VwGH 96/08/0035

VwGH96/08/003514.1.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den aufgrund des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 20. Dezember 1995, Zl. Abt. 12/7022/71O0 B, betreffend Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §4 Abs2;
UOG 1975 §43;
ASVG §4 Abs2;
UOG 1975 §43;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte am 13. Februar 1995 mit Wirkung ab 1. Februar 1995 unter Verwendung des bundeseinheitlich aufgelegten Formblattes die Gewährung von Arbeitslosengeld. Nach dem Inhalt des Antrages übte er die Tätigkeit eines Lektors an der Universität Wien aus und bezog ein Einkommen aus einem remunerierten Lehrauftrag. In der Arbeitsbescheinigung wurde festgehalten, daß der Beschwerdeführer zwar vom 1. Oktober 1983 bis 30. September 1987 als Studienassistent und vom 1. August 1989 bis 31. Jänner 1991 als Vertragsassistent, nicht hingegen in der Zeit vom 1. Februar 1991 bis 31. Jänner 1995 als Universitätsassistent arbeitslosenversichert gewesen sei. Das Dekanat der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien bestätigte, daß der Beschwerdeführer im Wintersemester 1994/95 gemäß § 38 UOG mit der Abhaltung von zwei je zweistündigen remunerierten Lehraufträgen und im Sommersemester 1995 mit einem zweistündigen remunerierten Lehrauftrag betraut worden sei. Die Quästur der Universität Wien, Besoldungsstelle, bestätigte, daß für zwei Semesterwochenstunden "lit. a gemäß § 2 Bundesgesetz über die Abgeltung von Lehr- und Prüfungstätigkeit an Hochschulen, BGBl. 463/1964" in der Zeit vom 1. April bis 30. September 1995 S 35.690,20 zur Auszahlung gelangen würden, sofern keine Umsatzsteuerpflicht gegeben sei.

Mit Bescheid vom 8. Juni 1995 gab das Arbeitsmarktservice-Versicherungsdienste Wien dem Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Arbeitslosengeld keine Folge. In der Begründung wurde ausgeführt, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, daß der Beschwerdeführer laufend in einem Dienstverhältnis stehe, das über der Geringfügigkeitsgrenze entlohnt sei.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Darin führte er aus, daß er im Zeitraum seiner Arbeitslosigkeit zwar geringfügige Einkünfte beziehe, allerdings in keinerlei Dienstverhältnis stehe. Seit 1. Februar 1995 sei er arbeitslos, weil das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis als Universitätsassistent an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien am 31. Jänner 1995 aufgrund Ablaufs der vierjährigen Bestellungsdauer geendet habe. Seither gehe er zwei Tätigkeiten nach, nämlich einerseits Abhaltung einer Pflichtübung an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien von zwei Wochenstunden im Rahmen eines Lehrauftrages gemäß § 43 UOG für das Sommersemester 1995, der nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Abgeltung von Lehr- und Prüfungstätigkeit an Hochschulen remuneriert werde, und andererseits Abhaltung eines Kurses im Rahmen des zweiten Bildungsweges des Wiener Volksbildungsvereines

(VHS Stöbergasse), auf der Basis eines Werkvertrages über acht Unterrichtseinheiten zu je drei Stunden vom 20. Februar bis 8. Mai 1995, der mit insgesamt S 6.624,-- entlohnt werde. Diese Tätigkeiten beruhten einerseis auf einem Werkvertrag und andererseits auf einer bescheidförmigen Erteilung eines remunerierten Lehrauftrages, die nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 43 UOG kein Dienstverhältnis begründe. Seine Tätigkeit sei daher mangels eines Dienstverhältnisses notwendigerweise als "selbständig" zu bewerten.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung keine Folge und bestätigte den angefochtenen Bescheid. Nach Zitierung der anzuwendenden Gesetzesbestimmungen und Zusammenfassung des Verwaltungsgeschehens wurde ausgeführt, daß der Beschwerdeführer im Zeitpunkt seiner Geltendmachung (1. Februar 1995) in einem arbeitslosenversicherungspflichtigen Dienstverhältnis zur Universität Wien als Lehrbeauftragter gestanden sei. Als solcher gelte er gemäß § 12 Abs. 3 lit. h AlVG insbesondere (auch) in den Semester- und Sommerferien nicht als arbeitslos.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Sowohl unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch einer solchen infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften führt der Beschwerdeführer aus, die belangte Behörde habe ihre Entscheidung im wesentlichen damit begründet, daß die Novellierung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes durch die Novelle aus dem Jahre 1994 (BGBl. Nr. 25/1994) insofern eine Klarstellung gebracht hätte, daß Lehrbeauftragte "sogar auch" in den Sommer- und Semesterferien als nicht arbeitslos im Sinne des § 12 Abs. 3 ASVG gälten. Die belangte Behörde schließe daraus, daß Lehrbeaufbetragte in jedem Fall aufgrund der Begründung eines Dienstverhältnisses als nicht arbeitslos zu gelten hätten. Durch diese Bestimmung sollte klargestellt werden, daß - wenn jemand aufgrund seiner Tätigkeit als Lehrbeauftragter in einem Dienstverhältnis stehe - er auch für die unterrichtsfreie Zeit der Sommer- und Semesterferien nicht als arbeitslos gelten solle, da für diese Zeit sehr wohl eine Versicherungspflicht nach dem ASVG gegeben sei. Diese Bestimmung allein bedeute jedoch keinesfalls, daß ein Lehrbeaufbetragter in jedem Fall als Dienstnehmer zu qualifizieren sei, vielmehr bedürfe es der Prüfung des Einzelfalles, ob die Kriterien für die Annahme der Dienstnehmereigenschaft vorlägen. Das Ende seiner Tätigkeit als Universitätsassistent begründe seine Arbeitslosigkeit. Im Rahmen des remunerierten Lehrauftrages von zwei Wochenstunden sei er nicht nur im Hinblick auf dessen Inhalt wegen der damit verbundenen - zeitlich und umfangmäßig wohl beschränkten - akademischen Lehrbefugnis frei, sondern auch weitestgehend in organisatorischer Hinsicht: Zeitpunkt, Ort und konkrete Abwicklung der Pflichtübung richteten sich ausschließlich nach seinem Ermessen bzw. den realen Gegebenheiten, wie der Zurverfügungstellung freier Hörsäle. Der Vollständigkeit halber sei hinzuzufügen, daß bei einem derartig geringen Einkommen von wirtschaftlicher Abhängigkeit nicht die Rede sein könne. Seine Tätigkeit wäre richtigerweise als die einer selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne des § 12 Abs. 6 lit. c AlVG zu qualifizieren gewesen. Daher wäre auch die in diesem Absatz geregelte Berechnung für die Geringfügigkeitsgrenze heranzuziehen und seinem Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld stattzugeben gewesen.

Vorerst ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, daß im angefochtenen Bescheid nicht angeführt wird, daß er sich auf die durch die "Novelle aus dem Jahr 1994 (BGBl. 1994/25)" eingeführten Bestimmungen des AlVG stützt. Die belangte Behörde begründete die Abweisung des gegenständlichen Antrages mit der durch die Novelle BGBl. Nr. 817/1993 eingeführten Bestimmung des § 12 Abs. 3 lit. h AlVG.

