VwGH 94/15/0148

VwGH94/15/014818.12.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Salzburg (Berufungssenat II) vom 7. April 1994, Zl. 118-GA4BK-DPr/92, betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer für die Jahre 1985 bis 1990, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §21 Abs1;
EStG 1972 §4;
EStG 1972 §5;
EStG 1972 §6;
EStG §4;
EStG §5;
EStG §6;
BAO §21 Abs1;
EStG 1972 §4;
EStG 1972 §5;
EStG 1972 §6;
EStG §4;
EStG §5;
EStG §6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betreibt ein Unternehmen zur Errichtung und zum Betrieb von Kabelfernsehanlagen. Die Anschlußbenützer haben neben den laufenden Jahresgebühren je auch eine einmalige Anschlußgebühr zu entrichten, die zur Abdeckung der Aufwendungen für die Errichtung des Kabel-TV-Anschlusses (Anschlußkasten und Kabelanteil) dient. Die Anschlußgebühren verteilte der Beschwerdeführer seit dem Wirtschaftsjahr 1985 im Wege einer passiven Rechnungsabgrenzung gewinnwirksam auf einen Zeitraum von zehn Jahren.

Anläßlich einer abgabenbehördlichen Prüfung beanstandete der Prüfer diese Vorgangsweise mit der Begründung, den Anschlußgebühren läge jeweils kein Dauerschuldverhältnis, sondern ein eine einmalige Lieferung oder Sachleistung zum Gegenstand habendes Schuldverhältnis zugrunde. Dem Kabelanschlußvertrag zufolge verbleibe der Anschluß im Eigentum des Beschwerdeführers. Bei Beendigung des Vertrages (Laufzeit: zehn Jahre) werde der Anschluß nach Wahl des Beschwerdeführers auf Kosten des jeweiligen Teilnehmers abgeschaltet oder entfernt. Eine aliquote Rückvergütung der Anschlußgebühr sei - außer bei schuldhafter Vertragsverletzung durch den Beschwerdeführer - ausdrücklich ausgeschlossen.

Das Finanzamt schloß sich den Feststellungen des Prüfers in den in wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Einkommen- und Gewerbesteuerbescheiden für die Streitjahre an.

Die dagegen erhobene Berufung begründete der Beschwerdeführer im wesentlichen mit Überlegungen zur im Ertragssteuerrecht vorherrschenden dynamischen Bilanzauffassung. Danach müßten die vereinnahmten Anschlußgebühren bilanziell korrespondierend zu den Abschreibungen der Anschlüsse behandelt werden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab; begründend führte sie im wesentlichen aus, passive Rechnungsabgrenzungsposten könnten nur für vor dem Bilanzstichtag bezogene Einnahmen gebildet werden, die wirtschaftlich zu der Zeit nach dem Bilanzstichtag gehörten. Passive Rechnungsabgrenzungsposten würden auch als "Schuld an die kommende Geschäftszeit" bezeichnet. Da die Anschlußgebühren für Aufwendungen im Zusammenhang mit der Errichtung von Kabel-TV-Anschlüssen zu entrichten und im Gegensatz zu allfällig vorausbezahlten Monatsgebühren grundsätzlich nicht rückzahlbar seien, komme ihnen besagte Qualifikation nicht zu. Aus dem hg. Erkenntnis vom 14. Jänner 1991, Zl. 89/15/0054, sei zu schließen, daß es sich bei den Anschlußgebühren um Baukostenzuschüsse handle, mit deren Empfang den Beschwerdeführer die Verbindlichkeit treffe, entsprechende Anlagen zu errichten. Daraus ergebe sich die Einräumung eines Empfangsrechtes im Sinne einer abstrakten Verbindlichkeit zur Leistungsbereitschaft, nicht jedoch eine inhaltlich konkretisierte Lieferverpflichtung. Als solche könnte nämlich lediglich die monatlich fällig werdende Empfangsgebühr angesehen werden, welche ausschließlich zum Empfang der Kabel-TV-Programme berechtige.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Bedachtnahme auf die vom Beschwerdeführer erstattete Replik zur Gegenschrift der belangten Behörde erwogen:

