VwGH 95/20/0586

VwGH95/20/058618.9.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Nowakowski und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des H in Münchendorf, vertreten durch Winkler, Reich-Rohrwig, Elsner, Rechtsanwälte-Partnerschaft in Wien I, Gonzagagasse 14, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 27. Juli 1995, Zl. Wa-95/95, betreffend Ausstellung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §67;
B-VG Art130 Abs2;
VwRallg;
WaffG 1986 §17 Abs2;
WaffG 1986 §18;
WaffG 1986 §7;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §67;
B-VG Art130 Abs2;
VwRallg;
WaffG 1986 §17 Abs2;
WaffG 1986 §18;
WaffG 1986 §7;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 20. Jänner 1995 wies die Bezirkshauptmannschaft Mödling den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Waffenpasses ab.

Die belangte Behörde gab der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Berufung mit dem angefochtenen Bescheid nicht Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof - nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde - erwogen hat:

§ 17 Abs. 2 und § 18 des im Beschwerdefall anzuwendenden

WaffG 1986, BGBl. Nr. 443, lauten:

§ 17

...

(2) Die Behörde hat einer verläßlichen Person, die das 21. Lebensjahr vollendet hat, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt und einen Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen nachweist, einen Waffenpaß auszustellen. Die Ausstellung eines Waffenpasses an andere verläßliche Personen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, liegt im Ermessen der Behörde; ebenso die Ausstellung an Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, soweit diese den Nachweis des beruflichen Bedarfes erbringen.

...

§ 18

Ein Bedarf im Sinne des § 17 Abs. 2 ist insbesondere als gegeben anzunehmen, wenn eine Person glaubhaft macht, daß sie außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder ihrer eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann.

Die belangte Behörde hat - wie schon die Behörde erster Instanz - die Verläßlichkeit des Beschwerdeführers im Sinne des § 17 Abs. 2 WaffG 1986 nicht in Frage gestellt und einen Rechtsanspruch des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Waffenpasses gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 WaffG 1986 mit der Begründung verneint, der Beschwerdeführer habe keinen Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen nachgewiesen.

Die Beschwerde hält dem zunächst folgendes entgegen:

"Die belangte Behörde hat es unterlassen, den bescheinigten und festgestellten Sachverhalt entsprechend zu würdigen.

Bezeichnend ist, daß weder im erstinstanzlichen Bescheid noch im Berufungsbescheid durch die Behörden die Ansicht vertreten wird, daß die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Geschäftsführer, insbesondere des Nachtlokales im 1. Bezirk, keine gefahrengeneigte Tätigkeit sei. Es finden sich auch keinerlei Hinweise darauf, daß den Gefahren, welchen der Beschwerdeführer aufgrund seiner Tätigkeit als Geschäftsführer des Nachtlokales sowie aufgrund der von ihm durchzuführenden Kassenbotengänge ausgesetzt ist, auf andere Art und Weise als durch Waffengewalt wirksam begegnet werden könnte.

Der Beschwerdeführer hat daher einen Sachverhalt bescheinigt und wurde dieser Sachverhalt auch festgestellt, welcher grundsätzlich als entsprechend gefährlich zu betrachten ist."

In teilweisem Widerspruch dazu wird an anderer Stelle der Beschwerde ausgeführt:

"Die belangte Behörde und die Erstbehörde sind infolge vorgreifender Beweiswürdigung auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Berufung hinsichtlich der allgemeinen Gefahrengeneigtheit, welche mit dem Betrieb eines Nachtlokales verbunden sind, nicht eingegangen ...

Die Richtigkeit der vom Beschwerdeführer erbrachten Nachweise wird in keiner Weise bezweifelt, sondern stellt sich die belangte Behörde einfach auf den Standpunkt, daß die vorgebrachten Argumente nicht dazu führen, daß der Beschwerdeführer "nahe an einen Bedarf" herankomme.

Es handelt sich daher um eine reine Scheinbegründung durch die belangte Behörde."

