VwGH 94/12/0345

VwGH94/12/034516.4.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des Dr. P in D, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom 18. Oktober 1994, Zl. 159.417/21-III/16/94, betreffend Untersagung einer Nebenbeschäftigung, zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §43 Abs1;
BDG 1979 §51 Abs2;
BDG 1979 §56 Abs2;
BDG 1979 §43 Abs1;
BDG 1979 §51 Abs2;
BDG 1979 §56 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.990,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1951 geborene Beschwerdeführer steht in einem öffentlichen-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Soweit für dieses Beschwerdeverfahren erheblich, war er im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides Mittelschulprofessor am Bundesgymnasium XY.

Aus den Verwaltungsakten ergibt sich, daß dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Landesschulrates für Vorarlberg (in der Folge kurz: Landesschulrat) vom 21. September 1993 für die Zeit vom 13. September 1993 bis 11. September 1994 aus gesundheitlichen Gründen eine Lehrpflichtermäßigung auf die Hälfte gewährt wurde (hiezu ist vorweg zu bemerken, daß dem Verwaltungsgerichtshof die Akten des Verwaltungsverfahrens nur unvollständig vorgelegt wurden).

Für das vorliegende Beschwerdeverfahren ist relevant, daß in einem im Auftrag des Landesschulrates erstelltem amtsärztlichen Gutachten vom 27. Jänner 1994 dargelegt wurde, beim Beschwerdeführer bestehe schon seit über drei Jahren ein ausgeprägter Bluthochdruck bereits mit Folgewirkungen auf Augen, Niere und Herz. Es handle sich um eine essentielle Hypertonie mit ausgeprägtem Sympathikotonus und Neigung zu starken situativen Blutdruckanstiegen. Es lägen deutliche Hinweise für ein psychosomatisches Krankheitsgeschehen vor. Neben der Betreuung durch den praktischen Arzt bzw. Internisten sei eine nervenfachärztliche Betreuung erforderlich "mit Erlernen von Entspannungstechniken wie z.B. autogenem Training und um zu lernen wie man Streßsituationen bewältigt. Weiters werden Kuraufenthalte empfohlen. Eine Arbeitsfähigkeit für das Sommersemester 1994 ist nicht gegeben, das Wiedererlangen einer künftigen vollen Lehrverpflichtung kann nicht ausgeschlossen werden".

Der Landesschulrat teilte hierauf der Dienststelle des Beschwerdeführers mit Schreiben vom 3. Feber 1994 mit, dieses amtsärztliche Gutachten bescheinige dem Beschwerdeführer eine vorübergehende Dienstunfähigkeit für das Sommersemester 1994. Ihm werde dadurch die Gelegenheit eingeräumt, durch eine zumutbare Krankenbehandlung seinen Gesundheitszustand zu verbessern.

In einer Mitteilung der Dienststelle des Beschwerdeführers an den Landesschulrat vom 16. Februar 1994 heißt es unter anderem, der Beschwerdeführer sei für das zweite

Semester 1993/94 "krankgeschrieben" worden.

Mit Erledigung vom 23. Februar 1994 teilte der Landesschulrat dem Beschwerdeführer mit, er habe davon Kenntnis erlangt, daß er mit dem Landeskonservatorium für Vorarlberg einen Werkvertrag über eine Lehrveranstaltung "Stilkunde und Aufführungspraxis" in der Zeit vom 17. Februar bis 14. April 1994 abgeschlossen habe. Für die Lehrveranstaltung habe er sich mit Schreiben vom 7. September 1993 beim Landeskonservatorium beworben. Weiters sei einer näher bezeichneten Ankündigung zu entnehmen, daß er in der Zeit vom 23. Februar bis 23. März 1994 fünf Vorträge mit Lichtbildern und vielen Hörbeispielen in A abhalte.

Aufgrund der Tatsache, daß er infolge Krankheit vom 14. Februar bis 11. September 1994 verhindert und "auch zumindest seit 1991 zu verschiedenen Zeiten" immer wieder durch Krankheit an der Ausübung seines Dienstes verhindert gewesen sei, werde ihm gemäß § 56 BDG die Ausübung jeglicher Nebenbeschäftigung mit sofortiger Wirkung untersagt. Dies treffe insbesondere "auf die in Abs. 1 dieses Schreibens genannten Tätigkeiten zu". (Der 3. Absatz des Schreibens betrifft die Ankündigung hinsichtlich der möglichen Einleitung eines Disziplinarverfahrens).

