VwGH 96/11/0357

VwGH96/11/03577.10.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des B in W, vertreten durch Dr. Gunther Gahleithner, Rechtsanwalt in Wien I, Schottengasse 7, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 17. Oktober 1996, Zl. MA 65 - 8/526/96, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

KFG 1967 §66 Abs1 litb;
KFG 1967 §66 Abs2 litc;
KFG 1967 §66 Abs2;
KFG 1967 §66 Abs3;
KFG 1967 §73 Abs1;
SGG §12;
SGG §16;
SGG §23a Abs1;
StGB §146;
StGB §147 Abs2;
StGB §148;
KFG 1967 §66 Abs1 litb;
KFG 1967 §66 Abs2 litc;
KFG 1967 §66 Abs2;
KFG 1967 §66 Abs3;
KFG 1967 §73 Abs1;
SGG §12;
SGG §16;
SGG §23a Abs1;
StGB §146;
StGB §147 Abs2;
StGB §148;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe B entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 leg. cit. ausgesprochen, daß ihm für die Zeit von zwei Jahren, gerechnet ab Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides, keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden dürfe.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, nach der Aktenlage sei der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 24. Juli 1996 wegen Verbrechens nach den §§ 146, 147 Abs. 2, 148 zweiter Fall StGB, wegen Vergehens nach den §§ 12 zweiter Fall, 223 Abs. 1, 224 StGB sowie wegen der §§ 12 und 16 Suchtgiftgesetz rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren verurteilt worden. Diesem Urteil seien Suchtgiftdelikte (Inverkehrsetzen und Selbsterwerb von Kokain), Versicherungsbetrug und Urkundenfälschung zugrunde gelegen. Das Verbrechen nach § 12 Suchtgiftgesetz stelle eine bestimmte Tatsache gemäß § 66 Abs. 2 lit. c KFG 1967 dar. Auch die der Verurteilung wegen schweren gewerbsmäßigen Betruges und wegen Urkundenfälschung zugrundeliegenden Straftaten seien als bestimmte Tatsachen im Sinne des § 66 Abs. 1 KFG 1967 anzusehen, auch wenn sie in der demonstrativen Aufzählung des § 66 Abs. 2 leg. cit. nicht enthalten seien.

Versicherungsbetrug im Zusammenhang mit Kraftfahrzeugen (Vortäuschen überhöhter Sachschäden nach simulierten Verkehrsunfällen) weise auf eine die Eigentumsrechte Dritter gröblich mißachtende Sinnesart hin und sei daher bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit zu berücksichtigen. Die Begehung dieser Delikte werde durch eine Lenkerberechtigung erleichtert.

Die vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten seien verwerflich. Das in Verkehr gesetzte Suchtgift sei im Hinblick auf seine Art und Menge geeignet gewesen, eine Gefahr in großem Ausmaß für das Leben oder die Gesundheit von Menschen herbeizuführen. Aus dem Verhalten des Beschwerdeführers müsse auf eine gefährliche Neigung zur Begehung von Suchtgiftdelikten geschlossen werden. Das Inverkehrsetzen von Suchtgift werde durch die Verwendung eines Kraftfahrzeuges erheblich erleichtert. Seit Beendigung der strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers im Herbst 1995 sei noch keine so lange Zeit verstrichen, daß mit Sicherheit auf eine Änderung seiner Sinnesart geschlossen werden könne. Vor Verstreichen der festgesetzten Zeit könne mit der Wiederherstellung der Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers nicht gerechnet werden. Aus dem vom Strafgericht gewährten Strafaufschub bis 1. August 1988 zum Zwecke der ärztlichen Behandlung der Drogensucht des Beschwerdeführers könne nicht abgeleitet werden, daß der Beschwerdeführer schon jetzt die gegen seine Verkehrszuverlässigkeit sprechende Sinnesart überwunden habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer tritt der Auffassung der belangten Behörde, die Begehung des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 und 2 Suchtgiftgesetz stelle eine bestimmte Tatsache nach § 66 Abs. 2 lit. c KFG 1967 dar, mit dem Hinweis entgegen, daß er im Zusammenhang mit der Begehung dieser Straftat von seiner Lenkerberechtigung keinen Gebrauch gemacht habe.

