VwGH 96/05/0184

VwGH96/05/018419.11.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 30. April 1996, Zl. MD-VfR - B XIX - 76/95, betreffend einen Bauauftrag, zu Recht erkannt:

Normen

BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §86 Abs3;
BauRallg;
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §86 Abs3;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 30. April 1996 wurde dem Beschwerdeführer bezüglich der Liegenschaft EZ 421 KG X, Wien 19., S-Straße 118, unter Punkt 9 (nur insoweit ist dieser Bescheid in Beschwerde gezogen) ein Auftrag gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien folgenden Inhaltes erteilt:

"9) Die an der straßenseitigen Einfriedung angebrachten Schilfrohrmatten sind zu entfernen."

In der Begründung wurde hiezu ausgeführt, der Beschwerdeführer habe entgegen den Bestimmungen der §§ 85 und 86 der Bauordnung für Wien an der straßenseitigen Einfriedung Schilfrohrmatten angebracht, die den freien Durchblick hinderten und das Stadtbild beeinträchtigten. Die Anbringung von Schilfrohrmatten an der straßenseitigen Einfriedung unterliege der Bewilligungspflicht nach § 60 Abs. 1 lit. c leg. cit., weil hiedurch das äußere Ansehen der Einfriedung geändert werde. Auf die in der Berufung aufgeworfene Frage der Beeinträchtigung des örtlichen Stadtbildes sei in diesem Verfahren nicht einzugehen. Ob eine nachträgliche Baubewilligung erteilt werden könne, sei in einem Bewilligungsverfahren zu entscheiden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Nichterteilung eines Bauauftrages bezüglich der an der straßenseitigen Einfriedung angebrachten Schilfrohrmatten verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Gemäß § 129 Abs. 10 erster Satz der Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 18/1976 (im folgenden: BO) sind Abweichungen von den Bauvorschriften zu beheben und es ist der vorschriftswidrige Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt worden ist, zu beseitigen.

Vorschriftswidrig ist jeder Bau, für den im Zeitpunkt seiner Errichtung eine baubehördliche Bewilligung erforderlich war (und weiterhin erforderlich ist), und für den aber eine Baubewilligung nicht vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. März 1996, Zl. 93/05/0236).

Gemäß § 60 Abs. 1 lit. b BO ist vor Beginn der Errichtung baulicher Anlagen über und unter der Erde, zu deren Herstellung ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich ist, die mit dem Boden in eine kraftschlüssige Verbindung gebracht werden und wegen ihrer Beschaffenheit geeignet sind, öffentliche Rücksichten zu berühren, die Bewilligung der Behörde zu erwirken. Öffentliche Rücksichten werden jedenfalls berührt, wenn Einfriedungen gegen Verkehrsflächen errichtet werden.

Gemäß § 60 Abs. 1 lit. c BO sind Änderungen von baulichen Anlagen bewilligungspflichtig, wenn durch sie das äußere Ansehen geändert wird.

Gemäß § 86 Abs. 3 leg. cit. dürfen Einfriedungen von Vorgärten gegen die Verkehrsfläche und an den seitlichen Grundgrenzen auf die Tiefe des Vorgartens den freien Durchblick nicht hindern; Abweichungen hievon können zugelassen werden, wenn dadurch das örtliche Stadtbild nicht beeinträchtigt wird.

Die Anbringung einer Schilfmattenverkleidung an der Einfriedung im Bereich des Vorgartens verstößt gegen § 86 Abs. 3 BO, welche Bestimmung dem öffentlichen Interesse dient, und ermächtigt die Baubehörde, einen Auftrag zur Beseitigung der Verkleidung nach § 129 Abs. 10 BO zu erteilen (vgl. hiezu Geuder-Hauer, Wiener Bauvorschriften, 2. Auflage, Seite 426, E.

4. und 5. zu § 86).

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes trägt der Beschwerdeführer vor, durch die Anbringung von Schilfrohrmatten werde im gegenständlichen Fall das örtliche Stadtbild nicht beeinträchtigt.

Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides schon deshalb nicht aufzuzeigen, weil nach dem klaren Wortlaut des § 86 Abs. 3 BO Einfriedungen der hier zu beurteilenden Art den freien Durchblick nicht hindern dürfen und Abweichungen von dieser Anordnung nur aufgrund einer diesbezüglich erteilten behördlichen Bewilligung zulässig sind, wenn dadurch das örtliche Stadtbild nicht beeinträchtigt wird. Die Frage der Bewilligungsfähigkeit eines Baues ist aber - worauf bereits die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides hingewiesen hat - im Verfahren nach § 129 Abs. 10 BO nicht zu prüfen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 1990, Zl. 90/05/0106, uva.). Die Bewilligungspflicht für die Errichtung und für die - durch die Anbringung der Schilfrohrmatten in ihrem äußeren Ansehen erfolgte - Änderung der dem Beschwerdeverfahren zugrunde liegenden Einfriedung ist im vorliegenden Fall nicht in Zweifel zu ziehen und wird auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten.

Das erstmals in der Beschwerde enthaltene, auf das Vorliegen eines vermuteten Konsenses (vgl. hiezu die bei Geuder-Hauer, Wiener Bauvorschriften, 2. Auflage, Seite 564, E. 55 ff zu § 129 BO) abzielende Vorbringen, die gegenständliche Einfriedung sei bereits Anfang des Jahrhunderts mit Schilfrohrmatten abgedichtet worden und es sei die Einfriedung selbst zu einem Zeitpunkt errichtet worden, als keine Bewilligungspflicht hiefür erforderlich gewesen sei, stellt eine im Beschwerdeverfahren unzulässige und daher unbeachtliche Neuerung gemäß § 41 Abs. 1 VwGG dar und entfernt sich von den im Verwaltungsakt dokumentierten Verfahrensergebnissen (vgl. hiezu den Bescheid des Magistratischen Bezirksamtes für den 19. Bezirk vom 29. April 1912, Punkt 8, in welchem bereits angeordnet war, daß an den Einfriedungsgittern keine Herstellungen vorgenommen werden dürfen, welche die freie Durchsicht behindern).

Die unbegründete Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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