VwGH 96/10/0006

VwGH96/10/000628.4.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde des X in Z, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 14. November 1995, Zl. N-100040/1995-Mö, betreffend Versagung einer naturschutzbehördlichen Bewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

NatSchG OÖ 1995 §21 Abs2;
NatSchG OÖ 1995 §3 Z3;
VwRallg;
NatSchG OÖ 1995 §21 Abs2;
NatSchG OÖ 1995 §3 Z3;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 15. September 1994 ersuchte der Beschwerdeführer um Erteilung der (nachträglichen) Genehmigung zur Wiederherstellung einer Bootshütte am Zeller- oder Irrsee, KG Zell am Moos, im Ausmaß vom 3 m x 6 m. Es handle sich lediglich um die Sanierung eines Altbestandes, wobei die Ausführung in ursprünglicher Bauart erfolge. Die Hütte habe bereits vor dem Jahre 1950 bestanden; sie sei erst durch das Umstürzen von zwei unmittelbar daneben stehenden Bäumen in den Jahren 1993 bzw. 1994 sichtbar geworden.

Die belangte Behörde holte das Gutachten des Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz ein. Dieser vertrat nach Durchführung eines Lokalaugenscheines und Rückfragen bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (BH) die Auffassung, daß keine Wiederherstellung bzw. Sanierung einer bestehenden Bootshütte vorliege. Die Hütte sei bei Überprüfungen des Irrsee-Ufers Anfang der Achtzigerjahre jedenfalls nicht mehr vorhanden gewesen. Die Installierung einer Bootshütte im gegenständlichen Naturschutzgebiet sei als maßgeblicher Eingriff zu beurteilen.

Der Beschwerdeführer vertrat dazu im Rahmen des Parteiengehörs die Auffassung, daß die Sanierung der Bootshütte im Naturschutzgebiet nicht als maßgeblicher Eingriff zu werten sei. Die Hütte sei bereits im Jahre 1920 aufgrund einer privatrechtlichen Vereinbarung und eines grundbücherlich sichergestellten Rechtes errichtet worden. Im Laufe der Zeit sei diese Bootshütte jedoch verfallen. Der Beschwerdeführer habe die allerdings nicht zur Gänze verfallene Hütte nur saniert und in den jetzigen Zustand gesetzt. Der Altbestand sei noch immer sichtbar.

In einer Stellungnahme vom 2. Jänner 1995 gab der Landesbeauftragte für Natur- und Landschaftsschutz an, mehrere Vertreter der Gemeinde Zell am Moos (Bürgermeister, Amtsleiter, Gemeinderat W.) hätten ihm gegenüber erklärt, daß die gegenständliche Bootshütte zwar bis in die Fünfzigerjahre bestanden habe, seit diesem Zeitpunkt jedoch sukzessive verfallen und nicht mehr als Bootshütte erkennbar gewesen sei. Diese Aussagen stimmten auch mit den Erhebungen durch die BH überein, wonach Mitte bis Ende der Achtzigerjahre keine Bootshütte mehr vorhanden gewesen sei. Auch der Landesbeauftragte habe bei zahlreichen Begehungen und Besichtigungen an Ort und Stelle im Rahmen anhängiger Naturschutzverfahren feststellen können, daß lediglich die Piloten der alten Bootshütte vorhanden gewesen seien. Die Behauptung des Beschwerdeführers, wonach lediglich eine Sanierung einer nicht zur Gänze verfallenen Bootshütte vorliege, sei deshalb nicht haltbar.

Der Beschwerdeführer erhielt auch von dieser Stellungnahme im Rahmen des Parteiengehörs Kenntnis, gab dazu jedoch keine Äußerung ab.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf naturschutzbehördliche Bewilligung zur Wiederherstellung der 3 m x 6 m großen Bootshütte im Naturschutzgebiet Zeller- oder Irrsee vor der Liegenschaft Zell am Moos Nr. nn gemäß § 21 des Oberösterreichischen Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1995, LGBl. Nr. 37 (Oö NSchG 1995), abgewiesen.

Nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensgeschehens und der angewendeten Rechtsgrundlagen vertrat die belangte Behörde im wesentlichen die Auffassung, daß im Beschwerdefall nicht die Sanierung eines Altbestandes, sondern die Neuerrichtung einer Bootshütte vorliege. Wenn auch in den Zwanziger- bzw. Fünfzigerjahren einmal eine Bootshütte bestanden habe, so könne nicht von einem Altbestand gesprochen werden, wenn nur noch die Piloten einer alten Bootshütte vorhanden seien. Für die belangte Behörde stehe aufgrund des Ermittlungsverfahrens fest, daß die ursprünglich vorhandene Bootshütte sukzessive verfallen sei. In den Achtzigerjahren sei jedenfalls keine Bootshütte mehr vorhanden gewesen. Im Beschwerdefall liege somit die Neuerrichtung einer verfallenen Bootshütte vor. Die Installierung einer Bootshütte im gegenständlichen Naturschutzgebiet sei als maßgeblicher Eingriff in das Naturschutzgebiet zu werten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 1 der Seen-Naturschutzgebieteverordnung, LGBl. Nr. 9/1965, ist im politischen Bezirk Vöcklabruck der Zeller- oder Irrsee ein Naturschutzgebiet im Sinne des § 2 des Oberösterreichischen Naturschutzgesetzes 1964.

