Normen
FlVfGG §13 Abs2;
FlVfGG §6 Abs1;
FlVfLG Tir 1978 §26 Abs1;
FlVfLG Tir 1978 §74 Abs4;
FlVfGG §13 Abs2;
FlVfGG §6 Abs1;
FlVfLG Tir 1978 §26 Abs1;
FlVfLG Tir 1978 §74 Abs4;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind Eigentümer mehrerer Liegenschaften in der KG B. Ihrer Meinung nach stünden ihnen aufgrund von Ersitzung auf den der Grundzusammenlegung M.-B. unterzogenen Gp. 190 und 191 (Altparzellen) Mährechte und andere Nutzungsrechte, wie das Recht des Klaubens von Kirschen und Haselnüssen, zu. Im Zuge des Verwaltungsverfahrens und auch der vorliegenden Beschwerde wurde das Begehren dahingehend modifiziert, daß die Beschwerdeführer nur noch den Bestand dieser Nutzungsrechte auf der Gp. 190 behaupteten.
Mit Eingabe vom 9. Mai 1988 wiesen die Beschwerdeführer gegenüber der Agrarbehörde erster Instanz (AB) auf die ihrer Meinung nach ihnen zustehenden Dienstbarkeitsberechtigungen hin. Aufgrund von daraufhin erfolgten Gesprächen mit Behördenvertretern seien die Beschwerdeführer - wie diese in ihrer Beschwerde ausführen - der Meinung gewesen, daß ihre Servitutsrechte respektiert und in Geld oder Ersatzgrundstücken abgelöst würden.
Mit Bescheid vom 28. Juli 1988 erteilte die AB gemäß § 6 Abs. 1 des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1978 (kurz: TFLG 1978) der Gemeinde B. als Eigentümerin die agrarbehördliche Bewilligung zur Errichtung von Eigentumswohnungen auf der Abfindung 1246/1 (= Teilfläche der Altparzelle Gp. 190). In den Entscheidungsgründen dieses Bescheides findet sich u.a. folgender Hinweis:
"Sollten Mährechte zugunsten Dritter auf geringfügigen Teilflächen bestanden haben, so können diese in entsprechendem Umfang auf geeigneten Ersatzflächen nach Vereinbarung ausgeübt werden." Dieser Bescheid wurde unter Hinweis auf § 74 (offenbar gemeint: Abs. 3 erster Satz) TFLG 1978 nur der Gemeinde B. sowie drei weiteren, näher genannten Personen, nicht aber den Beschwerdeführern zugestellt.
Die AB erließ mit Bescheid vom 21. Juli 1992 nach § 7 Abs. 2 AgrVG den Zusammenlegungsplan M., in dessen Haupturkunde u. a. verfügt wurde, daß sämtliche außerbücherlichen Dienstbarkeiten und Reallasten, die sich auf einen im § 480 ABGB genannten Titel gründen, gemäß § 26 TFLG 1978 ohne Entschädigung erlöschen. Von der Erlassung dieses Bescheides wurden die Beschwerdeführer nicht verständigt. Da diese jedoch zufällig von der Erlassung des Zusammenlegungsplans durch Auflage erfuhren, wiesen sie mit Eingabe vom 19. November 1993 erneut auf die von ihnen behaupteten Nutzungsrechte und die daraus resultierenden Ansprüche hin.
In der Folge erließ die AB den Zusammenlegungsplan durch neuerliche Auflage zur allgemeinen Einsicht (Kundmachung vom 30. Dezember 1993) und verständigte hievon auch die Beschwerdeführer.
Gegen den Zusammenlegungsplan erhoben die Beschwerdeführer Berufung und sprachen sich insbesondere gegen das entschädigungslose Erlöschen der ihnen zustehenden Nutzungsrechte aus.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 10. November 1994 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 4 AVG (in Verbindung mit § 1 AgrVG) sowie den §§ 1488 und 1500 ABGB als unbegründet ab.
In der Begründung führte die belangte Behörde u.a. aus, daß anstelle der Altparzelle 190 die Abfindungen 1246/1 und 1246/2 getreten seien. Ein Aufrechterhalten der behaupteten Dienstbarkeiten wäre nur dann möglich gewesen, wenn diese überhaupt zum Zeitpunkt der Erlassung des Zusammenlegungsplanes noch bestanden hätten; dies sei jedoch nicht der Fall gewesen.
