Normen
BauO OÖ 1976 §49;
ROG OÖ 1994 §22 Abs1;
VwRallg;
BauO OÖ 1976 §49;
ROG OÖ 1994 §22 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit einem am 13. Juli 1994 bei der Baubehörde eingelangten Ansuchen vom 20. Juni 1994 beantragte der Beschwerdeführer die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Königreichssaales, weiters von 15 KFZ-Stellplätzen und die Veränderung der Höhenlage gegenüber dem umliegenden Niveau um 1,75 m im Standort Linz, T-Straße 103, Grundstück Nr. 745/8, Bfl. .12, EZ 472, KG Ufer. Dieses Grundstück ist im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan Linz - Teil Mitte und Süd Nr. 1 in der Fassung der Änderung Nr. 49 als "Bauland-Wohngebiet" ausgewiesen.
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung über dieses Ansuchen hat der Magistrat der Landeshauptstadt Linz mit Bescheid vom 22. November 1994 die beantragte Baubewilligung wegen Widerspruches zu den Bestimmungen der Oberösterreichischen Stellplatzverordnung abgewiesen. Der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung des Beschwerdeführers gab der Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz mit Bescheid vom 30. Jänner 1995 keine Folge, der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wurde jedoch dahingehend geändert, daß die Wortfolge "wegen Widerspruches zu den Bestimmungen der Oberösterreichischen Stellplatzverordnung" entfiel. Die Abweisung der Berufung wurde damit begründet, daß es sich bei dem geplanten "Königreichssaal" um kein Wohngebäude handle, eine Bewilligung im Rahmen der gegenständlichen Wohngebietswidmung aber nur dann zulässig wäre, wenn das Bauvorhaben wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedürfnissen vorwiegend der Bewohner diene. Das Bauvorhaben diene zwar grundsätzlich kulturellen Bedürfnissen, nicht jedoch solchen vorwiegend der Bewohner des gegenständlichen Wohngebietes.
Aufgrund der gegen diesen Bescheid eingebrachten Vorstellung hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 24. März 1995 den Bescheid des Stadtsenates aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Landeshauptstadt Linz zurückverwiesen. Die Aufhebung wurde damit begründet, daß das Bauvorhaben in einem Gebiet mit der Widmung "Bauland - Wohngebiet" liege; als Wohngebiet seien gemäß § 22 Abs. 1 des O.ö. Raumordnungsgesetzes 1994 solche Flächen vorgesehen, die für Wohngebäude bestimmt seien, die einem dauernden Wohnbedarf dienten, andere Bauten und sonstige Anlagen dürften im Wohngebiet nur errichtet werden, wenn sie wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedürfnissen vorwiegend der Bewohner dienten und ihre ordnungsgemäße Benützung keine Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Bewohner mit sich bringen. Die Zulässigkeit der Errichtung des gegenständlichen Bauvorhabens hänge davon ab, ob sichergestellt sei, daß die vorgesehene Einrichtung der Befriedigung (vorwiegend) der Bedürfnisse der Wohnbevölkerung des betreffenden Wohngebietes diene (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1994, Zl. 91/06/0065, ergangen zur vergleichbaren Rechtslage nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz). Die Berufungsbehörde habe es jedoch unterlassen, konkrete Feststellungen zu treffen, welche ungefähre Anzahl der Angehörigen der religiösen Gemeinschaft nun tatsächlich als potentielle Nutzer im betreffenden Wohngebiet wohnten. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
In der Folge forderte die Berufungsbehörde den Beschwerdeführer auf, binnen drei Wochen bekanntzugeben, wieviele Angehörige der Glaubensgemeinschaft "Zeugen Jehovas" im Stadtgebiet von Linz wohnhaft seien und wieviele Angehörige der genannten Glaubensgemeinschaft in dem in einem beiligenden Auszug aus dem Flächenwidmungsplan rot umgrenzten Gebiet wohnhaft seien. Mit Schreiben vom 9. Mai 1995 teilte der Beschwerdeführer neben Ausführungen zum Anteil der Zeugen Jehovas an der Gesamtbevölkerung von Österreich (0,5 bis 1 %) mit, in Linz bestünden derzeit 13 Gemeinden ("Versammlungen") der Zeugen Jehovas. Die Zahl der Gottesdienstbesucher in den Königreichssälen liege zumindest bei 1.500 bis 2.000. Den geplanten Königreichssaal würden die Bewohner der unmittelbar angrenzenden Wohngebiete P, E und E besuchen. Es handle sich hiebei ausschließlich um Bewohner von Wohngebieten, welche den geplanten Königreichssaal zu Fuß erreichen könnten. In diesem begrenzten Bereich wohnten zumindest 71 Zeugen Jehovas, sodaß regelmäßig mit etwa 100 Gottesdienstbesuchern gerechnet werden könne. Unter Berücksichtigung dieser Anzahl und der zu erwartenden Zunahme sei die Sitzplatzkapazität des Bauprojektes mit 120 festgelegt worden. Diesem Schreiben war eine Liste mit 71 Personen und deren genauer Adresse beigefügt.
