selbst durch die Einrichtung von Kontrollgängen durch einen Wachdienst begegnen könne, wird in der Beschwerde nicht weiter bestritten. Der Beschwerdeführer macht vielmehr ausdrücklich geltend, daß er den Bedarf auf Ausstellung eines Waffenpasses daraus ableite, daß er sich berufsbedingt allein IM BETRIEBSGEBÄUDE aufhalten müsse. Dem Beschwerdevorbringen ist somit nicht zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer AUßERHALB von Wohn- oder Betriebsräumen besonderen Gefahren ausgesetzt wäre, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könnte. Die belangte Behörde hat zutreffend darauf verwiesen, daß als Voraussetzung für den Anspruch auf Ausstellung eines Waffenpasses das Vorhandensein einer Gefahrenlage gefordert wird, die sich vom Sicherheitsrisiko, dem jedermann namentlich außerhalb seines Wohn- oder Betriebsbereiches oder seiner eingefriedeten Liegenschaften ausgesetzt ist, deutlich erkennbar abhebt. Nach den Verfahrensergebnissen sind zwar innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes Einbruchdiebstähle in vor der Firma B-GesmbH abgestellte Lkw vorgekommen, jedoch wurden die Betriebsgebäude selbst wie auch deren Angestellte nie Gegenstand verbrecherischer Angriffe. Die Geschäftsführung der Firma B-GesmbH sah sich deshalb in den letzten Jahren auch nicht veranlaßt, eine Alarmanlage im Betriebsgebäude zu installieren. Abgesehen davon, daß die nunmehrige Anbringung einer solchen Anlage sinnvoll erscheinen mag, ist nicht erkennbar, weshalb sich die Gefahrenlage deutlich erhöht haben soll. Die Behauptung des Beschwerdeführers, es treibe sich "Gesindel" in der Nähe des im Bahnhofsbereich angesiedelten Gewerbebetriebes herum, kann für sich allein noch nicht die geforderte besondere Gefahrenlage begründen. Ebensowenig der Umstand, daß im Gebäude der Firma B-GesmbH erhebliche Barbeträge deponiert sein mögen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. November 1995, Zl. 95/20/0075, und die dort angeführte Judikatur). Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführer im übrigen bereits darauf hingewiesen, daß ihm zur Bereithaltung einer Waffe während seines Aufenthaltes in den Räumlichkeiten der Firma B-GesmbH ohnehin die Möglichkeit der Beantragung einer Waffenbesitzkarte offensteht.

Soweit die Beschwerde noch geltend macht, die belangte Behörde hätte dem Beschwerdeführer im Rahmen ihres Ermessens einen Waffenpaß auszustellen gehabt, wird übersehen, daß die Ausstellung eines Waffenpasses im vorliegenden Fall (aufgrund des zutreffend hoch eingeschätzten gegenläufigen öffentlichen Interesses) jedenfalls den Nachweis des Bedarfes zum Führen von Faustfeuerwaffen zur Voraussetzung gehabt hätte. Da der Nachweis eines solchen nach den obigen Ausführungen nicht als erbracht anzusehen ist, kam auch die Ausstellung eines Waffenpasses im Rahmen einer Ermessensentscheidung nicht in Betracht.

Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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