VwGH 96/20/0420

VwGH96/20/042012.9.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Bachler und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des T in S, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 28. März 1995, Zl. Wa-102/94, betreffend Verhängung eines Waffenverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

WaffG 1986 §12 Abs1;
WaffG 1986 §12 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland (der belangten Behörde) vom 28. März 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 13. Oktober 1994, mit dem über ihn das Verbot des Besitzes von Waffen und Munition verhängt worden war, gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 12 Abs. 1 und 4 Z. 1 des Waffengesetzes 1986 abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, auf Grund der dem Akt beigeschlossenen Strafregisterauskunft und der Angaben des Beschwerdeführers in der der Anzeige vom 26. Juli 1994 angeschlossenen Niederschrift gehe sie davon aus, der Beschwerdeführer habe "über Jahre hindurch und oftmals mit Suchtgift gehandelt". Dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Berufung, er habe eine geladene "Pumpgun" wegen der aus der Grenznähe resultierenden angeblichen schlechten Sicherheitsverhältnisse bereitgehalten, könne nicht gefolgt werden. Vielmehr stünde das Bereithalten der Waffe im Zusammenhang mit dem vom Beschwerdeführer betriebenen Suchtgifthandel. Überdies würden die Sicherheitsverhältnisse in P - dem seinerzeitigen Wohnort des Beschwerdeführers - von ihm nicht richtig dargestellt. Der Umstand, daß der Beschwerdeführer die Waffe geladen und hinter einem Vorhang versteckt - wie er es selbst nenne - "bereitgehalten" habe, bilde einen weiteren Anlaß für die Annahme, er habe diese Waffe mißbräuchlich verwenden wollen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und

die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In seinen Darlegungen zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides weist der Beschwerdeführer - nach allgemeinen Rechtsausführungen zu § 12 WaffG 1986 - zunächst darauf hin, die Behörde erster Instanz habe in ihrem Bescheid seine "Verläßlichkeit im Umgang mit Waffen" bezweifelt. Mangelnde Verläßlichkeit im Sinne des § 6 Abs. 2 WaffG 1986 sei aber "noch nicht Grund genug" für ein Waffenverbot. Die belangte Behörde habe "wohl auch aus diesem Grund" keine Feststellungen zur waffenrechtlichen Verläßlichkeit des Beschwerdeführers getroffen, "obwohl der Behörde meine bisherigen strafgerichtlichen Verurteilungen lückenlos bekannt sind". Aus diesen Verurteilungen ergebe sich "kein einziger der in § 6 Abs. 2 WaffG aufgezählten Umstände". Die belangte Behörde habe auch nicht erkennen lassen, daß sich aus einem Umstand, der den in § 6 Abs. 2 WaffG 1986 angeführten zumindest gleichwertig sei, die Unverläßlichkeit des Beschwerdeführers ergebe.

Diese Ausführungen, die sich auf ein Beurteilungskriterium beziehen, das auch nach der Rechtsauffassung des Beschwerdeführers nicht entscheidend ist, wenden sich inhaltlich nicht gegen den angefochtenen Bescheid und sind nur insofern beachtlich, als der Beschwerdeführer darin selbst auf seine "bisherigen strafgerichtlichen Verurteilungen" Bezug nimmt, die der Behörde "lückenlos bekannt" seien. Der Beschwerdeführer fährt nämlich fort, im angefochtenen Bescheid werde angeführt, er habe "über Jahre hindurch und oftmals mit Suchtgift gehandelt", jedoch "nicht dargelegt, auf Grund welcher Umstände die Behörde zu dieser Feststellung gelangt".