Mit Bescheid vom 19. Mai 1995 gab der Stadtsenat der mitbeteiligten Landeshauptstadt der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Magistrates vom 22. November 1994 neuerlich mit der Maßgabe keine Folge, daß im Spruch u.a. die Wortfolge "wegen Widerspruches zu den Bestimmungen der Oberösterreichischen Stellplatzverordnung" zu entfallen habe. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, es seien entsprechend der von der Aufsichtsbehörde mit Bescheid vom 24. März 1995 überbundenen Rechtsansicht konkrete Feststellungen zu treffen gewesen, welche ungefähre Anzahl der Angehörigen der Zeugen Jehovas im BETREFFENDEN WOHNGEBIET wohne. Als Vorfrage zu dieser Sachverhaltsfeststellung sei zunächst zu klären, welcher räumliche Bereich als das "betreffende Wohngebiet" anzusehen sei. Aus systematisch-logischen Überlegungen sei davon auszugehen, daß der Begriff "Wohngebiet" im raumordnungsrechtlichen Sinn zu verstehen sei, also eine räumlich abgegrenzte Fläche darstelle, die im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan als "Wohngebiet" im Sinne des § 22 Abs. 1 O.ö. Raumordnungsgesetz 1994 gewidmet sei. Rechtlich unzulässig sei es daher, den Begriff "betreffendes Wohngebiet" etwa mit "Stadtteil", "Stadtviertel" oder dergleichen gleichzusetzen. Ausgehend von dieser Prämisse habe die Berufungsbehörde anhand eines Auszuges aus dem Flächenwidmungsplan das Gebiet abgegrenzt, das als "betreffendes Wohngebiet" in Betracht zu ziehen sei. Dabei seien alle jene Flächen miteinbezogen worden, die im Umfeld des geplanten Königreichssaales als zusammenhängendes Wohngebiet gewidmet seien. Um sich nicht dem Vorwurf einer kleinräumigen Betrachtungsweise auszusetzen, seien daher Widmungsgrenzen, die sich aus Verkehrsflächen ergeben hätten, unberücksichtigt geblieben. Ebenso sei die durch das betreffende Gebiet führende Westbahnstrecke, die zwar eine natürliche Trennlinie darstellte, nicht als eine die Widmung "Wohngebiet" unterbrechende Widmungsgrenze angesehen worden. Es seien daher auch die südlich der Westbahnlinie gelegenen Wohngebiete in das zu beurteilende Gebiet miteinbezogen worden. Ebenso unberücksichtigt geblieben seien Splitter anderer Widmungen, die sich in untergeordnetem Ausmaß im so abgegrenzten Wohngebiet befänden. Die Grenze des "betreffenden Wohngebietes" sei erst dort gezogen worden, wo zusammenhängende Flächen anderer Widmungen an das Wohngebiet anschlössen. Vergleiche man nun aber den so ermittelten Bereich des "betreffenden Wohngebietes" mit der vom Beschwerdeführer vorgelegten Adressenliste, so falle auf, daß von den dort angeführten Straßen lediglich der F-Weg, der D-Weg, der S-Weg, der A-Weg und die N-Straße im betreffenden Wohngebiet gelegen seien. Ausgehend von der übermittelten Adressenliste stehe daher fest, daß im betreffenden Wohngebiet nur 10 Personen wohnten, die der Glaubensgemeinschaft "Zeugen Jehovas" angehörten. Die übrigen in der Liste aufscheinenden Personen seien in teilweise sogar weiter entfernten Wohngebieten (z.B. K) wohnhaft. Stelle man nun aber die Anzahl der im betreffenden Wohngebiet wohnenden Zeugen Jehovas der Kapazität des eingereichten Königreichssaales (120 Sitzplätze) gegenüber,so werde selbst unter der Annahme, daß die doppelte Anzahl der im Wohngebiet wohnenden Zeugen Jehovas die Gottesdienste besuchen würden, deutlich, daß die potentiellen Nutzer dieses Königreichssaales überwiegend aus anderen Wohngebieten (E, K, E) kommen würden. Auch unter der Prämisse, daß § 22 Abs. 1 des Oberösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1994 so auszulegen sei, daß die Benutzer (lediglich) zu mehr als 50 % aus dem betreffenden Wohngebiet stammen müßten, so werde dieses vom beschwerdeführenden Verein selbst zugestandene Kriterium bei weitem nicht erreicht. Da das gegenständliche Bauvorhaben somit nicht den kulturellen Bedürnissen vorwiegend der Bewohner des betreffenden Wohngebietes diene, sei die Errichtung im Rahmen der Flächenwidmung "Wohngebiet" unzulässig.
