VwGH 94/20/0240

VwGH94/20/02409.5.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des M in E, vertreten durch DDr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. Dezember 1993, Zl. 4.340.880/1-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, ist am 5. Oktober 1992 in das Bundesgebiet eingereist und hat am 7. Oktober 1992 beantragt, daß ihm Asyl gewährt werde. Mit Bescheid vom 7. Oktober 1992 hat das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen. Auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers erging der nunmehr angefochtene Bescheid, mit dem die belangte Behörde die Berufung abwies und dies ausschließlich damit begründete, daß sich der Beschwerdeführer vor seiner Einreise in das österreichische Bundesgebiet mehrere Tage in Rumänien aufgehalten habe, sodaß gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 die Asylgewährung ausgeschlossen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat die Abweisung der Berufung und damit die Versagung von Asyl ausschließlich darauf gestützt, daß sich der Beschwerdeführer vor seiner Einreise in das Bundesgebiet in Rumänien aufgehalten habe und daher bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher gewesen sei, weshalb gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 die Gewährung von Asyl ausgeschlossen sei. Dem hat der Beschwerdeführer in der Beschwerde insbesondere entgegengehalten, daß keine Rede davon sein könne, daß die Verfassungsordnung in Rumänien (im Zeitpunkt seines Aufenthaltes) effektiv (gewesen) sei. Der Staat Rumänien sei keinesfalls mit einem demokratischen Staatsgefüge im Sinne eines westeuropäischen Staates zu vergleichen. Rumänien sei jedenfalls im Jahr 1992 noch ganz unter dem Eindruck der Ereignisse im Gefolge des Machtwechsels gestanden. Die belangte Behörde gehe offensichtlich von den Verhältnissen im Dezember 1993 aus und nicht von jenen im Oktober 1992.

Mit diesen Ausführungen bringt der Beschwerdeführer in tatsächlicher Hinsicht Behauptungen vor, bei deren Zutreffen nicht mehr ohne weiteres davon die Rede sein könnte, daß - entsprechend der Begründung des angefochtenen Bescheides - der Beschwerdeführer vor seiner Einreise nach Österreich in Rumänien keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen sei und nicht habe befürchten müssen, in sein Heimatland bzw. einen Verfolgerstaat abgeschoben zu werden. Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa im hg. Erkenntnis vom 2. März 1995, Zl. 94/19/0762, ausgesprochen hat, bietet die Mitgliedschaft eines Staates bei der Genfer Flüchtlingskonvention allein keinen ausreichenden Grund für die Annahme, daß ein Asylwerber in diesem Land (bezogen auf den Zeitpunkt des Aufenthalts des Beschwerdeführers in diesem Land) einen dem Standard der Konvention entsprechenden Schutz genossen habe.

Der Beschwerdeführer hat zwar diese Behauptungen erstmals in der Beschwerde aufgestellt, doch wurde ihm im Verwaltungsverfahren keine Gelegenheit geboten, zur Frage der Verfolgungssicherheit Stellung zu nehmen, weshalb der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen nicht gegen das gemäß § 41 Abs. 1 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot verstößt (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 27. April 1994, Zl. 94/01/0004, oder vom 4. Juli 1994, Zl. 94/19/0391).

Die belangte Behörde hat somit dadurch, daß sie den angefochtenen Bescheid ohne Vorliegen von - unter dem Blickwinkel der Beschwerdeausführungen - entsprechenden Ergebnissen eines unter Wahrung des Parteiengehörs durchgeführten Ermittlungsverfahrens erlassen hat, ihren Bescheid mit wesentlichen Verfahrensmängeln belastet. Der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die Stempelgebühren für eine nicht erforderliche Ausfertigung der Beschwerde sowie die zusätzlich vorgelegte Kopie des angefochtenen Bescheides.

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