VwGH 96/19/2037

VwGH96/19/203712.11.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des N in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. März 1995, Zl. 300.566/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §5 Abs2;
MRK Art8 Abs2;
AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §5 Abs2;
MRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 22. März 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 und § 5 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. In der Begründung ging die belangte Behörde einerseits davon aus, daß gemäß § 5 Abs. 2 AufG eine Bewilligung zum Zweck der Aufnahme einer Beschäftigung gemäß § 2 Abs. 2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nur erteilt werden dürfe, wenn die nach dem beabsichtigten Aufenthalt zuständige Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice auf Anfrage durch die gemäß § 6 AufG zuständige Behörde festgestellt habe, daß im Hinblick auf die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes keine Bedenken gegen die Aufnahme der vom Antragsteller angestrebten Beschäftigung bestünden. Da im Fall des Beschwerdeführers die zuständige Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice die Unbedenklichkeit nicht bestätigt habe, habe sich daraus für die Behörde die gesetzliche Verpflichtung ergeben, den Antrag des Beschwerdeführers abzulehnen.

Gemäß § 5 Abs. 1 AufG dürfe wiederum eine Bewilligung nicht erteilt werden, wenn eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert sei. Der Beschwerdeführer bewohne mit seiner Frau, dem gemeinsamen Kind und seinen Eltern eine 30 m2 große Wohnung; diese stelle keine für Inländer ortsübliche Unterkunft dar und sei nicht geeignet, die Unterkunft des Beschwerdeführers für die Geltungsdauer der Bewilligung zu sichern.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Soweit sich die belangte Behörde bei der Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf § 5 Abs. 2 AufG stützt, gleicht der vorliegende Beschwerdefall in den für die Entscheidung relevanten Umständen (rechtsirrige Annahme einer bindenden Wirkung der Auskunft der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice) jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 22. März 1996, Zl. 96/18/0046, zugrundegelegen ist. Auf dieses Erkenntnis wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG hingewiesen. In diesem Umfang erweist sich der bekämpfte Bescheid aus den im oben angeführten Erkenntnis dargelegten Gründen als inhaltlich rechtswidrig.

Soweit die belangte Behörde den bekämpften Bescheid auf § 5 Abs. 1 AufG stützt, ist zunächst darauf zu verweisen, daß der Beschwerdeführer in seinem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung die zur Verfügung stehende Wohnfläche mit 45 m2 angegeben hat. Eine Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen des Beschwerdeführers ist dem bekämpften Bescheid nicht zu entnehmen, sodaß allenfalls ein Begründungsmangel gegeben sein könnte. Ob dieser relevant wäre, - die "Ortsüblichkeit" des Wohnens von 4 Erwachsenen und einem Kind in einer Wohnung mit 45 m2 kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden - ist jedoch im gegenwärtigen Verfahrensstadium nicht abschließend zu klären, erweist sich doch der angefochtene Bescheid auch in diesem Punkt mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet.

Nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichern Rechtes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. September 1995, Zl. 95/18/0936, mit Nachweisen auch aus der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes) ist die Behörde (auch) bei Anwendung der in § 5 Abs. 1 AufG besonders hervorgehobenen Versagungstatbestände der für die Dauer der Bewilligung nicht gesicherten ortsüblichen Unterkunft oder des nicht gesicherten Lebensunterhaltes in Fällen, in denen durch die Versagung der Bewilligung in das durch Art. 8 MRK gewährleistete Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens eingegriffen würde, verhalten, die Notwendigkeit der Versagung der Bewilligung aus den in Art. 8 Abs. 2 MRK umschriebenen öffentlichen Interessen zu prüfen und dabei auf die privaten und familiären Interesen des Bewilligungswerbers Bedacht zu nehmen. Diese - im vorliegenden Fall gebotene - Interessenabwägung hat die belangte Behörde nicht vorgenommen.

Obwohl ihr nach Ausweis der Akten bekannt war, daß der Beschwerdeführer unter einer Anschrift in W als ordentlichen Wohnsitz bereits seit 25. Mai 1990 gemeldet war und zuletzt eine Aufenthaltsbewilligung vom 20. Mai 1994 bis zum 20. November 1994 hatte sowie, daß die Ehegattin des Beschwerdeführers und das gemeinsame Kind sowie seine Eltern (rechtmäßig) sich in Österreich aufhalten und daß alle diese Personen in einem gemeinsamen Haushalt leben, hat sie es unterlassen, diese unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffes in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers durch die Versagung einer Aufenthaltsbewilligung relevanten Umstände bei ihrer Entscheidung mitzuberücksichtigen (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 18. September 1995).

Da die belangte Behörde nach dem Gesagten die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, daß zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung Stempelgebühren lediglich in der Höhe von S 270,-- (Eingabengebühr S 240,--, Beilagengebühr S 30,--) zu entrichten waren.

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