VwGH 96/07/0161

VwGH96/07/016110.6.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Rose, über die Beschwerde des G in F, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 26. Juni 1996, Zl. KUVS-K1-1143/12/95, betreffend Übertretung des AWG (weitere Partei: Bundesminister für Umwelt), zu Recht erkannt:

Normen

AWG 1990 §15 Abs1;
AWG 1990 §39 Abs1 lita Z1;
AWG 1990 §45 Abs2;
SAG §14;
AWG 1990 §15 Abs1;
AWG 1990 §39 Abs1 lita Z1;
AWG 1990 §45 Abs2;
SAG §14;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.650,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 26. Juni 1996 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, als Inhaber der Firma G mit dem Standort in F am 28. September 1994 von der Z 519 kg gebrauchte Ölbindematerialien der Schlüsselnummer 54.926, welche gemäß Ö-Norm S 2101 als gefährlicher Abfall gelten, übernommen zu haben, ohne im Besitz einer hiefür erforderlichen Erlaubnis des Landeshauptmannes für Kärnten gewesen zu sein. Er habe deshalb die Bestimmung des § 39 Abs. 1 lit. a Z. 1 iVm § 15 Abs. 1 AWG verletzt. Über ihn wurde eine Geldstrafe von S 50.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 30 Stunden) gemäß § 39 Abs. 1 lit. a Z. 1 AWG verhängt. In der Begründung führte die belangte Behörde hiezu aus, dem Beschwerdeführer sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 8. November 1988 gemäß § 14 Sonderabfallgesetz, BGBl. Nr. 186/1983, die Bewilligung zur Errichtung und Inbetriebnahme einer mobilen Drehofenanlage zum Aufglühen von kontaminiertem Erdreich gemäß einem Projekt der H-GesmbH vom Juni 1988 unter gleichzeitiger Vorschreibung zahlreicher Bedingungen und Auflagen erteilt worden. Im Punkt 1) dieses Bescheides sei normiert worden, daß die Genehmigung sich auf Sonderabfälle der Schlüsselnummer

31.423 gemäß Ö-Norm S 2100 (Ausgabe 6/83) einschließlich solcher vergleichbarer Sonderabfälle, die aus der Art des die Kontaminierung bewirkenden Mediums, der Art des kontaminierten Materials bzw. zu erwartenden Verhaltens während des Dekontaminationsprozesses nach Maßgabe der Auflagenpunkte 3., 4. bzw. 6. keine Überschreitung von Emissionswerten erwarten ließen und in der oben genannten Schlüsselnummer assimilierbar seien, erstrecke. Im Auflagenpunkt 16. sei festgeschrieben, daß unbeschadet sonstiger und darüber hinausgehender Bedingungen und Auflagen durch die im Anlaßfall tätige Behörde für die Zwischenlagerung des kontaminierten Materials die Aufbringung einer mindestens 5 cm dicken Auflagenschicht aus ölbindendem Material (Ölbindepulver oder -granulat, Sägespäne) vorzunehmen sei. Am 28. September 1994 habe der Beschwerdeführer von der Z 519 kg gebrauchte Ölbindematerialien (Schlüsselnummer 54.926) übernommen. Die Übernahme sei getrennt derart erfolgt, daß die gebrauchten Ölbindematerialen - entgegen dem vom Beschwerdeführer erstmals im Berufungsverfahren erstatteten Vorbringen - nicht vermischt mit 5.036 kg der Abfallarten ölverunreinigte Böden (Schlüsselnummer 31.423) übernommen worden seien. Für die genannten übernommenen Abfallarten seien nämlich unbestrittenermaßen zwei getrennte Begleitscheine ausgestellt worden. Das Vorliegen eines eigenen Begleitscheines für die Abfallart gebrauchte Ölbindematerialien sei eindeutig als Indiz für eine getrennte Übernahme der angeführten Abfallarten anzuführen. Die gebrauchten Ölbindematerialien seien gefährlicher Abfall im Sinne des § 15 Abs. 1 AWG. Das Vorliegen einer nach dieser Gesetzesstelle erteilten Sammler- und Behandlererlaubnis betreffend den in Rede stehenden gefährlichen Abfall (gebrauchte Ölbindematerialien) sei selbst nicht einmal vom Beschwerdeführer behauptet worden. Aus dem Bescheid vom 8. November 1988, auf welchen sich der Beschwerdeführer berufen habe, könne der Beschwerdeführer eine Berechtigung nicht ableiten. Bei diesem Bescheid handle es sich um einen auf § 14 Sonderabfallgesetz gestützten Betriebsanlagengenehmigungsbescheid. § 14 Sonderabfallgesetz sei in der Übergangsbestimmung des § 45 Abs. 2 AWG nicht angeführt. Dieser Bescheid könne die nach § 15 AWG erforderliche Erlaubnis vorweg nicht ersetzen. Im übrigen seien die hier gegenständlichen gebrauchten Ölbindematerialien nicht als Abfälle, die aufgrund ihrer Kontamination "in die Schlüsselnummer 31.423 assimilierbar sind", anzusehen. Die Abfallart "gebrauchte Ölbindematerialien", für welche eine eigene Schlüsselnummer festgelegt sei, sei nicht vom genannten Bewilligungsbescheid umfaßt. Der dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tatbestand sei daher aus objektiver Sicht hinreichend erwiesen. Es liege auch kein - wie vom Beschwerdeführer behauptet - Rechtsirrtum vor. Dem Beschwerdeführer sei behördlicherseits mehrfach mitgeteilt worden, daß die Übernahme von gebrauchten Ölbindemitteln in der Bewilligung keine Deckung finde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid "in den gesetzlich gewährleisteten Rechten, entgegen den Bestimmungen des § 39 Abs. 1 lit. a Z. 1 in Verbindung mit § 15 Abs. 1 sowie § 39 Abs. 1 lit. a AWG sowie auf eine fehlerfreie Handhabung des bei der Festlegung der Strafe auszuübenden Ermessens gemäß der Bestimmung des § 19, 20, 21 VStG" verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 39 Abs. 1 lit. a Z. 1 des am 1. Juli 1990 in Kraft getretenen Abfallwirtschaftsgesetzes (AWG) begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von S 50.000,-- bis S 500.000,-- zu bestrafen, wer die Tätigkeit eines Abfall(Altöl-)sammlers oder Abfall(Altöl-)behandlers ausübt, ohne im Besitz der gemäß § 15 Abs. 1 erforderlichen Erlaubnis zu sein, oder sie entgegen § 15 Abs. 5 und 6 oder nach einer Entziehung gemäß § 15 Abs. 8 ausübt.