Die Beschwerde beruft sich im wesentlichen auf das Maßgeblichkeitsprinzip: Nach handelsrechtlichen Vorschriften bestehe nämlich hinsichtlich der Behandlung von nicht rückzahlbaren Zuschüssen zur Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens ein Wahlrecht, derartige Zuschüsse entweder von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzusetzen oder die Zuschüsse zu passivieren und in der Folge - über die Nutzungsdauer des Anlagengegenstandes verteilt - aufzulösen. Beide Methoden bewirkten, daß sich der Zuschuß nicht sofort, sondern verteilt über die Nutzungs- bzw. Abschreibungsdauer eines Anlagengegenstandes auswirke. Die sofortige erfolgswirksame Vereinnahmung von nicht rückzahlbaren Zuschüssen gelte als nicht sachgerecht, weil es zu unzulässigen Verzerrungen von Periodenergebnissen sowohl des laufenden Jahres als auch der Folgeperioden komme. Da der Beschwerdeführer den Gewinn nach § 5 EStG ermittle, sei die Handelsbilanz auch für steuerliche Zwecke maßgebend, wenn keine zwingenden steuerlichen Vorschriften der handelsbilanziellen Darstellung entgegenstünden. Im EStG gebe es nur Bestimmungen über die Zuwendungen aus öffentlichen, nicht aber aus privaten Mitteln. In bezug auf letztere müßten daher die handelsrechtlichen Grundsätze zum Tragen kommen. Die vom Beschwerdeführer gewählte bilanzielle Darstellung der Zuschüsse (Passivierung und Auflösung, verteilt über die Nutzungsdauer der Anlagegüter) sei daher auch steuerlich anzuerkennen.

Zu den damit angesprochenen Rechtsfragen hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 18. Jänner 1994, Zl. 90/14/0124, folgende Rechtsansicht vertreten:

Nach herrschender Auffassung im Handelsrecht - auch vor Inkrafttreten des Rechnungslegungsgesetzes - seien Zuschüsse zur Anschaffung bzw. Herstellung von Wirtschaftsgütern verteilt über die Nutzungsdauer des Vermögensgegenstandes, für den sie gewährt würden, erfolgswirksam, wobei ein Wahlrecht bestehe, ob der Zuschuß von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten abgezogen oder als Passivposten der Bilanz ausgewiesen werde. Für den passivischen Ausweis komme dabei weder eine Rückstellung noch eine Rechnungsabgrenzung in Betracht, sondern ein Passivposten eigener Art ("Sonderposten für Investitionszuschüsse zum Anlagevermögen"), der aber dem Charakter eines Rechnungsabgrenzungspostens nahekomme. Die Auflösung des Sonderpostens stelle eine Korrektur der Abschreibungen des Vermögensgegenstandes dar, der Sonderposten werde auf die Nutzungsdauer des Anlagegegenstandes verteilt. Für das Steuerrecht sei zu beachten, daß auf Grund näher dargelegter Gründe - so, wenn einem in der Handelsbilanz zulässigen Ansatz eine steuerlich zwingende Sondervorschrift gegenüberstehe - nicht steuerbefreite Zuwendungen Dritter für Anlageinvestitionen zwingend (steuerbare und steuerpflichtige) Betriebseinnahmen darstellten. Bei Gegenleistungsbeziehungen in Form von Dauerschuldverhältnissen trete die Gewinnrealisierung laufend nach Maßgabe der Leistungserbringung ein, während das zivilrechtliche Entstehen von Forderungen nicht entscheidend sei. Im damaligen Beschwerdefall habe die belangte Behörde wegen des von ihr als maßgeblich angesehenen Entstehens des zivilrechtlichen Anspruches zu Unrecht ungeprüft gelassen, ob nach dem Inhalt der Parteien-Vereinbarung die damalige Beschwerdeführerin eine zeitPUNKTbezogene oder eine - in der Art eines Dauerschuldverhältnisses - zeitRAUMbezogene Leistung zu erbringen gehabt habe, was bei einer Prämie für die Aufstellung von Geräten naheliege.

Auf Grund des Gesagten ist im Beschwerdefall streitentscheidend, ob es sich bei der mit Anschlußgebühren abgegoltenen Herstellung von Kabelanschlüssen um eine in der Art eines Dauerschuldverhältnisses (siehe dazu Koziol/Welser10 I 196) zeitraumbezogene Leistung handelt.

Auf dem Boden des von der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten unstrittigen Sachverhaltes erscheint es bei der hier anzustellenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise geboten, die einmalig für die Herstellung eines (späteres Kabelfernsehen ermöglichenden) Kabelanschlusses zu entrichtende Anschlußgebühr und die laufend für den Betrieb der Anlage zu entrichtenden Empfangsgebühren im Hinblick darauf, daß damit unterschiedliche Leistungen entgolten werden und auch die Schuldverhältnisse verschieden ausgestaltet sind, jeweils GESONDERT zu beurteilen. Hiebei ist es aber nicht gerechtfertigt, bloß wegen der Zeitraumbezogenheit der Empfangsgebühren diesen Charakter auch den einen solchen Bezug bei isolierter Betrachtung nicht aufweisenden Anschlußgebühren beizumessen. Ohne eine solche Zeitraumbezogenheit der mit den Anschlußgebühren entgoltenen Leistungen trat aber nach dem oben Gesagten die Gewinnrealisierung nach steuerlichen Gesichtspunkten nicht erst in Abhängigkeit vom laufenden Betrieb der jeweiligen Kabelfernsehanlage ein.

Da infolgedessen dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden. Diese Entscheidung konnte angesichts der zitierten Vorjudikatur gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat getroffen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

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