VwGH 95/01/0118

VwGH95/01/011825.9.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des G in L, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 3. April 1995, Zl. 1W-1703/3/95, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

StbG 1985 §10 Abs1 Z6;
StbG 1985 §10 Abs1 Z6;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 3. April 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers - eines ägyptischen Staatsangehörigen - vom 30. September 1994 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311 (StbG), abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Gemäß § 11a StbG ist einem Fremden unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8 und Abs. 2 leg. cit. die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn

  1. 1. sein Ehegatte Staatsbürger ist,
  2. 2. die Ehe weder von Tisch und Bett noch sonst ohne Auflösung des Ehebandes gerichtlich geschieden ist,
  3. 3. er nicht infolge der Entziehung der Staatsbürgerschaft nach § 33 Fremder ist und
    1. 4. a) die Ehe seit mindestens einem Jahr aufrecht ist und er seinen Hauptwohnsitz seit mindestens vier Jahren ununterbrochen im Gebiet der Reprublik hat oder bei einer Ehedauer von mindestens zwei Jahren ein solcher Wohnsitz seit mindestens drei Jahren besteht oder
    2. b) die Ehe seit mindestens fünf Jahren aufrecht und sein Ehegatte seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen Staatsbürger ist.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG darf die österreichische Staatsbürgerschaft einem Fremden nur verliehen werden, wenn er nach seinem bisherigen Verhalten gewähr dafür bietet, daß er zur Republik Österreich bejahend eingestellt ist und keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit bildet.

Die belangte Behörde ging davon aus, daß der Beschwerdeführer die Voraussetzungen der Z. 1 bis 4 des § 11a StbG erfülle, vertrat jedoch die Ansicht, daß das Einbürgerungshindernis nach § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG gegeben sei.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG vorzunehmenden Beurteilung der Voraussetzungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaft vom Gesamtverhalten des Einbürgerungswerbers, welches wesentlich durch das sich aus der Art, Schwere und Häufigkeit der von ihm begangenen Straftaten ergebende Charakterbild bestimmt wird, auszugehen. Hiebei stellt der Gesetzgeber nicht auf formelle Gesichtspunkte ab, sondern ist es lediglich maßgebend, ob es sich um Rechtsbrüche handelt, die den Schluß rechtfertigen, der Betreffende werde auch in Zukunft wesentliche, zum Schutz vor Gefahren für das Leben, die Gesundheit, die Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung erlassene Vorschriften mißachten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1993, Zl. 92/01/1012).

Der vorliegende Bescheid enthält zur Beurteilung dieser Kriterien jedoch keine ausreichenden Feststellungen. Die belangte Behörde hat dazu lediglich festgestellt, daß der Beschwerdeführer am 11. November 1993 vom Bezirksgericht Villach wegen (des Vergehens der Körperverletzung nach) § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen rechtskräftig verurteilt worden sei. Weiters seien über den Beschwerdeführer "eine Reihe von Verwaltungsstrafen im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen und anderen Übertretungen der StVO und des KFG vorgemerkt" und könne "aus finanzstrafrechtlicher Sicht kein zweifelsfreies Verhalten festgestellt werden".

Zur Beurteilung des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers erforderliche Feststellungen über die der gerichtlichen Verurteilung zugrundeliegende Straftat fehlen ebenso wie Feststellungen über die Anzahl der verwaltungsbehördlichen Bestrafungen und die Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten.

Da dieser Verfahrensmangel den Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung der von der belangten Behörde vertretenen Ansicht, der Beschwerdeführer stelle nach seinem bisherigen Verhalten eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit dar, auf ihre inhaltliche Rechtmäßigkeit hindert, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nur die Entrichtung von Stempelgebühren in der Höhe von S 270,-- (je S 120,-- für zwei Beschwerdeausfertigungen und S 30,-- für eine Kopie des angefochtenen Bescheides) erforderlich war.

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