Der gegen diesen Bescheid eingebrachten Vorstellung gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 29. August 1995 keine Folge. Sie schloß sich im wesentlichen der Beurteilung durch die Berufungsbehörde hinsichtlich des Begriffes "betreffendes Wohngebiet" an und teilte deren Ansicht, wonach unter Berücksichtigung des Ermittlungsergebnisses nur 10 Personen im betreffenden Wohngebiet wohnten und somit nicht davon ausgegangen werden könne, daß das Bauvorhaben kulturellen Bedürfnissen vorwiegend der Bewohner des betreffenden Wohngebietes diene.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Partei die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Der Beschwerdeführer erstattete eine Replik zu den Gegenschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Bescheid der belangten Behörde vom 24. März 1995 ist in Rechtskraft erwachsen. Damit sind die die Aufhebung tragenden Gründe, wie die belangte Behörde zutreffend ausführt, für das weitere Verfahren bindend, und zwar sowohl für die Berufungsbehörde, als auch für die Aufsichtsbehörde selbst und den Verwaltungsgerichtshof (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 7. September 1993, Zl. 93/05/0074). Auf den Beschwerdefall bezogen bedeutet dies, daß die Berufungsbehörde gehalten war, zu ermitteln, wieviele Bewohner des betreffenden Wohngebietes im Sinne des § 22 Abs. 1 des O.ö. ROG 1994 den geplanten Königreichssaal benützen würden. Keine Bindung bestand hinsichtlich der Frage, was unter "betreffendes Wohngebiet" zu verstehen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Rechtsansicht der belangten Behörde, wonach das "betreffende Wohngebiet" in raumordnungsrechtlichem Sinn zu verstehen und daher als eine abgegrenzte Fläche zu qualifizieren ist, die im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan als "Wohngebiet" gewidmet ist. Rechtlich unzulässig wäre es auch nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes, den Begriff "betreffendes Wohngebiet" mit "Stadtteil, Stadtviertel" und ähnlichem gleichzusetzen. Unter Berücksichtigung des genannten Kriteriums kann der Verwaltungsgerichtshof das schon von der Berufungsbehörde gewählte Gebiet als zutreffend abgegrenzt beurteilen; entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kommt es nicht darauf an, ob das betreffende Wohngebiet für Bewohner ANDERER Wohngebiete leicht erreichbar ist oder nicht.
Den Feststellungen der Baubehörde, wonach im Beurteilungsraum des "betreffenden Wohngebietes" 10 Personen, die der Glaubensgemeinschaft "Zeugen Jehovas" angehören, wohnten, ist der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten, sodaß schon die Berufungsbehörde zutreffend davon ausgegangen ist, daß der geplante Versammlungssaal (Königreichssaal) nicht den kulturellen Bedürfnissen VORWIEGEND DER BEWOHNER DES BETREFFENDEN WOHNGEBIETES dient. Im Ergebnis ist der Beschwerdeführer daher durch die Versagung der Baubewilligung in keinem Recht verletzt worden.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994.
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