Diese inhaltlich einen Begründungsmangel geltend machende Rüge geht fehl. Die belangte Behörde hat der vom Beschwerdeführer zitierten Feststellung nämlich vorangestellt, diese werde "auf Grund der dem Akt beigeschlossenen Strafregisterauskunft und Ihren eigenen Aussagen in der Niederschrift, die der oben erwähnten Anzeige (vom 26. Juli 1994) angeschlossen war", getroffen. Nach dem Inhalt der von der belangten Behörde am 23. November 1994 eingeholten Strafregisterauskunft wurde der Beschwerdeführer zwischen 1986 und 1993 insgesamt acht Mal wegen der Begehung strafbarer Handlungen nach dem Suchtgiftgesetz verurteilt, wobei die ersten dieser Verurteilungen sich nur auf § 16 Abs. 1 Suchtgiftgesetz, die späteren auch auf § 12 Abs. 1 (und in einem Fall auf § 14a) dieses Gesetzes bezogen. Die Niederschrift mit dem Beschwerdeführer, die der Anzeige vom 26. Juli 1994 angeschlossen war, enthält detaillierte Angaben über seine Beteiligung am Handel mit Suchtgiften in der Zeit nach seiner Haftentlassung im Oktober 1993, aber auch Angaben darüber, daß der Beschwerdeführer seit dieser Haftentlassung "Haschisch, Kokain und Ecstasy sowie auch verschiedene Medikamente" konsumiere, er unter "leichten Entzugserscheinungen auf Kokain und Medikamente" leide und sein "letzter Konsum von Kokain und Haschisch" in der Nacht vor seiner Verhaftung stattgefunden habe. Der Beschwerdeführer behauptet nicht, daß seine Angaben in dieser Niederschrift nicht der Wahrheit entsprochen hätten, und tritt der Feststellung, er habe "über Jahre hindurch und oftmals mit Suchtgift gehandelt", überhaupt nicht entgegen. Mit der im Zusammenhang mit dem geltendgemachten Begründungsmangel erhobenen Behauptung, es wäre "angebracht gewesen", seine Angaben zu überprüfen, zeigt er daher keinen relevanten Verfahrensmangel auf.

Nichts anderes gilt auch für die Rüge, die belangte Behörde habe es "unterlassen, zu erforschen, ob und in welcher Form die Anzeige der Sicherheitsdirektion für Niederösterreich vom Strafgericht erledigt wurde". Diese Rüge bleibt wirkungslos, weil der Beschwerdeführer nicht darlegt, welche für ihn günstige Feststellung sich daraus ergeben hätte oder inwiefern derartige Nachforschungen die Feststellung, der Beschwerdeführer habe "über Jahre hindurch und oftmals mit Suchtgift gehandelt", erschüttert hätten.

Aktenwidrig ist die Rüge des Beschwerdeführers, es sei ihm "vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides keinerlei Gelegenheit zur Stellungnahme zur beabsichtigten Maßnahme eingeräumt" worden. Das wäre - selbst wenn es zuträfe - nicht relevant, weil der Beschwerdeführer in seiner Berufung Gelegenheit hatte, seinen Standpunkt darzulegen. Mit Schreiben vom 24. August 1994 hat die Behörde erster Instanz den Beschwerdeführer nach dem Inhalt der vorgelegten Akten aber auch ausdrücklich über ihre Absicht, ein Waffenverbot zu verhängen, und über die Gründe dafür informiert und ihm eine Frist für eine Stellungnahme eingeräumt, die der Beschwerdeführer ungenutzt verstreichen ließ.

Der Beschwerdeführer meint weiters, es sei "aus dem angefochtenen Bescheid auch nicht erkennbar", weshalb die bei der Hausdurchsuchung im Haus seiner Eltern gefundene Waffe ihm zugerechnet worden sei (Seite 4 der Beschwerde), und die belangte Behörde habe es "unterlassen, zu erforschen, ob" die Waffe tatsächlich geladen gewesen sei (Seite 5 der Beschwerde). Auch hier tritt der Beschwerdeführer den Feststellungen der belangten Behörde nicht mit gegenteiligen Behauptungen entgegen, sodaß die Relevanz eines allfälligen Ermittlungsfehlers oder Begründungsmangels nicht erkennbar ist. Nach dem Inhalt der Strafanzeige (deren Seite 11) soll der Beschwerdeführer (bei dem auch eine Nebelhandgranate gefunden worden sei) die Schußwaffe "in seinem Zimmer geladen und griffbereit hinter dem Vorhang verwahrt" gehabt haben. In der mit ihm aufgenommenen Niederschrift gab er an, Waffe und Munition seien sein Eigentum. In der Berufung bekämpfte er die schon im erstinstanzlichen Bescheid getroffene Feststellung, die Waffe sei geladen gewesen, nicht. Dafür führte er aus, er habe sich deshalb, weil das in einer "relativ einsamen Gegend" gelegene Haus seiner Obhut anvertraut gewesen sei, "zum Schutz eine Waffe besorgt" und die Waffe "bereitgehalten". Für den Verwaltungsgerichtshof besteht daher kein Grund, nicht im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG davon auszugehen, daß es sich um die Waffe des Beschwerdeführers handelte und daß sie geladen war.

