VwGH 95/19/0931

VwGH95/19/093110.12.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 21. Juli 1995, Zl. 302.203/3-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

EStG §2 Abs3 Z2;
EStG §22 Z2;
Sichtvermerkspflicht Aufhebung Aussetzung Jugoslawien 1995;
Sichtvermerkspflicht Aufhebung Jugoslawien 1965 Art2;
Sichtvermerkspflicht Aufhebung Jugoslawien 1965 Art3 Abs3 lita;
EStG §2 Abs3 Z2;
EStG §22 Z2;
Sichtvermerkspflicht Aufhebung Aussetzung Jugoslawien 1995;
Sichtvermerkspflicht Aufhebung Jugoslawien 1965 Art2;
Sichtvermerkspflicht Aufhebung Jugoslawien 1965 Art3 Abs3 lita;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Mazedoniens. Nach der Aktenlage ist er Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter einer inländischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 21. Juli 1995 wurde sein mit 26. April 1995 datierter, bei der österreichischen Botschaft in Laibach eingebrachter Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer besitze keinen österreichischen Sichtvermerk. Er beabsichtigte die Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit. Er selbst gebe an, daß die gewerbliche Tätigkeit im Wirtschaftsjahr 1995 aufgenommen worden sei, und habe als Beweis dafür eine Saldenliste zum 31. März 1995 vorgelegt. Damit stehe fest, daß er ohne erforderliche Berechtigung zur Arbeitsaufnahme in das Bundesgebiet eingereist sei und sich seit 28. November 1994 (dem Tag seiner Meldung) illegal in Österreich aufgehalten habe. Dieses Verhalten zeige, daß der Beschwerdeführer nicht gewillt sei, die österreichische Rechtsordnung, insbesondere in einem Bereich, der für einen geordneten Ablauf eines geregelten Fremdenwesens vorgesehen sei, zu respektieren, weshalb ein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit darstelle. Es liege daher der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG vor. Die öffentlichen Interessen überwögen die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers im Sinne des Art. 8 MRK.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer beantragt, den Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde hat erstmals den Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG gebraucht. Ändert die Behörde gegenüber dem Bescheid der Vorinstanz den Versagungsgrund, so ist sie verpflichtet, dies dem Beschwerdeführer vorzuhalten (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, S. 336, wiedergegebene Judikatur). Ein solcher Vorhalt ist im vorliegenden Fall nicht erfolgt.

Dem Beschwerdeführer obliegt es, in der Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde die Relevanz dieses Verfahrensmangels darzulegen. In diesem Zusammenhang bringt der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall vor, es sei richtig, daß er sich am 28. November 1994 an einer Adresse in Österreich polizeilich gemeldet habe. Diese Meldung sei jedoch bloß zur Abwicklung der Formalitäten der Gründung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung erfolgt; der Beschwerdeführer sei in dieser Zeit nur kurz in Österreich aufhältig gewesen. Er habe das Bundesgebiet dann wieder verlassen und sei erst wieder eingereist, nachdem er seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung bei der österreichischen Botschaft in Laibach abgegeben habe. Er strebe auch keine unselbständige Erwerbstätigkeit an, sondern eine selbständige als Geschäftsführer der in Rede stehenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

Der Beschwerdeführer bringt nicht vor, wann seine Wiedereinreise in das Bundesgebiet erfolgt ist. Nach dem 14. Mai 1995 hätte er als Inhaber eines gewöhnlichen Reisepasses im Hinblick auf die Aussetzung der pragmatischen Weiteranwendung des Art. 3 Abs. 3 lit. a des Abkommens zwischen der Bundesregierung der Republik Österreich und der Regierung der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht BGBl. Nr. 365/1965 im Verhältnis zur ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien durch das BGBl. Nr. 322/1995 zur (Wieder-)Einreise eines Sichtvermerkes bedurft. Daß er zwischenzeitig eine solche Berechtigung erlangt hätte, wird von ihm nicht behauptet.

Aber auch vor Aussetzung der pragmatischen Weiteranwendung des Art. 3 Abs. 3 lit. a des in Rede stehenden Abkommens waren gemäß seinem Art. 2 Personen, die sich zum Zwecke der Arbeitsaufnahme in das Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates begeben, nicht zur sichtvermerksfreien Einreise berechtigt. Der Beschwerdeführer trat der Annahme der belangten Behörde, er sei "zur Arbeitsaufnahme" in das Bundesgebiet eingereist, lediglich mit der Behauptung entgegen, daß die von ihm angestrebte Tätigkeit als selbständig zu qualifizieren sei. Dem Beschwerdeführer ist einzuräumen, daß im Hinblick auf seine Mehrheitsbeteiligung an der in Rede stehenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung seine Geschäftsführertätigkeit etwa gemäß §§ 2 Abs. 3 Z. 2, 22 Z. 2 EStG steuerrechtlich als selbständige Arbeit qualifiziert werden könnte. Art. 2 des Abkommens BGBl. Nr. 365/1965 stellt aber schlechthin auf "Zwecke der Arbeitsaufnahme" ab, ohne die aufzunehmende Arbeit nach ihrer Qualifikation als selbständig oder unselbständig zu differenzieren. Die hier vorliegende Tätigkeit als Geschäftsführer einer inländischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist daher unter Art. 2 dieses Abkommens zu subsumieren.

Aus diesen Erwägungen erweist sich die Annahme der belangten Behörde betreffend die illegale Einreise und den illegalen Aufenthalt des Beschwerdeführers als zutreffend.

Eine illegale Einreise und ein daran anschließender illegaler Aufenthalt im Bundesgebiet rechtfertigen aber die Annahme, ein weiterer Aufenthalt des Fremden gefährde die öffentliche Ordnung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG, wobei bei Vorliegen des Tatbestandes der illegalen Einreise eine Bedachtnahme auf die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers im Sinne des Art. 8 Abs. 1 MRK nicht zu erfolgen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. April 1996, Zl. 95/19/0591, mit weiteren Hinweisen).

Aus diesen Gründen war der Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht gehindert, sodaß es dem behaupteten Begründungsmangel jedenfalls an der Relevanz fehlen würde. Der behauptete Verstoß gegen die Verpflichtung zur amtswegigen Sachverhaltsfeststellung gemäß § 39 Abs. 2 AVG vermag der Beschwerde aus den gleichen Gründen nicht zum Erfolg zu verhelfen, sodaß sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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