Normen
AlVG 1977 §25 Abs1 idF 1989/364;
AlVG 1977 §25 Abs1 idF 1989/364;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als er die Beschwerdeführerin zum Ersatz von S 12.810,-- an empfangenem Arbeitslosengeld verpflichtet, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin beendete mit 31. Oktober 1993 ihr Dienstverhältnis als Raumpflegerin und bezog ab dem 6. Dezember 1993 Arbeitslosengeld. Am 11. Februar 1994 legte sie dem zuständigen Arbeitsamt Weiz eine von der K GmbH in B ausgestellte Arbeitsbescheinigung darüber vor, daß sie mit 3. Jänner 1994 (vom Dienstgeber telefonisch auf 1. Jänner 1994 berichtigt) bei der genannten Gesellschaft eine Beschäftigung als Dienstnehmerin aufgenommen habe. Der von ihr nun ausgeübte Beruf ("Berufsbezeichnung") wurde in dieser Urkunde mit "geringfügig Besch.", das Bruttoentgelt für Jänner 1994, Februar 1994 und "gleichbleibend bis 31. 12. 1994" mit monatlich S 3.220,-- angegeben.
Am 2. November 1994 erfuhr das Arbeitsamt Weiz aus einem Datenabgleich mit dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, daß die Beschwerdeführerin für den Zeitraum 3. Jänner 1994 bis 30. Jänner 1994 mit der "Qualifikation 10" als angemeldet aufscheine. Die Steiermärkische Gebietskrankenkasse beantwortete eine Anfrage des Arbeitsamtes Weiz am 17. Jänner 1995 dahingehend, daß die Beschwerdeführerin bei der schon genannten Gesellschaft vom 3. Jänner 1994 bis zum 31. Jänner 1994 sowie vom 1. März 1994 bis zum 31. August 1994 in einem die Geringfügigkeitsgrenze überschreitenden Dienstverhältnis und im Februar 1994 geringfügig beschäftigt gewesen sei.
Am 14. Februar 1995 legte die Beschwerdeführerin eine neue Arbeitsbescheinigung vor, wonach sie vom 1. Jänner 1994 bis zum 31. August 1994 als "geringf. Beschäftigte" tätig gewesen sei und ihr Bruttoentgelt im Jänner 1994 S 3.220,--, im Februar S 2.240,--, im März S 3.080,--, im April S 3.220,-- (sowie in den Monaten Mai bis August 1994 S 3.220,--, S 3.220,--, S 2.800,-- und S 1.400,--) betragen habe.
Mit Bescheid vom 24. Februar 1995 sprach das Arbeitsmarktservice Weiz gegenüber der Beschwerdeführerin aus, es werde gemäß § 24 Abs. 2 AlVG der Bezug (gemeint: die Zuerkennung) des Arbeitslosengeldes "für den nachstehend angeführten Zeitraum widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt" und die Beschwerdeführerin gemäß § 25 Abs. 1 AlVG zur Rückzahlung des unberechtigt empfangenen Arbeitslosengeldes im Gesamtbetrag von S 17.080,-- (in Raten) verpflichtet. Die Begründung gab den Inhalt des § 24 Abs. 2 AlVG sowie (nur) des ersten Satzes des § 25 Abs. 1 AlVG wieder und lautete im übrigen:
"Das Ermittlungsverfahren hat ergeben: Sie haben das Arbeitslosengeld vom 3. 1. bis 31. 1. 1994 und vom 1. 3. bis 24. 4. 1994 zu Unrecht erhalten, da Sie in einem arbeitslosenversicherungspflichtigen Dienstverhältnis standen, sowie vom 1. 2. bis 28. 2. 1994, da Sie Ihr Beschäftigungsverhältnis nicht beendet haben und daher nicht als arbeitslos gelten. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden".
In ihrer Berufung gegen diesen Bescheid führte die Beschwerdeführerin aus, hinsichtlich ihrer am 3. Jänner 1994 aufgenommenen Beschäftigung sei "von Anfang an vereinbart" gewesen, daß die Beschäftigung "jedenfalls als geringfügige Beschäftigung gedacht" sei. Aufgrund einer Überprüfung durch die Steiermärkische Gebietskrankenkasse sei "nachträglich eine Berichtigung" ihres Lohnes "durchgeführt" worden. Als Konsequenz dieser Überprüfung sei es zu einer Nachversicherung gekommen, weil "fälschlicherweise" ihre Anmeldung zur Vollversicherung nicht vorgenommen worden sei. Der Rückforderung des Betrages von S 17.080,-- halte sie entgegen, daß sie "keinen Tatbestand des § 25 Abs. 1 AlVG gesetzt" habe. Diese Behauptung führte die Beschwerdeführerin in bezug auf die im § 25 Abs. 1 Satz 1 AlVG genannten Rückforderungstatbestände näher aus. Sie beantragte, "den Bescheid vom 24. 2. 1994 aufzuheben und auszusprechen, daß ich den Betrag von S 17.080,-- nicht zurückzuzahlen habe".
Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde, es werde der Berufung der Beschwerdeführerin "teilweise Folge gegeben, daß zwar der Widerruf der zu Unrecht bezogenen Leistung aufrecht bleibt, jedoch von einer Rückforderung des zu Unrecht bezogenen Betrages in Höhe von S 4.270,-- für den Zeitraum vom 1. 2. bis 28. 2. 1994 abgesehen wird und sich der gesamte Rückforderungsbetrag von S 17.080,-- auf S 12.810,-- reduziert". Begründend führte die belangte Behörde nach einer Wiedergabe gesetzlicher Bestimmungen (darunter des § 25 Abs. 1 Satz 2 AlVG) und des Sachverhalts aus, die Beschwerdeführerin sei ab 3. Jänner 1994 nicht mehr arbeitslos gewesen. Den "gesetzlichen Bestimmungen" (gemeint: § 25 Abs. 1 Satz 2, Fall 2 AlVG) könne sie entnehmen, daß eine Rückforderung zu Unrecht empfangener Leistungen auch zulässig sei, wenn rückwirkend das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt werde. Daran anknüpfend fuhr die belangte Behörde fort:
Da sich dies in Ihrem Fall als zutreffend erweist - die Steiermärkische Gebietskrankenkasse stellte rückwirkend aufgrund einer Überprüfung fest, daß Ihr Dienstverhältnis bei der Firma K vom 3. 1. bis 31. 1 1994 und vom 1. 3. bis 31. 8. 1994 vollzuversichern war -, wurde der Widerruf und die Rückforderung von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Weiz für die Zeiträume, für die nachträglich ein vollversichertes Dienstverhältnis festgestellt wurde (3. 1. bis 31. 1. 1994, 1. 3. bis 31. 8. 1994), zu Recht durchgeführt."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin bekämpft den Bescheid der belangten Behörde insoweit, als der Berufung nicht Folge gegeben wurde, "somit insoweit, als der Beschwerdeführerin ein Rückforderungsbetrag von S 12.810,-- auferlegt wurde". In Verbindung mit der Beschwerdebegründung läßt dies erkennen, daß die Beschwerde sich nicht gegen den Widerruf nach § 24 Abs. 2 AlVG, sondern nur gegen die Rückforderung richtet.
Die Begründung der Beschwerde erschöpft sich in Argumenten dafür, daß die Beschwerdeführerin keinen der Tatbestände des § 25 Abs. 1 Satz 1 AlVG verwirklicht habe. In einem ergänzenden Schriftsatz zur Beschwerde stützt sich die Beschwerdeführerin auch darauf, daß der Verfassungsgerichtshof § 25 Abs. 1 Satz 3 AlVG aufgehoben habe. Sie verkennt damit - wie die belangte Behörde in der Gegenschrift zu Recht hervorhebt - den Inhalt des angefochtenen Bescheides, der die Rückforderung weder auf den 1. noch auf den 3., sondern auf den 2. Satz der erwähnten Bestimmung stützt.
Die darin liegende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ist im Rahmen der Anfechtung aber auch von Amts wegen wahrzunehmen. Sie ergibt sich schon aus dem Wortlaut des Gesetzes, wonach der von der belangten Behörde herangezogene zweite Fall des § 25 Abs. 1 Satz 2 AlVG voraussetzt, daß "rückwirkend das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt oder vereinbart wird". Stellt eine Gebietskrankenkasse nur "rückwirkend aufgrund einer Überprüfung fest", daß ein in seinem Bestand nie zweifelhaftes Beschäftigungsverhältnis der Vollversicherung unterlag, so ist diese Voraussetzung nicht erfüllt:
§ 25 Abs. 1 Satz 2 AlVG enthält Rückforderungstatbestände, die im Gegensatz zu Satz 1 dieser Bestimmung nicht an ein verpöntes Verhalten des Leistungsempfängers anknüpfen (vgl. dazu Schrammel in ZAS 1990, 73 f). Daß die Reichweite des zweiten, durch die AlVG-Novelle 1989 eingeführten und von der belangten Behörde herangezogenen dieser Tatbestände alles umfassen sollte, was die Anspruchsvoraussetzung der Arbeitslosigkeit betrifft (sodaß es auf unwahre Angaben, ein Verschweigen maßgebender Tatsachen oder die Erkennbarkeit der mangelnden Bezugsberechtigung in diesem Bereich nicht mehr ankäme), geht aus dem Wortlaut nicht hervor und ist auch nicht als Absicht des Gesetzgebers nachweisbar (vgl. dazu 986 BlgNR
17. GP, S. 13; weiters das hg. Erkenntnis vom 21. September 1993, Zl. 93/08/0037, als Beispielsfall für den Anwendungsbereich des neu eingeführten Tatbestandes, und demgegenüber für Fälle wie den vorliegenden das Erkenntnis vom 5. September 1995, Zl. 95/08/0106). Durch die Unterstellung des Sachverhaltes unter § 25 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 AlVG hat die belangte Behörde ihren Bescheid daher mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
Der angefochtene Bescheid war daher im Umfang der Anfechtung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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