Der Zeuge Dr. F. habe "in der Verhandlung vom 13. September 1994" ausgesagt, er könne sich erinnern, daß der westliche Teil der Gp. 190 (in der Natur ein Feldrain) immer vom Voreigentümer der Gp. 195, F. D., gemäht worden sei. Die übrige Fläche der Gp. 190 sei jedoch nie gemäht worden. Ab dem Jahre 1953 bis zur Weitergabe der Gp. 190 an die Gemeide B. im Jahre 1973 sei aber diese gemähte Fläche vom Zeugen Dr. F. umgeackert worden. Dies habe zur Folge gehabt, daß ein weiteres Mähen dieser Fläche gar nicht mehr möglich gewesen sei.
Auch aus den im Verwaltungsakt liegenden Fotos und Bildern sei nach Ansicht der belangten Behörde ersichtlich, daß die angebliche Servitutsfläche mit Korn (Acker) bedeckt und der übrige Teil des Feldrains mit Stauden bewachsen gewesen sei. Es könne daher schon aus diesem Grunde angenommen werden, daß ein allfälliges Mährecht durch Widersetzen seitens des Verpflichteten erloschen sei. Von den übrigen Nutzungsrechten, wie dem Recht des Pflückens von Haselnüssen oder Kirschen, habe der Zeuge nichts gewußt. Auch diese Rechte seien durch Umackern der Servitutsfläche und durch das Widersetzen der Servitutsausübung erloschen.
Ein am 13. September 1994 von einer Abordnung der belangten Behörde vorgenommener Lokalaugenschein habe ferner ergeben, daß die angeblichen Servitutsflächen der Gp. 190 durch eine Garage, einen asphaltierten Weg und eine Wohnanlage verbaut seien. Der westlichste Teil der Gp. 190 sei ebenfalls asphaltiert und dem öffentlichen Gut Wege gewidmet. Die Anlage der Asphaltflächen und der Gebäude sei bereits vor längerer Zeit, jedenfalls vor mehr als drei Jahren erfolgt. Diese Art Nutzung der Altparzelle 190 stelle ebenfalls ein Widersetzen des verpflichteten Teils gegen die Ausübung der behaupteten Servitutsrechte dar, wobei die Berechtigten durch drei aufeinanderfolgende Jahre, jedenfalls bis zur Einbringung der Berufung (gemeint: gegen den Zusammenlegungsplan), ihre Rechte nicht geltend gemacht hätten. Die Verbauung der Servitutsfläche im dargestellten Ausmaß habe daher das Erlöschen der Servitutsrechte zur Folge gehabt. Die anstelle der Gp. 190 getretene Abfindung 1246/1 sei nunmehr mit einer Wohnanlage bebaut und die Abfindung 1246/2 sei Bestandteil eines eingezäunten Hausgartens, worin gleichfalls ein Widersetzen gegen die Ausübung der von den Beschwerdeführern behaupteten Dienstbarkeiten gesehen werden müsse.
Auch der Hinweis der Beschwerdeführer auf die Geltendmachung ihrer Mährechte im Bauverfahren für die Eigentumsanlage im Jahre 1988 führe nicht zu dem von den Beschwerdeführern gewünschten Erfolg. Zum einen hätten die Beschwerdeführer ihre Rechte "gerichtlich" geltend machen und deren Feststellung ausdrücklich beantragen müssen. Zum anderen habe die Errichtung der Wohnanlage, also das tatsächliche Widersetzen gegen eine allfällige Servitutsausübung erst zu einem späteren Zeitpunkt angefangen (Bauführung im Jahre 1989). Die Beschwerdeführer hätten ihre Rechte "innerhalb von drei Jahren ab dem tatsächlichen Widersetzen" (gemeint wohl: Baubeginn) geltend machen müssen, was jedoch nicht geschehen sei.
In weiterer Folge führt die belangte Behörde unter Bezugnahme auf Aussagen einzelner als Zeugen einvernommener Mieteigentümer in der Begründung des angefochtenen Bescheides ergänzend aus, weshalb ihrer Ansicht nach die Rechtsnachfolger (12 Miteigentümer des auf einem Teil der Altparzelle 190 errichteten Wohnhausanlage) gemäß § 1500 ABGB die Liegenschaft im Vertrauen auf das Grundbuch, in dem diese Nutzungsrechte nicht ausgewiesen waren, lastenfrei erworben hätten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihren Rechten insofern verletzt, als die belangte Behörde entgegen den Bestimmungen des § 26 Abs. 1 zweiter Satz TFLG 1978 die auf der Altparzelle 190, KG. B., entstandenen Nutzungsrechte nicht aufrecht erhalten oder neu begründet oder zumindest deren Wert in Form einer Geldabfindung abgelöst habe.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 26 Abs. 1 TFLG 1978 erlöschen Grunddienstbarkeiten und Reallasten, die sich auf einen im § 480 ABGB genannten Titel gründen, mit Ausnahme der Ausgedinge ohne Entschädigung. Sie sind jedoch von der Agrarbehörde ausdrücklich aufrechtzuerhalten oder neu zu begründen, wenn sie im öffentlichen Interesse oder aus wirtschaftlichen Gründen notwendig sind.
