Normen
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwGG §42 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwGG §42 Abs4;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Die Statutarstadt Krems an der Donau hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Primarius der Abteilung für Urologie am A.ö. Krankenhaus Krems in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Krems an der Donau.
In einer im Wege der ärztlichen Direktion an den Magistratsdirektor der Stadt Krems an der Donau gerichteten Eingabe vom 16. Juli 1990 führte der Beschwerdeführer aus, daß ihm offenbar ohne Rechtsgrundlage bei der Abrechnung der ihm zustehenden "ärztlichen Gebühren (Sonderklasse - BVA/VA)" bis 1988 46,5 % und danach 40,5 % zuviel in Abzug gebracht worden sei bzw. werde. Der Beschwerdeführer beantragte, ihm entweder diese Fehlbeträge nachzuzahlen oder bei Ablehnung einen Bescheid zu erlassen.
Am 26. September 1991 stellte der Beschwerdeführer gemäß § 73 AVG an den Stadtsenat der Stadt Krems an der Donau (im folgenden: belangte Behörde) als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde den Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über seinen Antrag vom 16. Juli 1990.
Der daraufhin ergangene Bescheid hatte folgenden Spruch:
"Der Stadtsenat als gem. § 73 (2) AVG in der derzeit geltenden Fassung in Zusammenhalt mit § 38 Abs. 3 Ziff. 7 Kremser Stadtrecht sachlich in Betracht kommende Oberbehörde hat in seiner Sitzung vom 11. September 1991 beschlossen, dem Antrag des ..... (Beschwerdeführers) vom 16.7.1990 hinsichtlich der Auszahlung jener Beträge, die bei den ärztlichen Gebühren (Sonderklasse BVA/VA) bis 1988 in der Höhe von 46,5 % und darnach bis heute in der Höhe von 40,5 % vor der Honorarverteilung durch die Verwaltung in Abzug gebracht wurden, NICHT FOLGE zu geben und diesen zurückzuweisen."
Dieser Bescheid wurde vom Beschwerdeführer beim Verwaltungsgerichtshof bekämpft und mit Erkenntnis vom 24. März 1993, Zl. 92/12/0114, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.
Da seitens der belangten Behörde im fortgesetzten Verfahren kein Ersatzbescheid erlassen wurde, machte der Beschwerdeführer beim Verwaltungsgerichtshof Verletzung der Entscheidungspflicht geltend (Zl. 94/12/0194).
Der Verwaltungsgerichtshof räumte der belangten Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG die Gelegenheit ein, den versäumten Bescheid nachzuholen, wovon aber nicht Gebrauch gemacht wurde.
Da damit die Zuständigkeit zur Sachentscheidung auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen war, trug er der belangten Behörde mit Erkenntnis vom 19. Oktober 1994, Zl. 94/12/0149, gemäß § 42 Abs. 4 erster Satz VwGG auf, den versäumten Bescheid binnen acht Wochen unter Zugrundelegung folgender Rechtsanschauung zu erlassen:
"Der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Honoraranspruch für die Behandlung von Sonderklasse-Patienten, dessen Abgeltung auf Grund einer Vereinbarung gemäß § 57 Abs. 1 NÖ KAG mit der BVA oder VAE erfolgt, beruht auf § 45 NÖ KAG. Sofern die von den genannten Sozialversicherungsträgern für diese Sonderklasse-Patienten an den Krankenanstaltenträger geleisteten Zahlungen nach der Vereinbarung gemäß § 57 Abs. 1 NÖ KAG ärztliches Honorar für die ärztliche Behandlung dieser Sonderklasse-Patienten nach § 45 Abs. 1 lit. b erster Fall NÖ KAG darstellen, darf ausschließlich eine Einhebungsvergütung nach § 45 Abs. 2 NÖ KAG einbehalten werden."
Dieses Erkenntnis wurde der belangten Behörde am 6. Dezember 1994 zugestellt; die damit gesetzte achtwöchige Entscheidungsfrist blieb aber von der belangten Behörde neuerlich ungenützt.
Erst mit Datum vom 30. März 1995 erging der dem Beschwerdeführer am 31. März 1995 zugestellte angefochtene Bescheid, mit dem die belangte Behörde wie folgt absprach:
"Der Stadtsenat der Stadt Krems an der Donau als gemäß § 73 (2) AVG in der derzeit geltenden Fassung in Zusammenhalt mit § 38 Abs. 3 Ziff. 7 Kremser Stadtrecht sachlich zuständige Behörde hat in seiner Sitzung vom 29. März 1995 zur Eingabe des Dr. X vom 16. Juli 1990, wonach ihm offenbar ohne Rechtsgrundlage bei der Abrechnung der ihm zustehenden "ärztlichen Gebühren (Sonderklasse - BVA/VAE)" bis 1988 46,5 % und darnach 40,5 % zuviel "von der Honorarverteilung durch die Verwaltung" in Abzug gebracht worden sei bzw. werde und er daher beantragte, ihm entweder diese Fehlbeträge binnen vier Wochen auszuzahlen oder bei Ablehnung einen abschlägigen Bescheid zu erlassen, festgestellt, daß der vom Genannten geltend gemachte Honoraranspruch kein ärztliches Honorar für die ärztliche Behandlung der BVA- bzw. VAE-Sonderklassepatienten nach den Bestimmungen des NÖ Krankenanstaltengesetzes darstellt, weshalb die strittigen Anteile der Leistungen der BVA und VAE zu Recht nicht ausbezahlt wurden."
Begründet wurde diese Entscheidung im wesentlichen damit, daß keinerlei Vereinbarung zwischen Arzt bzw. Ärztekammer einerseits und diesem Patientenkreis bzw. dessen Privatversicherungsträger andererseits, in dem ein Anspruch auf ärztliches Honorar im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit festgelegt worden sei, bestehe. Es handle sich vielmehr bei den Zahlungen an Spitalsärzte aus den Kostenersätzen der BVA und der VA um freiwillige Sozialleistungen des Dienstgebers, was auch aus verschiedenen Erlässen des Bundesministers für Finanzen und der NÖ Landesregierung folge.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde und wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes begehrt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat der belangten Behörde Gelegenheit zur Äußerung nach § 35 Abs. 2 VwGG gegeben.
Mit Schreiben vom 28. April 1995 begehrte die belangte Behörde Fristverlängerung "wegen der Komplexibilität der Materie".
Diesem Antrag wurde mit Berichterverfügung vom 17. Mai 1995 nicht stattgegeben und die belangte Behörde unter Hinweis auf die Folgen nach § 38 Abs. 2 VwGG aufgefordert, die erforderlichen Akten und Unterlagen binnen einer Woche zur Verfügung zu stellen.
Mit Schreiben vom 29. Mai 1995 legte die belangte Behörde unter Bezugnahme auf die letztgenannte Verfügung eine "Aufstellung der Honorare bzw. Sondergebühren" des Beschwerdeführers für den in Frage stehenden Zeitraum vor.
Nahezu gleichzeitig, nämlich mit 31. Mai 1995, wurde die
8. NÖ KAG-Novelle kundgemacht und von der Behörde unter Hinweis auf das anhängige Verfahren nachgereicht.
In einer Äußerung vom 17. Juli 1995 vertrat der Beschwerdeführer die Auffassung, daß die - wenn auch rückwirkend in Kraft getretene - 8. NÖ KAG-Novelle für das vorliegende Beschwerdeverfahren keine Bedeutung habe.
Hiezu äußerte sich die belangte Behörde über Aufforderung mit Schreiben vom 18. September 1995 nur dahingehend, daß hinsichtlich der BVA- und VA-Sondergebühren-Beteiligung eine privatrechtliche Vereinbarung zwischen Anstaltsträger und Beschwerdeführer vorliege. Im übrigen handle es sich bei diesen Sonderklasse-Patienten um solche einer eigenen Art, weil keine Vereinbarung mit den Ärzten bestehe. Das prozentuelle Ausmaß der Ärztebeteiligung sei so im freien Ermessen des Rechtsträgers gelegen. Die Festlegung des genauen Ausmaßes der Beteiligung mit jedem Primararzt sei in Form verschiedener Vereinbarungen oder auf konkludentem Wege zustande gekommen. Selbst wenn keine ausdrückliche diesbezügliche schriftliche oder mündliche Vereinbarung getroffen worden sei, so müsse doch die jahrezehntelange widerspruchslose Annahme der BVA- und VA-Beteiligung im Wege der Gehaltsauszahlung durch den Beschwerdeführer als klares Indiz für sein Einverständnis mit der Aufteilung und somit als konkludente Vertragseinwilligung verstanden werden. Daß diese BVA- und VA-Sondergebühren-Beteiligung aber nicht Teil des öffentlich-rechtlichen Bezuges gewesen sei, sondern privatrechtlicher Gehaltsbestandteil, gehe auch daraus hervor, daß diese vereinbarten Sondergebührenanteile von Gesetzes wegen nicht ruhegenußfähig seien.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in der Fassung BGBl. Nr. 330/1990 kann der Verwaltungsgerichtshof in den Fällen des Art. 132 B-VG sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung einzelner maßgebender Rechtsfragen beschränken und der Behörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiemit festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, acht Wochen nicht übersteigender Frist zu erlassen. Macht der Verwaltungsgerichtshof von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch oder kommt die belangte Behörde dem Auftrag nicht nach, so entscheidet er über die Säumnisbeschwerde durch Erkenntnis in der Sache selbst, wobei er auch das sonst der Verwaltungsbehörde zustehende freie Ermessen handhabt.
Wie bereits vorher dargelegt, wurde der angefochtene Bescheid seitens der belangten Behörde infolge der im Säumnisverfahren ergangenen Grundsatzentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Oktober 1994, Zl. 94/12/0149, mit Zustellung am 31. März 1995 erlassen. Da das vorgenannte Erkenntnis am 6. Dezember 1994 zugestellt worden war, hätte der angefochtene Bescheid aber, um fristgerecht im Sinne des § 42 Abs. 4 VwGG erlassen zu sein, bis zum Ablauf des 31. Jänner 1995 zugestellt werden müssen. Wird ein solcher Bescheid im Sinne des § 42 Abs. 4 VwGG nicht fristgerecht erlassen, kommt es in gleicher Weise wie bei der Verletzung der Frist nach § 36 Abs. 2 VwGG (vgl. diesbezüglich beispielsweise das Erkenntnis vom 27. Februar 1985, Zl. 84/03/0408) zu einem (neuerlichen) Übergang der Zuständigkeit an den Verwaltungsgerichtshof, was zur Folge hat, daß keine Zuständigkeit der belangten Behörde zur Nachholung des angefochtenen Bescheides mehr bestand.
Da der angefochtene Bescheid von der belangten Behörde außerhalb der ihr eingeräumten Frist erlassen worden war und der Beschwerdeführer die mangelnde Zuständigkeit ausdrücklich gerügt hat (vgl. dazu die diesbezügliche Judikatur zu Bescheiden, die während eines Säumnisbeschwerdeverfahrens nach Ablauf der Frist gemäß § 36 Abs. 2 VwGG erlassen worden sind, wie z.B. VwSlg. Nr. 9274/A, 9558/A und 10.026/A, die auch auf die Versäumung der Frist nach § 42 Abs. 4 VwGG anzuwenden ist), mußte er im Hinblick auf die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben werden.
Die Entscheidung über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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