VwGH 96/08/0071

VwGH96/08/007123.4.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in W, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 30. November 1995, Zl. B1-AlV-7022-4-B/1939 171253/Wels, betreffend Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe gemäß § 10 AlVG, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §9 Abs1;
AlVG 1977 §9 Abs2;
AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §9 Abs1;
AlVG 1977 §9 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 30. November 1995 hat die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wels vom 23. August 1995, mit dem dem Beschwerdeführer gemäß § 38 in Verbindung mit § 10 AlVG die Notstandshilfe für die Zeit vom 18. Juli 1995 bis 14. August 1995 versagt und eine Nachsicht nicht erteilt wurde, nicht stattgegeben und den erstinstanzlichen Bescheid aus seinen zutreffenden Gründen bestätigt. Nach einer Darstellung des Verwaltungsgeschehens und einer Wiedergabe der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen ging die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides von folgendem Sachverhalt aus:

Dem Beschwerdeführer sei vom Arbeitsmarktservice Wels am 30. Juni 1995 eine Beschäftigung als Kassier bei der Firma P in W mit zumindest kollektivvertraglicher Entlohnung und Arbeitsantritt am 18. Juli 1995 zugewiesen worden. Am 21. Juli 1995 habe der Beschwerdeführer hiezu niederschriftlich befragt erklärt, das Beschäftigungsverhältnis sei nicht zustande gekommen, da laut telefonischer Auskunft eine weibliche Kraft bevorzugt würde. Zu einer persönlichen Vorsprache sei es nicht gekommen, da "der zuständige Herr" nicht angetroffen worden sei. Eine schriftliche Bewerbung sei erfolgt. Laut Auskunft der P GesmbH habe man den Beschwerdeführer aufgrund eines Telefonates zu einem persönlichen Vorstellungsgespräch eingeladen. Er habe jedoch seine Bewerbung nur schriftlich abwickeln wollen. Anschließend sei ein zweimaliges Vorstellungsgespräch erfolgt, bei dem der Beschwerdeführer jedoch auf seinen erlernten bzw. ausgeübten Beruf hingewiesen habe. Er habe sich nicht arbeitswillig gezeigt, da ihm diese Tätigkeit (nämlich die angebotene Beschäftigung als Kassier) in keiner Weise zugesagt habe. Die belangte Behörde vertrat weiters die Auffassung, daß sie von der Richtigkeit dieser Aussagen ausgehen könne, da kein Anlaß bestehe, an den Angaben des genannten Unternehmens zu zweifeln, das am Ausgang des Verfahrens kein direktes Interesse habe.

Durch das anfängliche Beharren des Beschwerdeführers auf einer schriftlichen Bewerbung einerseits und den Angaben beim Vorstellungsgespräch andererseits habe er in Kauf genommen, daß das vom Arbeitsmarktservice zugewiesene Beschäftigungsverhältnis nicht zustande gekommen sei. Der Ausschuß für Leistungsangelegenheiten habe es daher als erwiesen erachtet, daß der Beschwerdeführer mit diesem Verhalten die Annahme einer zumutbaren Beschäftigung vereitelt habe. Der Wunsch, im erlernten bzw. ausgeübten Beruf tätig zu sein, bleibe bei der Beurteilung, ob eine Beschäftigung zumutbar sei, außer Betracht, wenn der Anspruch auf den Bezug des Arbeitslosengeldes erschöpft sei und keine Aussicht bestehe, daß der Arbeitslose in absehbarer Zeit in seinem Beruf eine Beschäftigung finde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

In der Beschwerde wird unter dem Gesichtspunkt der geltend gemachten Aufhebungsgründe des § 42 Abs. 2 Z. 1 und 3 VwGG geltend gemacht, daß die Behörden das Schreiben des Arbeitsmarktservice Wels vom 29. Juli (richtig: Juni) 1995 "bei Durchführung des Verwaltungsverfahrens anscheinend nicht überprüft" hätten, sonst wäre es ohne Verstoß gegen die Denkgesetze nicht möglich gewesen, die Behauptung aufzustellen, der Beschwerdeführer sei nicht arbeitswillig gewesen. Demnach habe am 3. Juli 1995 eine persönliche Vorsprache stattgefunden. "Hernach wird eine Vorstellung vom 5.10.1995 (gemeint offenbar: 5. Juli 1995) angeführt und die Bestätigung eines mit dem Wortlaut "voraussichtlich eingestellt"". Diese Bestätigung sei mit dem "Firmenstempel und einer handschriftlichen Signierung" unterfertigt. Für die Behauptung, der Beschwerdeführer habe sich nicht arbeitswillig gezeigt und die Tätigkeit habe ihm nicht zugesagt, fehle jede Beweisunterlage. Ansonsten enthielten die Bescheide der ersten und zweiten Instanz nur "langatmige Rechtsausführungen". Im übrigen ergebe sich dasselbe Ergebnis, wenn man "die weiteren Unterlagen überprüft, die nochmals vorgelegt werden, obgleich sie im Behördenakt erliegen müssen".

Der Beschwerde lagen mehrere Schriftstücke bei.