Nach dem Inhalt der Strafanzeige (deren Seite 11) bestand bei der anzeigenden Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich der nicht näher begründete "Verdacht, daß H die Waffe EV. (im Original nicht hervorgehoben) bei Suchtgiftgeschäften verwendet bzw. mitgeführt hat". Mit Schreiben vom 3. Oktober 1994 informierte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich die Behörde erster Instanz - gleichfalls ohne nähere Begründung - vom Verdacht, der Beschwerdeführer habe die Waffe "bei etwaigen Suchtgiftgeschäften verwendet bzw. mitgeführt". Im Vorhalt vom 24. August 1994 war auf einen solchen Verdacht nicht Bezug genommen worden. Auch die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides vom 13. Oktober 1994 enthielt keinen Hinweis darauf. In seiner Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, er sehe keinen Zusammenhang zwischen dem "Besitz einer Waffe zu Selbstschutzzwecken" und seiner Suchtgiftdelinquenz, zumal er "noch nie eine Verurteilung nach dem WaffG und auch keinerlei Verurteilung gegen fremdes Vermögen, Personen etc. erlitten" habe. Er führte aus, das Haus liege in einer grenznahen, relativ einsamen Gegend, Einbrüche und Raubüberfälle hätten sich seit der Öffnung der Ostgrenzen drastisch erhöht, die Sicherheitsbehörden stünden dem teilweise machtlos gegenüber und er habe die Waffe nur zum Schutz des Hauses "bereitgehalten". Mit seinen Suchtgiftverurteilungen habe das "überhaupt nichts zu tun".

Im angefochtenen Bescheid vermag die belangte Behörde nicht aufzuzeigen, daß der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Suchtgiftdelinquenz je in gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt war, daß tatsächlich der Verdacht bestünde, er habe die Waffe im Zusammenhang mit dem festgestellten Suchtgifthandel jemals "verwendet bzw. mitgeführt", oder daß der Beschwerdeführer in anderer Weise schon einmal als gewaltbereit aufgefallen wäre. Mit dem bloßen Hinweis darauf, der Beschwerdeführer habe "über Jahre hindurch und oftmals mit Suchtgift gehandelt", und der nicht näher begründeten Einstufung seiner Darstellung der Sicherheitsverhältnisse in seinem damaligen Wohnort als "falsch" ist die Behauptung des Beschwerdeführers, die Waffe aus Gründen und für Zwecke, die mit dem Suchtgifthandel nichts zu tun hatten, erworben und "bereitgehalten" zu haben, aber nicht schlüssig widerlegt. Auch der Umstand, daß die Waffe geladen und hinter einem Vorhang versteckt "bereitgehalten" wurde, widerspricht dieser Verantwortung nicht.

Entscheidend ist daher, ob der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt auch ohne erweislichen Zusammenhang zwischen dem "Bereithalten" der (damals noch nicht verbotenen) Waffe und der Suchtgiftdelinquenz des Beschwerdeführers die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 WaffG 1986 erfüllt. Diese Frage ist zu bejahen, weil jemand, der seinen strafgerichtlichen Verurteilungen und seinen eigenen Angaben zufolge über Jahre hindurch und oftmals mit Suchtgift gehandelt hat, ein hohes Maß an verbrecherischer Energie beweist und im besonderen auch zeigt, daß er keine Bedenken hat, Handlungen zu setzen, durch die die Gesundheit anderer in Gefahr geraten kann. Die anhaltende Verstrickung in diese Form von Kriminalität rechtfertigt in der vom Gesetz geforderten Weise die dem angefochtenen Bescheid zugrundegelegte Annahme, daß der Beschwerdeführer im Umgang mit Waffen durch deren mißbräuchliche Verwendung das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum "gefährden könnte".

Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 WaffG 1986 sind damit erfüllt, sodaß es auch nicht schadet, daß der aktenkundige Drogenkonsum des Beschwerdeführers, der in Verbindung mit dem gleichzeitigen "Bereithalten der geladenen Pumpgun" ein zusätzlich verschärftes Bedrohungsbild ergeben könnte, im Verwaltungsverfahren in die Überlegungen zur Verhängung des Waffenverbotes nicht einbezogen und im angefochtenen Bescheid nicht zum Gegenstand von Sachverhaltsfeststellungen gemacht wurde.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte