VwGH 95/19/1399

VwGH95/19/139925.1.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch die Mutter Z, diese vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. Oktober 1995, Zl. 300.493/4-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §6;
ABGB §7;
ABGB §8;
AufG 1992 §6 Abs2;
VwRallg;
ABGB §6;
ABGB §7;
ABGB §8;
AufG 1992 §6 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. Oktober 1995 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 22. Mai 1995 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 3 und § 6 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz, BGBl. Nr. 466/1992 (AufG), abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe zuletzt über einen vom 11. Februar 1993 bis 10. August 1993 gültigen Sichtvermerk verfügt und halte sich nunmehr illegal im Bundesgebiet auf.

Der am 22. Mai 1995 über die österreichische Botschaft Preßburg gestellte Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem AufG sei deshalb abzuweisen, weil die Tatsache, daß die Beschwerdeführerin in ihrem Antrag als einzigen derzeitigen Wohnsitz ihre Unterkunft in Österreich angebe, vor, während und nach der Antragstellung polizeilich in Österreich aufrecht gemeldet sei, in Österreich zur Schule gehe und letztlich die Berufungsangaben die Beurteilung der Behörde bestätigten, daß die Beschwerdeführerin ihren Antrag offensichtlich nicht vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus gemäß § 6 Abs. 2 AufG gestellt habe. Da auch die Mutter der Beschwerdeführerin über keine Aufenthaltsbewilligung verfüge, könne auch keine Bewilligung gemäß § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 3 AufG zum Zweck der Familienzusammenführung erteilt werden. Im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen überwögen bei einer Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK die öffentlichen Interessen die persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin, bei denen auch zu berücksichtigen sei, daß die Mutter der Beschwerdeführerin über keine Aufenthaltsberechtigung verfüge.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltendmachende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die Beschwerdeführerin tritt der maßgeblichen Sachverhaltsannahme der belangten Behörde konkret nicht entgegen. Sie macht geltend, daß sie im Jahr 1991 mit ihrer Mutter zu ihren Großeltern, welche sich bereits seit 20 Jahren in Österreich aufhielten, gezogen sei. Die Großeltern würden die Beschwerdeführerin und ihre Mutter erhalten. Die Beschwerdeführerin gehe in Österreich zur Schule und habe "mit kurzen Unterbrechungen" bisher einen Sichtvermerk gehabt. Einer ihrer Sichtvermerksanträge sei durch einen Zufall verloren gegangen, weshalb die Beschwerdeführerin in der Folge über Bratislava und zuletzt über die Posteingabe aus Hegyeshalom ihren "Sichtvermerksantrag" einreichen habe müssen. Sie habe in ihrer Heimat niemanden und verwahre sich gegen die Trennung von ihren Großeltern.

Die Bestimmung des § 6 Abs. 2 erster Satz Aufenthaltsgesetz, wonach der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen ist, trifft auf die Beschwerdeführerin zu, wie sie selbst auch nicht in Abrede stellt. Bei dem dort normierten Erfordernis handelt es sich grundsätzlich um eine Voraussetzung, deren Nichterfüllung zwingend die Abweisung des Antrages nach sich zieht (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 3. März 1994, Zl. 94/18/0064). Nach dem unter anderem aus den Gesetzesmaterialien - wenngleich diesen auch keine selbständige normative Kraft zukommt, so sind sie doch für die Ermittlung der Absicht des Gesetzgebers bedeutsam (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1994, Zl. 93/12/0204) - erschließbaren Normzweck und dem Umstand, daß sich aus dem Gesetzeswortlaut jedenfalls nicht ergibt, daß es sich bei § 6 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz um eine bloße Formvorschrift handeln sollte, hat der Fremde die Entscheidung über seinen im Ausland zu stellenden Antrag auch vom Ausland aus abzuwarten (vgl. ua. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/1087). Es handelt sich daher im konkreten Fall um eine nicht verbesserungsfähige inhaltliche Voraussetzung.

Die von der Beschwerdeführerin geforderte Anwendung des § 3 AufG (Familienzusammenführung) scheitert bereits - wie die Behörde richtig erkannt hat - daran, daß die Mutter der Beschwerdeführerin unbestrittenermaßen über keine Aufenthaltsbewilligung verfügt. Ein Bezug auf die Großeltern ist aber im Beschwerdefall nicht herzustellen, weil damit eine Familienzusammenführung mit der Mutter nicht möglich wäre.

Es kann der belangten Behörde aber auch nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie im Hinblick darauf, daß der Mutter der Beschwerdeführerin keine Aufenthaltsbewilligung erteilt wurde, die übrigen privaten Interessen der Beschwerdeführerin (Großeltern, Schulbesuch) geringer als die öffentlichen Interessen auf ein geordnetes Fremdenwesen eingestuft hat. Denn ist der Person, zu welcher die intensivsten und nächsten Beziehungen bestehen (Mutter), nicht im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung und steht dieser somit kein legaler Aufenthalt im Bundesgebiet zu, kommt den entfernteren privaten und familiären Bindungen an Österreich nur mehr untergeordnete Bedeutung zu.

Die von der Beschwerdeführerin gerügten Verletzungen von Verfahrensvorschriften führen nicht auf jeden Fall zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, sondern nur dann, wenn die Verfahrensmängel im zu prüfenden Fall möglicherweise vom Einfluß auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides sein konnten. Es obliegt der Beschwerdeführerin, in der Beschwerde (ggf. unter Anführung von Beweisen) darzutun, inwiefern die belangte Behörde bei Einhaltung der verletzten Verfahrensvorschriften zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Da die Beschwerdeführerin kein Vorbringen erstattet hat, das die Sachverhaltsannahme der belangten Behörde erschüttert hätte, ermangelt den behaupteten Verfahrensmängeln die Relevanz.

Bereits der Inhalt der Beschwerde läßt erkennen, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.

Damit erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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