Aus dem angefochtenen Bescheid ergibt sich weiter, daß der Beschwerdeführer in einer Eingabe vom 2. März 1994 behauptete, "daß dieses Verbot unzulässig und der Hinweis auf die Krankheit dadurch keineswegs gerechtfertigt sei", weiters, daß er mit einer Eingabe vom 7. April 1994 "die Fortsetzung" seiner Nebenbeschäftigung gemäß § 56 BDG "anmeldete", nämlich einen Kurs für Hauptschullehrer am pädagogischen Institut am 6., 13. und 20. April sowie am 18. und 25. Mai 1994 (diese Aktenteile liegen nicht vor).

Mit Bescheid vom 18. April 1994 stellte der Landesschulrat fest, "daß die Fortbildungsveranstaltung für Musiklehrer "Formen der Musik" eine unzulässige Nebenbeschäftigung im Sinne des § 56 Beamtendienstrechtsgesetz (BDG) BGBl. Nr. 333/1979 idgF darstellt" (erster Absatz des Spruches) und sprach aus, "es wird sohin das mit schriftlicher Weisung vom 23.2.1994 ausgesprochene "Verbot jeglicher Nebenbeschäftigung für die Zeit Ihrer vorübergehenden Dienstunfähigkeit infolge Krankheit vom 14.02. bis 11.09.1994" ausdrücklich aufrecht erhalten" (zweiter Absatz des Spruches).

Begründend führte die erstinstanzliche Behörde nach Hinweis auf die Lehrpflichtermäßigung aus gesundheitlichen Gründen aus, ein Lehrer, dem aus gesundheitlichen Gründen dauernd eine Ermäßigung seiner Lehrverpflichtung gewährt werden müsse, sei nicht in der Lage, seinen Dienst ordnungsgemäß zu versehen. Letzte Konsequenz wäre die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Das amtsärztliche Gutachten vom 2. Jänner 1994 (Anmerkung: gemeint wohl vom 27. Jänner 1994) "erkläre" den Beschwerdeführer für die Zeit vom 14. Februar bis 11. September 1994 vorübergehend dienstunfähig, um ihm die Möglichkeit einzuräumen, seinen Gesundheitszustand zu verbessern oder zumindest zu stabilisieren. Als ärztliche besondere Maßnahmen würden neben der Betreuung durch den praktischen Arzt bzw. Internisten eine nervenfachärztliche Betreuung (Erlernen von Entspannungstechniken, Bewältigung von Streßsituationen, ...) sowie Kuraufenthalte empfohlen. Bei den genannten Maßnahmen handle es sich um eine zumutbare Krankenbehandlung im Sinne des § 51 Abs. 2 BDG 1979. Die gegenständliche Abwesenheit vom Dienst sei nur gerechtfertigt, wenn sich der Beschwerdeführer einer Krankenbehandlung unterziehe und alles unterlasse, was dem Sinn und Zweck "des verordneten Krankenstandes" widerspreche.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung (Anmerkung: diese liegt dem Verwaltungsgerichtshof nicht vor). Die belangte Behörde ergänzte das Ermittlungsverfahren. Es lag ihr jedenfalls ein offensichtlich vom Beschwerdeführer vorgelegtes ärztliches Attest eines praktischen Arztes vom 28. Februar 1994 vor, in dem es heißt, im Falle des Beschwerdeführers seien sich die behandelnden Ärzte darüber einig, daß neben den medizinischen Therapien gerade eine sinnvolle Beschäftigung im beschränkten Ausmaß und mit positiver Resonanz angebracht sei, um die psychische Komponente der Erkrankung günstig zu beeinflussen. Bezugnehmend auf die von der Amtsärztin am 27. Jänner 1994 vorgeschlagene Psychotherapie sei festzustellen, daß die stundenweise Beschäftigung mit interessierten Erwachsenen oder Studenten in angenehmer Umgebung die beste psychologische Unterstützung für das vorliegende Krankheitsbild sei. Da es sich bei den (vom öffentlich-rechtlichen Dienstgeber nunmehr untersagten) Tätigkeiten um einen medizinisch begründeten und ärztlich angeratenen Teil der Therapie handle, werde der Landesschulrat dringend ersucht, das Verbot der Nebenbeschäftigung wieder aufzuheben. Im übrigen möge sich der Dienstgeber auch überlegen, "ob streßschaffende Maßnahmen wie Vorladungen, Auflagen, Einschränkungen, Verbote und zuletzt sogar die Androhung eines Disziplinarverfahrens geeignet sind, das so dringend notwendige psychische Gleichgewicht des Patienten wieder herzustellen" (in den erstinstanzlichen Verwaltungsakten erliegen ein weiteres Attest derselben Ärztin vom 19. Juni 1994 sowie zwei weitere Atteste anderer Ärzte vom 17. Juni 1994 und vom 26. Juni 1994).