Gemäß § 47 Abs. 1 Z. 1 Oö NSchG 1995 bleiben Verordnungen über die Feststellung von Gebieten als Naturschutzgebiete nach § 2 des Oberösterreichischen Naturschutzgesetzes 1964 als Landesgesetze in Geltung, bis durch Verordnungen, die aufgrund dieses Landesgesetzes erlassen werden, eine anderweitige Regelung getroffen wird.

Gemäß § 21 Abs. 2 Oö NSchG 1995 sind Eingriffe in ein Naturschutzgebiet untersagt, es sei denn, daß sie aufgrund gesetzlicher Bestimmungen oder im Interesse der Sicherheit von Menschen oder zur Abwehr der Gefahr bedeutender Sachschäden vorgenommen werden müssen.

Nach § 3 Z. 3 Oö NSchG 1995 ist ein "Eingriff in ein geschütztes Gebiet" eine vorübergehende oder dauerhafte Maßnahme, die nicht unbedeutende Auswirkungen auf das Schutzgebiet oder -objekt oder im Hinblick auf den Schutzzweck bewirken kann oder durch mehrfache Wiederholung oder Häufung derartiger Maßnahmen voraussichtlich bewirkt; ein Eingriff liegt auch dann vor, wenn die Maßnahme selbst außerhalb des Schutzgebietes oder -objektes ihren Ausgang nimmt.

In der Beschwerde wird im wesentlichen in Abrede gestellt, daß es sich bei der errichteten Bootshütte um eine Neuerrichtung handle. Es werde zwar "zugestanden ..., daß die bestehende Bootshütte aus dem Jahre 1920 im Laufe der Zeit immer mehr und mehr verfiel", jedoch sei nach Auffassung des Beschwerdeführers kein gänzlicher Verfall der Hütte eingetreten. Die gegenständliche Hütte sei auf Fundamenten bzw. Piloten aus dem Jahre 1920 errichtet worden. Eine gänzliche Neuerrichtung sei somit nicht erfolgt. Wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid davon ausgehe, daß die Hütte nicht mehr erkennbar gewesen sei, so übersehe sie, daß aufgrund des vorhandenen Baumbestandes die Hütte von der Seeseite her gar nicht hätte eingesehen werden können. Erst durch das Umstürzen von drei Bäumen in den letzten Jahren sei die Bootshütte für den Betrachter von der Seeseite her wiederum sichtbar geworden.

Diese Ausführungen sind nicht geeignet, eine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Aufgrund des von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens konnte diese frei vom Rechtsirrtum davon ausgehen, daß die ursprünglich vorhandene Bootshütte des Beschwerdeführers - wie dieser in der Beschwerde selbst zugesteht - immer mehr und mehr verfiel, sodaß in den Achtzigerjahren nur mehr die Piloten bzw. das Fundament der Hütte vorhanden waren. Von einem "Altbestand" kann im Beschwerdefall keine Rede sein, da darunter nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Eingriffe zu verstehen sind, die noch vor Inkrafttreten des Oberösterreichischen Naturschutzgesetzes 1956, LGBl. Nr. 5, gesetzt wurden und seither unverändert andauern (vgl. das Erkenntnis vom 27. Juni 1994, Zl. 91/10/0237). Die Errichtung einer Bootshütte, wobei lediglich die Fundamente bzw. Piloten einer früheren Hütte übrig sind, kann daher auch nicht als Sanierung bzw. Wiederherstellung eines Altbestandes angesehen werden.

Dem Beschwerdeführer kann auch nicht gefolgt werden, wenn er der belangten Behörde vorwirft, diese übersehe, daß die Bootshütte aufgrund des vorhandenen Baumbestandes von der Seeseite her gar nicht sichtbar gewesen sei. Aus der Stellungnahme des Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz vom 2. Jänner 1995 ergibt sich nämlich, daß dieser bei zahlreichen BEGEHUNGEN und Besichtigungen an Ort und Stelle festgestellt hat, daß lediglich die Piloten der alten Bootshütte vorhanden waren.

Die belangte Behörde handelte daher nicht rechtswidrig, wenn sie das Vorliegen der Sanierung einer nicht zur Gänze verfallenen Bootshütte verneinte und den Antrag des Beschwerdeführers auf naturschutzbehördliche Bewilligung zur Wiederherstellung der Hütte abwies.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Zur Klärung der im Beschwerdefall relevanten Rechtsfragen war die ohne nähere Begründung beantragte mündliche Verhandlung entbehrlich, weshalb von ihr gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen wurde.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte