Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.830,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 18. April 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 18. Jänner 1995, mit dem seinem Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz nicht stattgegeben worden war, gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, daß der Beschwerdeführer zusammen mit seinen "drei Kindern" (gemeint sind, wie sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten - insbesondere dem darin erliegenden Bescheid der Erstbehörde - ergibt, die zwei Geschwister und die Mutter des Beschwerdeführers) und einem Hauptmieter in einer Wohnung, die aus zwei Zimmern, einem Kabinett und zwei Küchen bestehe, wohne. Dies bedeute, daß drei Wohnräumen (inklusive einem Kabinett) insgesamt fünf Personen "gegenüberstünden", womit die Unterkunft als nicht ortsüblich anzusehen sei. Da eine für Inländer ortsübliche Unterkunft für die Dauer der zu erteilenden Aufenthaltsbewilligung für den Beschwerdeführer nicht gesichert sei, habe eine Aufenthaltsbewilligung nicht erteilt werden können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe im Laufe des Berufungsverfahrens mit einem an die Erstbehörde gerichteten Schriftsatz Kopien eines Hauptmietvertrages vom 6. Februar 1995 vorgelegt, aus dem sich ergeben habe, daß die Mutter des Beschwerdeführers nunmehr eine Wohnung in W, A-Straße 143/16, bestehend aus zwei Zimmern, Küche, Vorzimmer, Bad und Dienstbotenzimmer, mit einer Größe von 90,02 m2 in Bestand genommen habe. Es sei der Antrag gestellt worden, den Schriftsatz der belangten Behörde vorzulegen. Mit weiterem Schriftsatz vom 20. Februar 1995 sei die Kopie des Meldezettels des Beschwerdeführers zum Nachweis dafür vorgelegt worden, daß am 14. Februar 1995 die polizeiliche "Ummeldung" des Beschwerdeführers an die Adresse der Wohnung in W, A-Straße 143/16, erfolgt sei. Diese Beschwerdebehauptungen wurden durch die Vorlage von Ablichtungen beider Schriftsätze, einer davon mit Ablichtung eines Aufgabescheines, untermauert.
In den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten erliegen beide Schriftsätze nicht. Die belangte Behörde ist - wie oben dargestellt - dieser Beschwerdebehauptung nicht entgegengetreten. Vorliegendenfalls kann dahinstehen, auf welchen Umstand es zurückzuführen ist, daß die vom Beschwerdeführer unbestrittenermaßen an die Erstbehörde erstatteten Schriftsätze in den Akten nicht erliegen, weil die belangte Behörde, obwohl sie auf die Säumnisfolgen des § 38 Abs. 2 VwGG hingewiesen wurde, die Akten nur teilweise vorgelegt hat, was den Verwaltungsgerichtshof nach dieser Gesetzesstelle berechtigt, diesbezüglich aufgrund der Beschwerdebehauptungen zu entscheiden, ohne deren Richtigkeit überprüfen zu müssen (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 538 f, angeführte Rechtsprechung). Die belangte Behörde hat sich, wie sich dies aus der Beschreibung der Wohnung (zwei Zimmer, ein Kabinett und zwei Küchen) und aus der Angabe der Wohnanschrift des Beschwerdeführers (W, H-Straße 29/9) ergibt, im bekämpften Bescheid mit der Frage auseinandergesetzt, ob die in W, H-Straße 29/9, gelegene Wohnung dem Erfordernis einer für Inländer ortsüblichen Unterkunft des Beschwerdeführers gerecht wird. Diese Frage war zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides im Hinblick auf das vom Beschwerdeführer erstattete ergänzende Berufungsvorbringen nicht mehr von Relevanz, vielmehr wäre die belangte Behörde aufgrund des ergänzten Berufungsvorbringens verhalten gewesen, zu erörtern, ob eine für Inländer ortsübliche Unterkunft des Beschwerdeführers in der Wohnung in W, A-Straße 143/16, gegeben ist.
Der belangten Behörde fällt damit ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß § 58 Abs. 2 in Verbindung mit § 67 AVG zur Last, wobei auf der Hand liegt, daß die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Schon aus diesem Grunde braucht auf die von der Beschwerde sonst geltend gemachten Verfahrensmängel nicht mehr eingegangen zu werden.
Soweit der Beschwerdeführer unter dem Blickwinkel der inhaltlichen Rechtswidrigkeit geltend macht, er sei in seinem Recht verletzt, daß festgestellt werde, daß die Wohnung in W, H-Straße 29/9, durchaus dem "ortsüblichen Standard" - also einer für Inländer ortsüblichen Unterkunft - entspräche, ist festzuhalten, daß - wie oben ausgeführt - diese Frage im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht mehr von Relevanz war. Diesbezüglich ist also der Beschwerdeführer in keinem Recht verletzt.
Aus den oben dargelegten Gründen war der Bescheid wegen des der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmangels gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 600 ff, wiedergegebene Rechtsprechung).
Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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