Mit Erledigung vom 12. Juli 1994 forderte die belangte Behörde vom Landesschulrat eine ergänzende gutachtliche Äußerung (bzw. deren Einholung) ab, inwieweit eine Nebenbeschäftigung des Beschwerdeführers (Lehrveranstaltungen am Landeskonservatorium bzw. am pädagogischen Institut an Nachmittagen in der Dauer von jeweils zweieinhalb Stunden) vor dem Hintergrund des amtsärztlichen Gutachtens vom 27. Jänner 1994 und unter Berücksichtigung des privatärztlichen Attestes vom 28. Februar 1994 mit der vom Landesschulrat verfügten Lehrpflichtermäßigung bzw. "mit der Dienstbefreiung" des Beschwerdeführers aufgrund seines Krankenstandes überhaupt vereinbar sei.

Das hierauf eingeholte amtsärztliche Gutachten vom 23. September 1994 kam (soweit für den Beschwerdefall erheblich) zur Beurteilung, der Beschwerdeführer sei aus amtsärztlicher Sicht derzeit nicht in der Lage, seine ihm aufgrund seiner dienstrechtlichen Stellung zukommenden Aufgaben ordnungsgemäß zu versehen. Es sei jedoch vorstellbar, daß er in begrenztem Ausmaß Vorträge vor interessierten Erwachsenen (z.B. Landeskonservatorium, Erwachsenenbildung) halte. Das Beschäftigungsausmaß sollte 25 % nicht überschreiten. Dem Beschwerdeführer sollte die Möglichkeit gegeben werden, die Unterrichtsstunden selbst einzuteilen. Bezüglich der Frage, ob sich eine Nebenbeschäftigung mit der Lehrpflichtermäßigung bzw. mit der Dienstbefreiung vereinbaren lasse, könne gesagt werden, "daß während einer Dienstfreistellung eine sinnvolle Freizeitgestaltung (Vorbereiten und Halten von Vorträgen) sich positiv auf die psychische Situation des Patienten auswirkt. Während der Zeit der Lehrpflichtermäßigung müssen diese Tätigkeiten jedoch als zusätzliche Belastung angesehen werden" und seien deshalb abzulehnen (Anmerkung: im Befund dieses Gutachtens werden die zuvor genannten Atteste vom 28. Februar, 19. Juni, 17. Juni und 26. Juni 1994 genannt).

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Nach zusammengefaßter Darstellung des Verfahrensganges und nach Hinweis auf § 56 Abs. 2 BDG 1979 führte die belangte Behörde begründend aus, der Beschwerdeführer behaupte in seiner Berufung unter anderem, daß es sich bei den von der Dienstbehörde erster Instanz untersagten Tätigkeiten um einen medizinisch begründeten und ärztlicherseits angeordneten Teil der Therapie handle, wobei er sich auf das ärztliche Attest vom 28. Februar 1994 beziehe. Aus dem von der belangten Behörde eingeholten amtsärztlichen Zeugnis vom 23. September 1994 gehe zwar hervor, daß sich eine sinnvolle Freizeitgestaltung (Vorbereiten und Halten von Vorträgen) positiv auf die psychische Situation eines Patienten auswirke. Demgemäß müsse jedoch festgestellt werden, daß die vom Beschwerdeführer während der Zeit der Lehrpflichtermäßigung ausgeübten Tätigkeiten als zusätzliche Belastung anzusehen seien, da - weil sie über das Ausmaß der ärztlicherseits vertretbaren Inanspruchnahme erbracht würden - eine Hemmung des beabsichtigten Zweckes, nämlich die Wiedererlangung der vollen Dienstfähigkeit herbeizuführen, bewirkten. Es bestehe nämlich ein wesentliches dienstliches Interesse, daß der Beschwerdeführer während der Zeit, in welcher er die Lehrpflichtermäßigung nach § 8 Abs. 2 Z. 1 des Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetzes 1965 in Anspruch nehme, alles unterlasse, was die künftige Gesundung und in weiterer Folge die Wiedererlangung der vollen Dienstfähigkeit gefährde. Umso mehr gelte dies im Falle der Abwesenheit vom Dienst infolge Krankheit zwecks Einräumung der Möglichkeit der Inanspruchnahme einer zumutbaren Krankenbehandlung, welche während der Unterrichtstätigkeit nicht möglich sei.

