VwGH 95/16/0238

VwGH95/16/023826.6.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. DDr. Jahn, über die Beschwerde der H Kommanditgesellschaft in S, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 20. Juli 1995, Zl. 3-Gem-60/1/1/95, betreffend Getränkeabgabe (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde St. Veit/Glan), zu Recht erkannt:

Normen

BAO §133;
FAGNov 1991 Art2 §2 Abs3;
GetränkeabgabeG Krnt 1978 §9 Abs1;
GetränkeabgabeG Krnt 1992 §12;
LAO Krnt 1991 §104;
LAO Krnt 1991 §151 Abs1;
BAO §133;
FAGNov 1991 Art2 §2 Abs3;
GetränkeabgabeG Krnt 1978 §9 Abs1;
GetränkeabgabeG Krnt 1992 §12;
LAO Krnt 1991 §104;
LAO Krnt 1991 §151 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin gab während des Jahres 1991 (gesetzlich nicht vorgesehene) "vorläufige Monatserklärungen" betreffend Getränkesteuer ab, wobei sie (nach ihrer Darstellung des Falles aufgrund einer von ihr behaupteten Vereinbarung mit der mitbeteiligten Stadtgemeinde) einen auswärtigen Verbrauch in der Höhe von 40 % geltend machte. Die monatlichen Zahlungen hingegen wurden ohne Abzug des auswärtigen Verbrauches vorgenommen.

Am 24. Jänner 1992 gab die Beschwerdeführerin eine mit 31. Dezember 1991 datierte Jahres-Getränkesteuererklärung für 1991 ab, in der ebenfalls ein auswärtiger Verbrauch von 40 % geltend gemacht und zufolge der geleisteten höheren Zahlungen ein Guthaben von S 249.257,-- ausgewiesen wurde.

Am 4. August 1993 schließlich stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Rückzahlung des in der Abgabenerklärung 1991 ausgewiesenen Guthabens.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Partei (als Abgabenbehörde erster Instanz) wies daraufhin mit Bescheid vom 15. September 1993 "den Antrag auf Neufestsetzung der Getränkeabgabe für das Jahr 1991 als unbegründet ab". Es sei diesbezüglich eine vorangehende bescheidmäßige Festsetzung nicht erfolgt, sodaß Art. II § 2 Abs. 3 FAG (idF BGBl. Nr. 693/1991) zur Anwendung zu kommen habe. Danach habe eine Neufestsetzung zu unterbleiben, wenn die Unrichtigkeit damit begründet werde, daß die Abgabenerklärung auch jenes Speiseeis und jene Getränke erfasse, die nicht in der Gemeinde verbraucht worden seien, in der sie an Letztverbraucher entgeltlich abgegeben worden seien.

Dagegen berief die Beschwerdeführerin, wobei sie insbesondere darauf hinwies, daß die Abgabenbehörde erster Instanz zu Unrecht abweislich über eine Neufestsetzung der Getränkeabgabe für das Jahr 1991 abgesprochen habe; die Abgabe sei mit der eingereichten Jahreserklärung erstmals festgesetzt worden; der Antrag vom 4. August 1993 habe nur jenes Guthaben betroffen, das sich aus der mit Einreichung der Jahreserklärung 1991 festgesetzten Abgabe und den darauf geleisteten Vorauszahlungen ergebe. Der Berufungsantrag wurde ausdrücklich dahin ergänzt, daß die Erlassung eines Abrechnungsbescheides gemäß § 161 LAO und in der Folge die Erstattung des Guthabens begehrt wurde.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 7. Februar 1994 gab die Abgabenbehörde erster Instanz der Berufung keine Folge, wogegen die Beschwerdeführerin fristgerecht die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz begehrte.

Mit Bescheid vom 7. November 1994 fällte die Abgabenbehörde zweiter Instanz folgenden Spruch:

"Der Stadtrat der Stadtgemeinde St. Veit an der Glan gibt in seiner Sitzung vom 21.09.1994 die Berufung der H KG, vertreten durch N GesmbH, gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 15.09.1993 der den Antrag auf Rückzahlung der Getränkeabgabe aus dem Titel des Außerortsverbrauches für das Jahr 1991 keine Folge und bestätigt den angefochtenen Bescheid vollinhaltlich."

Begründet wurde auch diese Entscheidung damit, daß Art. II § 2 Abs. 3 FAG anzuwenden sei. Die Abgabenbehörde zweiter Instanz vertrat überdies die Rechtsansicht, der Einreichung der Jahreserklärung unter Berücksichtigung eines auswärtigen Verbrauches könne keinesfalls der Charakter einer bescheidmäßigen Festsetzung der Abgabe zukommen, weil dafür zumindest eine erkennbare behördliche Willenserklärung vorliegen müsse. Eine bescheidmäßige Anerkennung der Getränkeabgabe für das Jahr 1991 sei nie erfolgt, weshalb die zitierte Bestimmung des FAG anzuwenden sei.

Gegen den Bescheid der Abgabenbehörde zweiter Instanz erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Vorstellung an die belangte Behörde wobei sie ihre Argumente aus der Berufung wiederholte.

Die belangte Behörde wies die Vorstellung als unbegründet ab. Sie vertrat dabei nach Wiedergabe ua des § 151 Abs. 1 LAO folgende Rechtsauffassung:

Eine Selbstberechnung der Abgabe erweise sich auch dann als unrichtig "wenn zuviel an Abgaben berechnet und entrichtet wurden". Wenn der Abgabenbehörde diese Unrichtigkeit bekannt werde, so habe sie die Pflicht, einen diesbezüglichen Abgabenbescheid zu erlassen. Auch dann, wenn ein Antrag des Abgabepflichtigen auf Rückerstattung einer im Wege der Selbstbemessung zu entrichtenden Abgabe die Unrichtigkeit der Selbstbemessung dartue, sei dies als Begehren auf behördliche Festsetzung der Abgabe zu werten. Die Erledigung eines Rückzahlungsantrages verpflichte die Behörde, zuerst die Richtigkeit der Selbstbemessung zu überprüfen. In diesem Zusammenhang sei aber zuerst die Zulässigkeit einer bescheidmäßigen Abgabenfestsetzung zu beurteilen. Einer solchen stehe im Beschwerdefall aber Art. II § 2 Abs. 3 der FAG-Nov 1991, BGBl. Nr. 693 entgegen. Die "BEGEHRTE NEUFESTSETZUNG" der Abgabe sei daher von der Abgabenbehörde zu Recht abgelehnt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Aufhebung des Berufungsbescheides der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 7. November 1994 verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sie und die mitbeteiligte Stadtgemeinde erstatteten Gegenschriften, in denen die Abweisung der Beschwerde begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß den insoweit gleichlautenden Bestimmungen des § 9 Abs. 1 des Kärntner GetränkeabgabeG 1978, LGBl. Nr. 94 bzw. des § 12 des gleichnamigen, seit 1. Jänner 1992 in Kraft stehenden Gesetzes, LGBl. Nr. 94/1992, besteht die Verpflichtung des Abgabenschuldners, monatlich fristgerecht eine Erklärung über die sich im Erklärungszeitraum ergebenden abgabenpflichtigen Entgelte und den sich daraus ergebenden Getränkeabgabenbetrag einzureichen und die Abgabe zu entrichten.

Gemäß § 10 (LGBl. Nr. 94/1978) bzw. § 13 (LGBl. Nr. 94/1992) leg. cit. bedarf es für die Zulässigkeit der Abgabe von Jahreserklärungen einer bescheidmäßigen Bewilligung der vereinfachten Entrichtung der Abgabe.

Die Abgabe "vorläufiger" Erklärungen ist im österreichischen Abgabenverfahrensrecht nicht vorgesehen (vgl. Stoll, BAO-Kommentar II, 1514).

Nach § 151 Abs. 1 der Kärntner LAO, LGBl. Nr. 128/1991 ist, wenn die Abgabenvorschriften die Selbsberechnung einer Abgabe durch den Abgabenpflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung der Abgabe zulassen, ein Abgabenbescheid nur zu erlassen, wenn der Abgabenpflichtige die Einreichung einer Erklärung, zu der er verpflichtet ist, unterläßt, oder wenn sich die Erklärung als unvollständig oder die Selbstberechnung als nicht richtig erweist. Innerhalb derselben Abgabenart kann die Festsetzung mehrer Abgaben in einem Bescheid zusammengefaßt erfolgen.

Der im Verfassungsrang stehende und seit 28. Dezember 1991 in Kraft befindliche Art. II § 2 Abs. 3 der FAG-Novelle 1991, BGBl. Nr. 693, bestimmt:

"Eine Neufestsetzung der Abgaben vom Verbrauch von Speiseeis und von Getränken gemäß § 14 Abs. 1 Z. 7 FAG 1985, BGBl. Nr. 544/1984, oder § 14 Abs. 1 Z. 7 FAG 1989 auf Grund der Unrichtigkeit der Selbstbemessung gemäß den Vorschriften der Landesabgabenordnungen unterbleibt, soweit diese Unrichtigkeit damit begründet wird, daß die Abgabenerklärung auch jenes Speiseeis und jene Getränke erfaßt, die nicht in der Gemeinde verbraucht wurden, in der sie an Letztverbraucher entgeltlich abgegeben wurden."

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß dann, wenn nach der bei Selbstbemessungsabgaben durch die Einreichung der Steuererklärung bewirkten Festsetzung der Abgabe (wozu es keines Bescheides bedarf) der Abgabenpflichtige einen Antrag auf Rückerstattung stellt, der mit einer Unrichtigkeit der Selbstbemessung begründet wird, dieser Antrag zunächst als solcher auf bescheidmäßige Festsetzung der Selbstbemessungsabgabe zu werten und zunächst bescheidmäßig über die Abgabenfestsetzung und erst anschließend über das Rückzahlungsbegehren zu entscheiden ist (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 26. Jänner 1995, Zl. 94/16/0150, vom 5. April 1991, Zl. 90/17/0187, und vom 21. Oktober 1990, Zlen. 89/17/0233, 0234, 0235, sowie 90/17/0125).

Die erstmalige bescheidmäßige Festsetzung der Abgabe (z.B. aufgrund eines die Unrichtigkeit der Selbstbemessung behauptenden Rückzahlungsantrages) ist dann als "Neufestsetzung" der Abgabe iS des Art. II § 2 Abs. 3 der FAG-Nov 1991 zu verstehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. April 1995, Zl. 93/17/0174).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage liegt die Besonderheit des Beschwerdefalles in folgendem:

Aus den Verwaltungsakten ist der Inhalt der von der Beschwerdeführerin (wie sie behauptet) monatlich abgegebenen, "vorläufigen" Erklärungen weder ersichtlich, noch haben die Abgabenbehörden dazu Feststellungen getroffen. Ebenso fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, ob der Beschwerdeführerin eine bescheidmäßige Bewilligung der vereinfachten Entrichtung der Abgabe gemäß § 10 Abs. 1 (bzw. § 13 Abs. 1) Kärntner Getränkeabgabengesetz erteilt wurde, die sie in weiterer Folge zur Abgabe einer Jahreserklärung berechtigt (und verpflichtet) hätte.

Konkrete Feststellungen über den Inhalt der abgegebenen Monatserklärungen sind aber für die Beurteilung erforderlich, ob diese Erklärungen ungeachtet des von der Beschwerdeführerin jeweils angebrachten Zusatzes "vorläufig" Abgabenerklärungen im Rechtssinn darstellten oder nicht. Wäre diese Frage nämlich zu bejahen, so hätten bereits die in Rede stehenden Monatserklärungen die Erklärungspflicht erfüllt, auch wenn sie bloß als "vorläufige" bezeichnet wurde (Stoll, aaO. 1514, 1515).

Davon ausgehend wäre dann zu beurteilen, ob die in weiterer Folge abgegebene Jahreserklärung eine "Unrichtigkeit der Selbstbemessung" zur Darstellung brachte oder nur als eine (ohne die gesetzlich erforderliche, bescheidmäßige Grundlage vorgenommene) wiederholende, zusammenfassende Darstellung der Inhalte der Monatserklärung anzusehen ist, die in der Folge zur Begründung des am 4. August 1993 gestellten Rückzahlungsantrages diente. Der Rückzahlungsantrag wäre in diesem Fall - weil im Einklang mit den Monatserklärungen stehend - nicht als Behauptung der Unrichtigkeit der Selbstbemessung sondern nur als Antrag auf Rückzahlung eines sich bereits aus der Selbstbemessung ergebenden Guthabens anzusehen, weshalb kein Raum für seine Behandlung als Antrag auf Neufestsetzung der Abgabe für 1991 und die Anwendung des Art. II § 2 Abs. 3 der FAG-Nov. 1991 bestünde.

Da die belangte Behörde somit nicht beachtet hat, daß der ihr im Aufsichtsverfahren zur Überprüfung vorgelegte Sachverhalt noch in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben, wobei von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden konnte.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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