Normen
GSVG 1978 §25 Abs1 idF 1987/610;
GSVG 1978 §25 Abs1 idF 1987/610;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Aufgrund des Antrages der Beschwerdeführerin vom 26. Februar 1996 stellte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in ihrem Bescheid vom 6. März 1996 gemäß § 194 GSVG i.V.m. § 410 ASVG fest, daß die Beitragsgrundlage für das Jahr 1995 gemäß § 25 GSVG in der Pensions- und Krankenversicherung eine Höhe von S 280.848,-- habe. Nach der Begründung dieses Bescheides weise der Einkommensteuerbescheid 1992 der Beschwerdeführerin, der für die Beitragsgrundlagenbildung 1995 maßgeblich sei, Einkünfte aus Gewerbebetrieb von S 189.768,-- und einen Investitionsfreibetrag von S 29.671,--, sohin Einkünfte von S 219.439,-- auf. Die im Jahre 1992 vorgeschriebenen Beiträge zur Kranken- und Pensionsversicherung betrügen S 22.690,--. Die monatliche Beitragsgrundlage für Jänner bis März 1995 betrage demnach S 22.048,-- und für die Monate April bis Dezember 1995 S 23.856,--; dies ergebe eine Jahresbeitragsgrundlage von S 280.848,--.
Die Beschwerdeführerin erhob Einspruch. Darin führte sie aus, die mitbeteiligte Partei habe entgegen § 25 Abs. 2 Z. 2 GSVG den Veräußerungsgewinn nicht aus der Beitragsgrundlage ausgenommen. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1992 weise Veräußerungsgewinne in Höhe von S 189.768,-- auf. Der Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen. Im Gegensatz zu der dem § 25 GSVG zugrundeliegenden Überlegung habe dieser Veräußerungsgewinn keinerlei tatsächliche Geldflüsse zugunsten der Beschwerdeführerin hervorgerufen, sondern liege lediglich ein "finanztechnisches Rechenbeispiel" vor.
Die mitbeteiligte Partei legte diesen Einspruch der belangten Behörde vor und führte im Begleitschreiben vom 18. April 1996 aus, daß die Beschwerdeführerin erwerbstätige Pensionistin sei und aufgrund mehrerer aufrechter Gewerbeberechtigungen in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG pflichtversichert sei. Der im Einkommensteuerbescheid 1992, welcher für die Bildung der Beitragsgrundlage 1995 maßgeblich sei, festgestellte Veräußerungsgewinn in Höhe von S 189.768,-- sei nur dann geeignet, die Beitragsgrundlage gemäß § 25 Abs. 2 GSVG zu verringern, wenn der auf den Veräußerungsgewinn entfallende Betrag wieder dem Sachanlagevermögen zugeführt werde. Dies sei aber weder behauptet noch in geeigneter Form nachgewiesen worden.
Die Beschwerdeführerin legte mit Schreiben vom 20. Mai 1996 der Einspruchsbehörde den Bescheid des Finanzamtes Bruck an der Mur vom 26. Mai 1995 betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für 1992 vor und führte dazu aus, daß keinerlei dem § 24 EStG zu unterstellender Ertragsvorgang vonstatten gegangen sei und es keinerlei Vermehrung im Vermögen der Beschwerdeführerin gegeben habe. Es habe schlichtweg der gegenständliche Betrieb aufgehört zu existieren.
Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft antwortete mit Schreiben vom 10. Juni 1996. Sie führte aus, daß die Beschwerdeführerin durch Aufgabe des Gewerbebetriebes, nämlich der gewerblichen Nutzung des ersten Stockes des Wohnhauses als Fremdenpension, den gewerblich genutzten Teil des Hauses ins Privatvermögen rückgeführt habe. Es liege sohin eine durch Betriebsaufgabe erfolgte steuerrechtlich relevante Vermögensverschiebung vor.
Die Beschwerdeführerin hielt dem mit Schreiben vom 5. Juli 1996 entgegen, daß zwar allenfalls ein steuerlich relevanter Tatbestand vorliege, dies jedoch nichts an dem Umstand ändere, daß zufolge Personen- und Vermögensidentität des Einzelunternehmers es zu keiner Verschiebung von Geldwerten gekommen sei.