Die Beschwerdeführer behaupten, die dargestellten Nutzungsrechte an der Altparzelle 190 durch Ersitzung erworben zu haben. Die Ersitzung (im § 480 ABGB noch "Verjährung" genannt) stellt grundsätzlich einen tauglichen Titel für den außerbücherlichen Erwerb von Dienstbarkeiten nach der genannten Bestimmung dar (siehe Petrasch in Rummel, Kommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch, 1. Band, S. 585, Rz. 3). Die Beschwerdeführer beriefen sich im Zuge der mündlichen Verhandlung vom 10. November 1994 gegenüber der belangten Behörde auf einen Erwerb dieser Nutzungsrechte bereits durch den Vater der Beschwerdeführer (als deren Rechtsvorgänger) anläßlich des Erwerbs eines Baugrundstückes. Nach Behauptung der Beschwerdeführer hätten die seinerzeitigen Vorbesitzer (der herrschenden Liegenschaft) auf diese Rechte hingewiesen und die "Schrägflächen" gezeigt, auf denen die Nutzungsrechte bestanden hätten. Diese Nutzungsrechte seien auch vom Vater der Beschwerdeführer "ca. im Juni 1989" bis "immer" genutzt worden, weil danach ein Bauunternehmen "alles aufgebrochen" habe und die Nutzung nicht mehr möglich gewesen sei; diese habe auch seither nicht mehr stattgefunden.
Unbestritten ist, daß die von den Beschwerdeführern behaupteten Nutzungsrechte nicht verbüchert wurden und die Beschwerdeführer weder durch ein Gericht noch durch die Agrarbehörde den Bestand der Nutzungsrechte feststellen ließen.
Da die Beschwerdeführer einen rechtswidrigen Eingriff in ihre Nutzungsrechte durch den angefochtenen Bescheid behaupten, kommt ihnen insoweit nach § 74 Abs. 4 TFLG 1978 Parteistellung im gegenständlichen Verfahren zu, als ihnen aus § 26 Abs. 1 TFLG 1978 insbesondere dann ein Anspruch auf Weiterbestand ihrer Nutzungsrechte erwächst, soweit deren Aufrechterhaltung oder Neubegründung im öffentlichen Interesse oder aus wirtschaftlichen Gründen notwendig ist.
Für das Vorliegen eines öffentlichen Interesses an der Beibehaltung der behaupteten Nutzungsrechte im Sinne des § 26 Abs. 1 zweiter Satz TFLG 1978 liegen keine sachverhaltsmäßigen Anhaltspunkte vor; ein solches wird auch von den Beschwerdeführern nicht eingewendet. Es wird von den Beschwerdeführern in der Beschwerde auch nicht dargelegt, daß eine Beibehaltung der behaupteten Nutzungsrechte aus wirtschaftlichen Gründen notwendig sei. Eine solche Notwendigkeit ist für den Verwaltungsgerichtshof gleichfalls nicht ersichtlich, vielmehr aufgrund der gegebenen Sachlage deren Entbehrlichkeit für die Beschwerdeführer evident. Aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer im Zuge des Verwaltungsverfahrens ist lediglich erkennbar, daß sie aufgrund der durchgeführten Verbauungsmaßnahmen offenbar eher eine Ablösung dieser Rechte in Geld anstreben. Da im Hinblick auf § 26 Abs. 1 erster Satz TFLG 1978 auch ein Anspruch auf Ablösung in Geld nicht gegeben ist, wurden die Beschwerdeführer mit dem durch den angefochtenen Bescheid bestätigten Ausspruch des Erlöschens von außerbücherlichen Nutzungsrechten in ihren Rechten nach § 26 Abs. 1 TFLG nicht verletzt.
Aus den dargelegten Gründen, die die Rechtsmäßigkeit des angefochtenen Bescheides zu stützen vermögen, erübrigt es sich, auf die Frage eines allfälligen vorzeitigen Erlöschens der von den Beschwerdeführer behaupteten Nutzungsrechte - sei es durch Widersetzen von Verpflichteten im Sinne des § 1488 ABGB oder durch gutgläubigen lastenfrein Erwerb der Abfindungsliegenschaften durch die nunmehrigen Eigentümer nach § 1500 ABGB - sowie auf die damit zusammen vorgebrachten Verfahrensrügen näher einzugehen.
Da es den Beschwerdeführern nicht gelungen ist, die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)