Normen
ABGB §871;
ABGB §901;
GebG 1957 §17 Abs5;
GebG 1957 §23 Abs4;
ABGB §871;
ABGB §901;
GebG 1957 §17 Abs5;
GebG 1957 §23 Abs4;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer pachtete zusammen mit Gerlinde H. mit einem Vertrag vom 12. Jänner 1994 von Elisabeth B. und Walter P. die Liegenschaft EZ nn1 Grundbuch P zum Betrieb einer Frühstückspension.
Gegen die auf § 33 TP 5 GebG gestützte Vorschreibung einer Rechtsgebühr wurde Berufung erhoben und darin ausgeführt, die Pächter seien von den Verpächtern über die wahren Verhältnisse des Pachtgegenstandes in Irrtum geführt worden. Das Bestandverhältnis sei mit einem Schreiben vom 31. Mai 1994 "wegen Irrtums und Wegfalls der Geschäftsgrundlage ex tunc" angefochten worden. Das Anfechtungsbegehren sei darauf gerichtet gewesen, daß der Vertrag nie bestanden habe und demnach auch keine Rechtswirkungen entfalten habe können. Der Berufung war eine Ablichtung eines namens der Pächter an Elisabeth B. gerichteten Schreibens vom 31. Mai 1994 angeschlossen; in diesem Schriftstück wurde unter Hinweis auf "schwerste Baumängel" ausgeführt, der Pachtvertrag vom 12. Jänner 1994 werde "wegen Irrtums und Wegfall der Geschäftsgrundlage" aufgelöst.
Mit Schriftsatz vom 4. August 1994 erhoben die Pächter gegen die Verpächter Klage beim Bezirksgericht Neunkirchen. Darin wurde unter anderem ausgeführt, die Pächter hätten mit Schreiben vom 31. Mai 1994 den gegenständlichen Vertrag "aus dem Titel des Irrtums sowie Wegfalls der Geschäftsgrundlage angefochten und Aufhebung ex-tunc" begehrt. Das Klagebegehren selbst war auf Zahlung eines Geldbetrages in Höhe von S 226.704,-- "aus dem Titel des Schadenersatzes (betreffend getätigte Aufwendungen und Investitionen) sowie des Bereicherungsrechtes (Rückforderung von Pachtzins wegen geringer Nutzbarkeit des Objektes)" gerichtet.
Mit Urteil des Bezirksgerichtes Neunkirchen vom 12. Februar 1996, 3 C 2170/94i, wurden die Verpächter schuldig erkannt, den Pächtern den Betrag von S 110.900,-- samt Anhang zu bezahlen. In den Entscheidungsgründen des Urteils ging das Bezirksgericht u.a. davon aus, daß die Pächter tatsächlich Nächtigungen in der Pension erzielt hatten. Die Zahl der erzielten Nächtigungen habe vor allem im Sommer 1994, also "nach Auflösung des Pachtvertrages", und zwar in der Form stattgefunden, daß den Pächtern die Leistung von Übernachtungen mit Frühstück, nicht aber der Verkauf irgendwelcher Imbisse oder Getränke genehmigt worden sei. Hinsichtlich des gestellten Rückforderungsanspruches des Pachtzinses für die Monate Juni und Juli 1994 wurde im Urteil zum Sachverhalt festgestellt, daß die im ersten Stock des Pachtobjektes vorhandenen Zimmer trotz Wegfalls der Möglichkeit zur Vermietung der im Erdgeschoß und im Dachgeschoß gelegenen Zimmer die Annahme zuließen, daß 50 % der vereinbarten Verwendung habe genutzt werden können.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung mit der Begründung abgewiesen, daß das Vertragsverhältnis durch einige Monate tatsächlich bestanden habe und auch erfüllt worden sei.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem Recht verletzt, "entgegen den Bestimmungen der §§ 15, 16 und 17 Abs. 5 Gebührengesetz keine Rechtsgeschäftsgebühr vorgeschrieben zu erhalten".
Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift sowie die Verwaltungsakten vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 17 Abs. 5 GebG heben die Vernichtung der Urkunde, die Aufhebung des Rechtsgeschäftes oder das Unterbleiben seiner Ausführung die entstandene Gebührenschuld nicht auf.
Nach § 23 Abs. 4 BAO ist die Anfechtbarkeit eines Rechtsgeschäftes für die Erhebung von Abgaben insoweit und so lange ohne Bedeutung, als nicht die Anfechtung mit Erfolg durchgeführt ist. Nach Abs. 5 dieser Gesetzesstelle bleiben von den Abs. 2 bis 4 des § 23 BAO abweichende Grundsätze der Abgabenvorschriften unberührt.
In der Beschwerde wird im wesentlichen vorgebracht, es sei der beschwerdegegenständliche Pachtvertrag "mit Wirkung ex tunc" aufgehoben worden. Der Beschwerdeführer beruft sich dabei auf das oben bezeichnete Urteil des Bezirksgerichtes Neunkirchen. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß eine Vertragsanfechtung wegen Irrtums oder Wegfalls der Geschäftsgrundlage gerichtlich vorzunehmen ist (vgl. Rummel in Rummel, ABGB I2 Rz 19 zu § 871 ABGB sowie Rz 7a zu § 901 ABGB). Das Schreiben vom 31. Mai 1994 bewirkte demnach keine Beseitigung des Vertrages mit Wirkung ex tunc. Dazu kommt, daß auch das Klagebegehren gar nicht die Anfechtung des Pachtvertrages, sondern vielmehr die Leistung von Schadenersatz bzw. Minderung des Pachtschillings zum Gegenstand gehabt hat. Demzufolge wurde den Pächtern im genannten Urteil zwar ein Schadenersatz zugesprochen (das Minderungsbegehren wurde nicht zuerkannt), keineswegs wurde damit aber implicite auch der Pachtvertrag - mit welcher Wirkung auch immer - aufgehoben. Da es somit zwischen den Parteien des Pachtvertrages (ungeachtet der vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsmeinung des Bezirksgerichtes Neunkirchen, welches von einer von den Pächtern außergerichtlich vorgenommenen Vertragsaufhebung ausging) zu einer Aufhebung des der gegenständlichen Rechtsgebühr unterliegenden Rechtsgeschäftes gar nicht gekommen ist, erweist sich die Beschwerde schon deswegen als unbegründet. Dabei konnte dahingestellt bleiben, welche Bedeutung dem § 23 Abs. 4 BAO hinsichtlich der Erhebung von Rechtsgebühren zukommt.
Das Beschwerdevorbringen, wonach der Pachtvertrag mit Wirkung ex tunc aufgehoben worden sei, steht auch mit der Tatsache in Widerspruch, daß der Pachtvertrag - und zwar zeitlich auch über die mit dem Schriftstück vom 31. Mai 1994 begehrte Auflösung des Pachtverhältnisses hinaus - ohne jeden Zweifel von den Vertragsparteien zunächst teilweise erfüllt worden ist. Wenn dabei nach § 17 Abs. 5 GebG selbst das (gänzliche) Unterbleiben der Ausführung des Rechtsgeschäftes die bereits entstandene Gebührenschuld nicht aufhebt, so kann dies erst recht nicht bei einer bloß eingeschränkten Ausführung des Rechtsgeschäftes geschehen.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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