Die mitbeteiligte Partei wies im Schreiben vom 24. Juli 1996 darauf hin, daß gemäß § 25 GSVG alle jene Einkünfte aus einer die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit die Beitragsgrundlage bildeten, welche auch einkommensteuerrechtlich als solche erfaßt würden.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch keine Folge und stellte fest, daß für die Beschwerdeführerin die Beitragsgrundlage für das Kalenderjahr 1995 gemäß § 25 GSVG in der Pensions- und Krankenversicherung eine Höhe von S 280.848,-- aufweise. In der Begründung des Bescheides führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsverfahrens und Wiedergabe der anzuwendenden Gesetzesbestimmungen aus, die Beschwerdeführerin sei erwerbstätige Pensionistin und aufgrund mehrerer Gewerbeberechtigungen in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG pflichtversichert. Die Erwerbsauskünfte (wohl Erwerbseinkünfte) laut Einkommensteuerbescheid 1992, welcher für die Bildung der Beitragsgrundlage 1995 maßgeblich sei, beinhalteten einen Veräußerungsgewinn von S 189.768,--. Veräußerungsgewinne stellten einen durch einen einmaligen Ertragsvorgang bewirkten Gewinnbestandteil dar, weil auch die Verwertung des Vermögens durch Veräußerung noch zur selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne einer Abwicklungstätigkeit zu zählen sei. Ein Veräußerungsgewinn sei eine betriebliche Einkunftsart, weshalb er einkommensteuerlich relevant sei. Es seien derartige Erwerbseinkünfte jedoch gemäß § 25 Abs. 2 GSVG nur dann (gemeint: insofern) geeignet, die Beitragsgrundlage zu verringern, als der auf den Veräußerungsgewinn entfallende Betrag wieder dem Sachanlagevermögen zugeführt werde. Daß der auf den Veräußerungsgewinn entfallende Betrag wieder dem Sachanlagevermögen zugeführt worden sei, habe die Beschwerdeführerin weder behauptet noch in geeigneter Form nachgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die der Sache nach Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid insoferne beschwert, als in der Beitragsgrundlage für 1995 auch der in Rede stehende Veräußerungsgewinn in Höhe von S 189.768,-- enthalten sei. In der Beschwerde heißt es, die belangte Behörde übersehe, daß die Beschwerdeführerin gar keine Möglichkeit gehabt habe, die in den Privatbereich zurückgeführten Zimmer, welche nunmehr Gegenstand des Veräußerungsgewinnes seien, dem Sachanlagevermögen des Betriebes zuzuführen. Die Beschwerdeführerin habe eine gewerbliche Vermietung und Verpachtung im Gebäude ihres Bauernhauses betrieben. Aufgrund der Überschreitung der höchstzulässigen Anzahl der vermieteten Zimmer habe ein gewerbliches Unternehmen gegründet werden müssen. In weiterer Folge seien jedoch die gegenständlichen Zimmer von der Beschwerdeführerin genutzt worden, sodaß der gewerbliche Betrieb aufgegeben worden sei. Lediglich aus diesem Grunde sei in steuerlicher Sicht ein Veräußerungsgewinn zufolge Betriebsaufgabe angefallen. Tatsächlich habe dieser rein steuerlich zu betrachtende Veräußerungsgewinn keinerlei Geldfluß oder eine Vermögensverschiebung bzw. überhaupt Vermögensvermehrung auf Seiten der Beschwerdeführerin mit sich gebracht. Mangels Vermögensverschiebung zugunsten der Beschwerdeführerin sei dieser Veräußerungsgewinn nicht in die Bemessungsgrundlage zur Pflichtversicherung einzubeziehen. Da die Beschwerdeführerin bereits eine Pension beziehe und durch die nunmehr erhöhten Beiträge sich die Pension nicht mehr erhöhen würde, läge eine Härte vor. Es seien die Regelungen über das Abzugsrecht des Sanierungsgewinnes analog heranzuziehen.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Feststellung der Beitragsgrundlage nach § 25 GSVG, sofern in dieser Bestimmung nichts anderes vorgesehen ist, eine Bindung an das Einkommensteuerrecht in der Weise normiert, daß die für die Bemessung der Einkommensteuer maßgebenden Einkünfte des Pflichtversicherten aus dem drittvorangegangenen Kalenderjahr heranzuziehen sind und daß daher für die Beurteilung, welche Beträge die Einkünfte nach § 25 GSVG bilden und somit auch dafür, welche Beträge diese Einkünfte mindern, das im drittvorangegangenen Kalenderjahr geltende Einkommensteuerrecht maßgeblich ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 21. Februar 1995, Zl. 95/08/0003, m.w.N.).
Gemäß § 25 Abs. 1 GSVG sind für die Ermittlung der Beitragsgrundlage für Pflichtversicherte gemäß § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 3 GSVG, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, die durchschnittlichen Einkünfte aus einer die Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz begründenden Erwerbstätigkeit in dem dem Kalenderjahr, in das der Beitragsmonat (Abs. 10) fällt, drittvorangegangenen Kalenderjahr heranzuziehen, die auf Zeiten der Pflichtversicherung in diesem Kalenderjahr entfallen; hiebei sind die für die Bemessung der Einkommensteuer herangezogenen Einkünfte des Pflichtversicherten zugrundezulegen und, falls die Zeiten der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung voneinander abweichen, die Zeiten der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung maßgebend.
