Normen
FrG 1993 §10 Abs1 Z6;
Sichtvermerkspflicht Aufhebung Jugoslawien 1965 Art1 Abs1;
Sichtvermerkspflicht Aufhebung Jugoslawien 1965 Art1 Abs2;
Sichtvermerkspflicht Aufhebung Jugoslawien 1965 Art3 Abs3 litb;
FrG 1993 §10 Abs1 Z6;
Sichtvermerkspflicht Aufhebung Jugoslawien 1965 Art1 Abs1;
Sichtvermerkspflicht Aufhebung Jugoslawien 1965 Art1 Abs2;
Sichtvermerkspflicht Aufhebung Jugoslawien 1965 Art3 Abs3 litb;
Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden des Bundesministers für Inneres vom 11. August 1995 wurden die Anträge der Beschwerdeführer vom 11. April 1994 auf Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden im wesentlichen gleichlautend aus, die Beschwerdeführer seien aufgrund der auf ihren eigenen Angaben beruhenden Aktenlage sichtvermerksfrei eingereist und wollten ihren damit begonnenen Aufenthalt mit dem vorliegenden Antrag auf Aufenthaltsbewilligung verlängern. Damit liege der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG vor. Die Erteilung einer Bewilligung sei gemäß § 5 Abs. 1 AufG ausgeschlossen. Die Versagung einer Aufenthaltsbewilligung nach § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG stelle einen zulässigen Eingriff in das durch Art. 8 MRK geschützte Grundrecht auf Privat- und Familienleben dar.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden, nach Ablehnung ihrer Behandlung durch den Verfassungsgerichtshof dem Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerden. Die Beschwerdeführer machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, die angefochtenen Bescheide aus diesen Gründen aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerden als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen, persönlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbundenen Beschwerden erwogen:
§ 5 Abs. 1 AufG lautet:
"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."
§ 10 Abs. 1 und 3 sowie § 14 FrG lauten auszugsweise:
"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn
...
6. der Sichtvermerk zeitlich an einen Touristensichtvermerk anschließen oder nach sichtvermerksfreier Einreise (§ 12 Aufenthaltsgesetz oder § 14) erteilt werden soll;
...
(3) Die Behörde kann einem Fremden trotz Vorliegens eines Sichtvermerksversagungsgrundes gemäß Abs. 1 Z 2 oder 3 oder gemäß Abs. 2 einen Sichtvermerk erteilen,
1. in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen aus humanitären Gründen oder
...
§ 14. (1) Sofern die Bundesregierung zum Abschluß von Regierungsübereinkommen gemäß Art. 66 Abs. 2 B-VG ermächtigt ist, kann sie zur Erleichterung des Reiseverkehrs unter der Voraussetzung, daß Gegenseitigkeit gewährt wird, vereinbaren, daß Fremde berechtigt sind, ohne Sichtvermerk in das Bundesgebiet einzureisen und sich in diesem aufzuhalten.
...
(3) In Übereinkommen gemäß Abs. 1 und in Verordnungen gemäß Abs. 2 kann unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit vorgesehen werden, daß Fremden ein Sichtvermerk auch nach sichtvermerksfreier Einreise erteilt werden kann."
Bis 14. Mai 1995 wurde das Abkommen zwischen der Bundesregierung der Republik Österreich und der Regierung der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht, BGBl. Nr. 365/1965, in vollem Umfang gegenüber der Ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien pragmatisch weiter angewendet. Art. 1 und 3 dieses Abkommens lauten auszugsweise:
"Artikel 1
(1) Die Staatsbürger der Vertragsstaaten, die einen der im Artikel 3 angeführten Reiseausweise mit sich führen, können ohne Sichtvermerk des anderen Vertragsstaates die Grenzen der Vertragsstaaten überschreiten und sich drei Monate auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates aufhalten.
(2) Den Personen, die sich länger als drei Monate auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates aufhalten wollen, können die zuständigen Behörden dieses Vertragsstaates die Aufenthaltsberechtigung verlängern.
...
Artikel 3
...