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wird folgendes geltend gemacht:

"Insbesondere führt ... der Umstand, daß die allgemeine Gefahrengeneigtheit des Betriebes von Nachtlokalen in keiner Weise festgestellt wird, obwohl gerade dieser Umstand zweifellos als amtsbekannt vorausgesetzt werden kann, dazu, daß der Sachverhalt hier in einem wesentlichen Punkt unvollständig angenommen wurde und einer Ergänzung bedarf. ..."

Schließlich wird zur Tätigkeit des Beschwerdeführers als Geschäftsführer eines Nachtlokals und zur "allgemeinen, bekannten Gefahrengeneigtheit des Nachtbetriebes" an einer Stelle der Beschwerde erläuternd dargelegt, "gerade in jüngster Zeit" hätten sich "häufig Vorfälle und Anschläge ereignet".

In der Berufung, auf die die Beschwerde im Zusammenhang mit dem Vorwurf "vorgreifender Beweiswürdigung" Bezug nimmt, waren die Gefahren beim Betrieb eines Nachtlokals wie folgt beschrieben worden:

"Der Umstand, daß der Transport von Bargeldbeträgen zwischen S 50.000,-- und S 500.000,-- aus einem Nachtlokal regelmäßig mit stark überdurchschnittlichen Gefahren verbunden ist, kann ebenfalls als amtsbekannt vorausgesetzt werden.

Gerade bei Nachtlokalen ist in den beteiligten Kreisen bekannt, daß höhere Bargeldbeträge transportiert werden müssen und auch bei guten Geschäftslagen (im 1. Bezirk) die Gefahr von Raubüberfällen besteht."

Damit zeigt der Beschwerdeführer - abgesehen von der behaupteten Notwendigkeit des Transports höherer Bargeldbeträge - keine konkreten, von ihm schon im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Umstände auf, bei deren Berücksichtigung seine Tätigkeit als Geschäftsführer eines Nachtlokals den Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen im Sinne des § 5 WaffG 1986 (d.h. nicht nur innerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder eingefriedeten Liegenschaften) begründen könnte. Auf die Frage, inwieweit ein solcher Bedarf - abgesehen von den Geldtransporten - in einem Fall wie dem vorliegenden überhaupt denkbar wäre, braucht angesichts der besonderen Mitwirkungspflicht des Antragstellers bei der Feststellung der behaupteten Gefahrenlage (vgl. dazu als Beispiel für viele das Erkenntnis vom 4. April 1990, Zl. 89/01/0394) ohne konkretes Vorbringen des Beschwerdeführers nicht eingegangen zu werden.

Zur Behauptung einer besonderen Gefahrenlage wegen des Transports höherer Bargeldbeträge gab der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren ergänzend an, er bringe jeweils nach 17 Uhr bzw. 18 Uhr Einnahmen aus zwei von ihm geführten Handelsbetrieben zu den Nachttresoren zweier verschiedener Bankinstitute in Wien 3 und Wien 1 und begebe sich anschließend in das von ihm geführte Nachtlokal in Wien 1, Kramergasse. Um 5 Uhr früh verlasse er dieses mit dem "überschüssigen Bargeld aus dem Tresor" und fahre zu einer Bankfiliale in Wien 11, Simmeringer Hauptstraße, wo er das Geld aus dem Tresor des Lokals im Nachttresor deponiere.