Es bestehe daher kein Zweifel, daß die Ausübung einer Nebenbeschäftigung während des "Krankenstandes" - entgegen der Aussage des praktischen Arztes - einer Gesundung abträglich und daher zu unterlassen sei, zumal die Ausübung seiner Nebenbeschäftigung dem Sinn und Zweck des "amtsärztlich gewährten Krankenstandes" (im Original unter Anführungszeichen) widerspreche. Hiezu komme noch, daß im Gutachten vom 23. September 1994 eindeutig zum Ausdruck gebracht werde, daß sich lediglich während der Zeit einer Dienstfreistellung eine sinnvolle Freizeitgestaltung positiv auf seine psychische Gesundheit auswirke. Während der Zeit einer Lehrpflichtermäßigung sei jedoch eine derartige Tätigkeit als zusätzliche Belastung anzusehen, die ärztlicherseits abzulehnen sei. Der Beschwerdeführer sei von diesem Gutachten durch die Dienstbehörde erster Instanz in Kenntnis gesetzt worden. Er habe gegen die Feststellungen keine Einwendungen erhoben, insbesondere nicht dahingehend, daß die Erbringung dieser Nebenbeschäftigung während der Dauer der Inanspruchnahme einer Lehrpflichtermäßigung als zusätzliche Belastung anzusehen sei. Die Weisung der Dienstbehörde erster Instanz vom 23. Februar 1994 sei daher zu Recht erfolgt. Es sei daher die spruchgemäße Verfügung zu treffen gewesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat Teile der Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die Dienstbehörde erster Instanz hat über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes weitere Aktenteile vorgelegt (ohne daß damit, wie zuvor dargestellt, der Verfahrensablauf vollständig dokumentiert wäre).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs.1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 43 Abs. 1 BDG 1979 ist der Beamte verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

Nach § 56 Abs. 1 leg. cit. ist Nebenbeschäftigung jede Beschäftigung, die der Beamte außerhalb seines Dienstverhältnisses und einer allfälligen Nebentätigkeit ausübt. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung darf der Beamte keine Nebenbeschäftigung ausüben, die ihn an der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben behindert, die Vermutung einer Befangenheit hervorruft oder sonstige wesentliche dienstlichen Interessen gefährdet.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat (siehe hiezu und zum Folgenden das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1996, Zl. 94/12/0109, betreffend die Untersagung einer Nebenbeschäftigung, mit Hinweis auf Vorjudikatur) liegt die wesentliche Aufgabe des Dienstrechtes darin, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu gewährleisten. Bereits aus dem Begriff (der als) "Hauptbeschäftigung" (zu wertenden Wahrnehmung der Aufgaben aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis) im Verhältnis zur "Nebenbeschäftigung" folgt, daß es Aufgabe des Bediensteten ist, bei einer allfälligen Nebenbeschäftigung mögliche Beeinträchtigungen seines Dienstes oder Beschränkungen seiner dienstlichen Einsatzfähigkeit zu vermeiden.

Dies deckt sich auch mit der den Beamten nach § 43 Abs. 1 BDG 1979 treffenden Verpflichtung, seine dienstlichen Aufgaben unter anderem treu und gewissenhaft zu erfüllen. Unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung (vgl. dazu näher Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, Seite 213 ff, hier 215 f und 224 ff) wird damit die Pflicht des Beamten "zu voller Hingebung an die ihm anvertrauten Interessen des Dienstes" erfaßt, das heißt aber, daß der Beamte andere Interessen als die des Dienstes - insbesondere seine eigenen - den dienstlichen Interessen unterzuordnen hat. Diese Pflicht, sich mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen (so die Umschreibung in § 54 Satz 1 des deutschen Bundesbeamtengesetzes), spricht die Verpflichtung des Beamten an, seine volle Einsatzfähigkeit (im weiteren Sinn) für den Dienst zu erhalten (zum Teilaspekt, die gesundheitliche Leistungsfähigkeit zu erhalten bzw. wieder zu erlangen, siehe auch § 51 Abs. 2 BDG 1979). Was dies im Einzelfall bedeutet und wo die Grenzen dieser "Treuepflicht" des Beamten als Gegenstück zur Fürsorgepflicht des Dienstgebers liegen, kann nur im Einzelfall unter verständiger Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände gesagt werden.

