VwGH 95/01/0421

VwGH95/01/042117.12.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner sowie den Senatspräsidenten Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des T in S, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 10. August 1995, Zl. Ia 370-294/93, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

StbG 1985 §10 Abs1 Z6;
StGB;
StVO 1960;
StbG 1985 §10 Abs1 Z6;
StGB;
StVO 1960;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers vom 15. Juli 1993 um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß §§ 10, 11a, 12, 13 und 14 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbB) abgewiesen. Die belangte Behörde stellte in der Begründung des angefochtenen Bescheides fest, der 1957 geborene Beschwerdeführer besitze die griechische Staatsangehörigkeit und habe seit dem 15. Oktober 1983 ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz in Österreich. Der Beschwerdeführer sei bisher von Gerichten und Verwaltungsbehörden wie folgt rechtskräftig bestraft worden:

1.) am 4. Juli 1989 wegen des Vergehens der Körperverletzung (§ 83 Abs. 1 StGB) vom Bezirksgericht M zu einer Geldstrafe in der Höhe von S 4.000,--;

2.) am 30. Jänner 1990 wegen §§ 5 Abs. 1 und 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 (Lenken eines Kfz in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand) sowie wegen §§ 7 Abs. 5 und 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 (Befahren einer Einbahnstraße entgegen der angezeigten Fahrtrichtung) von der Bezirkshauptmannschaft B zu Geldstrafen in der Höhe von S 9.000,-- und S 400,--;

3.) am 11. Mai 1992 wegen §§ 52 lit. a Z. 10a und 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 (Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit) sowie wegen §§ 16 Abs. 2 lit. a und 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 (Mißachtung des Überholverbotes) von der Bezirkshauptmannschaft B zu Geldstrafen in der Höhe von

S 800,-- und S 600,--.

Bei diesen Bestrafungen handle es sich insbesondere um Angriffe gegen die körperliche Sicherheit sowie um Verstöße gegen der Sicherheit des Straßenverkehrs dienende Vorschriften. Darüber hinaus sei festzustellen, daß der Beschwerdeführer auch noch nach dem Zeitpunkt der Einbringung seines Ansuchens eine gravierende Übertretung der StVO begangen habe. Diese Sachlage lasse den Schluß zu, daß der Beschwerdeführer möglicherweise auch in Zukunft wesentliche, zur Abwehr und Unterdrückung von Gefahren für Leben, Gesundheit, Sicherheit sowie öffentliche Ruhe und Ordnung erlassene Vorschriften mißachten werde. Es könne daher derzeit nicht davon ausgegangen werden, daß der Beschwerdeführer die Voraussetzung für die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft nach § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG erfülle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist ausschließlich strittig, ob der vom Beschwerdeführer beantragten Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft ein Hindernis im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG entgegensteht.

Nach dieser Gesetzesstelle ist es Voraussetzung der Verleihung der Staatsbürgerschaft an einen Fremden, daß er nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bietet, daß er zur Republik Österreich bejahend eingestellt ist und keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit bildet.

Mit Recht wendet sich der Beschwerdeführer gegen die im angefochtenen Bescheid enthaltene Feststellung, er habe auch noch zu einem nach seinem Ansuchen gelegenen Zeitpunkt eine gravierende Übertretung der StVO begangen, zumal diese Feststellung in den vorgelegten Akten keine Deckung findet.

Die drei von der belangten Behörde festgestellten rechtskräftigen Bestrafungen stellt der Beschwerdeführer nicht in Abrede. Bei der Verurteilung durch das Bezirksgericht Montafon habe es sich um eine "Ehestreitigkeit" gehandelt, in die jedermann verwickelt werden könne. Das Lenken eines Kfz in alkoholisiertem Zustand habe der Beschwerdeführer sehr bereut und er habe daraus die Konsequenzen gezogen, was dadurch dokumentiert werde, daß er seit damals nicht mehr derart straffällig geworden sei. Die weiteren Verstöße gegen die StVO seien seines Erachtens nicht sehr gravierend; auch dieser Vorfall liege bereits Jahre zurück. Wesentlich sei im Falle des Beschwerdeführers, daß alle genannten Vorfälle bereits weit zurücklägen. Seither habe sich der Beschwerdeführer, der in geordneten Familien- und Berufsverhältnissen lebe, wohlverhalten. Auch habe die Sicherheitsdirektion für das Land Vorarlberg keine Einwände gegen seinen Antrag erhoben.

Der Beschwerde ist entgegenzuhalten, daß es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z. B. das Erkenntnis vom 19. Juni 1996, Zl. 95/01/0376, und die dort angeführte Vorjudikatur) bei der nach § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG vorzunehmenden Beurteilung der Voraussetzungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaft auf das Gesamtverhalten des Einbürgerungswerbers ankommt, welches wesentlich durch das Charakterbild bestimmt wird, das sich aus den von ihm begangenen Gesetzesverstößen ergibt. Maßgebend ist dabei, ob es sich um Rechtsbrüche handelt, die den Schluß zulassen, der Betreffende werde auch in Zukunft wesentliche, zum Schutz vor Gefahren für das Leben, die Gesundheit, die Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung erlassene Rechtsvorschriften mißachten. Aus der Art, der Schwere und der Häufigkeit solcher Verstöße kommt die - allenfalls - negative Einstellung des Betreffenden gegenüber den zur Hintanhaltung solcher Gefahren erlassenen Gesetzen deutlich zum Ausdruck.

Dies gilt jedenfalls für Verstöße gegen Bestimmungen des Strafgesetzbuches, die strafbare Handlungen gegen Leib und Leben unter Strafe stellen, aber auch für Verstöße gegen Schutznormen, die der Ordnung und Sicherheit des Straßenverkehrs dienen. Art und Schwere der dem Beschwerdeführer im angefochtenen Bescheid vorgehaltenen Verstöße machen Bedenken hinsichtlich eines künftigen Wohlverhaltens des Beschwerdeführers plausibel, wobei den Beschwerdeausführungen zur letzten Bestrafung vom 11. Mai 1992 wegen Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit und wegen Mißachtung eines Überholverbotes entgegenzuhalten ist, daß diese im Zeitpunkt seiner Antragstellung um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft erst wenig länger als ein Jahr zurücklag. Der belangten Behörde kann daher nicht mit Recht vorgeworfen werden, sie habe durch ihre im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides negative Prognose die Rechte des Beschwerdeführers verletzt und dadurch den angefochtenen Bescheid rechtswidrig gestaltet.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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