Normen
AVG §58 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
StbG 1985 §10;
StbG 1985 §11;
AVG §58 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
StbG 1985 §10;
StbG 1985 §11;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 7. Dezember 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines als Konventionsflüchtling anerkannten irakischen Staatsangehörigen, vom 24. April 1992 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß §§ 10 und 11 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG) abgewiesen.
Der Beschwerdeführer lebe seit April 1980 in Österreich und habe seither lediglich etwa 46 Monate versicherungspflichtige Tätigkeiten ausgeübt. Er habe bei einer Reihe von Dienstgebern relativ kurzfristig gearbeitet und sei dazwischen immer wieder arbeitslos gewesen. Seit 1991 arbeite der Beschwerdeführer jeweils sechs Monate als Saisonbadewart bei der Gemeinde Wien und beziehe den Rest des Jahres Arbeitslosenunterstützung. Es liege zwar kein Einbürgerungshindernis gemäß § 10 Abs. 1 StbG vor, jedoch sehe sich die belangte Behörde nicht in der Lage, das ihr gemäß § 11 leg. cit. eingeräumte Ermessen zugunsten des Beschwerdeführers auszuüben. Im Hinblick auf den Umstand, daß der Beschwerdeführer während seines bisher 15-jährigen Aufenthaltes in Österreich lediglich etwa vier Jahre in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis gestanden sei, erscheine es der Verleihungsbehörde unumgänglich, dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zu geben, seine Integrationswilligkeit, was die Eingliederung in den österreichischen Arbeitsmarkt betreffe, noch einige Zeit unter Beweis zu stellen. Dies umso mehr, als dem Bewerber als Konventionsflüchtling ein wesentlich leichterer Zugang zum Arbeitsmarkt offenstehe und er im Hinblick auf sein jugendliches Alter und seine guten Deutschkenntnisse sicher in der Lage sei, eine seinen Lebensunterhalt und seine spätere Pensionsvorsorge sichernde Beschäftigung zu finden.
Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 11 StbG hat sich die Behörde bei der Ausübung des ihr im § 10 leg. cit. für die Verleihung der Staatsbürgerschaft eingeräumten freien Ermessens von Rücksichten auf das allgemeine Wohl, die öffentlichen Interessen und das Gesamtverhalten der Partei leiten zu lassen. Bei der Verleihung der Staatsbürgerschaft ist gegebenenfalls besonders auf den Umstand Bedacht zu nehmen, daß der Fremde Flüchtling im Sinne der Konvention vom 28. Juli 1951, BGBl. Nr. 55/1955, oder des Protokolls, BGBl. Nr. 78/1974, über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ist.
Die Behörde hat ihre Ermessensentscheidung so zu begründen, daß eine Überprüfung, ob sie von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat, möglich ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 9. April 1997, Zl. 95/01/0392).
Die belangte Behörde hat bei der Ausübung des freien Ermessens zu Lasten des Beschwerdeführers berücksichtigt, daß dieser während seines bisher 15-jährigen Aufenthaltes im Inland insgesamt nur etwa vier Jahre versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei, obwohl er als - im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides 36-jähriger - Konventionsflüchtling einen erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt habe und gut Deutsch spreche. Sie hat dem Beschwerdeführer somit vorgeworfen, trotz der ihm offenstehenden Möglichkeit, grundlos nicht auf Dauer (bzw. ohne allzu lange Unterbrechungen) gearbeitet zu haben.
Im Rahmen des Ermessenskriteriums des "Gesamtverhaltens" kann eine derartige mangelnde Arbeitsmoral zwar durchaus berücksichtigt werden, doch beruhen die dieser Annahme zugrundeliegenden Feststellungen vorliegend nicht auf einem mängelfreien Verfahren. Der Beschwerdeführer, der sich in der Beschwerde auf die Schwierigkeit für einen Ausländer seines Alters, einen Dauerarbeitsplatz zu finden, beruft, wurde im Verwaltungsverfahren nicht gefragt, warum er bisher nur in den festgestellten Zeiträumen gearbeitet und ob er sich - vergeblich - um ein längerfristiges Arbeitsverhältnis bemüht habe. Unter Berücksichtigung der seit geraumer Zeit gespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt kann aber allein aus dem Umstand, daß eine Person bisher jeweils nur kurzfristig gearbeitet hat, nicht ohne weitere Erhebungen geschlossen werden, daß sich diese Person nicht ausreichend um einen Arbeitsplatz bemüht hat.
Es sei hinzugefügt, daß die belangte Behörde nicht - wie die Beschwerde vermeint - auf die Anzahl der erworbenen Sozialversicherungsmonate abgestellt hat, sondern auf die Monate der tatsächlichen Beschäftigung. Beim Vorbringen, der Beschwerdeführer habe tatsächlich etwas länger gearbeitet, handelt es sich um eine im Verwaltungsverfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerung. Den im Beschwerdeverfahren durch eine Urkunde belegten Besuch eines Umschulungskurses ab 22. Jänner 1996 konnte die belangte Behörde schon aus zeitlichen Gründen in ihrem am 27. Dezember 1995 (Zustellung an den Beschwerdeführer) erlassenen Bescheid nicht berücksichtigen.
Im übrigen hat die belangte Behörde die Flüchtlingseigenschaft, die Aufenthaltsdauer und die guten Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers zwar festgestellt und zur Unterstützung ihrer Argumentation betreffend die mangelnde Arbeitsmoral des Beschwerdeführers herangezogen, jedoch nicht ausgeführt, ob und mit welchem Stellenwert sie diese Tatsachen bei der Ermessensentscheidung auch zu Gunsten des Beschwerdeführers berücksichtigt hat, bzw. warum sie durch die gegen den Beschwerdeführer sprechenden Umstände überwogen werden.
Wegen der aufgezeigten Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes und des dargestellten Begründungsmangels war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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