Gemäß § 15 Abs. 1 leg. cit. bedarf, wer gefährliche Abfälle oder Altöle sammelt (abholt oder entgegennimmt) oder behandelt (verwertet, ablagert oder sonst behandelt), hiefür einer Erlaubnis des Landeshauptmannes. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn die fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie die Verläßlichkeit in bezug auf die auszuübende Tätigkeit nachgewiesen werden.

Gemäß § 45 Abs. 2 leg. cit. gelten Erlaubnisse und Konzessionen, die aufgrund des § 11 des Sonderabfallgesetzes, aufgrund der §§ 8 und 10 des Altölgesetzes 1986 sowie aufgrund des § 248a der Gewerbeordnung 1973 erteilt wurden, als Erlaubnisse im Sinne des § 15.

Ausgehend von dieser Rechtslage erweist sich der angefochtene Bescheid aus folgenden Gründen als rechtswidrig:

Dem Beschwerdeführer wurde zur Last gelegt, gefährlichen Abfall übernommen zu haben, ohne im Besitz einer hiefür erforderlichen Erlaubnis des Landeshauptmannes von Kärnten gewesen zu sein. Gestützt wurde dieser Vorwurf auf den gemäß § 14 Sonderabfallgesetz, BGBl. Nr. 186/1983, erlassenen Betriebsanlagengenehmigungsbescheid "zur Errichtung und Betriebnahme einer mobilen Drehrohrofenanlage zum Aufglühen von kontaminiertem Erdreich gemäß einem Projekt der H-GesmbH vom Juni 1988" des Landeshauptmannes von Kärnten vom 8. November 1988. Aus diesem Betriebsanlagengenehmigungsbescheid kann jedoch nicht abgeleitet werden, ob im hier maßgeblichen Zeitraum der Beschwerdeführer im Besitze einer Erlaubnis gemäß § 15 Abs. 1 AWG oder einer Erlaubnis bzw. Konzession im Sinne des § 45 Abs. 2 AWG war, welche als Erlaubnisse im Sinne des § 15 AWG gelten. Zielführende Ermittlungen, ob der Beschwerdeführer eine derartige Erlaubnis im hier maßgeblichen Zeitpunkt besessen hat, wurden von den Strafbehörden jedoch nicht durchgeführt. Dies wäre im vorliegenden Fall aber schon deshalb erforderlich gewesen, weil der Beschwerdeführer schon in seinen ersten Stellungnahmen gegenüber der Behörde darauf hingewiesen hat, zur Übernahme des im Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 14. August 1995 näher beschriebenen gefährlichen Abfalles legitimiert zu sein (Mitteilung des Gendarmeriepostens Bleiburg vom 29. Oktober 1994; Vernehmung vor der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 2. Februar 1995). Auch aus dem Briefkopf der vom Beschwerdeführer an die Behörden gerichteten Schreiben ("Firma G-Sondermüllentsorgung") und aus seiner Einvernahme vor der belangten Behörde in der Berufungsverhandlung vom 21. März 1996, in welcher er ausdrücklich darlegt "Ich bin im Besitz einer entsprechenden Bewilligung. Ich betreibe dieses Geschäft seit 5.2.1974.", ergibt sich, daß der Beschwerdeführer offenkundig von einer Erlaubnis oder Konzession ausgeht, die gemäß § 45 Abs. 2 AWG mit Inkrafttreten dieses Gesetzes als solche im Sinne des § 15 AWG gilt. Die vom Verwaltungsgerichtshof zur Prüfung der Frage, ob ein wesentlicher Verfahrensmangel vorliegt (vgl. hiezu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, Seite 543, referierte hg. Rechtsprechung), durchgeführten Ermittlungen haben ergeben, daß dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 30. Oktober 1989, Zl. Gew-1528/5/1989, tatsächlich eine Konzession erteilt worden ist, die ihrem Wortlaut nach den Tatbestandsmerkmalen des mit der Gewerberechtsnovelle 1988 eingeführten § 248a Abs. 1 Z. 1 und 2 GewO 1973 (Konzessionspflicht der Sonderabfallsammler und -beseitiger, Altölsammler und -verwerter) entspricht.

Dadurch, daß die belangte Behörde das Fehlen einer Erlaubnis im Sinne des § 15 Abs. 1 AWG deshalb angenommen hat, weil sich aus dem Betriebsanlagengenehmigungsbescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 8. November 1988 eine solche nicht ableiten lasse, und weitere Ermittlungen zur Feststellung dieses Tatbestandsmerkmales trotz sachverhaltsmäßig indizierter gegenteiliger Anhaltspunkte unterlassen hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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