VwGH 95/19/1811

VwGH95/19/181125.4.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des N in W, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. November 1995, Zl. 108.070/2-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z2;
AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. November 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 2 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei derzeit arbeitslos. Er habe nicht um die Verlängerung seiner Beschäftigungsbewilligung angesucht. Der bei der Antragstellung angegebene Aufenthaltszweck sei daher "nicht möglich". Als Sicherung seines Unterhalts habe der Beschwerdeführer ein Sparbuch mit einem Guthaben von etwa S 88.000,-- vorgelegt. Dieses Guthaben solle auch der Familie des Beschwerdeführers den Unterhalt sichern. Eine solche Finanzierung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers sei nicht geeignet, die dauernde Sicherung seines Lebensunterhaltes im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG zu gewährleisten. Im Hinblick darauf, daß der Unterhalt des Beschwerdeführers nicht auf Dauer gesichert erscheine, überwögen die öffentlichen Interessen die durch die Anwesenheit seiner Familie im Bundesgebiet begründeten privaten Interessen des Beschwerdeführers.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

§ 5 Abs. 1 AufG lautet:

"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."

§ 10 Abs. 1 FrG lautet auszugsweise:

"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

...

2. der Sichtvermerkswerber nicht über ausreichende eigene Mittel zu seinem Unterhalt oder nicht über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt;"

Die belangte Behörde war nicht berechtigt, aufgrund des Ablaufes der Beschäftigungsbewilligung des Beschwerdeführers allein davon auszugehen, der von ihm angestrebte Aufenthaltszweck der unselbständigen Erwerbstätigkeit sei nicht zu verwirklichen. Sie wäre vielmehr gehalten gewesen, in diesem Fall nach § 5 Abs. 2 AufG vorzugehen.

Darüber hinaus wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, sich mit dem zulässigerweise ebenfalls geltend gemachten Aufenthaltszweck der Familiengemeinschaft auseinanderzusetzen.

Aus diesen Erwägungen vermag das Begründungselement, der vom Beschwerdeführer bei der Antragstellung angegebene Aufenthaltszweck sei "nicht möglich", den angefochtenen Bescheid nicht zu tragen.

Aber auch die Annahme, der Beschwerdeführer verfüge über keine ausreichenden Mittel zum Unterhalt, erweist sich als mit einem Begründungsmangel behaftet. Grundsätzlich ist ein Sparguthaben nicht von vornherein ungeeignet, den Unterhalt des Beschwerdeführers für die Dauer einer zu erteilenden Bewilligung zu sichern (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 14. Dezember 1995, Zlen. 95/19/0295 und 95/19/0296).

Der Sozialhilferichtsatz für das Bundesland Wien im Jahr 1995 betrug gemäß der Verordnung LGBl. Nr. 68/1994 für den Hauptunterstützten S 4.652,--, für den Mitunterstützten ohne Anspruch auf Familienbeihilfe S 2.388,-- und für den Mitunterstützten mit Anspruch auf Familienbeihilfe S 1.431,--.

Angesichts dieser Sätze erscheint es keinesfalls offenkundig, daß das vom Beschwerdeführer dargetane Sparguthaben zur Sicherung des Unterhaltes seiner - nach der Aktenlage dreiköpfigen - Familie etwa für eine Aufenthaltsdauer von sechs Monaten nicht ausreicht. Welche Erwägungen dieser These der Behörde zugrundeliegen, kann der Begründung des Bescheides nicht entnommen werden. Der belangten Behörde fällt somit ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß §§ 58 Abs. 2 und 60 in Verbindung mit § 67 AVG zur Last.

Aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

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