Diesen Ausführungen ist zu erwidern, daß schon nach dem klaren Wortlaut der zuvor genannten Gesetzesstelle das Verbrechen nach § 12 Suchtgiftgesetz - dessen Begehung für die belangte Behörde auf Grund der rechtskräftigen Bestrafung des Beschwerdeführers bindend feststand - eine bestimmte Tatsache darstellt. Die belangte Behörde durfte auch auf Grund dieser bestimmten Tatsache auf eine Sinnesart des Beschwerdeführers im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. b KFG 1967 schließen, weil die Begehung derartiger Suchtgiftdelikte durch die Verwendung von Kraftfahrzeugen typischerweise erleichtert wird, sodaß es bei der Wertung einer derartigen bestimmten Tatsache nicht darauf ankommt, ob konkret Kraftfahrzeuge verwendet worden sind oder nicht (siehe dazu u.a. die hg. Erkenntnisse vom 16. Mai 1989, Zl. 89/11/0055, vom 21. September 1990, Zl. 90/11/0023, und vom 1. Dezember 1992, Zl. 92/11/0099).

Gegen die Auffassung der belangten Behörde, die der Verurteilung des Beschwerdeführers wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2 und 148 zweiter Fall StGB zugrundeliegenden Straftaten stellten ebenfalls eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 1 KFG 1967 dar, bestehen gleichfalls keine Bedenken. Nach dem Inhalt des rechtskräftigen Urteiles des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 24. Juli 1996 hat der Beschwerdeführer in fünf Fällen Versicherungsinstitute durch Vortäuschen von Verkehrsunfällen - in Wahrheit hatte der Beschwerdeführer die Zusammenstöße zwischen seinem Fahrzeug und dem seiner Mittäter absichtlich herbeigeführt - zur Auszahlung von Beträgen von jeweils über S 25.000,-- veranlaßt. Derartige strafbare Handlungen sind nach ihrer Art und Schwere den in § 66 Abs. 2 KFG 1967 beispielsweise genannten gleichzuhalten, sodaß sie ebenfalls als die Verkehrsunzuverlässigkeit im Sinne des § 66 Abs. 1 lit. b leg. cit. indizierende Tatsachen anzusehen sind (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1988, Zl. 88/11/0022). Im Hinblick auf die Art und Weise, in der der Beschwerdeführer die in den Schadensmeldungen genannten Kraftfahrzeuge beschädigt hat, ist der Zusammenhang zwischen den Straftaten und den in der genannten Gesetzesstelle genannten erleichternden Umständen evident.

Im Hinblick auf das Vorliegen dieser bestimmten Tatsachen kann es dahinstehen, ob nicht auch die der Verurteilung wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden und der Urkundenfälschung als Beteiligter gemäß den §§ 12 zweiter Fall, 223 Abs. 1, 224 StGB zugrundeliegenden strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers als bestimmte Tatsachen im Sinne des § 66 Abs. 1 KFG 1967 in Betracht gekommen wären (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 23. März 1993, Zl. 92/11/0240). Die belangte Behörde hat diesbezüglich keine näheren Feststellungen getroffen.

Die zwischen der Begehung der Straftaten - das Verbrechen nach § 12 Suchtgiftgesetz wurde im Oktober 1995 begangen, die Tatzeit des Vergehens nach § 16 Abs. 1 leg. cit. erstreckte sich bis 24. Jänner 1996 - und der Erlassung des Mandatsbescheides vom 12. März 1996 verstrichene Zeit ist entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers viel zu kurz, um bei der Wertung gemäß § 66 Abs. 3 KFG 1967 zu seinen Gunsten ins Gewicht zu fallen.

Auch mit der Behauptung, er unterziehe sich mit bestem Erfolg einer Drogentherapie, vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, weil die Durchführung einer solchen Therapie die Notwendigkeit eines längere Zeit hindurch gezeigten Wohlverhaltens als Voraussetzung für die Annahme des Wiedervorliegens der Verkehrszuverlässigkeit nicht ersetzen kann (siehe dazu die hg. Erkenntnisse vom 10. Oktober 1995, Zl. 93/11/0156, und vom 14. November 1995, Zl. 95/11/0300). Dem Umstand, daß dem Beschwerdeführer zur ärztlichen Behandlung seiner Drogensucht gemäß § 23a Abs. 1 Suchtgiftgesetz ein Strafaufschub gewährt wurde, kommt demnach im gegebenen Zusammenhang keine Bedeutung zu, sodaß den vom Beschwerdeführer diesbezüglich gerügten Verfahrensmängeln die Relevanz fehlt.

Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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