VwGH 96/02/0114

VwGH96/02/011429.3.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, in der Beschwerdesache des P in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen die vom Beschwerdeführer als "Bescheid" qualifizierte Erledigung der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 2. Juni 1995, Zl. 11/06-1743-1995, betreffend Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt im Rahmen der Schubhaft, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §56;
AVG §56;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Im nicht als Bescheid bezeichneten Schreiben vom 2. Juni 1995 führte die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl zum Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung, daß dieser in seinem Recht auf Unterbleiben einer zwangsweisen Besuchsvorführung im Sinne einer unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt verletzt worden sei, folgendes aus:

"Von der Anordnung einer unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt durch die ha. Behörde in gegenständlicher Angelegenheit kann keine Rede sein, da die ha. Behörde die sudan. Botschaft lediglich um die Ausstellung eines Reisedokumentes für o.a. Beschwerdeführer ersucht hat, wozu diese auch verpflichtet war, da die Schubhaft letztendlich der Sicherung der Abschiebung diente, und eine solche erst nach Erlangung eines Reisedokumentes möglich gewesen wäre. Ein Besuch von Vertretern der sudan. Botschaft bei den o.a. Schubhäftlingen wurde durch die ha. Behörde nicht veranlaßt, sondern war die sudan. Botschaft selbständig bestrebt, die Identität und Staatsangehörigkeit der drei o.a. sudan. Sta. zu überprüfen. Es handelte sich dabei um einen selbständigen Souveränitätsausfluß des sudanesischen Staates. Des weiteren hat in dieser Sache keinerlei Zwang Platz gegriffen, da o.a. Schubhäftlinge natürlich das Recht gehabt hätten, gegenständliche Gespräche mit den Vertretern der sudan. Botschaft, welche Sie von sich aus besuchten, zu verweigern. In diesem Fall hätten Sie mit keinerlei Zwangsandrohung bzw. -ausübung zu rechnen gehabt. Außerdem ist von keinem der drei Häftlinge bekannt, daß sie sich gegen den Empfang jenes Besuches ausgesprochen hätten.

Abschließend muß noch gesagt werden, daß gemäß § 1 leg. cit. gegenständliche Hausordnung auf Personen Anwendung findet, welche sich in Haftvollzug befinden. Nach Entlassung findet gegenständliche Hausordnung in Anlehnung an § 1 leg. cit. keine Anwendung mehr, wodurch auch Beschwerden gemäß § 23 Abs. 3 leg. cit. nicht mehr an die Behörde herangetragen werden können. Dies ergibt sich auch aus § 23 Abs. 4 leg. cit. wonach ein Häftling auf sein Verlangen bei Ansuchen oder Wünschen dem Kommandanten vorzuführen ist. Dies ist allerdings nur möglich, solange er sich in Haftvollzug befindet.

Weiters ist es nicht möglich, auf der Grundlage von § 23 Abs. 3 Polizeigefangenenhaus-Hausordnung eine Feststellung, wie in Antragspunkt c) begehrt, zu treffen. Nach der Judikatur ist nämlich die bescheidmäßige Feststellung rechtserheblicher Tatsachen nur aufgrund einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung zulässig. (siehe Walter Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 4. Auflage, Wien 1987, RZ. 407, Punkt 4.) § 23 leg. cit. ist jedoch keine solche gesetzliche Regelung."

Gegen diese Erledigung, die der Beschwerdeführer als Bescheid qualifizierte, erhob dieser zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluß vom 27. November 1995, B 2168/95, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abtrat.

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann nach Erschöpfung des Instanzenzuges gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde durch denjenigen erhoben werden, der durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Beschwerde ist daher unter anderem, daß überhaupt ein Bescheid im Sinne dieser Bestimmung vorliegt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, muß an eine nicht als Bescheid bezeichnete behördliche Erledigung hinsichtlich ihrer Wertung als Bescheid nach dem Inhalt ein strenger Maßstab angelegt werden, und liegt dann kein Bescheid vor, wenn die sprachliche Gestaltung einen normativen Inhalt nicht zweifelsfrei zum Ausdruck bringt (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, S. 393, unter E 14 zu § 56 AVG wiedergegebene hg. Judikatur). Aufgrund der hg. Judikatur (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, VwSlg. 9458/A) muß sich der normative Inhalt aus der Formulierung der belangten Behörde ergeben. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen und dergleichen können nach dem zuletzt zitierten Erkenntnis nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG gewertet werden. Im Zweifel ist daher der Bescheidcharakter einer behördlichen Erledigung, die nicht als Bescheid bezeichnet ist, zu verneinen (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, S. 382, sowie das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1992, Zl. 92/03/0052).

Im Beschwerdefall wurde die Erledigung weder als Bescheid bezeichnet noch läßt ihr Inhalt zweifelsfrei erkennen, daß die belangte Behörde in normativer Weise über den Feststellungsantrag des Beschwerdeführers absprechen wollte.

Die Beschwerde war daher schon aus diesem Grunde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unzulässig zurückzuweisen.

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