Die Beschwerdebehauptung, die belangte Behörde habe diesen Sachverhalt nicht entsprechend gewürdigt und der angefochtene Bescheid enthalte "keinerlei Hinweise darauf, daß den Gefahren, welchen der Beschwerdeführer aufgrund seiner Tätigkeit als Geschäftsführer des Nachtlokales sowie aufgrund der von ihm durchzuführenden Kassenbotengänge ausgesetzt ist, auf andere Art und Weise als durch Waffengewalt wirksam begegnet werden könnte", trifft nicht zu. Die belangte Behörde hat sich vielmehr auf den Seiten 7 (unten) bis 9 (Mitte) des angefochtenen Bescheides mit den die Geldtransporte betreffenden Verfahrensergebnissen eingehend und unter Beachtung der in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das den Betrieb einer Diskothek betreffende Erkenntnis vom 7. September 1979, Zl. 1486/79) entwickelten Kriterien auseinandergesetzt und dem Beschwerdeführer zunächst entgegengehalten, der Transport der Einnahmen aus den beiden Handelsbetrieben stelle im heutigen Geschäftsleben nichts Außergewöhnliches dar und die Situation des Beschwerdeführers gleiche in dieser Hinsicht derjenigen eines Großteils der Gewerbetreibenden. Hinsichtlich der Einnahmen aus dem Nachtlokal sei es dem Beschwerdeführer zumutbar, Teilbeträge schon vor Geschäftsschluß beim nächstgelegenen Geldinstitut im Nachttresor zu deponieren, sodaß das Ansammeln größerer Geldbeträge vermieden werde. Im besonderen sei für den Weg vom Lokal im 1. Bezirk zu einem Geldinstitut im 11. Bezirk keine Notwendigkeit erkennbar. In bezug auf die Behauptungen über den Einwurf sämtlicher Tageslosungen (aus allen drei Betrieben) in jeweils verschiedene Nachttresore seien aber auch nur solche über die Einlieferung relativ geringfügiger Beträge bei dem Bankinstitut, das der Beschwerdeführer seinen Angaben nach jeweils nach 18 Uhr aufsuche, bescheinigt worden.

Die Beschwerde enthält keine wie immer geartete Auseinandersetzung mit diesen in sich schlüssigen Ausführungen und vermag deren Rechtswidrigkeit daher nicht aufzuzeigen.

Begründen die Tätigkeiten des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit der Führung zweier Handelsbetriebe und eines Nachtlokals keinen Bedarf im Sinne der §§ 17 Abs. 2, 18 WaffG 1986, so ergibt sich ein solcher - entgegen den Ausführungen in der Beschwerde - auch nicht im Rahmen der anzustellenden "Gesamtbetrachtung" aus der bloßen unsubstantiierten und mit dem übrigen Vorbringen des Beschwerdeführers in keinem inhaltlichen Zusammenhang stehenden Behauptung einer "exponierten Wohnlage" des Beschwerdeführers.

Ist ein Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen nicht nachgewiesen, so hat die Behörde in ihrer den Antrag auf Ausstellung eines Waffenpasses abweisenden Entscheidung auch darzulegen, weshalb sie nicht gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 WaffG 1986 von dem ihr durch diese Bestimmung eingeräumten Ermessen zugunsten des Antragstellers Gebrauch macht (vgl. dazu im einzelnen Gaisbauer, ÖJZ 1987, 518 (519 f und 530 ff); aus der jüngeren Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 7. November 1990, Zl. 90/01/0030 = Slg. Nr. 13303/A).

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde dazu ausgeführt, die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Interessen kämen nicht nahe an einen Bedarf heran und die gegenläufigen öffentlichen Interessen seien im Hinblick auf die mit dem Führen von Faustfeuerwaffen evident verbundenen Gefahren gegenüber den privaten Interessen des Beschwerdeführers deutlich überwiegend.

Der Beschwerdeführer hält dem in der Beschwerde nur entgegen, es handle sich um "eine reine Scheinbegründung, da in keiner Weise dargelegt wird, weshalb im konkreten Fall das öffentliche Interesse überwiegt".

Diese Kritik ist unberechtigt, weil der Beschwerdeführer auf andere als die zur Darlegung seines vermeintlichen Bedarfs behaupteten, von der belangten Behörde in dieser Hinsicht aber richtig eingeschätzten Interessen am Führen von Faustfeuerwaffen nicht zu verweisen vermag und der Wert des nach § 7 WaffG 1986 zu berücksichtigenden öffentlichen Interesses an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahr sehr hoch zu veranschlagen ist (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 25. Juni 1968, Zl. 35/68 = Slg. Nr. 7374/A).

Die Beschwerde ist daher unbegründet und gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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