Damit tritt der Beschwerdeführer nicht den auf die Auskunft der P GesmbH und damit eine "Beweisunterlage" gestützten Tatsachenfeststellungen der belangten Behörde entgegen, er habe zunächst ein persönliches Vorstellungsgespräch verweigert und die Bewerbung schriftlich abwickeln wollen, und habe sich danach bei einem Vorstellungsgespräch durch Hinweise auf seinen erlernten bzw. ausgeübten Beruf nicht arbeitswillig gezeigt und erklärt, daß ihm die Tätigkeit eines Kassiers in keiner Weise zusage: Der Hinweis in der Beschwerde, aus einem Schreiben des Arbeitsmarktservice Wels vom "29. Juli 1995" (gemeint offenbar: 29. Juni 1995) ergebe sich, daß der Beschwerdeführer aufgrund der Vorsprache vom 5. Juli 1995 voraussichtlich eingestellt werde, ist aktenwidrig: In diesem (vom Beschwerdeführer der Beschwerde angeschlossenen) Schreiben wird vielmehr lediglich neben anderen handschriftlichen Vermerken bestätigt, daß sich der Beschwerdeführer am 5. Juli 1995 vorgestellt hat. Die auf diesem Schreiben enthaltenen Rubriken "voraussichtlich eingestellt" bzw. "vorgemerkt" sind in den diesen Worten vorangestellten Kreisen nicht angekreuzt.

Aus dem Beschwerdevorbringen ist daher nicht zu entnehmen, welchen Einfluß nach Auffassung des Beschwerdeführers eine - weiterreichende - Berücksichtigung dieses Schreibens für das Ergebnis des Verwaltungsverfahrens hätte haben können.

Die weitere Beschwerdebehauptung, es ergebe sich "dasselbe Ergebnis", wenn man die weiteren Unterlagen überprüfe, die nochmals vorgelegt würden, enthält keine substantiierte Geltendmachung von Gründen, aus denen sich eine inhaltliche Rechtswidrigkeit oder eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften ergeben könnte, hinsichtlich des letztgenannten Aufhebungsgrundes überdies keine Darlegung der Relevanz allfälliger Verfahrensmängel. Es ist nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichtshofes, durch Studium von Schriftstücken aus dem Verwaltungsakt zu Schlußfolgerungen darüber zu gelangen, ob überhaupt bzw. welche Sachverhaltsmomente aus diesen Unterlagen von der Behörde hätten berücksichtigt werden müssen und ob eine solche Berücksichtigung von Einfluß auf das Ergebnis des Verfahrens hätte sein können. Es wäre vielmehr Sache des Beschwerdeführers, ein diesbezügliches, entsprechend konkretisiertes Vorbringen in seiner Beschwerde zu erstatten.

Legt man aber den in der Beschwerde nicht substantiiert bestrittenen Sachverhalt, wie er im angefochtenen Bescheid festgestellt wurde, zugrunde, dann hat die belangte Behörde zu Recht den Bescheid über die Verhängung einer Sperrfrist im Sinne des § 10 AlVG bestätigt:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter "Vereitelung" im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG ein auf das zugewiesene Beschäftigungsverhältnis bezogenes Verhalten des Vermittelten zu verstehen, das - bei Zumutbarkeit der Beschäftigung - das Nichtzustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses herbeiführt; das Nichtzustandekommen muß in einem darauf gerichteten oder dieses zumindest in Kauf nehmenden Verhalten des Vermittelten seinen Grund haben (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 23. Februar 1984, Slg. Nr. 11887/A, sowie das Erkenntnis vom 12. Mai 1992, Zl. 92/08/0051 mit weiteren Rechtsprechungshinweisen).

Um sich in bezug auf eine vom Arbeitsamt vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten (unverzüglich zu entfaltenden) aktiven Handelns des Arbeitslosen, andererseits (und deshalb) auch der Unterlassung jedes Verhaltens, das objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines den Zustand der Arbeitslosigkeit beendenden, zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen daher auf zwei Wegen verschuldet werden, nämlich zum einen dadurch, daß er ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet, zum zweiten jedoch, daß er den Erfolg seiner (nach außen zutage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichte macht (vgl. das Erkenntnis vom 29. Juni 1993, Zl. 92/08/0070 mit weiteren Rechtsprechungshinweisen).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat die belangte Behörde das Verhalten des Beschwerdeführers, zunächst seine Bewerbung nur schriftlich abwickeln zu wollen und bei einem dennoch zustande gekommenen persönlichen Vorstellungsgespräch unter Hinweis auf seinen erlernten bzw. ausgeübten Beruf kundzutun, daß ihm die Tätigkeit eines Kassiers in keiner Weise zusage, zu Recht als Vereitelung im Sinne der zitierten Rechtsprechung qualifiziert.

Da somit bereits die vorliegende Beschwerde erkennen läßt, daß eine Rechtsverletzung des Beschwerdeführers nicht vorliegt, war sie ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Mit der Erledigung der Beschwerde in der Hauptsache ist der Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos.

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