VwGH 96/21/0332

VwGH96/21/033213.11.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Hanel, über die Beschwerde des I in K, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten vom 26. Februar 1996, Zl. Fr-1087/96, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
KFG 1967 §64 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
StVO 1960 §4 Abs5;
StVO 1960 §5 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
KFG 1967 §64 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
StVO 1960 §4 Abs5;
StVO 1960 §5 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten (der belangten Behörde) wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, gemäß § 18 Abs. 1, Abs. 2 Z. 2 und § 21 FrG ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, daß der Beschwerdeführer - wie im erstinstanzlichen Bescheid angeführt - wegen Verwaltungsübertretungen rechtskräftig bestraft worden sei, darunter befänden sich drei rechtskräftige Bestrafungen wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges im alkoholisierten Zustand und drei wegen Lenkens ohne Führerschein. Bei diesen Übertretungen handle es sich um schwerwiegende; die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme sei gerechtfertigt.

Das Aufenthaltsverbot stelle einen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers dar; dieser Eingriff sei zur Erreichung des im "§ 8 Abs. 2 MRK" genannten Zieles, nämlich zur Verteidigung der öffentlichen Ordnung dringend geboten. In das Familienleben des Beschwerdeführers werde nicht eingegriffen, weil sich seine Familie in Bosnien befinde.

Bei der Interessenabwägung nach § 20 FrG sei auf den Aufenthalt des Beschwerdeführers seit 1989 Rücksicht zu nehmen. Die Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes würde für das maßgebliche öffentliche Interesse zweifellos schwerer wiegen als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers. An dieser Einschätzung könne der Umstand, daß der Beschwerdeführer möglicherweise bei einer namentlich genannten Firma weiterarbeiten könne, nichts ändern.

Nach Ausweis des vorgelegten Verwaltungsaktes wurden im erstinstanzlichen Bescheid die rechtskräftigen Bestrafungen wegen Verwaltungsübertretungen wie folgt festgehalten:

"15. 2.1994 - § 8 (4) StVO

20. 1.1994 - § 64 (1) KFG

9. 2.1994 - § 103 (2) KFG

25. 7.1994 - § 99 (1)b in Verbindung mit 5 (2) StVO

24. 8.1994 - § 64 (1), 43 (4)b KFG

27. 4.1994 - § 8 (4) StVO

19. 5.1994 - § 43 (4)b KFG

22. 7.1994 - § 103 (1) 3 KFG

21.12.1995 - § 5 (1) StVO

21.12.1995 - § 64 (1) KFG

11. 1.1996 - § 4 (1)a,c, 4 (5), 16 (1)a, 20 (2) StVO 11. 1.1996 - § 103 (1) 3, in zwei Fällen 103 (1) zu 7 (1) KFG

in Verbindung mit 4 (4) KDV, 7 VStG zu 5 (1) StVO

11. 1.1996 - § 64 (1) KFG"

Gegen den letztinstanzlichen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet. Von der Erstattung einer Gegenschrift wurde Abstand genommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die von der belangten Behörde festgestellten rechtskräftigen Bestrafungen und bringt gegen die - zutreffende - Annahme, daß damit der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG erfüllt sei, nichts vor. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich aber nicht nur bei den dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verstößen gegen § 5 StVO und gegen § 64 Abs. 1 KFG (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 4. September 1996, Zl. 96/21/0635, und vom 2. Oktober 1996, Zl. 96/21/0322), sondern auch bei einem Verstoß gegen § 4 Abs. 5 StVO (Fahrerflucht) um schwerwiegende Verwaltungsübertretungen im Sinn des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG (vgl. betreffend die Übertretung des § 4 Abs. 5 StVO das Erkenntnis vom 8. September 1994, Zl. 94/18/0456).

Der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde habe nicht berücksichtigt, daß der Beschwerdeführer den Unrechtsgehalt seiner Verwaltungsübertretungen einsehe und hiefür eine empfindliche Strafe verbüßt habe. Es wäre eine ungerechtfertigte Diskriminierung gegenüber dritten Personen, wenn der Beschwerdeführer ein weiteres Übel, nämlich seinen wirtschaftlichen Ruin in seiner Heimat, in welchen seine Familie miteingeflochten wäre, in Kauf nehmen müßte und ihm nicht noch einmal die Chance gegeben werde, nunmehr unter Beweis zu stellen, daß er aufgrund der Sanktion sich in Zukunft wohlverhalten werde.

Mit diesem Vorbringen kann der Beschwerdeführer keine dem angefochtenen Bescheid anhaftende Rechtswidrigkeit aufzeigen. Voraussetzung für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ist nach § 18 Abs. 1 FrG die auf bestimmte Tatsachen gegründete Prognose, daß der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit oder die im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen erheblich gefährdet. § 18 Abs. 2 FrG enthält eine demonstrative Aufzählung jener Tatsachen, die eine Gefährdung der im Abs. 1 leg. cit. genannten Interessen indizieren. § 18 Abs. 1 FrG ordnet an, daß bei Vorliegen eines der im Abs. 2 leg. cit. aufgezählten Tatbestände eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen ist, ob dieser Tatbestand in concreto die umschriebene Annahme rechtfertigt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 1996, Zl. 96/21/0322). Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten schwerwiegenden Verwaltungsübertretungen, die zu den gröbsten Verstößen gegen die StVO bzw. das KFG zählen und damit eine Gefährdung öffentlicher Interessen von großem Gewicht darstellen, rechtfertigen grundsätzlich die im § 18 Abs. 1 FrG genannte Annahme (vgl. auch hiezu die oben zitierten hg. Erkenntnisse). Der vom Beschwerdeführer hervorgehobene Umstand, daß die verhängten Strafen verbüßt worden seien, läßt keinen zwingenden Schluß auf ein künftiges rechtskonformes Verhalten des Beschwerdeführers zu. Der Beschwerdeführer wurde in einem mehrjährigen Zeitraum wiederholt wegen zum Teil schwerwiegender Verwaltungsübertretungen rechtskräftig bestraft. Trotz dieser wiederholten Bestrafungen ließ sich der Beschwerdeführer nicht davon abhalten, neuerlich teils schwerwiegende Verwaltungsübertretungen zu setzen. Aufgrund dieser Tatsachen ist auch im Beschwerdefall mit Rücksicht auf die besonderen, von alkoholisierten Kraftfahrzeuglenkern ausgehenden Gefahren für die Allgemeinheit nicht nur die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt, sondern auch die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Sinne des § 19 FrG zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten.

Der Beschwerdeführer macht geltend, daß er auf die Arbeit in Österreich angewiesen ist, um den Wiederaufbau seines Eigenheimes in der Heimat vorzunehmen und die in diesem Zusammenhang eingegangenen Schulden begleichen zu können.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die von der belangten Behörde vorgenommene Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG und deren Ergebnis als rechtswidrig darzutun. Die belangte Behörde hat alle für den weiteren Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sprechenden Umstände berücksichtigt. Sie ist zutreffend davon ausgegangen, daß die aufgrund des Aufenthaltes des Beschwerdeführers seit 1989 und seiner Berufstätigkeit abzuleitende Integration im Hinblick auf die zahlreichen schwerwiegenden Straftaten des Beschwerdeführers keineswegs ein derartiges Ausmaß erreicht hat, daß sie eine Erlassung des Aufenthaltsverbotes unzulässig erscheinen ließe. Seinen finanziellen Verpflichtungen kann der Beschwerdeführer auch von einem anderen Land aus nachkommen. Wenn die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangt ist, daß die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung, kann dies im Hinblick auf die von solchen Kraftfahrzeuglenkern ausgehende Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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