(3) Der Grenzübertritt aufgrund dieses Abkommens ist jugoslawischen Staatsbürgern, die Inhaber eines der nachstehend angeführten gültigen Reiseausweise sind, gestattet:
- a) Reisepaß (persönlicher oder Familienreisepaß)
- b) Diplomatenpaß
...
e) Kinderausweis
..."
Mit Wirksamkeit vom 15. Mai 1995 wurde die Anwendung des Art. 3 Abs. 3 lit. a, c, d, e, f und g des im beiderseitigen Einverständnis zwischen der Republik Österreich und der Ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien pragmatisch weiter angewendeten Abkommens BGBl. Nr. 365/1965 bis auf weiteres ausgesetzt (BGBl. Nr. 322/1995).
Die vorliegenden Beschwerden treten der maßgeblichen Sachverhaltsannahme der belangten Behörde, die Beschwerdeführer seien sichtvermerksfrei eingereist und wollten ihren damit begonnenen Aufenthalt mit dem vorliegenden Antrag auf Aufenthaltsbewilligung verlängern, nicht entgegen.
Für die Beurteilung der Frage, ob der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG vorliegt, ist die Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides maßgeblich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/1402, mit weiteren Nachweisen).
Im Hinblick auf das Datum der Zustellung der angefochtenen Bescheide (17. August 1995) hatte die belangte Behörde die Rechtslage nach dem Außerkrafttreten des Art. 3 Abs. 3 lit. a, c, d, e, f und g des Abkommens BGBl. Nr. 365/1965 im Verhältnis zur Ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien anzuwenden. Mit dem Begriff "den Personen" in Art. 1 Abs. 2 des Abkommens BGBl. Nr. 365/1965 ist offenkundig nicht jedermann gemeint, vielmehr nimmt Art. 1 Abs. 2 mit diesem Begriff auf den in Art. 1 Abs. 1 umschriebenen Personenkreis, also auf Staatsbürger der Vertragsstaaten, die einen der in Art. 3 angeführten Reiseausweise mit sich führen, Bezug. Daraus folgt jedoch, daß nach der im Zeitpunkt der Bescheiderlassung geltenden Rechtslage nur noch Inhabern von Diplomatenpässen der Ehemaligen Republik Mazedonien (Art. 3 Abs. 3 lit. b) die Aufenthaltsberechtigung nach Art. 1 Abs. 2 dieses Abkommens verlängert werden konnte. Diese Bestimmung stand daher der Anwendung des Sichtvermerksversagungsgrundes des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG gegenüber den Beschwerdeführern, welche nicht Inhaber von Diplomatenpässen sind, nicht entgegen.
Eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide aus diesem Gesichtspunkt wird auch nicht geltend gemacht. Die Beschwerdeführer berufen sich darauf, daß ihnen aus dem Grunde des § 10 Abs. 3 Z. 1 FrG ein Sichtvermerk hätte erteilt werden können. Daher sei auch die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 AufG nicht ausgeschlossen.
Dieser Argumentation ist zu entgegnen, daß § 10 Abs. 3 FrG die Behörde lediglich ermächtigt, einem Fremden trotz Vorliegens eines Versagungsgrundes gemäß Abs. 1 Z. 2 oder 3, nicht jedoch eines solchen gemäß Abs. 1 Z. 6, einen Sichtvermerk zu erteilen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 6. Oktober 1994, Zl. 94/18/0640, und vom 22. November 1995, Zl. 95/21/0159).
Insoweit sich die Beschwerdeführer auf die durch die rechtmäßige Anwesenheit des Ehegatten der Drittbeschwerdeführerin und des Vaters der übrigen Beschwerdeführer im Bundesgebiet begründeten familiären Interessen berufen, ist ihnen zu entgegnen, daß bei einer auf § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG gestützten Entscheidung eine Bedachtnahme auf private oder familiäre Interessen des Fremden aus den im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1993, Slg. Nr. 13.497, genannten Gründen nicht in Betracht kommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. März 1996, Zl. 96/19/0404).
Aus diesen Erwägungen waren die Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
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