Gemäß § 25 Abs. 2 erster Satz i.d.F. der 16. Novelle zum GSVG, BGBl. Nr. 643/1989, ist die Beitragsgrundlage der gemäß Abs. 1 ermittelte Betrag
- "1. zuzüglich der auf eine Investitionsrücklage und auf einen Investitionsfreibetrag entfallenden Beträge,
- 2. vermindert um die auf einen Sanierungsgewinn und auf Veräußerungsgewinne nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes entfallenden Beträge,"
wobei eine Minderung der Beitragsgrundlage nach Z. 2 nach dem zweiten Satz dieser Gesetzesstelle in der oben genannten Fassung nur dann eintritt, wenn dies der Versicherte bis zum Ablauf des Beitragsjahres beantragt (diese Frist wurde durch die 17. Novelle zum GSVG, BGBl. Nr. 295/1990 erweitert), bezüglich der Berücksichtigung von Veräußerungsgewinnen überdies nur dann, wenn nachgewiesen wird, daß der gesamte auf derartige Gewinne entfallende Betrag dem Sachanlagevermögen eines Betriebes des Versicherten zugeführt worden ist. Diese durch die 16. Novelle zum GSVG geschaffene Rechtslage wurde durch die 18. Novelle zum GSVG, BGBl. Nr. 677/1991, insoweit geändert, als es nach der nunmehrigen Fassung des § 25 Abs. 2 zweiter Satz GSVG nicht mehr darauf ankam, daß der GESAMTE Veräußerungsgewinn dem Sachanlagevermögen eines Betriebes des Versicherten zugeführt wurde, sondern, daß eine Minderung der Beitragsgrundlage nach Z. 2 bezüglich der Berücksichtigung von Veräußerungsgewinnen auch schon soweit eintrat, als der auf derartige Gewinne entfallende Betrag (auch nur teilweise) dem Sachanlagevermögen eines Betriebes des Versicherten zugeführt worden ist. Das Erfordernis, daß der gesamte Veräußerungsgewinn dem Sachanlagevermögen zugeführt werden muß, wurde somit durch die 18. Novelle zum GSVG beseitigt.
Diese Rechtslage hat auch durch die neuerliche Änderung des § 25 Abs. 2 GSVG durch die 19. Novelle zum GSVG, BGBl. Nr. 336/1993, keine Änderung gefunden, sieht man davon ab, daß sich die Regelung nunmehr in § 25 Abs. 2 Z. 3 erster und zweiter Satz GSVG befindet.
§ 25 Abs. 1 GSVG stellt auf die "durchschnittlichen Einkünfte aus einer die Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz begründendenden Erwerbstätigkeit in dem ... drittvorangegangenen Kalenderjahr ..., die auf Zeiten der Pflichtversicherung in diesem Kalenderjahr entfallen", ab. Die Einkünfte laut Einkommensteuerbescheid müssen im drittvorangegangenen Kalenderjahr zufließen und es muß darüber hinaus die Erwerbstätigkeit, aus der diese Einkünfte stammen, im drittvorangegangenen Kalenderjahr die Pflichtversicherung begründet haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. September 1990, Zl. 88/08/0296). Ob diese Voraussetzungen vorliegen, kann anhand des angefochtenen Bescheides nicht beurteilt werden. Aus den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich, daß das von der Beschwerdeführerin ausgeübte Gastgewerbe in der Betriebsart "Frühstückspension" laut Konzessionsdekret der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur vom 20. März 1974 wegen Zurücklegung gelöscht wurde und das Ende des Gewerberechtes mit 27. Dezember 1991 festgestellt wurde. Der in Rede stehende Veräußerungsgewinn stammt aus der Aufgabe dieses Gewerbebetriebes. Aufgrund der genannten Gewerbeberechtigung unterlag aber die Beschwerdeführerin im Jahre 1992 der Pflichtversicherung weder in der Krankenversicherung (§ 7 Abs. 1 Z. 1 GSVG) noch in der Pensionsversicherung (§ 7 Abs. 2 Z. 1 leg. cit.).
Da die belangte Behörde die im Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Einkünfte ohne Rücksicht darauf berücksichtigte, ob die Erwerbstätigkeit, der diese Einkünfte entstammen, im bezeichneten Jahr die Pflichtversicherung begründete, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Im übrigen wird der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, daß nach der im erstinstanzlichen Bescheid angestellten Berechnung die "im Jahre 1992 vorgeschriebenen Beiträge zur Kranken- und Pensionsversicherung" zuerst mit S 22.690,-- angegeben, in die Berechnung jedoch mit S 22.960,-- eingesetzt wurden.
Der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Ein Ersatz der entrichteten Stempelgebühren kam wegen der sachlichen Abgabenfreiheit (§ 46 GSVG) nicht in Betracht.
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