Im Beschwerdefall steht nicht im Streit, daß der Beschwerdeführer als Lehrbeauftragter an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien im Wintersemester 1994/95 zwei je zweistündige remunerierte Lehraufträge abgehalten hat. Während der Semesterferien vom

1. bis 28. Februar 1995 wurde von ihm keine Lehrveranstaltung abgehalten. Im Sommersemester 1995 wurde er mit der Abhaltung eines zweistündigen remunerierten Lehrauftrages betraut. Für diesen sollten in der Zeit vom 1. April bis 30. September 1995

S 35.690,20 zur Auszahlung gelangen, sofern keine Umsatzsteuerpflicht gegeben ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich wiederholt mit der Versicherungspflicht von Lehrbeauftragten an Hochschulen bzw. Universitäten beschäftigt. Er hat dabei - noch unter der Geltung des Hochschulorganisationsgesetzes - in seinem Erkenntnis vom 4. Dezember 1957, Slg. Nr. 4495/A, die Tätigkeit einer Person als Träger eines remunerierten Lehrauftrages im Sinne des § 18 des genannten Gesetzes als der Versicherungspflicht unterliegend angesehen (so auch im Erkenntnis vom 7. September 1979, Zl. 1104/77). Auf dem Boden dieser Rechtsprechung ging der Verwaltungsgerichtshof in der Folge auch davon aus, daß die Tätigkeit von Personen, die nach § 38 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit Abs. 4 UOG mit der Abhaltung bestimmter Lehrveranstaltungen wissenschaftlichen Charakters aufgrund eines remunerierten Lehrauftrages gemäß § 43 UOG betraut sind, diesbezüglich ebenfalls nach § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG versicherungspflichtig seien. Diese Rechtsauffassung liege auch dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1983, G 49/82, zugrunde. Der letzte Satz im § 38 Abs. 4 UOG, wonach "ein Dienstverhältnis jedoch nicht begründet wird", schließe die erwähnte sozialversicherungsrechtliche Qualifikation nicht aus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1985, Slg. Nr. 11648/A).

Das Beschwerdevorbringen bietet keinen Anlaß zu einer anderen Beurteilung. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1991, Zl. 89/08/0097, geht schon deswegen fehl, weil ihm ein anderer Sachverhalt zugrundeliegt. Der Beschwerdeführer dieses Verfahrens hat als Universitätsdozent Lehrveranstaltungen abgehalten und wurde ihm kein remunerierter und auch kein nichtremunerierter Lehrauftrag erteilt.

Das durch die Ausübung des erteilten Lehrauftrages begründete Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG und § 1 Abs. 1 AlVG endete jeweils mit Ablauf des Semesters (vgl. hiezu das oben zitierte hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1985). Der Beschwerdeführer stand daher entgegen der Meinung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid im Zeitpunkt der Antragstellung am 1. Februar 1995 (ebenso wie nach Beendigung des Sommersemesters 1995) nicht in einem arbeitslosenversicherungspflichtigen Dienstverhältnis. Er war deshalb mit Ende des Wintersemesters 1994/95 bzw. Sommersemesters 1995 an sich arbeitslos im Sinne des § 7 und § 12 Abs. 1 AlVG. Nach § 12 Abs. 1 AlVG ist nämlich arbeitslos, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat. Diese Definition wird aber durch die weiteren Absätze des § 12 AlVG zum Teil näher ausgeführt, zum Teil aber auch modifiziert. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 20. Oktober 1992, Zl. 92/08/0047, VwSlg. Nr. 13723/A) setzt daher die Annahme der Arbeitslosigkeit im Sinne des § 12 AlVG voraus, daß einerseits - sieht man von den Bestimmungen der Absätze 7 und 8 ab - das Beschäftigungsverhältnis des Anspruchswerbers, an das die Arbeitslosenversicherungspflicht anknüpft, beendet ist, und andererseits weder ein Fall des § 12 Abs. 3 lit. c, e, f, g und h AlVG vorliegt, noch der Anspruchwerber eine (nicht unter einen der Tatbestände des § 12 Abs. 6 AlVG fallende) neue Beschäftigung gefunden hat. Im Beschwerdefall war aber der Tatbestand des § 12 Abs. 3 lit. h AlVG, wonach ein Lehrbeauftragter in den Semester- und Sommerferien nicht als arbeitslos im Sinne des Abs. 1 gilt, gegeben.

Die Beschwerde war daher - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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