Damit ist die Untersagung einer Nebenbeschäftigung, deren Ausübung zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers oder zumindest zu einer erheblichen Verzögerung der Heilung bzw. Verbesserung seines Leidenszustandes führen würde, gerechtfertigt; ein Grundsatz, den die Dienstbehörden auch an sich zutreffend erkannt haben.

Strittig ist im Beschwerdefall insbesondere, ob diese Voraussetzungen vorliegen, wobei es (gemäß dem erstinstanzlichen Bescheid vom 18. April 1994) um den Zeitraum vom 14. Februar bis zum 11. September 1994 geht.

Der Beschwerdeführer bestreitet dies und vertritt der Sache nach vor allem die Auffassung, daß die Ausübung dieser Vortragstätigkeit im fraglichen Zeitraum, in welchem er wegen Dienstunfähigkeit vom Dienst abwesend gewesen sei, sich auf seine gesundheitliche Situation positiv ausgewirkt habe (Sollte hingegen sein weiteres Vorbringen - als zusätzliche Argumentation - dahin zu verstehen sein, daß begrifflich eine Nebenbeschäftigung während dieser Zeit ohne Rücksicht auf eine Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes oder einer erheblichen Verzögerung der Heilung die Erfüllung der Dienstpflichten nicht beeinträchtigen könne, wäre dies in dieser Form unzutreffend, wie bereits eingangs dargelegt wurde). Die belangte Behörde hingegen hat die Unzulässigkeit einer Nebenbeschäftigung im fraglichen Zeitraum vom 14. Februar 1994 bis zum 11. September 1994 unter Hinweis auf das amtsärztliche Gutachten vom 23. September 1994 mit der Argumentation verneint, gemäß diesem Gutachten wirke sich (zwar) eine sinnvolle Freizeitgestaltung, nämlich Vorbereiten und Halten von Vorträgen, positiv auf die psychische Situation eines Patienten aus. Dem gegenüber müsse jedoch festgestellt werden, daß die vom Beschwerdeführer während der Zeit der Lehrpflichtermäßigung ausgeübten Tätigkeiten als zusätzliche Belastung anzusehen seien, die, weil sie über das Ausmaß der ärztlicherseits vertretbaren Inanspruchnahme hinaus erbracht würden, eine Hemmung des beabsichtigten Zweckes, nämlich die Wiedererlangung der vollen Dienstfähigkeit herbeizuführen, bewirkten.

Dieser Argumentation der belangten Behörde kann in dieser Form nicht gefolgt werden: Sie übergeht nämlich sichtlich insbesondere, daß das von ihr bezogene Gutachten vom 23. September 1994 zwischen derartigen Nebenbeschäftigungen während einer "Dienstfreistellung" (nach der Fragestellung, wie sie sich aus der Erledigung der belangten Behörde vom 12. Juli 1994 ergibt, ist damit wohl eine "krankheitsbedingte Dienstbefreiung" gemeint) und während der "Zeit der Lehrpflichtermäßigung" unterscheidet. Vor diesem Hintergrund ist die Argumentation der belangten Behörde unklar, unschlüssig und widersprüchlich: Ging nämlich die belangte Behörde mit der Dienstbehörde erster Instanz von einer krankheitsbedingten Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers im fraglichen Zeitraum aus, worauf sich der erstinstanzliche Bescheid bezog (Abweichendes hat die belangte Behörde nicht festgestellt), stellt sich die Frage gar nicht, was rechtens wäre, wenn der Beschwerdeführer tatsächlich Dienst - nämlich im Umfang einer halben Lehrverpflichtung - versehen würde bzw. hätte. Sollten aber die Ausführungen der belangten Behörde dahin zu verstehen sein, daß sie die medizinischen Aspekte abweichend von diesem Gutachten beurteilte, nämlich dahin, daß aus medizinischer Sicht das, was für die Zeit einer Dienstleistung im Umfang einer halben Lehrverpflichtung zu gelten habe, gleichermaßen für den Zeitraum einer krankheitsbedingten Dienstunfähigkeit zu gelten habe, fehlt es hiefür an jeglicher Begründung.

Schon diese Überlegungen zeigen, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid jedenfalls mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastete, sodaß er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war, ohne daß auf die weiteren Beschwerdeausführungen einzugehen gewesen wäre (die im übrigen teilweise auf die dem Verwaltungsgerichtshof nicht vorliegende Berufung Bezug nehmen).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 im Rahmen des Begehrens.

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